[AAR] Die Goldene Faust

Die AAR der phantastischen Art...

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Mimir
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[AAR] Die Goldene Faust

Beitragvon Mimir » 3. April 2016 00:12

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Hallo, nachdem ich jetzt schon eine gefühlte Ewigkeit nichts mehr hier im Forum getan habe ist es an der Zeit mich mal wieder zu melden... und zwar so wie ich es immer tue, mit einem neuen Projekt. Ich habe vor kurzem mal wieder angefangen die Medieval 2 Mod "Thera: Legacy of the Great Torment" zu spielen und hatte Lust einen AAR dazu zu schreiben.
Hier: http://www.twcenter.net/forums/forumdisplay.php?991-THERA-Legacy-of-the-Great-Torment kann man sich alles zur Mod und der Hintergrundgeschichte durchlesen, auch wenn ich es mir herausnehme gewisse Dinge in der Vorgeschichte zu ändern oder anders zu erzählen.

Wer meine früheren Projekte kennt weiß dass es bei mir viel mehr um die Geschichte und Charaktere geht, als das eigentliche Gameplay, allerdings wird dies hier trotzdem ein AAR sein und daher auch mehr Screenshots als für mich üblich beinhalten. Das heißt jedoch nicht dass ich einfach alles was im Spiel geschieht übernehme, da ich eine zusammenhängende Geschichte schreiben will, werde ich zum Beispiel ignorieren dass jede Runde 6 Monate vergehen und Charaktere werden in der Geschichte nur dann sterben wenn sie auf dem Schlachtfeld fallen (oder in seltenen Fällen durch Krankheit, oder auch Altersschwäche falls es für den Charakter passt). Weiterhin werde ich einige der Ingamenamen ändern wenn sie mir nicht gefallen.

Gespielt wird Version 4 der Mod ohne weitere Veränderungen, auf Sehr Schwer/ Sehr Schwer, und zwar mit dem Kaiserreich der Faust. Die Faust sind eine der fortschrittlichsten Fraktionen der Mod (mit Uniformen die unter anderem durchaus ins 18. Jahrhundert passen würden) und eine Art Mischung aus dem Heiligen Römischen Reich und dem Deutschen Kaiserreich (zumindest so wie ich es sehe).

Abschließend bleibt noch zu sagen dass ich mir vorgenommen habe den AAR mindestens zweimal im Monat zu updaten und dass ich allen viel Spaß beim lesen wünsche.
Falls ihr Kommentare habt, bitte hier posten:
http://www.strategie-zone.de/forum/viewtopic.php?f=783&t=20574

EDIT: Eine letzte Sache sollte noch erwähnt werden, um die Schlachten in der Geschichte größer zu machen werden hier fünf- oder zehnmal so viele Soldaten sein als es im eigentlich Spiel waren

Personenregister (Öffnen)

Die Kaiserfamilie

Kaiser Heinrich I: Geboren 182 nach der Großen Pein, er ist der derzeitige Herrscher des Faustischen Kaiserreichs. Kaiser Heinrich ist 40 Jahre alt, ein Militärisches Genie und Träger der Pistolen Karl I. und er Kaiserkrone
Bertada Faust: Geboren 182 nach der Pein, sie ist die Ehefrau von Kaiser Heinrich und Mutter von dessen drei Kinder. Zur Zeit ist sie krank und wird kaum noch außerhalb ihrer Gemächer gesehen
Prinz Ulrich: Geboren 200 nach der Pein, er ist der älteste Sohn von Kaiser Heinrich und dessen Frau Bertada Faust. Wie sein Vater ist auch er ein Militärisches Genie, versteht jedoch kaum etwas von Verwaltung oder anderen Dingen die er als Kronprinz eigentlich wissen müsste. Er besitzt einen Weißen Hengst den er Bukephalos nennt
Prinz Dietrich: Geboren 202 nach der Pein, er ist der jüngste Sohn von Kaiser Heinrich und Bertada Faust. Er ist der Kommandant der Burg Barbarossa, besitzt jedoch mehrere Schmieden in Essen und ist von Kanonen und Gewehren nahezu besessen
Johanna Faust: Geboren 204 nach der Pein, sie ist das jüngste Kind und die einzige Tochter von Kaiser Heinrich und Bertada Faust. Eine charmante Diplomatin und zugleich ein hitzköpfiges Mädchen dass sich in der Fechtkunst übt. Im Dezember 221 war sie auf einer Diplomatischen Mission in Valiente und wurde dort enführt, seither wird sie vermisst

Adlige/ Generäle des Reichs und ihr Gefolge

Sieghard von Leienstadt: Ein junger Adliger und Ratgeber am Hofe des Kaisers. Er ist der Militärminister der Faust und ein hervorragender Taktiker, Stratege und Logistiker, er wurde im Jahr 201 nach der Pein geboren und ist 21 Jahre alt
Alexander Tviborg: Geboren im Jahre 200, er stammt ursprünglich aus Norselund und ist ein Kindheitsfreund von Sieghard Leienstadt. Er arbeitet als Sieghards Stellvertreter und Leibwächter
Franziska Tviborg: Geboren 204, sie ist eine Kindheitsfreundin von Sieghard von Leienstadt und heiratete vor einem Jahr Alexander von Tviborg. Sie dient der Kaiserkrone als Helferin des Militärministers
Ser Heinz Rommel: 31 Jahre alt und ein hervorragender General, setzt in Schlachten verstärkt auf den Einsatz von Kavallerie, vor allem Pistolieren
Henry Karolinger: 26 Jahre alt, Reichskanzler des Faustischen Kaiserreichs
Wilhelm Scherer: 22 Jahre alt, Oberhaupt einer der einflussreichsten Adelsfamilien und Stadthalter von Aachen
Leopold Barbarossa: 22 Jahre alt, einer der letzten Nachkommen der ursprünglichen, Deutschen Kaiserfamilie. Er dient Kronprinz Ulrich als General
Admiral Jobst Scherer: 33 Jahre alt, Cousin von Wilhelm Scherer und oberster Admiral des Reichs. Wird als Nachfolger des alten und kranken Marineministers gehandelt
Reinhardt von Otterbach: 24 Jahre alt und 2. Prinz des Otterbach-Anschlusses. Er verriet seine Familie und lief zu den Faust über, zur Zeit dient er dort als General und Kommandant einer Abteilung von Rittern die mit ihm desertiert sind, der Schwarzen Garde
Péter Scherer: Oberster Inquisitor von Mesocala und Bischof von Neuwelt. Ein junger Adliger aus dem Kaiserreich der damit beauftragt ist Mesocala zu konvertieren
Viktor von Gelringen: Junger Adliger aus dem Kaiserreich mit dem Blut der Vampire aus Slavia, bester Schwertkämpfer des Reichs und Leibwächter von Péter

Andere

Lucifer Voldric: Unbekanntes Alter, ein mysteriöser, junger Mann der eine Söldnergruppe in der Slavischen Provinz Vallachia anführt
Cora: Eine 19 Jahre junge Frau die als rechte Hand von Lucifer dient, ihre Herkunft ist ungeklärt aber man vermutet sie stammt aus Ibellica
Pavel: Einer von Lucifers zwei Ratgebern, ein 25 Jahre alter Mann und hervorragender Messerwerfer
Zaénia: Junges Mädchen aus Mesocala welches von Viktor nach einem Diebstahl verhaftet wurde
Zuletzt geändert von Mimir am 25. April 2016 20:10, insgesamt 5-mal geändert.
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Kawaii Kingdom (Aura Kingdom AAR mit Vanidar)
viewtopic.php?f=782&t=16584

Die Goldene Faust, Thera AAR
viewtopic.php?f=782&t=20573&p=580368#p580368

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Re: [AAR] Die Goldene Faust

Beitragvon Mimir » 3. April 2016 00:15

Kapitel 1: Krisenrat in Sturmburg (Öffnen)
Kapitel 1:
Krisenrat in Sturmburg
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Vor genau 222 Jahren überkam eine riesige Katastrophe die Welt. Niemand weiß mehr wie genau es begann, aber gewaltige Stürme rasten über das Land und todbringende Seuchen breiteten sich über den gesamten Urkontinent aus. Zur gleichen Zeit brachen Kriege unter den Völkern Theras aus und Erdbeben erschütterten die Welt, bis der Urkontinent eines Tages, nach über 300 Jahren anhaltenden Katastrophen, mit einem gewaltigen Krach zerbrach und sich in mehrere Landmassen aufteilte.
Der größte dieser neuen Landmassen war das südliche Gebilde namens Greconia, unterteilt in Hesperos, Avernus, Hadea, die Sumari Steppe und Huang-Chuan. Greconia zog sich beinahe über die gesamte Breite der Welt und lag im Westen nicht allzu weit vom zweitgrößten Kontinent der Welt entfernt. Direkt nördlich von Huang-Chuan befand sich das das Südmeer und trennte Greconia von Mesocala, welches wiederum im Norden mit Lenapa verbunden war und zusammen die westlichen Kontinente ausmachten die von den Einwohnern der anderen Kontinente als 'Die Neue Welt' bezeichnet wurden.
Auf der anderen Seite Greconias, nördlich von Hesperos und Avernus, befand sich Syrianna, eigentlich größtenteils eine öde Wüste oder Savanne galt es dennoch als Heiliges Land der Christen und Muslime deren Reiche noch immer dort gegeneinander kämpften.
Der nördlichste Kontinent der neuen, veränderten Welt machte Norselund aus. Er lag östlich von Lenapa und war das ganze Jahr über eine eisige, kalte Winterlandschaft.
In der Mitte der Welt befanden sich schließlich die zersplitterten Überreste des einst mächtigsten aller Kontinente; Europa. Das was man heutzutage noch als Europa bezeichnete war bestenfalls eine große Insel im Süden Norselunds und die Heimat vieler, ritterlicher Nationen und Orden. Das ehemals große Königreich Eragon war in das Royaume de Meravangi und Royaume de Medici zerfallen, und der Osten Europas, eine nicht unbedingt größere Insel namens Tethra, war heidnischen Göttern verfallen und hatte sich vom Christentum abgewandt, trotz der unermüdlichen Versuche der Ritter Avalons dies zu ändern.
Der vorletzte Kontinent welcher aus Europa hervorgegangen war hieß Slavia und lag im Atlantik, mitten auf dem Seeweg zwischen Mesocala und dem heutigen Europa. Die verschiedenen Völker Slavias hatten sich schon immer untereinander bekriegt und mit der Landung des Vashta Sultanats vor fast 200 Jahren kam eine neue Fraktion um sich in die dortigen Konflikte einzumischen.
Der letzte, und drittgrößte, Kontinent der Welt war Ibellica und lag fast im Herzen Theras. Wie auch Slavia und Syrianna herrschte auf Ibellica ein unerbittlicher Krieg zwischen Christen und Muslimen, zumindest im Süden. Dort bekriegte sich das Ducado de Sangre Valiente mit dem Tahar Kalifat und den Hispanischen Stämmen, sowie der ketzerischen Liga der Freibeuter.

Im Norden jedoch befand sich das Faustische Kaiserreich, welches im Jahre 0 noch als Germanisches Kaiserreich bekannt war. Der damalige Herrscher hieß Wilhelm von Otterbach, Oberhaupt einer der mächtigsten, deutschen Adelsfamilien dieser Zeit. Während die Große Pein über Thera fegte war es einer seiner Vorfahren, Johannes von Otterbach, welcher den Otterbach-Anschluss gründete, ein Bündnis aus mehreren Adelsfamilien, unter anderem den Welfen und Habsburgern, welches sich gegen die damalige Kaiserfamilie der Barbarossa erhob, sie stürzte und die Otterbach auf den Thron setzte.
Im Jahre 12 verkündete der Hochinquisitor, welcher während der Großen Pein die Rolle des Papstes übernommen hatte und von seiner Insel, dem Vatikan, aus über die Christenheit herrschte, dass die Große Pein Gottes Strafe für die Existenz von Heiden und Ketzern war. Er behauptete dass man die Ungläubigen auslöschen musste um eine Wiederholung dieser schrecklichen Ereignisse zu verhindern. Wilhelm I. war ein wahrer Fanatiker und zögerte keinen Augenblick lang den Anweisungen des Großherzogs zu folgen und startete einen Krieg gegen die Muslime im Süden Ibellicas.
Dieser Krieg zog sich über fünf Jahrzehnte lang hin und wurde von seinem Nachfolger fortgesetzt. In diesen Jahren litt das Volk schrecklich unter den konstanten Kämpfen und großen Hungersnöten welche von den Otterbachern schlichtweg ignoriert wurden um ihren Heiligen Krieg fortsetzen zu können. Letztendlich reichte es einem der Adligen des Germanischen Kaiserreichs, er hatte genug Leid und Tod gesehen und beschloss dem ganzen ein Ende zu setzen. Der Name dieses Mannes lautete Karl Faust, er sammelte eine Armee aus gleichgesinnten hinter sich und führte seine Armee gegen das Heer des Otterbach-Anschlusses. In der Schlacht vor Hoth wurden die Otterbacher und ihre Vasallen geschlagen und sahen sich gezwungen sich in die Provinz Kalstein zurückzuziehen, wo sich ihre Festung befand.
Karl Faust ernannte sich daraufhin zum ersten Kaiser des neuen, Faustischen Reichs und ging fortan als Karl I. in die Geschichtsbücher ein. Vom Sitz seiner Familie aus, der Sturmburg, starteten er und seine Nachfahren eine Eroberungskampagne gegen den Otterbach-Anschluss, dessen letzte Kampagne vor zwei Jahren endete als Kaiser Heinrich I. die Burg Barbarossa im gleichnamigen Fürstentum eroberte. Barbarossa war schon immer die Hauptstadt des Germanischen Kaiserreichs gewesen und aus symbolischen Gründen ernannte Heinrich sie auch zur Hauptstadt des Faustischen Reichs, selbst wenn der Sitz der Kaiserfamilie und des Hofstaats weiterhin in Sturmburg war.
Mit der Eroberung der Burg Barbarossa war ein beträchtlicher Teil des ehemaligen, Germanischen Reichs unter den Faust vereint worden und es sah so aus als wenn Gott auf das neue Reich herab lächeln würde, trotz der vielen Auseinandersetzungen die es in den letzten Jahren mit der Inquisition gab.
Vor drei Jahren wurde die Kolonie Neuwelt, mit der gleichnamigen Ortschaft, in Mesocala gegründet, der erste Schritt der Fauster in einem Versuch die Neue Welt zu erobern und den Einwohnern dort das Christentum zu bringen.
Tatsächlich ließen auch die Streitigkeiten mit der Inquisition nach, Großinquisitor Zappa I. hatte gar vor nur wenigen Monaten der Gründung des Ordens der Wandernden Erleuchtung zugestimmt, dessen Hauptquartier sich in Neuwelt befand und dessen Aufgabe es sein würde die Heiden Mesocalas und Lenapas dem wahren Glauben zuzuführen.
Umso überraschender kam es für alle als das Reich urplötzlich von einer Katastrophe in die nächste stürzte. Im Mai 221 vernichtete eine Armee angeführt von Günther von Otterbach, der Kaiser der Überreste des Germanischen Kaiserreichs, und Artharwolf von Otterbach eine Faustische Armee unter dem Kommando von General Edward von Laustädt, einem der erfahrensten und erfolgreichsten Heerführer des Reichs der letzten hundert Jahre, vor den Toren von Burg Otterbach. Lord Edward verstarb und seine Leiche wurde von den Überresten seines Heeres nach Barbarossa gebracht, wo er begraben wurde. Diese unerwartete Niederlage bedeutete dass der faustische Feldzug gegen die Otterbach vorerst unterbrochen werden musste, doch das war noch lange nicht alles.
Im August 221 überraschte ein gewaltiger Sturm die große, Faustische Flotte vor der Nordküste Ibellicas und vernichtete sie fast vollständig. Von den 52 Transportschiffen, 18 Karacken und 43 Karavellen welche von Neuwelt nach Nordhafen in der Provinz Barbarossa verlegt werden sollten, kamen lediglich 7 Transporter, 3 Karacken und eine einzelne Karavelle im Ziel an. Somit war auch die Faustische Überlegenheit zu See, auf welche sie so stolz waren, zunichte gemacht worden.
Da es lange dauern würde die Flotte wieder aufzubauen und man nie wissen konnte wann eine Invasion von See aus bevorstand beschloss Kaiser Heinrich seine einzige Tochter, Prinzessin Johanna Faust, mit zwölf Leibwachen, genannt die Eisernen Fäuste, ins Herzogtum der Valiente zu schicken um dort über den Kauf einiger Schiffe des Ritterordens zu verhandeln. Dazu sollte es jedoch nicht kommen.
Prinzessin Johanna war Ende November 221 entsandt worden um mit den Valiente zu verhandeln, im Dezember 221 erreichte sie die Hauptstadt des Herzogtums. Doch noch bevor sie sich mit dem Herzog treffen konnte verschwand sie spurlos, der einzige Hinweis darauf dass sie überhaupt im Reich der Valiente gewesen war, waren die zwölf Leichen ihrer Leibwächter und die von einem halben Dutzend maskierter und schwer bewaffneter Gestalten. Prinzessin Johanna war entführt worden und niemand wusste von wem, dies veranlasste Kaiser Heinrich letztendlich dazu eine Krisensitzung in Sturmburg einzuberufen um über die Ereignisse der letzten Monate zu reden und weiteres Vorgehen festzulegen...


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Sturmburg, die Sturmlande – Januar 222:
Die Sturmlande lagen im Nord-Westen von Ibellica und bildeten den westlichen Teil des Germanischen Kaiserreichs, oder besser gesagt des Faustischen Reichs. Ihren Namen hatte die Provinz aufgrund der Winde die beinahe das gesamte Jahr über das Land fegten und die nicht selten so heftig wurden dass sie Bäume entwurzelten. Am heftigsten waren diese Stürme in der Gegend um Leienstadt welche direkt am Atlantischen Meer lag und über den zweitgrößten Hafen des Reichs verfügte.
Im Süden und Osten der Provinz war das Klima um einiges wärmer und von den Stürmen merkte man hier nur selten etwas. In diesen Teilen der Sturmlande befanden sich viele Weinberge und mehrere Plantagen in denen man Farbstoffe gewann. Der Süd-Westen der Provinz hingegen war sehr fruchtbares Land und der Teil der Sturmlande an dem sich die meisten Dörfer, Bauernhöfe und Landesgüter sammelten.
Ursprünglich waren die Sturmlande eine eher unwichtige Provinz im Germanischen Reich gewesen, vom Hafen in Leienstadt einmal abgesehen, aber seit die Faust die Kontrolle über die Kaiserkrone erlangt hatten spielte sich der Großteil des politischen Geschehens in der Heimat der Kaiserfamilie ab. Die Sturmburg war nach Barbarossa die mächtigste Festung des Germanischen Reichs gewesen und seit jeher der Sitz der Faust gewesen. Die Burg lag nördlich in den Sturmlanden, nicht direkt am Meer aber dafür am Spiegelsee welcher seinerseits das wohl bekannteste Gewässer der alten Welt war.
Seinen Namen hatte der See erhalten weil man, wenn man an einem windstillen Tag auf die Wasseroberfläche blickte, gar nicht erkennen konnte dass es sich um einen See handelte und dachte man sah direkt in einen Spiegel. Natürlich war es selten einen solchen Tag in den Sturmlanden zu erwischen, aber wenn man es tat war es ein durchaus faszinierender Anblick. Allerdings hatte der See auch eine Kehrseite, es hieß wenn ein großer Held mit reinem Herzen an einem Tag an dem die Fesseln des Satans geschwächt waren seinem Doppelgänger begegnen würde, der aus dem Wasser emporsteigt. Weiterhin wird es der Legende zufolge unweigerlich zum Kampf zwischen den beiden kommen und nur einer wird überleben. Am Ende würde die Leiche des Verlierers vom See verschlungen und auf den Grund gezogen werden, wobei es heißt dass der See so tief ginge, dass er direkt in die Hölle führe.
Die Sturmburg und ihre dazugehörige Stadt lag am Süd-West Ufer des Sees und ihre Türme gestatteten eine perfekte Übersicht über die umliegende Gegend. Angeblich konnte man, wenn man sehr gute Augen hatte, an einem Wolken- und Nebellosen Tag sogar bis ans Meer blicken, auch wenn kaum jemand an diese Geschichte glaubte, schließlich war es eine gute Tagesreise bis an die Küste, nach Leienstadt zu kommen dauerte gar zwei bis drei Tage.
Die Burg verfügte über insgesamt zwei Verteidigungsringe. Vor der ersten Mauer, welche 7 Meter hoch und 30 Meter breit war, befanden sich Gehöfte und Farmen von wo aus die fruchtbaren Gebiete der nördlichen Sturmlande bestellt wurden. Hinter der ersten Mauer lebte das einfache Volk, sowie die Garnison der ersten Stadtmauer welche ihre Baracken direkt an der Mauer hatte. Die zweite Mauer war ganze 10 Meter hoch, 55 Meter breit und beschützte die Wohnsitze der Adligen und natürlich die eigentliche Sturmburg. Diese war eine gewaltige Festung aus rotem Sandstein und auf einem großen Hügel gebaut worden, wodurch sie die zweite Stadtmauer um einiges überragte und selbst höher als die Mauertürme war. Über viertausend Soldaten waren zu jeder Zeit in der Festung stationiert, darunter 600 Imperiale Fäuste, die persönliche Leibwache des Kaisers. Zusätzlich zu den Soldaten und Leibwachen lebten noch hunderte Adlige, Minister, einige Generäle, der Hofstaat und deren Gefolge in der Burg.
Im Inneren der Festung herrschte stets ein reges Treiben, beinahe so wie auf einem Marktplatz. Der Boden bestand größtenteils aus Fliesen die abwechselnd violett und purpur waren. Außerdem waren die Gänge und Zimmer mit einem flauschigen, roten Teppich ausgelegt so dass man nie wirklich auf den Fliesen laufen musste und überall in den Fluren hingen Porträts und Kunstwerke berühmter, deutscher Maler, oder werke der beliebtesten Skulpteure. Der Ostflügel der Burg verfügte gar über eine eigene Bibliothek und war gleichzeitig der Teil der Festung in dem der Großteil des Hofstaats von Kaiser Heinrich lebte, so zum Beispiel auch Fürst Sieghard von Leienstadt.
Sieghard war ein junger Mann mit kurzen, schwarzen Haaren und hellen, eisblauen Augen sowie einem durchaus anziehendem Gesicht, welches jedoch meistens von einem ernstem und strengem Ausdruck geprägt wurde. Der junge Fürst von Leienstadt entstammte der von Zuben Familie, welche seit Generationen in den Sturmlanden lebte und über die Hafenstadt und deren umliegende Ländereien herrschte.
Als er gerade einmal 15 Jahre jung war verstarben seine Eltern und ließen ihn als einziges, lebendes Mitglied der Hauptlinie der von Zuben zurück, dessen Oberhaupt er noch im selben Monat wurde. Sieghard, der sein ganzes Leben lang darauf vorbereitet worden war eines Tages eine der mächtigsten Familien der Sturmlande zu führen, ließ sich davon jedoch nicht verunsichern und hatte schnell gezeigt dass er ein Talent für Verwaltung und Diplomatie hatte. Im Feldzug gegen die Festung Barbarossa vor gut zwei Jahren hatte er außerdem bewiesen dass er ein guter Logistiker, Kämpfer, Taktiker und Stratege war.
Dies sorgte dafür dass er heute, gerade einmal sechs Jahre nachdem er Fürst wurde, ein fester Bestandteil von Kaiser Heinrichs Hofstaat war und als einer der treuesten Berater des mächtigsten Mannes im Norden Ibellicas galt.

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Obwohl es Januar und der Spiegelsee zugefroren war, und überall um die Burg herum dichter Schnee lag war es in der Sturmburg selbst recht warm, dank hunderte Öfen und kleiner Feuerstellen die überall verteilt waren und in jeder Ecke der Festung Wärme spendeten.
Sieghard trug die Uniform wie es für einen hochrangigen Minister des Reichs üblich war, ein langärmeliges, schwarzes Seidenhemd mit silbernen Verzierungen und purpurfarbenen Epauletten an den Schultern. An der linken Hüfte trug Sieghard zudem einen Paradesäbel, an der rechten seine eigentliche Waffe, eine der neuesten Erfindung der Waffenschmieden von Essen, die Radschlosspistole.
Zwar war die Pistole momentan nicht geladen und da Sieghard keine Munition bei sich trug genauso nutzlos wie der Säbel, aber trotzdem würde der junge Fürst sich einfach nackt fühlen wenn er sie nicht bei sich hätte.
Sieghard war gerade eine Treppe emporgestiegen und näherte sich dem Ratszimmer der Burg als er eine vertraute Stimme hinter sich hörte, innehielt und sich geduldig wartend umdrehte.
„Sieghard! Schön dich zu sehen!“ rief ihm ein junger Mann mit feuerroten Haaren zu, welcher ebenfalls gerade die Treppe erklommen hatte.
Er trug ebenso wie Sieghard eine schwarze Uniform, allerdings ohne Verzierungen oder Epauletten, wenn man einmal von einer königsblauen Schärpe absah. Neben ihm lief eine Frau mit langen, zu einem Pferdeschwanz gebundenen Haaren die genauso gekleidet war wie er.
Bei den beiden handelte es sich um Alexander Tviborg und seine Frau Franziska, beide alte Freunde von Sieghard. Sie waren zusammen aufgewachsen und hatten als Diener der von Zuben gearbeitet seit sie denken konnten. Alexanders Familie stammte aus Norselund was man an seinem starken Akzent gut erkennen konnte, abgesehen davon war er gut einen Kopf größer als jeder Mann den Sieghard sonst noch kannte und um einiges stärker.
Alexander war mit 22 ein Jahr älter als Sieghard, während Franziska mit 18 die jüngste der drei Kindheitsfreunde war.
Der große Nordmann und die eher zerbrechlich wirkende Germanin sahen auf den ersten Blick wie ein sehr ungleiches Paar aus, wer die beiden jedoch länger kannte wusste dass sie eigentlich perfekt zueinander passten.
„Ihr seid schon aus Leienstadt zurück?“ fragte Sieghard sie überrascht zur Begrüßung, ehe er Alexander die Hand schüttelte und Franziska umarmte.
Dann wandten sich alle drei wieder dem Gang in Richtung Ratszimmer zu und setzten sich in Bewegung.
„Oh ja, die Kutsche ist schneller vorangekommen als ich erwartet hatte.“ meinte Franziska und streckte sich. „Vor zwei Stunden sind wir hier angekommen und ich habe mich schon auf ein ruhiges, entspanntes Bad gefreut. Dann kam jedoch urplötzlich die Nachricht dass der Kaiser zu einer Beratung gerufen hatte und wir dachten uns, dass wir dich nicht einfach alleine lassen können.“ fügte sie lächelnd hinzu.
Tatsächlich fiel Sieghard auf dass die Haare der jungen Frau noch etwas nass waren und ein starker Geruch von Duftölen von ihr ausging. Weder Franziska noch Alexander trugen einen Paradesäbel, die Germanin hatte ein gewöhnliches Schwert an ihrer Seite zu hängen während Alexander die Waffen seiner Vorfahren bevorzugte und zwei ausgeschmückte Kriegsäxte an seiner Hüfte baumeln ließ.
„Wie war es in Leienstadt?“ fragte Sieghard während sie sich dem Zimmer näherten.
Dort hielt ein halbes Dutzend Männer Wache die mit aufwendig verzierten Hellebarden bewaffnet waren und gelangweilt dreinblickten. Gekleidet waren sie in goldene Rüstungen und offene Helme mit weißem Federbusch, sowie lange, rote Umhänge. Zusätzlich zur Hellebarde führte ein jeder von ihnen ein Breitschwert und eine Radschlosspistole mit sich. Diese Männer waren die Elite der Faustischen Leibwache, die Imperialen Fäuste. Ein jeder von ihnen hatte mindestens fünfzehn Jahre lang bei den Eisernen Fäusten gedient, der Einheit von Soldaten welche die Prinzen und Prinzessinnen der kaiserlichen Familie beschützen sollten.
„Stürmisch, wie immer.“ murmelte Alexander seufzend. „Aber ansonsten läuft es ganz gut. Eine der neuen Karacken ist fast fertiggestellt worden und man hat bereits damit begonnen die nächste zu bauen. Ach ja, außerdem haben sich trotz der Stürme mal wieder haufenweise Fischer aufs Meer gewagt, zwölf sind bislang verstorben aber weit mehr sind erfolgreich zurückgekehrt.“
„Ah ja... stimmt, die Makrelen.“ meinte Sieghard und schüttelte den Kopf. „Unglaublich wie viele Männer und Frauen dafür ihr Leben riskieren.“ fügte er hinzu und nickte den Imperialen Fäusten zu die sich aufgerichtet hatten als die kleine Gruppe nähergekommen war.
„Minister Sieghard, Ihr werdet bereits erwartet.“ meinte einer der Soldaten und neigte das Haupt. „Alle anderen sind bereits angekommen.“
„Tatsächlich? Dabei habe ich mich extra beeilt.“
„Macht Euch keine Sorgen, Ihr wart der letzte der informiert wurde, daher überrascht es niemanden. Ich werde Euch jetzt einlassen.“ sagte der Leibwächter, woraufhin seine Kameraden ein paar Schritte zur Seite traten und er die Tür öffnete.

Sieghard, Alexander und Franziska betraten ohne zu zögern den Raum und kaum waren sie über die Schwelle geschritten fiel die Tür hinter ihnen auch wieder ins Schloss.
„Ah, Sieghard. Schön dich zu sehen, bitte setz dich doch.“
In der Mitte des Zimmers, welches ein großes Glasdach hatte und somit an einem Tag wie dem heutigen den seltenen Sonnenschein in den Raum fallen ließ, befand sich ein großer, runder Holztisch mit dutzenden Stühlen, welche größtenteils besetzt waren.
Direkt gegenüber der Tür saß ein Mann der Anfang 40 war, er hatte grüne Augen, ein freundliches Gesicht und einen gepflegten, schwarzen Schnurrbart, sowie lange, schwarze Haare die von einem Haarband in Zaum gehalten wurden und ihm bis zu den Schultern gingen. Obwohl er im Gesicht noch recht jung wirkte konnte man an den Schläfen bereits die ersten grauen Strähnen erkennen und ihm sein wahres Alter ansehen. Bei diesem Mann handelte es sich um Kaiser Heinrich Faust I., Kaiser des Faustischen Reichs und rechtmäßiger Herrscher über alle deutschen Lande. Heinrich trug ein purpurnes Seidenhemd auf dessen linker Brust das Wappen seiner Familie eingestickt war, ein schwarzer Kreis in dessen Mitte ein geschlossener, goldener Panzerhandschuh zu sehen war. Um seinen Hals trug der Kaiser eine große, silberne Kette an deren Ende man den gekreuzigten Jesus sehen konnte.
Auf dem Kopf des Kaisers thronte die Krone welche einst von den Barbarossa, den ersten deutschen Kaisern, getragen wurde und die von Heinrichs Vorfahren von den Otterbach zurückerobert wurde. Die Krone war golden und mit indigofarbenem Samt verziert, zusätzlich trug Heinrich noch zwei alte Prototypen der neuen Radschlosspistolen, welche von Karl I. benutzt wurden als er das Faustische Reich gründete.
Es war Kaiser Heinrich gewesen der Sieghard angesprochen hatte als dieser mit seinen Freunden den Raum betrat, also verneigte der junge Fürst sich vor ihm und setzte sich an den für ihn vorgesehen Platz, direkt gegenüber des Kaisers während Franziska und Alexander neben seinem Stuhl stehen blieben, so wie die vier Imperialen Fäuste auf der gegenüberliegenden Seite die sich im Zimmer befanden um den Kaiser zu beschützen.
„Verzeiht meine Verspätung, Eure Hoheit, ich bin so schnell gekommen wie ich konnte.“
„Du musst dir keine Vorwürfe machen, Sieghard. Dietrich ist auch gerade erst angekommen.“ erwiderte der Kaiser und winkte die Entschuldigung seines Ministers ab, während er gleichzeitig auf den Platz zu seiner Linken nickte.
Dort saß der zweite Sohn des Kaisers, Prinz Dietrich Faust welcher offiziell den Posten als Kommandant der Burg Barbarossa innehatte. Zwar war der Prinz bartlos und hatte keine grauen Haare, sah ansonsten jedoch genauso aus wie sein Vater.
Außer dem Kaiser, Prinz Dietrich, Sieghard und seinen Freunden befanden sich noch mehrere Minister und Ratgeber im Zimmer, welche Sieghard jedoch größtenteils als unwichtig einstufte. Trotzdem waren noch einige andere Männer anwesend die man nicht einfach ignorieren konnte. Als erstes war da Admiral Jobst Scherer, ein 33 Jahre alter, braunhaariger Mann aus einer angesehenen Adelsfamilie, der sich größtenteils bedeckt hielt und nie viel sagte. Nachdem sein Vorgänger während des unglücklichen Sturms im nördlichen Atlantik verstorben war, hatte Jobst das Oberkommando über die Imperiale Flotte erhalten, welche momentan jedoch noch nicht wirklich existent war.
Ein weiterer Anwesender war ein blonder Mann, gut fünf Jahre älter als Sieghard der ihm freundlich zunickte, einen Gruß den Sieghard erwiderte. Bei ihm handelte es sich um Henry Karolinger und er war als Reichskanzler nach dem Kaiser der wohl mächtigste Mann des Reiches.
Ganz in der Nähe von Sieghard saß außerdem Ser Heinz Rommel, ein fähiger und intelligenter Heerführer der ein guter Freund des verstorbenen Edward von Laustädt war. Direkt neben ihm saß Leopold Barbarossa, einer der letzten Nachkommen der ursprünglichen Kaiser und enger Freund und Ratgeber von Kronprinz Ulrich, welcher heute nicht anwesend war sondern in Essen blieb und dort die Musterung eines neuen Heeres beaufsichtigte.
Und dann war da noch der letzte Anwesende, ein junger Mann in rußgeschwärzter Rüstung der sich von den meisten anderen misstrauische Blicke einfing, vor allem von den Imperialen Fäusten. Der junge Mann hatte lange, blonde Haare die er zu einem Pferdeschwanz gebunden trug und stechende, blaue Augen. Sein Name lautete Reinhardt von Otterbach, er war der Neffe des derzeitigen, falschen Kaisers des Otterbach-Anschlusses; Günther III.
Im Oktober letzten Jahres waren er und seine Leibwache desertiert und zu den Faust übergelaufen. Ihre silbernen Plattenrüstungen mit dem Wappen der Otterbacher hatten sie mit Ruß schwarz gefärbt und waren seither als die Schwarze Garde bekannt, sie alle hatten den Schwur abgelegt erst dann wieder das Zeichen ihrer Familie stolz zu zeigen wenn der Usurpator Günther gestürzt wurde und wieder jemand aus der Blutlinie der Barbarossa über das gesamte, Deutsche Reich herrschte, einen Anspruch den die Faust erfüllten. Zwar musste Reinhardt sich mit dem Misstrauen und der Feindseligkeit vieler Mitglieder des Hofstaats auseinandersetzen, aber das schien ihn nicht sonderlich zu stören, tatsächlich wirkte er momentan so als wenn er die feindseligen Blicke von Leopold und den Fäusten nicht einmal bemerken würde.

„Nun denn, jetzt wo wir uns alle hier eingefunden haben können wir die Beratung ja beginnen.“ meldete sich Kaiser Heinrich zu Wort. „Der Herzog der Valiente hat erneut ein Entschuldigungsschreiben geschickt und uns versichert wie peinlich es ist dass Johanna in seiner Hauptstadt verschwunden ist. Weiterhin meint er, dass er nichts unversucht lassen wird um sie wiederzufinden und sicher nachhause zu schicken.“
„Vollkommener Schwachsinn.“ meinte Leopold und verzog wütend das Gesicht.
Der junge Erbe der Barbarossa war gerade einmal 22 Jahre alt und hatte dennoch einen vollkommen kahlrasierten Kopf, in seiner Familie war dies ein Zeichen von Untertänigkeit gegenüber seinem Herren.
„Kronprinz Ulrich ist wie ich der Meinung dass diese ganze Sache von den Valiente inszeniert wurde, vermutlich damit wir ihnen etwas Schulden sobald die Verhandlungen um die Schiffe wirklich beginnen.“
„Das halte ich für eine sehr gewagte Behauptung.“ meldete der Reichskanzler sich zu Wort, runzelte die Stirn und faltete die Hände. „Meint Ihr nicht dass es viel zu riskant ist nur um eventuell einen besseren Preis für ein paar Karacken auszuhandeln?“
„Ist es wirklich so riskant? Wir werden im Süden und Osten weiterhin von den Otterbach bedroht, Artharwolf hat eine große Streitmacht aus Burg Otterbach abgezogen und im Norden von Kalstein sein Lager aufgeschlagen. Sie warten wahrscheinlich nur auf eine Flotte um von See aus eine Invasion gegen Aachen, Nordhafen oder gar Leienstadt zu starten, und ich bin mir sicher dass der Herzog das weiß.“ meinte Leopold. „Wir können uns keinen langen Konflikt mit den Rittern der Valiente leisten, falls sie wie ich vermute hinter Prinzessin Johannas Verschwinden stecken.“
„Und was würdet Ihr vorschlagen wenn es so wäre? Was sollte ich an Eurer Stelle tun, Lord Leopold?“ fragte Heinrich und richtete seine gesamte Aufmerksamkeit auf den jungen General.
„Ich würde sagen wir ziehen eine so große Streitmacht wie wir aufbieten können an die Grenze nach Rioja um Druck auszuüben. Wir haben zwar das Problem des Otterbach-Anschlusses, aber die Valiente haben ebenfalls ihre Probleme.“
„Ich denke das wäre eine Zeitverschwendung.“ warf Sieghard kopfschüttelnd ein. „Meine Agenten haben sich bereits in Valiente umgesehen. Die Angreifer waren nicht einfach irgendwelche Söldner, es waren Männer aus dem Tahar Kalifat. Vermutlich Deserteure die nun ihre Dienste an den höchstbietenden verkaufen.“
„Und? Die Valiente könnten sie bezahlt haben, oder etwa nicht?“
„Ich bezweifle es, einer der toten soll angeblich einst Teil der Garde des Kalifen gewesen sein. Diese Männer würden, selbst nachdem sie desertiert sind, eher ihren rechten Arm abhacken als einem christlichen Ritterorden zu dienen. Ich würde vorschlagen dass wir uns zu aller erst um die Bedrohung der Otterbach kümmern.“
„Ich stimme Lord Sieghard zu.“ warf Henry Karolinger ein und deutete auf einer der Karten die auf dem Tisch ausgebreitet waren. „Zwar haben wir viele Männer in der Schlacht in Kalstein verloren, aber wir haben noch immer genug Soldaten um uns zur Wehr zu setzen, wir müssten sie nur in Essen oder hier sammeln und von dort aus gegen Buchendorf und Arandorf vorrücken, während wir in Aachen und Barbarossa weitere Truppen ausheben.“
„Verzeiht mir dass ich mich einmische, aber ich würde das Gegenteil vorschlagen.“ warf Reinhardt ein und zog damit die Aufmerksamkeit auf sich.
„Oh, ein Otterbach will also Tipps geben wie wir gegen Otterbach kämpfen sollen? Wie toll.“ murrte Leopold, fing sich dafür jedoch einen wütenden Blick von Sieghard und Henry ein.
Der Kaiser reagierte kaum auf die Worte, warf jedoch auch einen kurzen, mahnenden Blick in Richtung des Barbarossa, ehe er sich an Reinhardt wandte.
„Bitte fahrt fort, Ser Reinhardt.“
„Vielen Dank, Eure Majestät.“ erwiderte der Otterbach und neigte leicht das Haupt. „Ich würde vorschlagen das Heer in Barbarossa zu sammeln und von dort aus nach Mehringen vorzustoßen und die Hauptstadt Manstein zu erobern, bevor Artharwolf und seine Truppen die Stadt erreichen können, ich bin mir nämlich sicher dass sie dafür da sind die Garnison zu verstärken und nicht um eine Seelandung vorzubereiten, dafür ist die Flotte meiner Familie nicht groß genug.“
„Hm... uns stünden zur Zeit 11.000 Truppen zur Verfügung und ich habe gehört dass der Stadthalter von Manstein, Hans von Otterbach, ein genialer Heerführer sein soll. Meint Ihr dass wir eine Chance hätten?“ mischte sich nun auch Ser Rommel ins Gespräch ein.
„Haben wir.“ bestätigte Reinhardt lächelnd. „Die Garnison in Manstein beträgt zur Zeit nur zwischen 4.000 und 5.000 Soldaten, dafür verbürge ich mich. Artharwolf verfügt über vielleicht 7.000 Soldaten, selbst wenn er nach Manstein kommt nachdem die Belagerung beginnt würden wir nicht in Unterzahl sein.“
„Meine Späher haben mir ähnliche Zahlen geliefert. Zwar stehen in Burg Otterbach noch immer knapp 13.000 Soldaten, aber ich bezweifle dass Lord Günther sie einfach so abziehen wird. Ich bin mir sicher dass er nach dem Sieg gegen Lord Edward übermütig geworden ist, er wird Artharwolf und Hans sein vollstes Vertrauen entgegenbringen.“ meinte Sieghard. „Ich würde Ser Reinhardts Vorschlag zustimmen.“
„Ich bin eindeutig dagegen, wir sollten uns zuerst auf die Valiente konzentrieren, oder zumindest auf Arandorf oder Buchendorf. Von dort aus kann man leicht Essen erreichen und bedrohen, von Manstein aus muss man an Burg Barbarossa vorbei und die kann sich wenn nötig jahrelang halten.“
„Das mag sein, Lord Leopold, doch bedenkt auch dass, wenn wir Manstein erobern, in einer perfekten Position sind um nach Kalstein vorzustoßen.“ warf Ser Rommel ein und strich sich über seinen schwarzen Ziegenbart. „Mein Kaiser, ich würde den Vorschlag von Ser Reinhardt unterstützen, falls Lord Sieghard seine Informationen wirklich bestätigen kann.“
„Ich... würde eher Lord Leopold zustimmen.“ meldete Reichskanzler Karolinger sich zu Wort. „Die Möglichkeit so schnell erneut einen Angriff gegen Burg Otterbach zu wagen ist natürlich verlockend, aber ich denke wir sollten vorher lieber unsere Verteidigung ausbauen und die Bedrohung aus dem Süden unterdrücken.“

Bild


Nach dem Kanzler meldete sich niemand mehr zu Wort und Schweigen herrschte im Zimmer während alle darauf warteten dass der Kaiser sich entschied. Heinrich dachte angestrengt nach und hatte seine Stirn in Falten gelegt während er auf die Karte starrte die direkt vor ihm lag. Das Licht der Mittagssonne fiel währenddessen durch das Dach und strahlte den Hinterkopf des Kaisers an, wodurch es beinahe so aussah als wenn die grauen Haare an seiner Schläfe glitzerten.
Letztendlich richtete der Kaiser sich auf und tippte mit seinem rechten Zeigefinger dort auf die Karte wo sich Burg Barbarossa befand.
„Wir werden das Heer nach Barbarossa schicken, unter dem Kommando von Ser Heinz Rommel und Lord Leopold Barbarossa.“ verkündete der Kaiser und warf einen Blick zu den beiden angesprochenen. „Ser Rommel wird das Oberkommando haben, Ihr werdet ihn so gut es geht unterstützen, Lord Leopold.“
„Jawohl, mein Kaiser.“ meinte Leopold und senkte demütig das Haupt.
Es war ihm deutlich anzusehen dass er nicht gerade zufrieden mit dieser Entscheidung war, aber er konnte auch nichts daran ändern.
„Ich werde Euch 11.000 Soldaten zur Verfügung stellen, gleichzeitig werden wir in Essen, Aachen und hier weitere Truppen ausheben um gegen die Habsburger im Süden vorzugehen.“
„Und wer wird dieses zweite Heer anführen?“ fragte Prinz Dietrich und meldete sich somit zum ersten Mal während der Besprechung zu Wort.
„Ich natürlich.“ erwiderte der Kaiser grinsend, woraufhin niemand wirklich überrascht war.
Heinrich hatte bereits zu Genüge bewiesen dass er ein hervorragender Feldherr war und sich nicht scheute seine Truppen von vorderster Front aus anzuführen. „Dietrich, ich verlasse mich darauf dass du in Barbarossa alles veranlassen wirst um die Truppen von Ser Rommel zu versorgen.“
„Natürlich, Vater.“
„Wunderbar. Zum Thema der neu auszuhebenden Truppen kommen wir dann später.“ meinte der Kaiser und klatschte in die Hände. „Kommen wir zuerst zu einem anderen Thema. Sieghard, wie ich sehe sind eine Freunde aus Leienstadt zurück! Würdest du mir bitte sagen wie es dort mit dem Wiederaufbau unserer Flotte vorangeht?“
„Selbstverständlich, mein Kaiser.“ meinte Sieghard, lächelte kurz und machte sich dann daran zu wiederholen, was Alexander und Franziska ihm berichtet hatten.
Danach fiel das Thema wieder auf die neu auszuhebenden Truppen und letztendlich ein weiteres Mal auf die verschollene Prinzessin Johanna. Zwar gaben sowohl der Kaiser als auch Prinz Dietrich sich Mühe ruhig zu bleiben, aber trotzdem sah man beiden deutlich an dass sie sich größte Sorgen um sie machten, und Sieghard ging es genauso.
Er kannte die Prinzessin zwar kaum, hatte sich aber dennoch hin und wieder mit ihr unterhalten. Sie war eine der nettesten Menschen die er kannte, wunderschön, eine hervorragende Diplomatin und nicht so kühl und unnahbar wie die meisten Adelsfrauen im Reich, man könnte sogar soweit gehen und sie als hitzköpfig bezeichnen.
Ihre Tendenz relativ leicht auszurasten könnte sie durchaus in Schwierigkeiten bringen, weshalb Sieghard hoffte dass sie, wo auch immer sie sich zur Zeit befand, nichts dummes tat und solange in Sicherheit blieb und sich von Schwierigkeiten fernhielt bis einer der Suchtrupps der Valiente oder einer von Sieghards Agenten sie finden konnte...
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Re: [AAR] Die Goldene Faust

Beitragvon Mimir » 4. April 2016 00:20

Kapitel 2: Eine Prinzessin in Not (Öffnen)
Kapitel 2:
Eine Prinzessin in Not:


? – Januar 222:
Als ihr die Augenbinde aus grobem Stoff endlich abgenommen wurde blinzelte Johanna Faust verwirrt und sofort stiegen ihr Tränen in die Augen. Sie hatte keine Ahnung wie lange sie den verdammten Stofffetzen schon getragen hatte und beinahe in vollständiger Dunkelheit leben musste, aber es waren bestimmt schon mehrere Tage gewesen. Weiterhin wusste sie nicht wie viel Zeit seit ihrer Ankunft in Valiente und dem dortigen Überfall auf sie und ihre Leibwachen vergangen waren, aber sie vermutete dass es mehrere Wochen gewesen sein mussten.
Die Männer die sie und ihre Wachen angriffen waren eindeutig als Südländer zu erkennen gewesen, vielleicht kamen sie sogar aus Syrianna. Wer auch immer sie waren, sie hatten die Eisernen Fäuste nach einem kurzem, aber heftigem, Kampf niedergemacht, ihr eine Pistole gegen den Rücken gedrückt und sie von Valiente aus bis zur Hafenstadt Saragóza geführt. Dort waren sie an Bord einer Galeere gestiegen deren dunkles, trostloses Sklavendeck für die nächste Zeit auf See ihre Heimat gewesen war.
Keiner ihrer Entführer hatte auch nur ein einziges Wort mit ihr gewechselt, oder sie überhaupt beachtet, außer wenn sie ihr etwas zu Essen oder zu Trinken gebracht hatten. Jedes Mal wenn sie versucht hatte von sich aus ein Gespräch zu starten um zumindest ein paar Antworten zu kriegen war sie einfach ignoriert worden.
Zwar war Johanna noch immer unglaublich zornig und auch traurig über den Tod der Männer die damit beauftragt worden waren ihr Leben zu retten, aber sie war eine Faust und würde sich nicht weinerlich in eine Ecke verkriechen und schweigen nur weil sie Leichen und Blut gesehen hatte.
Trotz ihrer leicht draufgängerischen Art war sie aber noch immer eine Prinzessin und wurde nicht umsonst als eine der begehrtesten Frauen des Landes beschrieben. Ihr Aussehen spielte dabei natürlich keine geringe Rolle; während ihre Brüder, Kronprinz Ulrich und Prinz Dieter, eher ihrem Vater ähnelten hatte Johanna die langen, blonden Haare ihrer Mutter geerbt die ihr bis zum Rücken gingen, nach der langen See- und anschließenden Landreise mit nur wenigen Pausen um sich zu waschen, jedoch ziemlich zerzaust und durcheinander waren. Teilweise steckten sogar kleine Zweige in ihrer Frisur fest, nachdem sie sich am vergangenen Tag mit ihren Entführern durch einen Wald gekämpft hatte. Diese kleine Wanderung hatte sie ohnehin fast zur Weißglut getrieben, denn dank ihrer Augenbinde war sie ständig über irgendwelche Wurzeln oder Steine gestolpert und musste von ihren Begleitern aufgefangen werden, woraufhin sie diese leise anfauchte, jedoch nicht wirklich etwas tun konnte. Ihre Hände hatte man zwar nicht gefesselt, anscheinend hielt man es nicht für nötig, aber die Männer die ständig um sie herum waren griffen jedesmal ein wenn sie versucht hatte sich die Binde abzunehmen, weshalb sie nach einigen Stunden genervt aufgegeben hatte.
Neben der Haarfarbe hatte sie auch die grauen Augen ihrer Mutter und deren großen Körperbau geerbt, weshalb sie nicht wirklich kleiner war als viele der Männer am Hofe ihres Vaters, vom großen Nordländer Alexander einmal abgesehen. Die Prinzessin war zudem recht athletisch gebaut, was zum Teil daran lag dass sie schon immer mehr Zeit damit verbracht hatte sich im Fechten zu üben, auch auf Anraten ihrer Eltern hin. Wo die meisten Adelsfamilien Wert darauf legten dass die Frauen stricken, mit einem Fächer umgehen oder bezaubernd lächeln konnten war es bei den Faust umso wichtiger den edlen Kampf mit dem Degen oder Rapier zu beherrschen.
Was einem jedoch nicht besonders viel bringt wenn man keinen Degen bei sich hat... sinnierte Johanna in Gedanken und unterdrückte ein Seufzen, während sich ihre Augen endlich langsam an das schwache Licht gewöhnten und sie sich umsehen konnte.
Sie befand sich in einem großen, großzügig eingerichtetem Zelt in dessen Mitte ein großes Feuer prasselte, was die Kälte jedoch nicht ganz vertreiben konnte. Zwar war es Anfang Januar und Johanna war im Dezember aufgebrochen, allerdings war sie in die Lande der Valiente gereist, wo selbst im Winter wenigstens milde Temperaturen herrschten. Aus diesem Grund hatte sie lediglich ein dünnes, langärmeliges, schwarzes Kleid mit tiefem Ausschnitt getragen, der ihren Vorbau gut betonte. Abgesehen vom teuren Material war das Kleid auch recht schlicht gehalten und wies nur wenige, goldene Verzierungen auf die man eingestickt hatte, unter anderem den geschlossenen Panzerhandschuh auf ihrer linken Schulter.
Inzwischen trug die Prinzessin auch einen recht mitgenommenen Pelzmantel, den ihr einer ihrer Entführer übergeworfen hatte als sie von der Galeere aus an Land gegangen waren. Außerdem hatte man ihr noch im Schiff ordentliche Stiefel und dicke Socken gegeben, die sie durch ihre Seidenstrümpfe und feinen Schuhe ersetzt hatte. Selbst ohne sehen zu können hatte sie kaum dass sie von Bord waren gemerkt warum man ihr so großzügige Geschenke machte, das laute Knirschen frischen Schnees war unverkennbar gewesen. Anscheinend hatte man sie weiter in den Norden verschleppt und wollte nicht dass sie erfror bevor sie ihr Ziel erreichte, wofür sie den Fremden zumindest ein wenig dankbar war. Sie mochten verdammte, heidnische Südländer sein, aber immerhin hatten sie Manieren, was teilweise mehr war als man über die Ritter der Valiente oder Meravangi sagen konnte.

Außer dem Lagerfeuer befanden sich noch ein einfaches Bett, ein großzügig gedeckter Tisch und mehrere Stühle im Zelt, sowie eine Kommode und ein Schrank. Es sah fast so aus wie das Zelt eines Adligen und Johanna hätte vermutet dass es sich bei seinem Besitzer um einen handeln würde... wenn die Männer die vor ihr standen nicht so eindeutig keine Adelsleute wären.
Außer Johanna befanden sich noch sechs weitere Personen im Zelt, wobei keiner von ihnen auch nur annähernd wie ein Südländer aussah. Die fünf Personen die sich im Hintergrund herumdrückten würdigte Johanna keines weiteren Blickes, sie schenkte ihre gesamte Aufmerksamkeit dem Mann der direkt vor ihr stand und sie aufmerksam musterte während er sich durch seinen langen, braunen Bart strich.
Er war mindestens Mitte 30, hatte lange, ungepflegte, braune Haare die zu einem Zopf gebunden worden waren und trug eine dicke Jacke aus Fell, über die er ein Kettenhemd geworfen hätte. Das Gesicht des Fremden war von Narben gezeichnet, vor allem seine Stirn und die rechte Wange schienen einige Hiebe und Stiche abbekommen zu haben, aber ohne sie und gepflegter war er wahrscheinlich einmal ein durchaus ansehnlicher Mann gewesen. An seiner Hüfte hing ein großes, brutal aussehendes Breitschwert und an den Schrank gelehnt stand ein großer, runder Holzschild.
„Ich wünsche Euch einen schönen Mittag, Mylady.“ begrüßte der Mann sie mit rauer Stimme und in spöttischem Tonfall, nachdem er sie lange genug angestarrt hatte und verneigte sich leicht. „Ich heiße Euch herzlich in meinem bescheidenem Heim willkommen.“ fügte er hinzu und deutete mit einer ausladenden Geste auf den Innenraum des Zelts.
Johanna runzelte kurz mit der Stirn als sie ihn sprechen hörte und kaute ein wenig auf ihrer Unterlippe herum. Der Mann sprach eindeutig Lundisch, die Sprache der Wikinger von Norselund, allerdings bediente er sich einem Dialekt mit dem sie überhaupt nicht vertraut war, weshalb sie vermutete dass er weit aus dem Norden stammen musste.
„Und mit wem habe ich die Ehre?“ fragte Johanna und verzog das Gesicht als sie sah wie die anderen Männer im Raum breit grinsten.
Sie konnte zwar Lundisch sprechen, hatte jedoch nie gelernt das 'R' so zu rollen wie es die Wikinger taten. Wie die meisten ihrer Landsmänner im Faustischen Reich benutzte sie das 'Skarre-R', wie es die Wikinger nannten, und wurde von ihrem Sprachlehrer bereits mehrmals damit aufgezogen dass es teilweise so klang als würde sie den Buchstaben nie aussprechen, auch wenn sie ihn selber deutlich verstehen konnte.
„Ich bin Ulf Kjøttøks, Anführer der 'Ulvene'. Das ist der Name meiner kleinen Söldnertruppe. Und wer seid Ihr?“
Johanna stutzte und blinzelte den Mann namens Ulf verwirrt an. „Ihr... wisst nicht wer ich bin?“
„Sollte ich es?“
Nun runzelte die Prinzessin die Stirn und verschränkte ihre Arme vor der Brust. „Nun, als Opfer einer Entführung sollte ich ja wohl davon ausgehen können dass mein Entführer zumindest weiß wie ich heiße.“
„Ha! Ich fürchte da liegt ein Missverständnis vor, wertes Fräulein!“ meinte der Nordmann lachend und grinste breit als sie misstrauisch eine Augenbraue in die Höhe zog als ihr auffiel dass er das letzte Wort tatsächlich in Germanisch gesagt hatte. „Ach, guckt nicht so überrascht drein! Jeder könnte Eurer Aussprache anhören dass Ihr aus einem der beiden Kaiserreiche kommt. Mir übrigens egal aus welchem, spielt keine Rolle ob Ihr die Otterbach oder Faust unterstützt.“
„Aha... und was für ein Missverständnis liegt hier vor?“
„Ich bin nicht derjenige der Euch entführt hat, ich habe Euch gerade geschenkt bekommen.“
„Wie bitte?“
„Oh ja, die Südlinge die Euch hergebracht haben... ich glaube es waren Muslime. Sie haben Euch einfach vor meinem Zelt abgestellt und meinen Männern einen Zettel in die Hand gedrückt. Anscheinend war es nur ihre Aufgabe Euch hierher zu bringen, was nun mit Euch geschieht liegt vollkommen bei mir. Normalerweise hätte ich sie gefragt ob sie verrückt sind, aber sie sahen nicht so aus als wenn sie sich lange mit mir unterhalten wollten, also habe ich das Geschenk einfach dankend angenommen und sie verabschiedet.“
Das erklärt die lange Wartezeit von vorhin dachte Johanna und dieses Mal ließ sie wirklich ein Seufzen hören, während sie sich die Stirn rieb. „Warum musste mir sowas passieren?“ murmelte sie kopfschüttelnd.
„Keine Ahnung, aber irgendjemand muss Euch wirklich hassen.“
„Das ist mir schon klar, wenn man mich in solcher Gesellschaft absetzt!“ fauchte Johanna ihn an, woraufhin dieser tatsächlich überrascht aussah. Er hatte augenscheinlich nicht erwartet dass sie keineswegs eingeschüchtert war. „Genau genommen war es mir schon bewusst als man meine Leibwachen aufgeschlitzt hat.“ fügte sie grummelnd hinzu, jedoch eher an sich selbst gewandt.
„Meint Ihr nicht dass Ihr Euch ein wenig höflicher benehmen solltet?“
„Als Geisel von Söldnern?“ fragte Johanna und schnaubte verächtlich. „Was, habt Ihr etwa die erste adlige Söldnerbande?“
„Das ist relativ nahe an der Wahrheit, ich war einst ein Adliger müsst Ihr wissen.“ meinte Ulf und knirschte mit den Zähnen, während seine Männer leise schluckten und ein wenig zurückwichen.
Sie wussten dass es nicht schlau war sich über die Herkunft ihres Anführers lustig zu machen, das hatte bereits mehr als einen Mann das Leben gekostet.
Johanna wusste davon freilich nicht, und selbst wenn hätte es sie überhaupt nicht interessiert. „Wirklich? Ihr seht nicht wirklich danach aus. Was wart Ihr, ein adliger Bär? Aber egal, könnte Ihr mir wenigstens sagen wo ich hier bin?“
„Du hast eine verdammt große Klappe für deine Situation.“ erwiderte Ulf mit zusammengekniffenen Augen und bedrohlichem Tonfall.
Gerade als er den Mund öffnete um noch etwas zu sagen war ein leiser Knall in der Ferne zu hören, gefolgt von Gebrüll und etwas dass nach Jubelschreien klang.
„Oh bei Odins Raben!“ fauchte Ulf und rieb sich die Stirn. „Haben die Idioten da draußen etwa wiedermal einen Streit oder ein Duell angefangen?“
„Möglich.“ erwiderte einer der anderen Männer schulterzuckend. „Soll ich mal nachsehen?“ fügte er fragend hinzu, woraufhin Johannas Augen sich misstrauisch verengten.
Zwar sprach er ebenfalls Lundisch und rollte das R wie es sich gehörte... aber irgendetwas klang dennoch seltsam, sie wusste nur nicht ganz was. Zumindest eines war sicher, er sprach keinesfalls den gleichen Dialekt wie sein Anführer.
„Bleib hier, die sollen sich ruhig abreagieren.“ murmelte Ulf kopfschüttelnd. „Ich wünschte nur sie würden sich wie echte Männer mit Äxten die Schädel einhauen, anstatt wertvolle Kugeln zu verschwenden.“ brummte er dann und verzog das Gesicht als er Johannas ungläubigen Blick bemerkte. „Muss wirklich seltsam für dich klingen, nicht wahr Fräulein? Wie man Kugeln tatsächlich als wertvoll bezeichnen kann. Bei euch Deutschen wachsen die Dinger ja scheinbar an Bäumen. Unsereins muss haufenweise Geld ausgeben um Munition für die wenigen Arkebusen und Pistolen zu kriegen die wir haben. Aber es ist es wert wenn wir damit sogar mit den fortschrittlichsten Heeren des Südens mithalten können.“
Als Johanna diese Worte hörte konnte sie nicht mehr anders, sie beugte sich leicht nach vorn, legte eine Hand auf den Mund und kicherte leise.
„Was gibt es da zu lachen?“ fragte Ulf, mit einer Mischung aus Zorn und Verwirrung in der Stimme.
„Oh... tut mir leid, das war nur zu komisch.“ meinte Johanna lächelnd und winkte abwehrend mit der Hand. „Ihr habt schon lange nichts mehr aus dem Süden gehört, oder?“
„Wie soll ich das verstehen? Ich habe erst vor ein paar Wochen mit einem Waffenhändler aus dem Ducado geredet. Er berichtete davon dass die Valiente ebenfalls begonnen haben ihre Truppen mit Arkebusen anstelle von Bögen auszurüsten.“
„Verzeihung, ich hätte mich deutlicher ausdrücken sollen: Ihr habt schon lange nichts mehr aus dem Kaiserreich gehört, oder? Arkebusen und Hakenbüchsen... das alles ist mittlerweile veraltet. Wir haben schon vor Monaten angefangen umzurüsten, ein Drittel unserer Truppen verfügt bereits über die neuen Musketen.“
„Musketen? Was soll das sein?“
„Nichts worüber ein Fürst der Bären sich den Kopf zerbrechen sollte.“ meinte Johanna schulterzuckend. „Können wir jetzt endlich darüber reden wo wir eigentlich sind?“ fragte sie dann, ehe erneut Schüsse ertönten und sich alle Anwesenden in Richtung Zelteingang drehten.
„Was zum... ist es jetzt zu einer Schlägerei ausgeartet?“
„Soll ich wirklich nicht nachsehen?“
„Du klingt verdammt nervös, Jens. Sonst reißt du dich doch nie darum den Jungs mal die Meinung zu geigen, was ist Heute los mit dir?“
Der Söldner namens Jens verzog das Gesicht und rückte das Langschwert an seiner Hüfte ein wenig zurecht. „Mag sein, aber bin ich wirklich der einzige der findet dass es sich so anhört als wenn der Tumult aus der Richtung kommt in welche die Südlinge abgezogen sind?“ fragte er dann, woraufhin kurzzeitig Schweigen eintrat.
„Jetzt wo du es sagst, hört sich verdächtig danach an.“ grummelte Ulf und runzelte die Stirn. „Die Idioten werden sich doch wohl nicht mit den Muslimen angelegt haben, oder? Die sahen aus als wenn sie erfahrene Krieger waren, nicht nur irgendwelche Banditen.“
„Wir haben eigentlich keine Fanatiker bei uns zur Zeit... aber wer weiß was vorgefallen sein könnte.“
„Grmpf, von mir aus. Jens, geh nachsehen. Sollten sie sich tatsächlich mit den Südlingen angelegt haben sag mir sofort Bescheid und versuche das ganze zu unterbrechen, ich will keinen Ärger mit ihrem Auftraggeber, wer auch immer es ist.“
„'Türlich, Ulf. Bin schon weg.“ meinte der Mann nickend, warf sich einen Pelzmantel über der auf einem nahen Stuhl lag und verließ das Zelt.
„Sollte es nur eine normale Schlägerei sein sag den Bastarden dass der Pisser der es nach der Warnung noch wagt einen Schuss zu verschwenden im nächsten See eisbaden darf!“ rief Ulf ihm noch hinterher als Jens aus dem Zelt trat und ein wenig Schnee ins Innere fiel.
Anscheinend hatte es mittlerweile angefangen draußen zu schneien, viel mehr konnte Johanna jedoch nicht erkennen, ehe die Zeltplane wieder zufiel und sich die Aufmerksamkeit der Anwesenden wieder auf sie richtete.

„So, zurück zu dir, Fräulein... glaube nicht dass ich vergessen habe was du eben gesagt hast. Anscheinend hältst du es noch immer nicht für nötig mir Respekt entgegenzubringen.“
„Das von einem verfilzten Bären der es nicht nötig hält einem 'Fräulein' eine respektvolle Anrede zuzugestehen.“ antwortete die Prinzessin und schnalzte verächtlich mit der Zunge. „Was war das Leitmotto Eurer Adelsfamilie? 'Heucheln bis uns der Tod holt'?“
„Meine Familie waren die Rødhjart!“ fauchte Ulf und trat einen Schritt nach vorn, während er die Fäuste ballte.
„Und?“
„Wir waren eine der großen Adelsfamilien Norselunds, bis diese verräterischen Bastarde da oben uns in den Rücken fielen und wie Vieh jagten! Glaubst du, ich bin gerne hier und genieße mein Leben als Söldner? Nein! Ich tue es weil mir nichts anderes übrig bleibt um über die Runden zu kommen! Hast Weißt du was es heißt, als Wikinger geächtet zu sein? Ich musste hart kämpfen um überhaupt so weit zu kommen, und ich werde es niemandem, ich wiederhole, niemandem, gestatten so mit mir zu reden! Hast du das verstanden, Fräulein?“
„Mhm... also doch eher 'Heulen und Heucheln bis uns der Tod holt'?“ fragte Johanna und zog unbeeindruckt eine Augenbraue in die Höhe.
„Das reicht, du verfluchte Schlampe!“ fauchte der Wikinger und schlug mit der rechten Faust zu.
Sehr zu seiner Überraschung, und der seiner Kameraden, ging sein Schlag jedoch ins Leere. Johanna hatte bereits mit einem Angriff gerechnet, war in die Knie gegangen um auszuweichen und schoss nun nach oben, wobei sie ihre Faust von unten gegen das Kinn des Nordmannes krachen ließ, der sie trotz ihrer Körpergröße noch um gut einen Kopf überragte, und dann ein lautes, schmerzerfülltes Zischen hören ließ während Ulf ein paar Schritte nach hinten taumelte.
Ist sein Kopf aus Stein?! fluchte sie in Gedanken und schüttelte mit Tränen in den Augen ihre rechte Hand, die sich tatsächlich so anfühlte als hätte sie gegen eine Mauer geschlagen.
Ehe sie dann jedoch noch etwas tun konnte waren die anderen vier Männer heran um zu verhindern dass die Gefangene es vielleicht sogar noch schaffte sich irgendwie eine der zahlreichen Waffen zu schnappen die hier im Zimmer herum lagen.
Johanna versuchte dem Angriff des ersten von ihnen mit einer Drehung auszuweichen, leider wollte ihr Kleid dabei nicht wirklich mitmachen. Sie stolperte über den Stoff, geriet ins Schwanken und konnte nichts mehr gegen den Faustschlag tun, der sie mitten in die Magengegend traf.
Die Prinzessin ließ ein lautes Keuchen hören und krümmte sich vor Schmerz, ehe sie anfing laut zu husten. Der Treffer hatte ihr kurzzeitig sämtliche Luft aus den Lugen gepresst, aber immerhin hatte ihr Angreifer keine Handschuhe aus Metall getragen, auch wenn das ein eher schwacher Trost für sie war.
„Oh... oh! Jetzt hast du es geschafft!“ fauchte Ulf wütend, während seine Männer Johanna an den Armen packten und sie dazu zwangen gerade zu stehen.
Der Anführer der Söldner rieb sich das Kinn und ging mit schweren Schritten auf die Prinzessin zu, in seiner linken Hand hielt er dabei einen gefährlich aussehenden Krummdolch. „Wenn ich mit dir fertig bin wird dich nicht einmal mehr dein... Moment! Hey, Knut! Dreh ihren Arm ein bisschen, den linken! Ich will ihre Schulter sehen!“ befahl er plötzlich, woraufhin Johannas Arm sofort unsanft herumgerissen wurde, was ihr ein leises Zischen entlockte, sowohl vor Schmerz als auch vor Wut. „Das kann doch verdammt nochmal nicht wahr sein!“ rief Ulf entgeistert und schlug mit der freien Hand gegen den Schrank in seiner Nähe, woraufhin der Schild welcher an ihn gelehnt war zu Boden glitt.
„Was ist denn los, Ulf?“
„Was ist los? Was ist los?! Bist du verdammt nochmal blind? Das Wappen war die ganze Zeit vor deiner Nase, selbst bevor du sie festgehalten hast! Sie ist eine gottverdammte Faust! Diese Südländischen Bastarde haben ein Mitglied der Kaiserfamilie verschleppt!“
„Oh... ich dachte das war einfach nur Dekoration um zu zeigen aus welchem Reich sie kommt.“ murmelte der Mann namens Knut leise und räusperte sich.
„Ich bin wirklich von Vollidioten umgeben.“ brummte der Söldnerführer und schüttelte den Kopf.
„Und jetzt? Verkaufen wir sie wieder an die Faust?“
„Hm... würde wahrscheinlich viel Gold einbringen.“ meinte Ulf schulterzuckend. „Aber die wollen sie bestimmt unbeschadet haben, und ich lasse sie verdammt nochmal nicht damit davonkommen die Rødhjart beleidigt und mich gedemütigt zu haben! Aber du kannst dich glücklich schätzen, Prinzesschen.“ fügte er an Johanna gewandt hinzu. „Eigentlich wollte ich dich zerschneiden und hier im Schnee vergraben, egal ob du eine Adlige bist. Aber eine Faust... na ja, sagen wir dein Wert ist gerade massiv angestiegen. Bin mir sicher die Sklavenhändler der Vastha weiter im Norden werden ein kleines Vermögen für dich ausgeben, selbst wenn du ein paar Narben im Gesicht hast.“
„Meinst du? Meiner Erfahrung nach mögen die es nicht wenn ihre Ware so offen sichtbare Schäden hat.“ meldete sich auf einmal eine Stimme zu Wort die Johanna bislang noch nicht gehört hatte. Sie kam vom Zelteingang hinter ihr und sie rechnete damit dass es einer der anderen drei Söldner war, die bislang noch nichts gesagt hatten.
Die Kälte welche in der Stimme lag sorgte bei ihr bereits für eine Gänsehaut, schaffte es jedoch gleichzeitig irgendwie scherzhaft und amüsiert zu klingen. Diese eigenartige Mischung sorgte dafür dass Johanna fürs erste der größte Unterschied zu den anderen Männern entging.
Auch Ulf schien so sehr auf seine Rache und auf Johanna konzentriert zu sein, dass es ihm überhaupt nicht auffiel.
„Mhm... stimmt.“ murmelte er leise und musterte Johanna abschätzend. „Also gut, dann vielleicht ein paar Narben auf deinem Bauch, oder auf die Oberschenkel. Das dürfte die Vastha kaum stören.“
„Die stehen im Süden aber auch auf Bauchtänzer, da fallen die Narben trotzdem auf. Und blonde Frauen sind besonders beliebt bei den Sultanen und Emiren.“
Als die fremde Stimme sich erneut zu Wort meldete runzelte Johanna die Stirn und vergaß für einen Augenblick sogar den riesigen Nordmann der mit einem Dolch vor ihr stand und damit drohte sie aufzuschlitzen.
Das... ist ein sehr seltsamer Dialekt dachte sie, ehe ihr etwas aufging und sie die Augen aufriss Moment! Der spricht gar kein Lundisch!
Ulf schien davon jedoch noch immer nichts mitbekommen zu haben, ebenso wenig wie er gemerkt hatte dass er automatisch dazu übergegangen war die Sprache des Fremden zu sprechen, den er noch immer nicht wirklich beachtet hatte. Auch schien er nicht zu hören dass der Krach, welcher in den letzten Minuten draußen immer lauter wurde, inzwischen verstummt war.
„Die Vashta machen alles so kompliziert... egal, auf die Schulterblätter kann man immer ein paar hübsche Narben zeichnen, notfalls auch auf den Brüsten, bei dir ist ja genug Platz da.“ meinte der Wikinger und grinste die Prinzessin breit an.
„Klingt sehr interessant und vor allem lustig. Ich wünsche dann noch viel Spaß dabei... aber vielleicht könnten wir davor einmal kurz auf mich zu sprechen kommen, meinst du nicht auch dass das fürs beste wäre, Ulf Kjøttøks? Oder Rødhjart? Oder Kjøttøks Rødhjart?“ meinte die fremde Stimme und klang inzwischen nur noch kalt und gelangweilt.

Mittlerweile schien es auch in Ulfs Kopf endlich 'Klick' zu machen. Der Wikinger schreckte nach oben und wich einen Schritt von Johanna zurück. Selbst der Griff der beiden anderen Söldner lockerte sich, woraufhin Johanna sich losreißen konnte. Anstatt zu versuchen zu flüchten entfernte sie sich jedoch lediglich ein paar Schritte bis sie den gesamten Innenraum des Zelts im Blick hatte.
Ulf hielt noch immer seinen Dolch in der linken Hand, hatte mit der rechten inzwischen jedoch auch sein Schwert gezückt, seine Männer hatten eine Art Halbkreis um den Zelteingang gebildet und hielten schwere Kampfäxte in ihren Händen.
Zum Schluss fiel Johannas Blick auf den Besitzer der neuen Stimme und sie runzelte verwirrt die Stirn als sie ihn sah, sein Anblick war einfach zu... seltsam.
Beim Fremden handelte es sich um einen jungen Mann, vielleicht zwei oder drei Jahre älter als ihr Bruder, Ulrich. Er hatte langes, dichtes, schwarzes Haar dass er zu einem Zopf gebunden hatte den er sich so über die rechte Schulter gelegt hatte, dass die Haarspitzen fast zu seiner Brust reichten. Johanna war sich sicher dass so ziemlich jede Frau im Reich die sie kannte auf die Haare dieses jungen Mannes neidisch gewesen wäre, sie sahen unglaublich gut gepflegt und geschmeidig aus und zusammen mit seinem Gesicht verliehen sie ihm ein edles und adliges, fast schon Engelsgleiches Erscheinungsbild.
Das linke Auge des Mannes war von einer schwarzen Augenklappe verdeckt auf der ein weißer, Schlangenähnlicher Drache aufgemalt war, während sein rechtes Auge in der Farbe eines Amethysten zu glänzen schien. Die Klappe sorgte jedoch nicht wirklich dafür seine Attraktivität zu mindern, im Gegenteil, sie verlieh ihm etwas mystisches dass ihn noch anziehender wirken ließ. Selbst Ulf und seine Söldner schienen sich seinem Bann nicht entziehen zu können, ja, sie schien er noch mehr zu fesseln als Johanna, denn sie schaffte es wenigstens ihn nicht mit offenem Mund anzugaffen.
Doch das seltsame Aussehen hörte nicht bei der Augenklappe oder der Frisur auf. Der Fremde trug einen langen, schwarzen Ledermantel der bis kurz über seine Knöchel reichte und denen ähnelte die meistens von den Commodores und Gouverneuren der Freibeuterliga getragen wurde. Im Gegensatz zu den Kleidungsstücken welche diese trugen, war der Mantel des Fremden keinesfalls heruntergekommen oder schäbig, er wirkte eher so als wenn er gerade eben erst für ihn angefertigt worden war und hatte auf Hüfthöhe mehrere Schnallen und einen Gürtel mit dem man ihn schließen konnte, außerdem waren die Schnallen und Knöpfe mit Silber verziert, was Johannas erster Vermutung, dass es sich bei ihn um einen Adligen handeln musste, nur bestätigte.
Die schwarzen Lederhandschuhe die er trug wirkten von nicht minder ausgezeichneter Qualität und sein dunkelrotes Seidenhemd, welches er unter dem Mantel trug, sah so aus als wenn selbst ein Adelsmann im Reich lieber zweimal darüber nachdenken sollte, ob er es wirklich braucht.
Am ungewöhnlichsten jedoch, falls man das nach seiner Kleidung und Ausstrahlung überhaupt noch sagen konnte, waren jedoch seine Waffen. Am rechten Bein seiner festen, aus schwarz gefärbtem Leder hergestellten, Hose war eine längliche, dunkelbraune Pistole mit silbernen Verzierungen befestigt, die Johanna sofort als eine der neuesten Radschlosspistolen aus den Schmieden Essens wiedererkannte, zumindest sah sie optisch genauso aus. Pulver und Kugeln befanden sich anscheinend in den kleinen Beuteln die er am Gürtel seines Mantels trug.
Seine Hauptwaffe schien jedoch das Schwert zu sein, welches in einer Scheide steckte die er in seiner linken Hand trug. Die Scheide strahlte im Licht des Lagerfeuers und der Kerzen im Zelt und war königsblau gehalten, ohne irgendwelche Muster, Wappen oder Verzierungen. Die Klinge selbst war kein gewöhnliches Schwert, sondern eine der Waffen welche von den Samurai der Lao-Che verwendet wurden, die weit im Süden lebten; ein Katana.
Das Katana hatte einen schwarz-weißen Griff und endete in einem silbernem Ring an dem eine dunkelrote Schnur befestigt war, an der eine kleine Bommel hing.
„Und wer in Hels Namen bist du?“ fragte Ulf nach einer gefühlten Ewigkeit des Schweigens und trat einen Schritt auf den Fremden zu. „Und viel wichtiger, was willst du?“ fügte er hinzu.
„Mein Name ist Lucifer Voldric, angenehm euch alle kennenzulernen.“ erwiderte der Fremde, klang jedoch keinesfalls so als würde er es tatsächlich ernst meinen.
„Moment! Ich kenne den Namen!“ entfuhr es dem Söldner namens Knut auf einmal, woraufhin dieser vollkommen bleich anlief.
„Natürlich tust du das, Hohlkopf!“ brummte Ulf seinen Untergebenen an und unterdrückte ein Stöhnen. „Egal, was willst du hier, Engel?“ fügte er in unfreundlichem Tonfall an Lucifer gewandt hinzu, wirkte jedoch sehr nervös und festigte den Griff um seine Waffen.
„Ich habe gehört dass du nach deiner Ankunft hier von einem Clan der Vikia adoptiert wurdest, stimmt das?“ fragte Lucifer in beiläufigem Tonfall und bestätigte somit die Vermutung die Johanna hatte, seit sie die Sprache gehört hatte die er benutzte, und zu der auch Ulf gewechselt war.
Bei ihr handelte es sich um Slavisch, eine Sprache die, wie der Name es schon verriet, in Slavia sehr weit verbreitet war.
Also bin ich zur Zeit in Slavia... hm, könnte schlimmer sein. Je nachdem wo wir sind ist es gar nicht mal allzu weit nachhause dachte Johanna und unterdrückte ein Lächeln. Noch war sie keinesfalls gerettet und sie sollte vermutlich schnell einen Fluchtplan zusammenstellen... aber sie wollte auch hören was jemand wie Lucifer wohl mit Ulf und seinem Gesindel wollte, denn die Prinzessin zweifelte nicht einen Augenblick daran dass der junge Mann weit über den gewöhnlichen Söldnern stand die sich hier im Zelt versammelt hatten.
„Wurde ich, warum?“ antwortete Ulf knapp und verengte misstrauisch die Augen.
„Weil ich dich zum Duell herausfordern will, ganz einfach. Ein simpler Kampf Mann gegen Mann, wenn du gewinnst kriegst du alles was ich besitze, wenn ich gewinne kriege ich alles was du hast. Wie klingt das für dich?“
Ulf sah Lucifer erst ungläubig an, grinste dann jedoch, fing an zu lachen und schüttelte den Kopf. „Du musst mich für vollkommen dämlich halten!“ meinte er dann grinsend.
„Warum?“ fragte Lucifer und legte den Kopf schief.
„Nach dem Gesetz der Vikia dürfte mein Clan, in diesem Fall meine Söldner, nichts gegen dich unternehmen wenn du mich im fairen Zweikampf besiegst. Ich bin nicht eingebildet genug zu glauben dass ich gegen dich gewinnen könnte, dafür hast du zu viele Männer auf dem Gewissen. Nein... ich lehne ab.“
„Und wirst den Rest deines Lebens als Feigling dastehen der vor einem Duell davon rennt?“
„Lieber ein lebender Feigling als ein toter Mann der seine Ehre behalten hat.“ meinte Ulf schulterzuckend. „Wenn du meine Beute und mein Geld haben willst musst du es mit meiner ganzen Bande aufnehmen! Und ich weiß nicht wie viele Leute du in letzter Zeit rekrutieren konntest, aber wir sind deinen Leuten noch immer mindestens ums zehnfache überlegen! Also verpiss dich lieber!“
„Ähm... Ulf? Hältst du es wirklich für eine gute Idee den Todesengel zu verärgern?“ fragte Knut, und erst jetzt fiel Johanna auf dass er und einer der anderen Söldner sich während des Gespräches von Lucifer entfernt hatte, und sie ihre Äxte gegen gespannte Armbrüste ausgetauscht hatten. Zwar zielten sie noch auf den Boden, aber Johanna hatte das Gefühl dass sich das bald ändern würde.
Auch Lucifer schien die Armbrüste misstrauisch zu beäugen, was wohl dafür sorgte dass Ulf sich noch sicherer fühlte.
„Ach, selbst der kann nicht viel machen in so einer Situation. Man darf nur nicht auf seine Provokationen reinfallen.“ meinte Ulf grinsend.
Lucifer seufzte lediglich und schüttelte mit dem Kopf. „Entweder bist du weniger hitzköpfig, feiger oder klüger als man mir erzählt hat.“ meinte er dann und lächelte schwach. „Also gut, ich gebe auf, du wirst dich wohl nicht mit mir duellieren... wie wäre es dann mit einem Handel?“
„Hm? Was schwebt dir vor?“ fragte Ulf, der beim Wort 'Handel' sofort wieder aufmerksam und ernst wurde.
„Der Inhalt dieses Beutels hier gegen die hübsche Lady dort in der Ecke.“ meinte Lucifer, noch immer lächelnd, zog einen klimpernden Geldbeutel aus einer Innentasche seines Mantels und warf ihn Ulf vor die Füße, woraufhin einige silberne Münzen nach draußen rutschten.
Während seine Männer leise Pfiffe ausstießen und so aussahen als würden sie sich sofort auf das Geld stürzen wollen kniff Ulf die Lippen zusammen und sah abwechselnd vom Beutel zur Prinzessin hinter sich.
„Ich... bin mir nicht sicher. Sie hat mich schwer beleidigt.“
„Ich bitte dich, Ulf. Wir haben gerade festgestellt dass deine Ehre dir nicht gerade viel wert ist.“ meinte Lucifer und schnalzte genervt mit der Zunge.
„Das mag sein, aber sie hat die Ehre meiner Familie beleidigt.“ warf Ulf halbherzig ein, ließ seinen Blick dann jedoch zur Pistole an Lucifers Bein wandern. „Was willst du überhaupt von ihr?“
„Was geht dich das an? Sie ist hübsch, sehr hübsch sogar und hat vom Aussehen her alles was man sich von einer Frau wünschen könnte.“ meinte Lucifer schulterzuckend.
„Gibst du nicht ein bisschen viel Geld aus, wenn du nur eine Bettgefährtin willst?“ fragte Ulf und klang etwas misstrauisch.
„Oh, ich bin mir sicher dass sie sich in sehr naher Zukunft als sehr nützlich erweisen wird.“ meinte Lucifer lächelnd.

Ulf dachte noch eine Weile lang nach, seufzte dann jedoch und klatschte in die Hände. „Also gut! Ich gebe sie dir für das Geld... und für die Pistole die du da bei dir trägst, wie klingt das für dich? Oder willst du mir etwa sagen dass die ein viel zu wertvolles Erbstück ist?“ fragte er dann grinsend.
„Die hier?“ fragte Lucifer und klopfte leicht mit der rechten Faust gegen die Schusswaffe. „Erbstück ja, unbezahlbar nein. Wenn du sie willst kannst du sie haben. Munition wirst du aber gefälligst selber kaufen. Du wirst keine einzige Kugel mit dieser Waffe kriegen.“
„Grmpf, von mir aus... hey! Prinzesschen!“ rief Ulf und drehte sich zu Johanna um. „Geh zu ihm.“ meinte er dann und ruckte mit dem Kopf in Richtung Lucifer.
Die Prinzessin dachte erst darüber nach ihn einfach zu ignorieren, aber dann sah sie wie der sogenannte 'Todesengel' sie zu sich winkte und irgendetwas an seinem Blick sagte ihr dass sie sich lieber bewegen sollte.
Gerade als sie Ulf passierte hörte sie wie dieser sich in Lundisch an seine Söldner wandte. „Hört mal, dieser dämliche Varier denkt dass er machen kann was er will, aber da hat er sich geschnitten. Wenn er hier raus spazieren will jagt ihr ihm ein paar Bolzen in den Rücken, aber passt auf dass ihr das Mädel nicht erwischt.“
Als sie das hörte schluckte Johanna kurz. Kaum hatte sie sich an die Seite von Lucifer gesellt wandte sie sich ihm zu und begann im Flüsterton zu sprechen. „Hört mir bitte zu, dieser Ulf...“
„Nicht jetzt, Mylady.“ meinte Lucifer und schenkte ihr ein warmherziges Lächeln, zumindest wirkte es auf Johanna wärmer als alles was sie bisher von ihm gesehen hatte. Er verneigte sich sogar leicht und drückte kurz seine Lippen auf den Handrücken der Prinzessin.
„Ähm... danke, endlich mal jemand der Manieren hat. Moment! Das spielt jetzt keine Rolle! Ihr müsst aufpassen, Ulf...“
„Mylady? Könntet Ihr mir wohl einen Gefallen tun?“ fragte Lucifer sie, noch immer lächelnd.
Johanna musste sich ziemlich beherrschen um ihn nicht einfach anzuschreien, schluckte die bissige Erwiderung die ihr auf der Zunge lag jedoch runter.
„Ja? Was kann ich für Euch tun?“ fragte sie mit zerknirschter Stimme.
„Würdet Ihr bitte kurz Euren Pelzmantel ablegen?“
„Was? Warum?“
„Tut es einfach, bitte.“
Johanna musterte Lucifer misstrauisch, streifte sich dann jedoch den Mantel ab und ließ ihn zu Boden gleiten.
„Danke, tretet jetzt bitte einen Schritt zur Seite... nein, andere Seite... ja! Perfekt.“ meinte Lucifer lächelnd als Johanna nun direkt vor ihm stand, nur gut einen halben Schritt von ihm entfernt.
Jetzt wo sie so direkt vor ihm stand fiel ihr erst auf dass er nicht größer war als sie und zwar etwas muskulöser gebaut zu sein schien, ansonsten jedoch auch nicht wirklich breiter war als sie.
„Und jetzt?“
„Hey! Was wird das wenn es fertig ist? Kriege ich jetzt bald meine versprochene Pistole?“ fauchte Ulf die beiden an, der anscheinend langsam ungeduldig wurde.
„Aber natürlich, Verzeihung.“ meinte Lucifer und nahm die Pistole aus ihrem Holster, ehe er einen kleinen Schritt zur Seite trat um an Johannas Gesicht vorbei sehen zu können und seine linke Hand auf ihre Schulter legte. „Noch eine Sache Prinzessin, dreht Euch bitte kurz um.“
„Was? Ich soll mich umdrehen?“
„Ja, einfach in Richtung des netten Wikingers sehen.“
Erneut schluckte Johanna eine Bemerkung hinunter und tat wie ihr geheißen. Sie musste anscheinend einfach darauf vertrauen dass dieser Lucifer kein vollständiger Idiot war.
Moment... so wie ich stehe gucke ich doch gar nicht Ulf an ging es Johanna durch den Kopf als sie merkte dass der Anführer der Söldner kaum in ihrem Sichtfeld war, und sie stattdessen zu Knut und den anderen... Armbrustschützen... sah...
„Du verdammter Bastard!“ entfuhr es ihr, als ihr aufging was Lucifer vorhatte und wollte sich umdrehen, ließ es jedoch sein als Lucifer seinen Griff an ihrer Schulter festigte und seinen Kopf soweit vorbeugte dass er ihr ins Ohr flüstern konnte.
„Nicht bewegen.“ meinte er so leise wie möglich.
„Was wird denn jetzt schon wieder geflüstert! Gib mir endlich die Pis-...“ weiter kam Ulf nicht.
Lucifer bewegte sich schneller als dass irgendjemand darauf reagieren konnte, spannte den Hahn der Pistole und drückte ab, woraufhin der Rest von Ulfs Satz in einem lauten Knall unterging. Im nächsten Augenblick war ein rundes, blutiges Loch in die Stirn des Söldnerführers gestanzt worden, während Pulverdampf sich im Zelt ausbreitete und es in Johannas Ohren klingelte.
„Du... verdammter Drecksack!“ schrie Knut und richtete die Armbrust auf Lucifer, woraufhin Johanna zum ersten Mal seit ihrer Entführung panisch aufschrie, doch der Söldner zögerte mit dem Schuss.
Anscheinend klang ihm noch immer der letzte Befehl seines Söldnerführers in den Ohren und er wollte Johanna nicht verletzen, obwohl die Situation sich grundlegend geändert hatte.
Dann, ehe er es sich noch einmal überlegen konnte stieß Lucifer einen Pfiff aus während er mit Johanna ein paar Schritte nach hinten wich, woraufhin von draußen ein vielfältiges Surren ertönte. Kurz darauf bohrten sich dutzende Bolzen durch die Zeltwand und in das Fleisch der Söldner die tot oder verletzt und schreiend zu Boden gingen.
„So, das wars. Vielen Dank für die Unterstützung, Mylady.“ meinte Lucifer lächelnd und klopfte Johanna auf den Rücken.
Die Prinzessin reagierte nicht, sondern stand vollkommen schockiert und unbeweglich auf der Stelle. Sie konnte es noch nicht ganz fassen tatsächlich lebend aus dieser Situation entkommen zu sein.
Mittlerweile betraten mehrere Gestalten mit Schwertern bewaffnet das Zelt und machten mit den letzten Überlebenden kurzen Prozess.
„Zum Glück habe ich damit gerechnet dass er Probleme macht, hat einiges an Arbeit erspart seine Bande schon vorher auszulöschen.“ meinte Lucifer beiläufig und steckte seine Pistole wieder weg.
Im selben Augenblick in dem Johanna wieder zu sich kam und herumwirbelte um ihn anzufahren betrat eine weitere Gestalt das Zelt. Diese war in einen schwarzen, zugespitzten Brustpanzer und eine passende Beinrüstung gekleidet, sowie einen Vollhelm mit Visier und schwarzem Federbusch, den sie jedoch in genau diesem Augenblick abnahm.
Johanna war etwas überrascht zu sehen dass es sich bei dem vermeintlichen Ritter um eine junge Frau mit dunkler Haut und kurzen, schwarzen Haaren sowie einem strengen Gesichtsausdruck handelte. An ihrer Hüfte hing ein Langschwert und in ihrer rechten Hand hielt sie eine große, dunkle Lanze mit der sie gelangweilt die Decke des Zelts aufriss.
„Hattest du nicht gesagt du gibst ihm keine einzige Kugel?“ fragte die Frau grinsend an Lucifer gewandt, woraufhin dieser mit den Schultern zuckte.
„Ich habe auch gesagt dass die Pistole mir nichts wert ist. Egal, ich nehme an ihr habt schon alles außer dieses Zelt hier geplündert?“
„Aber natürlich.“
„Hey, Lu! Fang!“ rief auf einmal einer der Männer die sich hinter Johanna befanden und im nächsten Augenblick flog der Geldbeutel an ihrem Kopf vorbei, woraufhin sie zusammenzuckte.
Lucifer fing ihn auf, warf ihn jedoch beinahe sofort zur Prinzessin weiter, die ihn beinahe fallen ließ.
„Ähm... was soll das?“ fragte sie verwirrt und vergaß fürs erste ihre Wut.
„Entschädigung dafür dass ich Euch als Schild benutzt habe.“ meinte Lucifer und zuckte mit den Schultern. „Ich wünsche Euch viel Spaß damit.“ fügte er dann hinzu und stieß erneut einen Pfiff aus, woraufhin die Männer die sich im Zelt befanden umwandten und wieder nach draußen gingen. „Ihr könnt Euch außerdem nehmen was immer Euch hier drinnen gefällt, wir haben schon mehr als genug erbeutet. Ich verabschieden uns dann mal.“
„Moment! Was ist mit mir?“
„Hm? Oh, ich wollte Euch nicht wirklich kaufen, Ihr seid frei und könnt machen was Ihr wollt.“ murmelte Lucifer und klang leicht abwesend, während er sich tatsächlich abwandte und aus dem Zelt trat.
„W-wartet!“ rief Johanna und folgte ihm nach draußen, woraufhin sie schlagartig anhielt und es ihr die Sprache verschlug.
Der Schnee im gesamten Lager in dem sie sich befand war blutrot gefärbt und überall lagen Leichen. Auf dem Boden in der Nähe konnte Johanna sogar den abgetrennten Kopf des Mannes namens Jens erkennen, woraufhin sie schnell den Blick abwandte.
„Wolltet Ihr noch etwas fragen?“
„Ja! Ich habe keine Ahnung wo ich bin!“
„Ah. Ihr seid in Vallachia, ein paar Miláz... Kilometer von Kosavar entfernt.“ meinte Lucifer, stieg dann auf ein schwarzes Pferd welches ganz in der Nähe auf ihn wartete und von zwei Männern an den Zügeln gehalten wurde.
Kaum war er aufgesessen gab er seinem Pferd ein Signal und setzte sich in Bewegung, ohne die Prinzessin auch nur noch eines Blickes zu würdigen.
Anscheinend wollte er jetzt wirklich von hier verschwinden und ließ Johanna einsam und alleine im Schnee zurück.
„Nochmals Danke für Eure Hilfe, Mylady.“ sagte plötzlich die dunkelhäutige Frau und reichte Johanna ihren Umhang, ehe sie ihren Helm aufsetzte und sich auf ein braunes Pferd schwang.
Die Prinzessin war noch immer vollkommen verwirrt und hatte sich den Umhang umgeworfen, ehe ihr plötzlich aufging dass diese seltsame Truppe anscheinend vorhatte sie tatsächlich alleine zu lassen. Sie schätzte die Größe von Lucifers Gefolge auf knapp fünfzig Mann und wie es aussah war es eine bunt zusammengewürfelte Gruppe. Hin und wieder sah sie Leute in Panzerrüstungen, dann wieder Männer die lediglich Fellmäntel trugen, oder Frauen die sich Kettenhemden übergeworfen hatten.
Hm... vielleicht ist er einer dieser niederen Adligen von Slavia. Habe gehört dass sie nie ein einheitliches Gefolge... hey! Jetzt ist keine Zeit dafür! unterbrach sie ihren eigenen Gedankengang als sie merkte dass sie mittlerweile alleine zwischen den Leichen stand und der Schnee sich auf ihrem Kopf sammelte. Kurz überlegte sie, ob sie nicht doch lieber das Geld nehmen und versuchen sollte sich alleine durchzuschlagen, verwarf diesen Gedanken dann jedoch wieder. Selbst mit einem Schwert konnte sie in ihrem Kleid nicht kämpfen und sie hatte keine Ahnung wo sie hingehen sollte, selbst wenn die Gegend vollkommen sicher wäre.
Also setzte sie sich in Bewegung und rannte so schnell es ihr Kleid erlaubte durch den Schnee, in der Hoffnung dass Lucifer und sein Gefolge ihren Schritt verlangsamen würden sobald sie merkten dass sie vorhatte sie zu begleiten.
Zuletzt geändert von Mimir am 7. April 2016 02:31, insgesamt 2-mal geändert.
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Re: [AAR] Die Goldene Faust

Beitragvon Mimir » 7. April 2016 00:39

Kapitel 3: Der Todesengel von Vallachia (Öffnen)
Kapitel 3:
Der Todesengel von Vallachia:


Vallachia nahe der Stadt Kosavar, Slavia – Januar 222:
Drei Tage waren vergangen seit den Kämpfen im Söldnerlager der 'Ulvene und Johanna saß frustriert in einem Zelt vor einem Lagerfeuer und seufzte leise vor sich hin. Das Zelt war noch größer als dass welches Ulf in seinem Lager für sich beansprucht hatte, war jedoch vollkommen leer, wenn man einmal von knapp drei Dutzend Schlafsäcken absah die auf dem Boden ums Lagerfeuer herum verteilt lagen.
Johanna hatte es geschafft die Gruppe um Lucifer Voldric einzuholen, da diese tatsächlich auf ihre Rufe reagiert und auf sie gewartet hatten. Allerdings hatten weder Lucifer noch die Frau in der schwarzen Rüstung mit ihr geredet seit sie sich ihnen anschloss. Lucifer hatte lediglich einer der Frauen in seinem Gefolge die Anweisung erteilt Johanna mit auf ihr Pferd zu nehmen damit sie mit ihrem unpraktischen Kleid nicht durch den Schnee laufen musste.
Noch am selben Abend hatten sie ein Zeltlager und dort Rast gemacht. Einen Tag später war Johanna plötzlich fast alleine in eben jenem Lager gewesen, abgesehen von ein paar Männern und Frauen die Lucifer als Wachen zurückgelassen hatte. Die ungewöhnlich hohe Anzahl von Frauen in Lucifers Gefolge war eine Sache die Johanna etwas irritierte, zwar legte man in ihrer Familie Wert darauf sie in der Fechtkunst auszubilden, aber es war dennoch undenkbar dass Frauen als Soldaten arbeiteten. Es gab hin und wieder weibliche Leibwächter, aber diese waren sehr selten und wurden immer wieder mit Verwirrung und Neugier betrachtet.
Andererseits ist das hier Slavia und nicht Ibellica dachte Johanna und gähnte leise. Vor allem die Dracule haben schon immer jeden in die Armee gesteckt der eine Waffe halten konnte, egal ob Mann oder Frau.
Die Wachen welche im Lager zurückgeblieben waren hatten sich nicht gerade als gesprächig erwiesen, aber zumindest hatte Johanna aus ihnen herausbekommen dass Lucifer und der Rest seiner Truppe noch heute von ihrer Mission zurückkehren würden, was auch immer diese Mission sein sollte.
„Mylady? Darf ich Euch kurz stören?“ erklang plötzlich eine freundliche Stimme vom Eingang des Zelts her und ließ Johanna zusammenzucken.
Als sie den Blick schließlich in Richtung des Eingangs wandte sah sie einen Mann der Mitte zwanzig zu sein schien, mit kurzen, braunen Haaren, grauen Augen und einem freundlichen Lächeln im Gesicht. Er trug ein weißes Leinenhemd und darüber eine dicke Felljacke, außerdem schien er überall an seinem Gürtel Wurfmesser befestigt zu haben, zusätzlich zu einem Scimitar.
„Ah, natürlich. Was gibt es... ähm... Pavel?“ antwortete sie und erwiderte sein Lächeln.
Wenn sie sich nicht irrte war sein Name Pavel Dubrik, er war der einzige aus Lucifers Gefolge der sich ihr richtig vorgestellt hatte und trieb sich immer in der Nähe des jungen Adligen und der Frau in schwarzer Rüstung rum. Leider hatte er einen sehr starken Akzent wenn er Slavisch sprach, da er aus den östlichen Gegenden von Norselund stammte, wo man leider weder Slavisch noch Lundisch sprach sondern Nors, eine Sprache die Johanna nicht einmal ansatzweise beherrschte.
„Ich bin gerade mit Lu und den anderen zurückgekommen und habe Euch etwas mitgebracht, hier.“ meinte der Mann lächelnd und reichte Johanna ein Bündel von Sachen die er bislang unter dem Arm getragen hatte. Es waren lange Strümpfe aus Wolle, eine Fellhose und ein dickes, langärmeliges Wollhemd.
„Oh, vielen Dank! Wo habt Ihr das her?“
„Wir haben es in einem nahen Dorf gekauft, Lu war der Meinung dass Ihr richtige Kleidung haben solltet wenn Ihr uns begleiten wollt. Wir werden Morgen nach Kosavar aufbrechen und dort die Belohnung für unseren letzten Auftrag einsammeln.“
„Ähm, wenn Ihr 'Lu' sagt, meint Ihr damit Lord Lucifer?“
„Lord...?“ wiederholte Pavel, ehe er anfing zu lachen. „Prinzessin, Ihr seid wirklich komisch! Dachtet Ihr wirklich Lu ist ein Lord?“
„Wie bitte? Ist er etwa kein... Moment! Habt Ihr gerade 'Prinzessin' gesagt?“ fragte Johanna schockiert und wich ein wenig vor ihm zurück.
Sie hatte sich eigentlich als Johanna Scherer vorgestellt, Tochter einer Adelsfamilie die in Ahlingen lebte und deren junges Oberhaupt zur Zeit Stadthalter von Aachen war. Die Kaiserfamilie hatte sie eigentlich mit keinem Wort erwähnt und sich generell kaum mit den anderen Leuten unterhalten. Wie also war ihre Tarnung aufgeflogen?
„Hm? Ah ja, Lu hat mir gesagt dass Ihr eigentlich die Prinzessin der Faust seid.“
„A-aber... wie hat er das rausgefunden?“
„Keine Ahnung, vielleicht weil Ihr Euren richtigen Vornamen benutzt habt?“ meinte Pavel schulterzuckend.
„Johanna ist nicht gerade ein seltener Name! Ich kenne mindestens drei andere Johannas im Reich!“ warf sie empört ein, seufzte dann jedoch leise und schüttelte mit dem Kopf. „Urgh... egal, ich werde ihn einfach selber fragen.“ fügte sie murmelnd hinzu. „Kommen wir lieber zurück zum Thema, Ihr meintet dass Lucifer kein Lord ist?“
„Nun, nicht direkt. Ich meine, wer ihn einmal sieht der muss einfach denken dass er ein Adliger ist, nicht wahr?“ meinte Pavel, woraufhin Johanna zustimmend nickte. „Gerüchten zufolge ist er ein Adliger aus einer der größeren Familien Slavias aber die Wahrheit kennt außer Lu und Cora niemand. Ah, Cora ist unser Kapitän, sie ist dafür verantwortlich uns alle zu beaufsichtigen und dafür zu sorgen dass wir brav bleiben und bezahlt werden.“
„Also seid Ihr auch Söldner? Wie dieser Ulf?“
„Hm... Söldner vielleicht, aber keinesfalls so wie Ulf. Das waren eher Briganten die sich hin und wieder als Söldner angeboten haben. Gaben immer damit an was sie doch für harte Typen sind und an wie vielen Schlachten sie teilgenommen haben, vollkommener Schwachsinn sage ich Euch.“
„Moment, die haben nie an einer Schlacht teilgenommen?“
„Doch, natürlich. Man kann in Slavia kein Söldner sein und noch nie in einer Schlacht gekämpft haben, die meisten haben schon gekämpft bevor sie Söldner wurden. Aber sie waren nie an vorderster Front und haben meist nur Spähaufträge übernommen oder Dörfer geplündert. Jedenfalls ist Lus Truppe etwas anderes. Wir sind dafür da um solchen Abschaum wie Ulf zu jagen, ein sehr profitables Geschäft. Händler, Bürgermeister oder Stadthalter heuern uns an um eine bestimmte Bande von Briganten, Banditen oder Söldnern auszuschalten. Die Belohnung die sie uns dabei anbieten ist zwar nicht schlecht, aber der Großteil unserer Einkünfte kommt vom Plündern der feindlichen Lager. Wobei der Auftrag meistens nur vorsieht den Anführer der Bande zu töten.“
„Ah, also hat Lucifer Ulf deshalb zu einem Duell herausgefordert?“
„Genau, das ist unsere übliche Vorgehensweise... also abgesehen davon dass wir die Bande schon vorher zerschlagen haben, aber Lu hatte schon damit gerechnet dass Ulf ablehnen würde.“
„Verstehe... Ulf sagte irgendwas von wegen 'Varia', kommt Lucifer aus der Gegend?“
„Nein, aber seine Mutter. Er redet viel über sie, aber nie über seinen Vater, was mich vermuten lässt dass er der Bastard irgendeines Bojaren oder Grafen ist der ihn und seine Mutter rausgeworfen hat. Gut, außerdem ist sein Name noch ein sehr starker Hinweis dafür.“
„Warum?“
„'Lu' ist der Name den man hier in Slavia unerwünschten Kindern gibt, wie nach diesem einem Engel in der Religion der Christen, wisst Ihr?“
„Ihr meint 'Lucifer'? Ja, natürlich weiß ich das! Sehe ich wirklich so dämlich aus?“
„Ah, Verzeihung. Dachte immer ihr Faust haltet nicht gerade viel vom Hochinquisitor.“
„Tun wir auch nicht, trotzdem sind wir noch gläubige Christen!“
„Müsstet Ihr dann nicht vollkommen begeistert vom Hochinquisitor sein?“
„Wisst Ihr, einer der Medici in Europa hat da mal etwas gesagt was die Meinung der Faust sehr gut wiedergibt: 'Gott ist nicht unzufrieden mit den Ungläubigen und Heiden, er ist unzufrieden mit der Dekadenz und Korruption innerhalb der Inquisition'.“
„Und plötzlich ist mir klar warum die Faust Probleme mit der Inquisition haben.“ murmelte Pavel kopfschüttelnd. „Wer Medici zitiert sucht wohl nach dem kürzesten Weg auf den nächsten Scheiterhaufen.“
„Ach was, die Inquisition ist voller Feiglinge und Stümper.“ meinte Johanna und wedelte abweisend mit der Hand in der Luft herum. „Ach ja, und Idioten. Die würden einen Ketzer nichtmal aufspüren wenn der mit schamanistischen Runen nackt auf dem St. Andrea-Platz im Vatikan tanzt und lauthals 'Greystoke stahl sein Herz' singen würde.“
„Ihr kennt das Lied?“ fragte Pavel und lachte leise. „Und ich hatte Euch für eine behütete, unschuldige, freundliche Prinzessin gehalten.“
„Und das bin ich natürlich auch.“ erwiderte Johanna mit ihrer unschuldigsten Stimme und setzte ein strahlendes Lächeln auf. „Aber ich bin auch diejenige die im Namen meines Vaters mit der Freibeuterliga verhandelt hat als wir unsere Kolonie in Mesocala errichtet haben. Ich habe heraus gehandelt dass die Flotten der Liga Neuwelt schützen und dafür bezahlt werden.“
„Wie bitte? Ihr habt die Liga dazu gebracht ihre Flotte dafür abzustellen Mesocala zu schützen? Jede einzelne Stadt die ihr jemals dort haben werdet?“
„Was? Nein, nein. Nur Neuwelt.“
„Ja, die neue Welt. Habe ich doch gesagt.“
„Nein! Ich meine die Provinz Neuwelt!“ rief Johanna und stöhnte genervt. „Bei Gott! Ist das so schwer zu verstehen?“
„Ihr... habt die erste Kolonie in Mesocala 'Neuwelt' genannt?“
„Ich nicht, das war Ulrich... mein Bruder.“
„Ihr Deutschen seid nicht gerade kreativ kann das sein?“
„Soll ich nochmal erwähnen dass es alleine unter den größeren Adelsfamilien mehrere 'Johannas' gibt?“ fragte die Prinzessin und lachte. „Wo wir gerade wieder bei Namen sind, warum nennt Ihr Lucifer 'Lu'?“
„Ah... ich habe Probleme damit seinen Namen richtig auszusprechen.“ meinte Pavel schulterzuckend. „Keine Ahnung warum, aber ich kriege die Mitte nie richtig hin... Lukifer, Lukkifer... Luhkifa...“ murmelte er leise und verstummte dann kopfschüttelnd. „Egal, ich kriege es nicht hin, also heißt er einfach 'Lu'.“
„Das... klingt seltsam, aber egal. Ist ja nicht mein Problem. Oh! Eine Frage hätte ich noch!“
„Was denn?“
„Warum nennt man Lucifer 'Todesengel'? Nur wegen seinem Namen?“
„Ah, nein. Der Name hat kaum was damit zu tun. Er heißt so wegen unserer Truppe, wir haben bereits 133 Aufträge erfolgreich abgeschlossen.“
„Moment... soll das heißen ihr habt über einhundert Banden zerschlagen?“
„Japp, in den verschiedensten Größen. Von ein oder zwei Dutzend Banditen bis hin zu ein- oder zweihundert Deserteuren war alles dabei. Ulfs Bande hatte sogar 400 Männer, mit Abstand die größte Herausforderung bislang.“
„Das ist unglaublich... Ihr seid doch nie im Leben mehr als 70 Leute!“
„Genau, wir haben auch nur selten richtig gekämpft. Von 133 Aufträgen hat Lu 127 dadurch abgeschlossen dass er den Boss der feindlichen Bande in einem Duell besiegt hat.“
„Er... er hat 127 Duelle gewonnen?“
„Ganz genau, und wisst Ihr was am beeindruckendsten ist?“
„Was?“
„Jedes Duell wurde innerhalb von wenigen Sekunden gewonnen.“ meinte Pavel grinsend. „Selbst die besten Duellanten wurden in kürzester Zeit getötet. Dadurch hat Lu seinen Titel und einen gefürchteten Ruf. Vielen Banden in Vallachia reicht mittlerweile schon die Drohung man würde uns anheuern um ein Dorf oder eine Karawane in Ruhe zu lassen.“ fügte er in stolzem Tonfall hinzu.
Unglaublich! Wenn das stimmt wird es ein leichtes sein mit ihrer Hilfe wieder nachhause zu kommen! Ich muss nur Lucifer davon überzeugen vorerst umsonst zu arbeiten und ihn mit einer großen Belohnung ködern die er kriegen wird sobald ich wieder in Sturmburg bin!
„Prinzessin? Hört Ihr mir noch zu?“
„Was? Oh, Verzeihung. Ich war nur gerade in Gedanken, mir ist nämlich eingefallen dass ich gerne einmal mit Lucifer reden wollte, alleine wenn möglich. Obwohl, jetzt wo Ihr wisst dass ich eine Prinzessin bin könntet Ihr natürlich auch dabei sein. Wäre es möglich da was zu organisieren?“
„Hm, Ihr könntet jederzeit mit Lu reden. Allerdings ist es hier im Lager natürlich sehr wahrscheinlich dass Euch jemand belauscht. Ich werde mit ihm reden, bin mir sicher wenn wir in Kosavar sind wird sich etwas finden. Oh... da fällt mir ein, er ist eh alleine vor geritten um sich mit jemandem zu treffen.“
„Also könnte ich jetzt eh nicht mit ihm reden.“ stellte Johanna seufzend fest. „Ich habe auch wirklich immer nur Pech.“
„Ach was, immerhin hat Lu Euch zum richtigen Zeitpunkt im Lager von Ulf gefunden und gerettet.“
„Er hat mich als Schutzschild gegen Bolzen benutzt!“
„Und Ihr lebt noch! Ist doch das beste Zeichen dafür dass Ihr Glück habt, oder nicht?“
„Ich... ich werde nicht einmal versuchen zu sagen auf wie vielen Ebenen dass vollkommener Schwachsinn ist.“
„Sehr gut. Ich werde Euch jetzt alleine lassen damit Ihr Euch umziehen könnt. Wir werden wahrscheinlich bald aufbrechen, also beeilt Euch lieber.“ meinte Pavel, winkte der Prinzessin zum Abschied und verließ das Zelt.
Also noch ein paar Tage warten... egal, wenn mein Plan aufgeht werde ich schon bald wieder zuhause in Ibellica sein. Jetzt wo ich meinen Entführern entkommen bin kann es nur noch besser werden! dachte Johanna und begann fröhlich vor sich hin zu pfeifen.
Weder sie noch die Söldner welche sie begleitete ahnten dass ihre Abenteuer in Slavia gerade erst begonnen hatten...

Lager nahe Helwingsdorf, Provinz Thülsen im Faustischen Reich – Januar 222:

Bild


„Als ich hörte dass wir mit 11.000 Soldaten von Sturmburg aus aufbrechen würden hatte ich irgendwie mehr erwartet.“ meinte Sieghard und lehnte sich im Zelt der Kommandanten auf seinem Stuhl zurück während er ein Seufzen gen Decke schickte.
„Wirklich? Was stimmt denn nicht mit den Truppen?“ fragte Rommel und wirkte tatsächlich ziemlich verwirrt während er von einer Karte auf dem Tisch vor sich aufblickte.
Nach der Besprechung in Sturmburg hatte Kaiser Heinrich Sieghard noch einmal zu sich gerufen und ihn damit beauftragt das erste Heer welches nach Manstein zog begleiten sollte, für den Fall der Fälle. Zur Zeit befand sich das Heer einige Kilometer Südöstlich von Essen, nahe Helwingsdorf, und hatte dort eine Pause eingelegt.
Franziska und Alexander waren beide in Sturmburg geblieben und würden Kaiser Heinrich bei seinem Angriff auf Arandorf und Buchendorf unterstützen. Mit anderen Worten, Sieghard musste zum ersten Mal in seinem Leben an einem Feldzug teilnehmen ohne seine Freunde bei sich zu haben.
Außer ihm und Rommel befanden sich noch Leopold Barbarossa und Dietrich Faust im Zelt, sowie einige Eiserne Fäuste, Männer in silbergrauen Rüstungen auf deren rechter Schulter eine goldene Faust zu sehen war. Zwar mochten sie sich in ihrer Rüstung und Erfahrung von den Imperialen Fäusten unterscheiden, die Bewaffnung war jedoch exakt gleich.
„Oder meint Ihr dass 11.000 zu wenig ist?“ fügte Rommel fragend hinzu als Sieghard mit einer Antwort zögerte.
„Nun, zu wenig nicht. Ich hatte nur nicht erwartet dass wir ausschließlich veraltete Truppen mitnehmen würden. Reinhardts Berichten zufolge haben die Otterbach irgendwie Musketen in ihre Finger gekriegt, unsere Arkebusiere sehen dagegen recht alt aus. Und der Großteil unseres Heeres besteht noch immer aus Pikenieren! Pikenieren! Wenn wir schon Speerkämpfer haben müssen, warum können wir nicht wenigstens die Kaiserliche Garde mitnehmen? Und warum haben wir keine Musketiere dabei? Oder die Linieninfanterie? Die hat sich bei der Eroberung von Barbarossa doch besonders hervorgetan, genauso wie die Grenadiere! Warum müssen wir mit veralteten Truppen gegen Manstein marschieren?“
„Hm, wir sind den Otterbach noch immer zahlenmäßig überlegen. Vielleicht wollte der Kaiser nicht die besten Truppen für die Schlacht um Manstein riskieren?“ meinte Leopold schulterzuckend. „Was auch immer der Grund des Königs dafür war, ich bin mir sicher dass wir trotzdem problemlos gewinnen werden.“
„Der Meinung bin ich auch, trotzdem kann ich Lord Sieghards Einwand verstehen.“ meldete Dietrich sich seufzend zu Wort. „Ich würde mich sicherer fühlen wenn ihr wenigstens ein paar Kanonen mitnehmen würdet.“
„Das sagt Ihr doch nur weil sie aus Eurer privaten Schmiede kommen.“ warf Rommel grinsend ein. „Ich verstehe nicht warum Ihr so auf diese Dinger fokussiert seid. Wir haben sie noch nicht einmal in einer Schlacht getestet und auf den ersten Blick wirken sie nicht wirklich effektiver als Katapulte, und sie können genauso leicht durch einen Kavallerieansturm ausgeschaltet werden.“
„Und Ihr sagt das nur weil Ihr Eure Pistoliere so sehr liebt.“ meinte Dietrich grinsend. „Abgesehen davon, Ihr habt Recht, wir konnten die Kanonen noch nie in der Schlacht benutzen, aber glaubt mir wenn ich sage dass sie weit effektiver als Katapulte oder Triboken sein werden. Man muss sie nur richtig einsetzen.“
„Ich muss gestehen dass ich eher auf Ser Rommels Seite bin.“ mischte Leopold sich ein und fuhr sich mit der gepanzerten Hand über sein rasiertes Haupt. „Ich würde lieber ein paar hundert Musketiere mitnehmen anstatt einer Kanone.“
„Weil Ihr es einfach nicht versteht.“ meinte Dietrich seufzend und schüttelte den Kopf. „Kanonen sind der Weg der Zukunft, meine Herren! Ein Schwert führt in Duellen zum Sieg, Kugeln mögen eine Schlacht gewinnen, aber Artillerie wird die Kriege der Zukunft entscheiden, das könnt Ihr mir glauben! Lord Sieghard ist ebenfalls meiner Meinung, nicht wahr?“ fragte der Prinz woraufhin sich alle Blicke auf Sieghard richteten.
„Mhm, ich muss gestehen dass ich anfangs auch gezweifelt habe, aber ich habe gesehen was diese Waffen unter Umständen anrichten könnten. Man muss nur wissen wie man sie einsetzt, dann werden sie mehr Wert sein als zweihundert Ritter der Meravangi.“
„Sorgt bloß dafür dass die Euch nicht hören wenn Ihr sowas sagt.“ meinte Leopold grinsend. „Ansonsten könnt Ihr Euch schon bald nicht mehr vor Duellen retten.“
„Hmpf, sollen die es doch ruhig hören. Es ist nun einmal Tatsache dass ihre Heere und die der Avalonen seit über einem Jahrhundert vollkommen überholt sind. Von den Rittern Edens ganz zu schweigen. Es ist ein Wunder dass die sich noch immer auf Syrianna halten können.“
„Da habt Ihr Recht. Auch wenn die Avalonen noch immer die schlimmsten sind wenn es darum geht es einfach nicht zu erkennen.“ meldete sich eine neue Stimme zu Wort, bei der Sieghard schockiert die Augen aufriss und sich in Richtung Zelteingang drehte.
Dort stand ein junger Mann in strahlender, silberner Rüstung der wie eine Kopie von Dietrich Faust aussah, mit dem Unterschied dass er etwas größer war und längere Haare hatte.
„P-Prinz Ulrich?!“ entfuhr es Sieghard ungläubig während er von seinem Stuhl aufsprang.
„Oh Gott... Ulrich, bitte nicht.“ murmelte Dietrich, rieb sich die Stirn und schüttelte den Kopf.
„Hm, bin ich etwa nicht erwünscht?“ fragte Ulrich gut gelaunt, ging ins Zelt und setzte sich auf einen freien Stuhl.
„Als Besucher ja... aber wir kennen dich, Ulrich.“ meinte Dietrich seufzend. „Du bist nicht hier um einfach nur mal 'Hallo' zu sagen.“
„Und wenn doch?“
„Dann würde ich dir sagen dass du gefälligst zurück nach Essen gehen sollst! Ich bin mir sicher du hast noch immer einen riesigen Stapel von Papierkram zu erledigen.“
„Ja... hätte ich gewusst wie anstrengend es ist Kronprinz zu sein hätte ich den Titel an dich weitergegeben. Aber keine Sorge Dietrich, ich habe eine gute Ausrede dafür warum ich mich zur Zeit davor drücke die ganzen Dokumente und Papiere zu überfliegen und abzustempeln.“
„Wehe Ihr sagt was ich denke.“ warf Leopold ein und schien kurz davor zu stehen anzufangen zu weinen.
Es war die Aufgabe des Barbarossa dem Kronprinzen als sein General und Berater zur Seite zu stehen, was jedoch meistens hieß dass er dafür sorgen musste ihn davon abzuhalten etwas dämliches zu tun oder sinnlos sein Leben zu riskieren.
„Keine Ahnung was du denkst, Leopold, aber ich habe beschlossen Ser Rommel und dir zu helfen!“
„Genau das hatten wir befürchtet.“ meinte Sieghard und stöhnte genervt. „Hört mir bitte zu, Prinz Ulrich, der Kaiser will nicht dass Ihr nach Manstein zieht! Keiner seiner Söhne soll dahin! Dietrich ist nur hier um uns bis nach Burg Barbarossa zu bringen, dann wird er dableiben.“
„Natürlich wird er das, er ist ein viel besserer Stadthalter und Prinz als ich. Es wäre eine Verschwendung wenn er auf dem Schlachtfeld sterben würde.“ meinte Ulrich grinsend. „Aber wenn es um mich geht... nun, seien wir ehrlich, von was für einem Nutzen bin ich eigentlich wenn ich keine Schlachten führe?“
„Egal was wir sagen, Ihr werdet nicht nach Essen zurückkehren, nicht wahr?“
„Gut erkannt, Sieghard! Aber genug darüber geredet, kommen wir lieber auf Euer interessantes Thema von vorhin zurück; schlecht über Avalon reden!“
„Ulrich! Du kannst das Thema nicht einfach so beenden!“
„Nicht? Aber ich habe es gerade getan. Komm schon Dietrich, sei nicht so! Wir alle wissen dass du gerne über deine neuen Erfindungen reden willst! Sind diese neuen Kanonen um die es ging die gleichen die auf unseren Karacken sind?“
„Es... nein, sind sie nicht.“ meinte Dietrich seufzend. Es hatte keinen Sinn, er würde später versuchen Ulrich davon zu überzeugen diese dämliche Idee wieder zu vergessen. „Es sind leichtere und kleinere Versionen dieser Geschütze, noch immer tödlich und weitaus präziser. Und wie lange standest du eigentlich vor dem Zelt um das alles mitzuhören?“
„Eine Weile, aber das ist unwichtig. Ich will lieber über deine neuen Kanonen reden... und es beeindruckt mich wenn sie wirklich genauer treffen sollen. Ich fand die an Bord der Karacken eigentlich schon immer präzise genug... womit wir wieder übrigens wieder bei Schiffen und somit bei Avalon wären! Habt Ihr mitbekommen dass die sich tatsächlich noch immer für die größte Seemacht der Welt halten?“
„Wie bitte? Wie weltfremd kann man eigentlich sein?“ fragte Rommel ungläubig, den das ganze vorherige Gespräch nicht wirklich interessiert zu haben schien. „Hat die Plünderung des Vatikans ihnen nicht gezeigt wie nutzlos ihre Schiffstypen gegen Karacken sind?“
„Nun, um fair zu bleiben, die Freibeuter kamen unerwartet, haben die Flotte der Inquisition überrascht und war zahlreicher. Die Avalonische Flotte wäre eine deutlich größere Herausforderung gewesen... bevor man sie versenkt hätte.“ meinte Sieghard grinsend. Dann wandte er sich an den Kronprinz und sein Lächeln wurde sogleich um einiges bösartiger.
„Ähm... Sieghard? Mir gefällt es nicht wie du mich angrinst. Was ist los?“
„Oh, nichts... aber habe ich Euch richtig verstanden, Prinz Ulrich? Ihr seid fortan der Kommandant dieser Streitmacht?“
Ulrich verengte kurz die Augen und starrte Sieghard misstrauisch an, nickte dann jedoch sachte. „Ja... bin ich. Warum?“
„Oh, sehr gut! Ser Rommel? Prinz Dietrich? Wärt Ihr so freundlich?“
„Hm? Was meint Ihr? Oh... ooooooh! Natürlich!“ rief Rommel grinsend, im selben Moment in dem auch Dietrich aufzugehen schien wovon Sieghard redete.
Beinahe zeitgleich riefen sie nach ihren Gehilfen welche in einer Ecke des Zelts gesessen hatten und vollkommen übersehen worden waren. Im nächsten Augenblick gingen die beiden Männer auf Kronprinz Ulrich zu und knallten riesige Stapel mit Dokumenten und Papieren vor ihm auf den Tisch.
„M-moment... Sieghard? Ser Rommel? Dietrich? Was... was ist das alles?“
„Hm? Oh, nichts. Nur ein paar Dinge die der Kommandant des Heeres ausfüllen muss bevor wir in Barbarossa sind, damit dort dann alles ganz geschmeidig und problemlos vonstatten gehen kann.“ meinte Sieghard, lachte leise und ging dann in Richtung Zelteingang. „Also dann, ich wünsche Euch noch viel Spaß, Kommandant Ulrich! Ich muss die Pikeniere aus Leienstadt inspizieren.“ sagte er, winkte dem vollkommen entgeistert wirkenden Prinzen zum Abschied und verließ das Zelt.
„Und ich muss nach meinen Pistolieren sehen.“meinte Rommel und machte sich ebenfalls auf den Weg nach draußen.
„Ich werde mich darum kümmern dass Eure Eisernen Fäuste einen guten Platz für Ihr Zelt kriegen, mein Prinz. Bis später.“
„Et tu, Leopold?“
„Viel Spaß, Ulrich. Ich, ähm, muss die Kanonen kontrollieren.“
„Was? Dietrich! Ihr habt keine Kanonen dabei! Dietrich, komm sofort zurück! Hey!“ rief Ulrich und klang fast so als würde er in Tränen ausbrechen, doch keiner reagierte auf ihn.
Die anderen waren bereits gegangen und ließen den Kronprinzen mit seinem Stapel von Papierkram alleine zurück.

Spoiler (Öffnen)
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Da das Kapitel etwas kürzer war, hier nur mal kurz eine Zusammenfassung von dem was ich die ersten 15-20 Runden in der Kampagne gemacht habe. Ich habe mich größtenteils wirklich so verhalten wie in der Geschichte beschrieben und mich vollkommen auf die Otterbach Rebellen konzentriert und dadurch mehrere Rebellenstädte ignoriert die eher Valiente/ Meravangi Rebellen waren, da die Rebellen für den AAR natürlich nicht als eine einzelne Fraktion gelten.
Bei den Städten und Burgen habe ich größtenteils den Bau von Rodungen und Farmen als Priorität gesehen. Im ersten Kapitel kann man es am Screen schon sehen, Burg Barbarossa startet mit negativem Wachstum und ich musste 3-4 Farmstufen bauen damit es da nach oben geht. In Aachen habe ich Wege und Farmen gebaut, nur in Essen hatte ich als erstes Minen bauen lassen (gaben 500 zusätzliche Einnahmen auf Stufe 1).
In der Sturmburg habe ich währenddessen darauf hin gearbeitet bald andere Einheiten als das Standardzeug zu haben, hauptsächlich weil ich die Einheiten der Faust mag, in die Geschichte einbauen und dafür auch einen Grund/ Rechtfertigung haben will. Wie in diesem Kapitel bereits erwähnt wurde habe ich auch eine Kolonie in Mesocala/ Amerika, dort wird es auch einen Semi-Hauptcharakter geben und einige Kapitel werden sich um ihn und seine Abenteuer dort drehen. Auf Grund einiger unvorhersehbarer Zwischenfälle im Laufe der Kampagne (die ich jetzt hier nicht spoilern möchte) habe ich Mesocala allerdings etwas vernachlässigt, werde das Ingame jedoch sobald wie möglich nachholen.
Zuletzt geändert von Mimir am 12. April 2016 23:52, insgesamt 3-mal geändert.
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Re: [AAR] Die Goldene Faust

Beitragvon Mimir » 10. April 2016 15:36

Kapitel 4: Die Diebstähle von Neuwelt (Öffnen)
Kapitel 4:
Die Diebstähle von Neuwelt:


Neuwelt, Faustische Kolonie – Januar 222:

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Die kleine, einfallsreich benannte, Burg und dazugehörige Ortschaft 'Neuwelt' war die erste und bislang einzige Kolonie des Faustischen Kaiserreichs in Mesocala. Sie befand sich an der Ostküste des Kontinents und lag so weit nördlich dass es nahe der Grenze zu Lenapa lag, und sich somit in relativer Nähe zu den drei größten Stämmen von Eingeborenen der Neuen Welt befand; den Paynal, Kukulcan und Sycorax.
Die Burg der Kolonie bestand größtenteils aus Holz, ebenso wie die kleine Mauer welche um die Ortschaft herum errichtet worden war. Eigentlich hatte Neuwelt nichts besonderes an sich und sah aus wie eine ganz gewöhnliche Kolonie, lediglich ein Gebäude stach ins Auge und hob sich vom Rest ab. Bei diesem Gebäude handelte es sich um eine nahezu riesige Kirche die sich im Ostviertel der Ortschaft befand und eine große Fläche für sich beanspruchte. Zwar war sie noch immer kleiner als der Karlsdom, die große Kathedrale welche in Aachen stand und von Karl I. in Auftrag gegeben wurde, aber gehörte dennoch zweifellos zu den größeren Gotteshäusern der Welt. Die Kirche hatte zwei Türme, beide mit einer Höhe von knapp zwölf Metern, und der Rest des Gebäudes hatte dementsprechende Ausmaße. Nun, zumindest sobald sie endgültig fertiggestellt worden war, Teile des Gebäudes standen bereits und waren vollständig betriebsfähig, aber es war noch immer viel Arbeit zu verrichten.
Einige der ersten Siedler in Neuwelt waren Männer und Frauen gewesen, welche mit dem Bau der Kirche begonnen, dank großzügiger Unterstützung der Kolonien der Valiente, sowie finanzieller Hilfe der Inquisition.
Der Grund dafür war dass diese Kirche gleichzeitig als Hauptquartier für den Orden der Wandelnden Erleuchtung dienen sollte, sowie für den Militärischen Arm der Organisation; die Klingen der Erleuchtung. Teilweise tat sie es sogar schon, der Oberste Inquisitor von Mesocala, sein persönlicher Leibwächter und ein Fünftel der Ritter unter dessen Kommando hatten ihr Quartier in der Kirche bezogen.
In einer der hintersten Ecken des Gebäudes, vor einer unscheinbaren Tür aus schlichtem Holz, standen zwei Männer und hielten mit gelangweiltem Gesichtsausdruck Wache. Sie trugen einen weißen Waffenrock auf dem ein rotes Buch zu sehen war, von dem ein goldener Glanz ausging. Keiner der beiden hatte ein Kettenhemd an, welches eigentlich Teil ihrer Ausrüstung war, und trugen lediglich gewöhnliche Hemden. Sie waren seit knapp einem Jahr hier stationiert und seitdem hatten sie außer auf dem Übungsplatz nicht einmal ihre Waffe benutzen müssen, die Rüstung anzulegen war mittlerweile eine unnötige Zeitverschwendung geworden die sich niemand mehr antun wollte, selbst der Hauptmann der Leibwache hatte es nach gut acht Monaten sein lassen. Die Provinz Neuwelt war nahezu riesig und durch ein gutes System aus Wachtürmen und erfahrene Späher und Kundschafter geschützt, selbst wenn eine Streitmacht der Eingeborenen auf die Burg marschieren würde, man hätte mehrere Tage Vorwarnung.
Also blieb den Männern des Ordens nichts weiter übrig als sich vor Langeweile auf ihre Hellebarden zu stützen, Löcher in die Luft zu starren und verkrampft versuchen nicht einzuschlafen. Zur Freude der Wachen gab es mittlerweile wenigstens ein Dach über dem Kampf, eine deutliche Verbesserung zum Anfang ihrer Zeit hier.
Allerdings waren die Wachen vor der Tür nicht die einzigen die sich langweilten. Im Zimmer befanden sich ebenfalls zwei Männer, einer von ihnen saß hinter einem großen Schreibtisch der beinahe so viele Verzierungen aufzuweisen hatte wie Stapel an Papieren, Dokumenten und Büchern. Die meisten Verzierungen waren Darstellungen der berühmtesten Schlachten von Karl I. und seinem Enkel, Nikolaus I.
Beim jungen Mann der hinter dem Tisch auf einem gepolstertem Stuhl mit hohen Armlehnen saß war niemand geringeres als Péter Scherer, der Oberste Inquisitor von Mesocala. Er hatte lange, blonde Haare die ihm von Zeit zu Zeit ins Gesicht fielen und ihn dazu brachten genervt zu seufzen, sie sich hinter die Ohren zu streifen und damit weiterzumachen sich durch den riesigen Stapel vor ihm zu arbeiten. Das Gesicht des Inquisitors wirkte noch sehr jugendlich und war vollkommen bleich, obwohl die Sommer Mesocalas durchaus so brutal, warm und sonnig werden konnten wie die Syriannas. Seine Augen waren von einem etwas dunklerem Blauton und man konnte hin und wieder so etwas wie Verzweiflung in ihnen aufblitzen sehen, wenn sein Blick sich kurz von dem Dokument, an dem er gerade arbeitete, erhob.
Gekleidet war Péter in eine scharlachrote Priesterrobe mit einem großen, silbernen Kreuz welches sich über den gesamten Oberkörper zog. Ein weitaus kleineres Kreuz befand sich an einer Halskette die der Inquisitor über seiner Robe trug.
Der Titel 'Oberster Inquisitor' verhieß in den meisten Fällen viel Macht und Einfluss am Vatikan, denn es bedeutete dass der Träger dieses Titels sämtlichen Inquisitoren 'seines' Kontinents vorgesetzt war und ihnen und ihrem Gefolge notfalls Befehle erteilen konnte. Wenn man dies bedachte wirkte es auf den ersten Blick sehr fragwürdig einen so großen und wichtigen Titel einem jungen Priester zu vermachen der gerade einmal 20 Jahre alt war und erst vor kurzem ein Inquisitor geworden war. Weit weniger fragwürdig war es dann jedoch auf dem zweiten Blick, denn momentan gab es auf ganz Mesocala genau einen Inquisitor, und sein Name lautete Péter Scherer. Seine Ernennung zum Obersten Inquisitor Mesocalas war nichts weiter als eine nette, kleine Geste des Vatikans gegenüber dem Kaiser der Faust und der Adelsfamilie der Scherer. Nett, klein und vor allem ohne irgendwelche Konsequenzen für den Vatikan, da es sehr unwahrscheinlich schien dass man innerhalb der nächsten Jahrzehnte mehr als zwei oder drei Inquisitoren nach Mesocala schicken würde.
Nun, immerhin hat man mir einen eigenen Orden gegeben... immer die positive Seite sehen dachte Péter seufzend und schaffte es geradeso nicht mit dem Kopf zu schütteln. Er wusste genauso gut wie Hochinquisitor Zappa dass sein Orden nur aus einem einzigen Grund existierte, um Péter in Mesocala zu beschäftigen. Wenn er in der Neuen Welt festsaß und damit zu tun hatte sich um einen richtigen Ritter- und Priesterorden zu kümmern, und nebenbei im Auftrag der Inquisition den gesamten Kontinent zum Christentum bekehren musste, blieb ihm kaum Zeit in den Vatikan zu reisen und dort das zu tun was die meisten Männer seines Rangs taten; Intrigen und Pläne schmieden, sich gegenseitig beleidigen, dem Hochinquisitor auf die Nerven gehen und sich überall, zu jeder Zeit lautstark zu streiten. Alles in allem etwas womit Péter eigentlich ganz gut leben konnte, er hatte nicht wirklich etwas dagegen seine, hoffentlich vielen, verbliebenen Jahre in Ruhe und Frieden zu verbringen. Leider gab es immer wieder etwas dass den 'Ruhe' Teil von 'Ruhe und Frieden' störte. Wie zum Beispiel ein gigantischer Stapel Papierkram.
„Das reicht!“ rief Péter plötzlich, knallte mit der Faust auf den Schreibtisch, schleuderte seine Feder ins andere Ende des Zimmers, wo sie die Wand knapp unter einem Fenster traf und aufs Bett des Inquisitors sank, und raufte sich die Haare.
„Probleme, Eure Exzellenz?“ fragte die zweite Person im Raum und grinste Péter an.
Er war gut einen Kopf größer als der Inquisitor, auch wenn das nicht offensichtlich war während sie beide saßen, und ein Jahr älter. Seine schwarzen Haare waren auf der linken Hälfte des Kopfes sehr kurz geschnitten während sie auf der rechten Seite beinahe so lang waren wie die Péters.
„Halt die Klappe, Viktor.“ grummelte Péter leise und rieb sich die Augen. „Du verstehst nichts von meinem Leiden.“
Viktor von Gelringen war der Sohn einer Adelsfamilie welche eine der größten Hafenstädte des Reichs verwaltete und seit Beginn der Faust-Dynastie den Kaiser unterstützt hatte. Das war mit der Hauptgrund warum er den Posten als Hauptmann der Klingen der Erleuchtung erhalten hatte, ein weiterer Grund war die Tatsache dass er seit mittlerweile fünf Jahren jedesmal das halbjährliche Schwertkampfturnier und das jährliche Schützenfest der Sturmlande gewonnen hatte.
Viktor saß vornübergebeugt mit dem Rücken vor der Zimmerwand auf einem gepolstertem Schemel und stützte mit dem rechten Arm seinen Kopf. Er blinzelte den Inquisitor noch immer amüsiert aus seinen dunkelbraunen Augen an, die sich hinter dünnen, rechteckigen, abgeschliffenen Brillengläsern versteckten.
Gekleidet war er in ein langärmeliges, schwarzes Seidenhemd über dass er sich seinen Waffenrock geworfen hatte, an seiner Hüfte hingen; ein Säbel in einer mit drei Saphiren dekorierten Scheide und versilbertem Griff, sowie eine doppelläufige Pistole aus den Schmieden Essens die geladen und bereits zum Feuern war. Zusätzliche Munition trug er nicht mit sich herum, aus dem selben Grund warum weder er noch seine Männer Rüstungen trugen, es war einfach unnötig.
„Ich kann mir schon vorstellen worum es geht.“ erwiderte Viktor grinsend, rückte mit zwei Fingern seine Brille zurecht und ließ seinen Blick über den Schreibtisch schweifen. „Nicht was du dir erhofft hast als du deinen Posten hier akzeptiert hast?“
„Ich wollte ihn nie akzeptieren... aber lehne mal so ein Angebot vom Hochinquisitor persönlich ab.“ grummelte Péter und lehnte sich in seinem Stuhl zurück. „Ich frage mich was Lord Barbarossa eigentlich den ganzen Tag lang macht, ich habe das Gefühl als wenn man mich für alles was in Neuwelt passiert verantwortlich macht und ich mich um jede Kleinigkeit kümmern muss.“
„Ich dachte du kriegst nur Berichte und so über das was mit dem Bau der Kirche zusammenhängt... gut, und unserem kleinen Projekt.“
„Wie gesagt, alles. Seien wir ehrlich, sonst ist hier überhaupt nichts los. Aber gut dass du es angesprochen hast, Viktor. Ich habe ein Schreiben von Thlep bekommen, innerhalb der letzten drei Tage sind immer wieder Brötchen und die ein oder anderen Süßwaren aus seiner Bäckerei verschwunden. Er hat schon mit der Stadtwache geredet, aber die konnten niemanden finden. Sie haben sogar schon einen ganzen Tag lang um die Bäckerei Wache gehalten, wo ich mich frage ob sie nicht etwas besseres zu tun haben.“
„Nein.“ antwortete Viktor wie aus der Pistole geschossen. Was sollen sie sonst machen, Tapire jagen?“
„Zum Beispiel, besser als fünf Leute ewig vor einem einzelnen Haus zu postieren.“
„Moment, hattest du gerade gesagt du hast ein Schreiben von Thlep bekommen? Seit wann kann Thlep schreiben?“
„Er lernt schnell, mittlerweile spricht er sogar schon fließend Deutsch. Er meinte dass er eine Art Lehrer in seinem Dorf war.“
„Du hast dich mit ihm unterhalten?“
„Tue ich mit den meisten Leuten die ich treffe, es lenkt mich von der Langeweile ab und man kann ein paar interessante Sachen hören. Thlep meinte zum Beispiel dass er Besuch aus seinem Dorf hatte, einer seiner Neffen. Anscheinend kommt eine Gesandtschaft der Sycorax in unsere Richtung, zusätzlich zu einer der Kukulcan.“
„Ah ja, Lord Barbarossa hatte Gestern etwas davon erwähnt, ein Späher hatte ihm davon berichtet. Aber egal, was ist jetzt mit Thlep und der Bäckerei? Warum erzählst du mir davon?“
„Ganz einfach, Thlep hat in seinem Brief angedroht weitere zu schreiben und zu verschicken wenn ich ihn ignoriere. Und wenn ich eines überhaupt nicht gebrauchen kann, dann ist es noch mehr Papier dass sich hier stapelt. Also wirst du einen kleinen Ausflug machen, dich mit Thlep unterhalten, ein wenig herum stöbern und sehen ob du nicht etwas finden kannst.“
„Bin ich ein Spürhund?“
„Hey, du hast mich auch immer gefunden wenn ich mich in Gelringen versteckt habe. Wenn es einer schafft, dann du.“
„Tut mir leid, aber ich bin dein Leibwächter. Ich kann dich nicht einfach ungeschützt hier lassen.“
„Ha! Der war gut Viktor!“ rief Péter und fing tatsächlich an zu lachen. „Jetzt aber ernsthaft, geh zu Thlep.“ fügte er dann grinsend hinzu und schüttelte den Kopf.
„Ich meine es ernst!“
„Viktor... ich bin hier so sicher wie sonst nirgendwo. Die Eingeborenen haben keinen Grund mich zu ermorden, im Kaiserreich habe ich keine Feinde und kein einziger Priester der Welt würde es wagen mich zu töten. Sie alle haben viel zu viel Angst davor eventuell meinen Posten zu erben wenn ich sterbe, glaube deswegen wurde ich überhaupt erst vorgeschlagen. Ich bin jünger als alle Kardinäle und Inquisitoren die es sonst so gibt, also werden sie vermutlich vor mir sterben. So lange ich am Leben bin wird niemand Gefahr laufen hier her geschickt zu werden, außer wenn er es sich wirklich mit dem Hochinquisitor vermiest.“
„Ich... muss trotzdem auf dich aufpassen.“
„Nein! Musst du nicht! Geh endlich zu Thlep!“
„Aber das ist so weit... kann ich nicht einfach einen meiner Männer schicken?“ fragte Viktor und stöhnte genervt.
„Du. Thlep. Jetzt.“ meinte Péter und sah seinem alten Freund streng in die Augen.
„Urgh, gut. Von mir aus, bin ja schon auf dem Weg.“ murmelte der Leibwächter, erhob sich von seinem Stuhl, nahm einen dunklen Umhang von einem Haken der neben ihm an der Wand befestigt war und verließ ohne ein weiteres Wort das Zimmer.
„Wunderb-... Moment! Was habe ich getan?“ fragte Péter in schockiertem Tonfall, kaum dass die Tür ins Schloss gefallen war. „Viktor! Komm zurück, lass mich nicht mit dem langweiligen Papierkram alleine zurück! Viktor? Viiiiiiiktoooooooor!“

Die Rufe des Inquisitors hörte dessen Leibwächter jedoch schon gar nicht mehr. Er hatte sich mit schnellen Schritten vom Zimmer entfernt, das Kirchenschiff samt Altar hinter sich gelassen und war mit einem leisen Seufzen ins Freie getreten.
Es war Mittagszeit und obwohl die Sonne hoch am Himmel stand und auf Neuwelt hinab schien war es kühl. Zwar war es noch immer etwas wärmer als im nördlichen Ibellica, wo bereits Schnee lag und die Seen mit Eis bedeckt waren, aber für die hiesigen Verhältnisse waren die Temperaturen doch extrem niedrig, zumindest für die Ureinwohner des Landes. Neben der Burg und Ortschaft gab es in der Provinz Neuwelt noch dutzende kleine bis winzige Siedlungen von Eingeborenen die hier zuhause waren, und eben jene waren Teil des 'Projekts' von dem Viktor vorhin geredet hatte.
Es war die Aufgabe des Ordens der Wandelnden Erleuchtung der wilden, neuen Welt das Christentum und eine 'zivilisiertere' Kultur näherzubringen. Anstatt sich mit seinen begrenzten Ressourcen sofort auf einen wilden Eroberungsfeldzug zu begeben, wie es die Ritter in Syrianna getan hatten, entschloss Péter sich für eine weitaus friedlichere Methode. In den Monaten vor der Gründung des Ordens hatten seine Mitglieder, abgesehen vom Militärischen Arm, sich in der Sprache der Einheimischen geübt und mehr über ihre Kultur und Bräuche gelernt. Dann, als Hochinquisitor Zappa Péter offiziell zum Oberhaupt des neuen Ordens ernannte waren die Geistlichen des Ordens sofort ausgezogen um die Dörfer und Siedlungen der Eingeborenen zu besuchen. In jeder Ortschaft verbrachten sie mehrere Tage und unterhielten sich mit den Einwohnern, alles mit dem Ziel um einige davon zu überzeugen ihre Heimat zu verlassen und ein neues Leben in Neuwelt zu beginnen, um dort mehr über die östlichen Völker und über das Christentum zu lernen.
Thlep war einer derjenigen welche dieser Einladung gefolgt waren, und nach gerade einmal drei Monaten war er nicht nur ein ständiger Gast beim Sonntagsgebet in der Kirche, er hatte sich auch vom alten Karl zum Bäcker ausbilden lassen und dabei so gute Fortschritte gemacht dass er die Bäckerei und den dazugehörigen Laden mittlerweile beinahe alleine für den altersschwachen Aachener führte.
Insgesamt lebten inzwischen knapp 120 Eingeborene in Neuwelt und hatten sich größtenteils problemlos integriert. Fauster, Ureinwohner und Valiente lebten in Freundschaft, Frieden und Harmonie miteinander in der Kolonie. Kriminalität und Verbrechen gab es so gut wie keine, weshalb die Stadtwache genau genommen lediglich dafür bezahlt wurde mit ihren Speeren und Schilden durch die Straßen zu schlendern, im Schatten der Gebäude zu dösen oder sich mit den Einwohner der Ortschaft zu unterhalten, wirkliche Arbeit gab es nicht für sie.

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Die Eingeborenen hatten sich alle im Westteil von Neuwelt niedergelassen und dort befand sich auch Karls Bäckerei, was Viktor dazu zwang die gesamte Siedlung zu durchqueren bis er endlich vor dem kleinen, unscheinbaren Häuschen stand vor dem bereits zwei Stadtwachen zu warten schienen.
„Oh, Graf Viktor. Wir haben gar nicht mit Euch gerechnet.“ meinte einer der Wachen und verneigte sich leicht vor ihm. „Der Oberste Inquisitor meinte zwar dass er uns Hilfe schicken würde, aber wir hätten nie gedacht dass Ihr persönlich kommt nur wegen ein paar verschwundenen Brötchen.“
„Und zwei halben Torten, einem Kuchen und mehreren Keksen.“ meldete sich eine Stimme aus der Bäckerei zu Wort, und kurz darauf steckte Thlep sein missmutiges Gesicht aus dem offenen Fenster. „Schön Euch zu sehen, Graf Viktor.“ fügte er hinzu und verneigte sich ebenfalls.
„Scheint ein ziemlich hungriger Dieb zu sein.“ meinte Viktor während er und die Stadtwachen die Tür öffneten und in die Bäckerei eintraten.
Thlep stand inzwischen hinter der Theke des zugehörigen Ladens und trommelte mit den Fingern auf dem Holz herum. Er war knapp zwei Köpfe größer als Viktor, hatte leicht gebräunte Haut und kurze, schwarze Haare. Außerdem waren seine Oberarme ziemlich muskulös, was Viktor schon immer dazu gebracht hatte zu denken der Eingeborene war ursprünglich ein Krieger gewesen, bevor er sich in seiner kleinen Siedlung niedergelassen hatte.
„Ist Karl gar nicht hier?“ fragte eine der beiden Wachen und sah sich suchend um.
Thlep schüttelte mit dem Kopf und in seinem Gesicht wurde Missmut durch Sorge und Trauer ersetzt. „Ihm geht es überhaupt nicht gut, er liegt seit drei Tagen krank im Bett. Seine Töchter kümmern sich zwar um ihn, aber ich fürchte dass er nicht mehr lange unter uns weilen wird.“
„Wirklich? Das sind traurige Nachrichten.“ meinte Viktor und seufzte leise. „Ich kenne ihn seit ich klein war, seine Bäckerei in Gelringen war im ganzen Reich bekannt und beliebt. Ich habe ihm immer gesagt dass er sich diese Reise nicht antun und zuhause bleiben sollte, aber er ließ es sich einfach nicht ausreden die Neue Welt zumindest ein einziges Mal zu sehen. Ich werde jedenfalls für ihn beten und Péter darum bitten es auch zu tun.“
„Zu freundlich von Euch, mein Lord.“ meinte Thlep und neigte leicht sein Haupt. „Lasst uns lieber über etwas anderes reden, ich will Euch nicht den ganzen Tag hier festhalten.“
„Habe ich eigentlich kein Problem mit, ist ja nicht so als wenn ich was besseres zu tun hätte.“ sagte Viktor schulterzuckend. „Aber gut, kommen wir zu Eurem Problem... wann haben die Diebstähle begonnen?“
„Ich gehe mich mal in der Vorratskammer umsehen.“ meinte eine der Wachen und verließ den Laden durch eine Tür rechts von der Theke.
„Gute Frage, zum ersten Mal aufgefallen ist es mir vor drei Tagen als ich ein ausgehöhltes Brötchen gefunden habe. Irgendjemand hat sich mit dem Teig vollgestopft und den Rest einfach liegen lassen, weshalb ich bezweifle dass es Ungeziefer ist. Ganz zu schweigen davon dass ich noch nie von Mäusen oder Ratten gehört habe die einen ganzen Kuchen innerhalb einer Nacht restlos verspeisen.“
„Mhm... und die Stadtwachen die um die Bäckerei herum aufgestellt waren haben nichts bemerkt?“
„Leider nicht, mein Lord.“ erwiderte die zweite Wache und schüttelte bedauernd den Kopf. „Ich war einer derjenigen die aufgepasst haben, niemand hat die Bäckerei betreten oder verlassen, den ganzen Tag über. Nun, abgesehen von Thlep natürlich.“
„Merkwürdig, gibt es hier in der Bäckerei irgendwo eine Art Geheim-...“
„Hey! Thlep!“ erklang auf einmal die Stimme der zweiten Wache aus dem Nebenzimmer. „Wusstest du dass unter einem der Regale hier eine Falltür ist?“
„Wie bitte? Nein, davon höre ich gerade zum ersten Mal!“ antwortete der Eingeborene verblüfft.
„Sie war mit einem alten Bärenfell versteckt verdeckt! Hast du eine Ahnung wo sie hinführen könnte?“
„Und somit hat sich meine Vermutung bestätigt.“ sagte Viktor.
„Hm, ist recht dunkel da unten und... h-hey! W-wer bist du? Argh!“
Der Schrei der Wache war noch nicht einmal ganz verstummt, da standen sein Kollege, Thlep und Viktor auch schon im Nebenzimmer um ihm zu helfen, gegen was auch immer er hier entdeckt hatte. Der Hauptmann der Klingen hatte bereits den Griff seines Säbels in der Hand als er eintrat, erstarrte jedoch beim Anblick der sich ihm bot und blinzelte überrascht.
Der Mann lag ohnmächtig und regungslos auf dem Boden, direkt vor einer aufgeklappten Falltür. Und dort vor ihm stand... ein kleines, junges Mädchen dass den Speer der Wache in der Hand hielt und sich mit nervösen Blicken umsah. Ihre Haut war etwas dunkler als die von Thlep, ihre Haare waren dunkelbraun, schulterlang und vollkommen zerzaust und in ihren Rehaugen konnte man deutlich ihre Angst und Verzweiflung sehen.
Gekleidet war sie in ein ärmelloses Hemd dass aussah als wenn sie es aus einem Kartoffelsack gemacht hätte sowie eine zerschlissene, dunkelbraune Hose. Schuhe oder Socken schien sie keine zu haben. Von der Seite konnte man außerdem sehen dass sie einen mit Erde verdreckten Verband stramm um ihre Brust gewickelt hatte. Verletzt schien sie nicht zu sein, aber der Verband sorgte dafür dass man sie nicht sofort auf den ersten Blick als Mädchen erkannte und etwas genauer hinsehen musste.
„Also gut, das reicht. Lege deine Waffe weg und... was?“ kam es von der verwirrten Stadtwache an Viktors Seite, als das junge Mädchen den Speer fallen ließ und ohne zu zögern nach vorn schoss.
Sie bewegte sich so schnell dass der arme Mann nicht einmal wirklich reagieren konnte, kaum hatte sie ihn erreicht rammte sie ihren rechten Ellenbogen mit voller Wucht in die Magengrube der Wache, die daraufhin zusammen knickte und mit einem schnellen Schlag auf beide Ohren und einem Kniestoß gegen die Stirn außer Gefecht gesetzt wurde.
Sie legte auch keine Pause ein, sondern zog das Schwert aus der Scheide der Wache, rammte den Knauf Thlep in die Rippen woraufhin der große Mann zur Seite taumelte und in eines der stehenden Regale fiel.
Dieser schnelle Erfolg schien das Mädchen zumindest etwas beruhigt zu haben, sie ließ sogar ein kurzes Lächeln aufblitzen, ehe sie das gestohlene Schwert auf Viktor richtete und etwas in einer, für ihn, unverständlichen Sprache zu ihm sagte.
„Ich habe keine Ahnung was du da gerade gesagt hast, aber du bist hier in Faustischem Gebiet. Glaube nicht dass du einfach so machen kannst was du willst. Wie wäre es wenn du dein Schwert weglegst und...“ Viktor brach mitten im Satz ab und wich schnell einen Schritt zurück als sich das Mädchen wieder in Bewegung setzte. Sie hatte versucht ihn auf die gleiche Art auszuschalten wie Thlep, indem sie ihm den Schwertknauf in die Seite rammte, wirbelte nun jedoch herum und schlug mit der Schneide der Waffe nach dem Leibwächter als sie merkte dass ihr Angriff fehlgeschlagen war.
Viktor schaffte es geradeso seinen Säbel zu ziehen und den Schlag zu parieren, ansonsten hätte er durchaus verletzt werden können.
„Also gut, wie du willst... machen wir es eben so.“ murmelte er dann und ging seinerseits zum Angriff über.
Er führte einen schnellen, senkrechten Hieb mit seinem Säbel aus den das Mädchen problemlos blockierte, oder besser gesagt, parierte. Anstatt die Waffe abzublocken drehte sie ihr Schwert so dass der Säbel die Schneide entlang glitt und ins Leere schlug, ehe sie eine Halbdrehung ausführte und erneut Angriff.
Wieder hob Viktor seinen Säbel um dem Schwertschlag zu entgehen, riss jedoch überrascht die Augen auf als er sah dass das Mädchen die Waffe einfach fallen ließ und einen weiteren Schritt zur Seite trat. Ehe Viktor darauf reagieren konnte trat sie ihm mit voller Wucht gegen die Brust, woraufhin er gegen den Türrahmen knallte und sich auf die Zunge biss. Trotzdem gelang es ihm geradeso sich rechtzeitig aufzurichten und so zu positionieren dass das Mädchen nicht einfach aus der Bäckerei laufen konnte. Sie biss sich nervös auf die Unterlippe, ging in eine gebückte Stellung und schien sich darauf vorzubereiten den Kampf fortzusetzen. Dann verzog sie jedoch plötzlich das Gesicht und ging in die Knie, was Viktor überrascht blinzeln ließ.
„Ist alles in Ordnung?“ fragte er, obwohl sie ihn wahrscheinlich sowieso nicht verstehen konnte. Kaum hatte er ausgesprochen schloss das Mädchen auch schon ihre Augen und fiel regungslos vornüber.
Bevor sie auf dem Boden aufschlug hatte der junge Graf sie aufgefangen und schluckte nervös als sie ihren Rücken sah. Das gesamte Hemd an dieser Stelle war mit Blut durchtränkt, und als er das 'Hemd' mit seinem Degen aufschnitt sah er dass auch der Verband vollkommen rot war.
„Sie muss verletzt gewesen sein und sich irgendwie hier eingenistet haben.“ murmelte Thlep in nervösem Tonfall während er sich aufrichtete und sich die Seite hielt. „Was macht Ihr jetzt mit ihr?“
Viktor musterte das fremde, verletzte Mädchen eine Weile lang, wobei er hauptsächlich versuchte seine eigenen Gedanken zu ordnen. Der kurze Kampf mit ihr hatte ihn ziemlich schockiert, er war es gewohnt jedes Duell in dem er antrat ohne größere Probleme zu gewinnen und dennoch hatte dieses kleine Mädchen es geschafft einen Treffer gegen ihn zu landen, unbewaffnet und verletzt!
„Mein Lord?“
Viktor seufzte. „Na was wohl? Ich werde tun wofür Péter mich für den Posten als Hauptmann vorgeschlagen hat; ich werde zur Kirche gehen und unseren geliebten Inquisitor von seiner Arbeit ablenken.“
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Re: [AAR] Die Goldene Faust

Beitragvon Mimir » 14. April 2016 20:44

Kapitel 5: Stadt der Diebe und Ausgestoßenen (Öffnen)
Kapitel 5:
Stadt der Diebe und Ausgestoßenen:


Vallachia, ein Hügel nahe Kosavar – Januar 222:


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Drei Tage nachdem das Lager abgebaut und die Söldnergruppe sich mit Johanna im Schlepptau auf den Weg nach Kosavar gemacht hatten, saß die junge Prinzessin auf einem Hocker im größten Zelt des neuen Lagers. Sie hielt eine Tasse mit heißem Tee in ihren Händen, war in eine Decke gewickelt und starrte missmutig in die Flammen des Lagerfeuers dass vor ihr knisterte. Irgendwie lief überhaupt nichts wie geplant, sie hatte eigentlich gedacht schnell nach Kosavar zu reisen, sich in der Stadt mit Lucifer zu treffen und mit ihm über den Auftrag zu reden den sie für ihn hatte.
Stattdessen mussten sie und die Söldner vor den Toren der Stadt warten, oder besser gesagt in einiger Entfernung vor den Toren, denn die freie Stadt der Vallachen wurde von einer gewaltigen Armee des Herzogtums der Dracule belagert. Vom Hügel aus konnten sie gut die Reihen der Poborowy sehen die sich vor der Stadt aufgestellt hatten und nur darauf zu warten schienen dass man ihnen den Befehl gab die Mauern zu stürmen. Bewaffnet waren die Truppen der Dracule größtenteils mit Piken und Bögen, hin und wieder hatte Johanna durch ein geliehenes Fernglas auch Axtkämpfer gesehen, Rüstungen trug jedoch kein einziger von ihnen. Solch luxuriöse Dinge waren den Adligen vorbehalten, den Husaren und Eisschwingen der Dracule.
Von denen hatten sich knapp 200 weit hinter den Reihen der Bauern aufgestellt, saßen auf ihren schwer gepanzerten Pferden und starrten desinteressiert geradeaus. Zumindest sah es vor zwei Stunden noch so aus, als Johanna noch draußen gestanden und die Situation beobachtet hatte. Der Ausrüstung und den Belagerungsgeräten welche die Dracule hatten zufolge war diese Belagerung schon eine ganze Weile in Gang, weshalb die Prinzessin umso überraschter war dass keiner der Söldner etwas davon gewusst zu haben schien.
„Mylady?“ meldete sich auf einmal eine Stimme zu Wort und brachte Johanna dazu aus ihren Gedanken aufzuschrecken.
„Oh, guten Tag... ähm, Cora.“ murmelte Johanna als sie die dunkelhäutige Söldnerin sah die am Zelteingang stand und sie mit ernster Miene ansah.
Die Söldner brachten sie vollkommen durcheinander, sie war es einfach nicht gewohnt Leute ohne irgendwelche Titel anzureden und sie einfach beim Namen zu nennen. Andererseits würde sie sich vielleicht weniger seltsam fühlen wenn die Söldner nicht ihrerseits darauf bestehen würden sie 'Mylady', 'Fürstin' oder 'Prinzessin' zu nennen, es gab ihr nur das Gefühl vollkommen ausgegrenzt zu sein.
Gut... ich kenne sie auch erst ein paar Tage und hätte mich wahrscheinlich nie freiwillig mit ihnen eingelassen, aber es ist trotzdem blöd! Ich will nicht die hochgeborene Prinzessin sein um die alle herumtänzeln!
„Mylady, ist alles in Ordnung?“ fragte Cora und klang leicht besorgt, anscheinend hatte sie den missmutigen Gesichtsausdruck bemerkt den Johanna aufgesetzt hatte.
„Ich habe mit angesehen wie man meine Leibwächter abgeschlachtet hat, wurde aus der Hauptstadt eines der größten Ritterorden der Welt entführt, wochenlang über ein quälend langsames Schiff nach Slavia verschleppt, mitten im Winter in irgendeinem gottverlassenem Wald bei einer Gruppe wilder Barbaren ausgesetzt und wäre fast als Sklavin an die Vashta verkauft worden. Dann habe ich einen Gewaltmarsch durch Schnee und Eis gemacht um endlich mit Lucifer zu reden, nur um festzustellen dass die Stadt in der er ist von den verdammten Drachenfanatikern belagert wird!“ antwortete die Prinzessin und redete sich dabei ziemlich in Rage. Bislang hatte sie das alles in sich hinein gefressen und nicht wirklich laut ausgesprochen, es nun doch zu tun war irgendwie befreiend für sie. Als sie geendet hatte holte sie einmal tief Luft, schüttelte den Kopf und setzte dann ein bezauberndes Lächeln auf. „Aber abgesehen davon, ja. Alles in bester Ordnung.“
„Muss schwer für eine Prinzessin gewesen sein.“ meinte Cora und schaffte es dabei irgendwie herablassend und mitfühlend zugleich zu klingen. „Ich muss sagen, Ihr habt mich beeindruckt. Ihr seid fast eine Woche bei uns und ich habe kein einziges Mal gehört wie Ihr Euch über irgendetwas beschwert habt, abgesehen vom Wetter. Von einer Fürstin oder Prinzessin hätte ich eigentlich erwartet dass sie sich über das Lager, Zelt, die Schlafsäcke, oder die Kleidung beschwert die wir Euch gegeben haben.“
„Machst du Witze? Die Sachen sind unglaublich bequem und viel besser fürs Leben hier geeignet als alles was ich anhatte als ich nach Valiente gereist bin.“ meinte die Prinzessin und sah an sich hinunter. „Es ist vielleicht etwas kratziger als alles was ich bislang getragen habe, aber man kann gut mit zurechtkommen.“
„Genau das meine ich damit dass Ihr anders seid als ich erwartet hatte.“ meinte Cora und lächelte die Prinzessin an. „Aber gut, ich bin gekommen um Euch zu sagen dass wir gleich aufbrechen um Kosavar zu betreten.“
„Wie bitte? Ich dachte die Dracule lassen uns nicht durch.“
„Tun sie auch nicht, oder besser gesagt sie würden es nicht tun, wenn sie noch da wären. Vor knapp anderthalb Stunden kam eine Bote in ihr Lager, keine Ahnung was er gesagt hat aber die Dracule sind sofort aufgebrochen. Es hat keine zehn Minuten gedauert da haben die Husaren und Eisschwingen sich von der Stadt abgewandt und sind gen Süden geritten, die gewöhnlichen Truppen sind ihnen dann recht schnell gefolgt. Sie haben die Leitern, Belagerungstürme und Rammböcke einfach stehen lassen. Nichtmal das Lager haben sie richtig abgebaut.“
„Hm... ob im Süden irgendetwas passiert ist?“
„Keine Ahnung, aber uns kann es recht sein. Wir waren schon viel zu lange nicht mehr zuhause.“
„Zuhause?“
„Oh, hat Pavel denn nichts gesagt? Kosavar ist praktisch unsere Heimat, wir haben ein Gasthaus ganz für uns allein und nehmen meistens Aufträge der Stadt an. Man könnte Kosavar als die Heimatstadt der Ausgestoßenen, Verbrecher, Söldner und Kranken bezeichnen. So gut wie jeder der nirgendwo sonst willkommen ist kann hier einen Platz für sich finden, was übrigens auch der Grund für die Belagerung war. In letzter Zeit haben sich viele Leute hier niedergelassen die Feinde der Dracule sind. Es gab insgesamt schon sieben Belagerungen von Kosavar, die dritte war die einzige die erfolgreich war, als der Urahn der Dracule das alte Großfürstentum gründete.“
„Verstehe, und wann wart ihr das letzte Mal, ähm, zuhause?“
„Vor vier Monaten sind wir aufgebrochen, die Belagerung muss kurz danach begonnen haben denke ich. Wir waren eine Weile lang im Gebiet der Vikia unterwegs und sind erst vor kurzem nach Vallachia zurückgekehrt.“
„So lange? Kann ich mir gar nicht vorstellen, bislang war ich selbst bei diplomatischen Aufträgen nach spätestens zwei Monaten zurück.“
„Man gewöhnt sich daran, ich hatte noch nie wirklich ein festes Zuhause.“ erwiderte die Söldnerin schulterzuckend.
„Wo kommst du eigentlich her? Bist du aus Ibellica?“
„Mhm, ich bin eine de Faolá. Mein Stamm war schon immer ein treuer Verbündeter der de Sousa, mein Vater war ein Söldner und ich bin in seine Fußstapfen getreten nachdem er hier in Slavia gestorben ist. Wir sollten jetzt aber keine Zeit mehr verschwenden, beeilt Euch, trinkt Euren Tee aus und macht Euch dann bereit. Wenn wir Glück haben und die Tore nicht noch verschlossen sind könnt Ihr heute noch Lucifer treffen und mit ihm reden.“

Wie sich herausstellte hatte Johanna tatsächlich einmal Glück gehabt. Die Wachen schienen Lucifers Söldner gut zu kennen und öffneten ihnen ohne auch nur eine Frage zu stellen die Tore, begrüßten sie sogar herzlich, scherzten und lachten miteinander, ehe die Tore hinter ihnen wieder geschlossen wurden. Selbst Johanna wurde nicht ein einziges Mal misstrauisch beäugt, vor allem da sie dank der Kleidung die sie von Pavel und Lucifer bekommen hatte mittlerweile durchaus so aussah als wenn sie zu einer Söldnergruppe gehören könnte, von ihren Haaren, die aufgrund von Wassermangel noch immer ziemlich zerzaust waren, ganz zu schweigen.
Kosavar an sich war keine besondere Stadt, überall standen altmodische Häuser, größtenteils aus Holz, und die Straßen waren in einem schrecklichen Zustand. Überall waren Schlaglöcher zu sehen, teilweise war die Straße nicht einmal gepflastert und es stank jämmerlich, egal wo man hinging. Die großen, hölzernen Mauern der Stadt hatten einen weit besseren, ersten Eindruck vermittelt als es die Stadt an sich jemals könnte. Es gab nicht einmal eine Burg oder ähnliches von wo aus der Stadtherr regieren konnte, nach dem was die Söldner Johanna erzählt hatten regierte der Graf von Kosavar einfach von seinem Rathaus aus wo er und seine 'Elitesoldaten' den Großteil des Tages verbrachten.
Letztendlich war es Johanna jedoch egal was für einen jämmerlichen Eindruck die Stadt machte, denn zwei Stunden nachdem sie die Stadt betreten hatte saß sie endlich in einem kleinen Zimmer eines, im Vergleich zum Rest von Kosavar, luxuriös wirkenden Gasthauses gegenüber von Lucifer und einem jungen Mann den sie noch nie zuvor gesehen hatte und der anscheinend nicht zu den Söldnern gehörte.
Sie saßen an einem kleinen Tisch auf dem drei Becher und eine Flasche mit Wein standen und an dem Lucifer und der Fremde sich unterhalten hatten als Cora Johanna hinein brachte. Die Prinzessin hatte vorsichtig auf einem der gepolsterten Stühle platzgenommen und geduldig gewartet bis Cora Lucifer erklärt hatte dass sie mit ihm reden wollte. Danach verließ die Hispanierin das Zimmer und ließ die drei alleine zurück.
„Ihr seid also die Prinzessin der Faust die Lucifer erwähnt hatte, ja?“ fragte der Fremde und lächelte Johanna freundlich an. Er hatte dunkles, schulterlanges Haar und unglaublich blasse Haut, sowie hellgrüne Augen. Seine Kleidung wirkte fast so merkwürdig wie die von Lucifer, welcher noch immer seinen Ledermantel trug, und wollte nicht ganz zu seinem restlichen Äußeren passen. Denn er trug eine dunkelgrüne Robe die seinen gesamten Körper bedeckte, welche sonst meist von den Diplomaten des Vashta Sultanats getragen wurde.
„Richtig, ich bin Johanna Faust.“ bestätigte sie und nickte dem Fremden zu. „Und Ihr seid?“
„Ah, verzeiht mir, wie unhöflich. Ich bin Ysmael, einfach nur Ysmael. Freier Agent und Händler hier in Slavia.“
„Oh? Womit handelt Ihr denn?“
„Mit Informationen, größtenteils.“
„Ysmael war es der mir verraten hat dass Ihr eine Prinzessin seid.“ meinte Lucifer und lachte lächelte Johanna an während er einen Schluck Wein trank. „Vor knapp zwei Wochen hat er mir einen Brief geschickt und darauf hingewiesen dass eine Gruppe von mysteriösen Gestalten sehr besondere Ware an Bord haben die sie bei Ulf abliefern wollen. Sehr besondere, faustische Ware. Natürlich wusste ich zuerst nicht worum es ging, bis ich Euch gesehen habe. Dann wurde mir alles klar. Ehrlich gesagt hatte ich lange auf Kanonen oder neue Gewehre gehofft, aber eine hübsche Prinzessin die man retten kann ist auch nicht schlecht.“
„Ähm... ja, danke. Wie auch immer, ich bin hier weil ich gehört habe dass du ein Söldner bist. Stimmt das?“
„Ganz genau, kann ich Euch irgendwie helfen?“
„Allerdings. Ich will mich nicht wirklich negativ über deine Heimat äußern, aber Slavia ist... nicht gerade meine Lieblingsgegend. Ich würde liebend gerne zurück nachhause, leider kenne ich mich in Slavia überhaupt nicht aus und die Gegend scheint nicht gerade ungefährlich zu sein. Also wollte ich dich und deine Söldner darum bitten mich zu einem Hafen zu begleiten und ein Schiff zu finden dass mich nach Sturmburg bringt, oder auch nach Nordhafen, oder überhaupt ins Reich.“
„Ich fürchte das wird schwierig bis unmöglich.“ meinte Ysmael und schüttelte bedauernd den Kopf. „Sämtliche Häfen in Vallachia werden bereits von den Dracule kontrolliert, ihre Flotten patrouillieren die Küsten und lassen niemanden vorbei.“
„Nichts ist unmöglich, Ysmael. Draculesoldaten sind keine Monster oder Heilige, man kann sie bestechen. Das größte Problem wäre es einen Kapitän zu finden der bereit ist Euch auf dieser Reise zu begleiten... aber für genug Geld stimmt garantiert einer zu.“
„Leider haben mir meine Entführer keine Möglichkeit gelassen meinen Geldbeutel mitzunehmen, oder wertvollen Schmuck, oder sonst etwas.“ meinte Johanna und knurrte wütend. „Verdammte Mistkerle.“
„Macht Euch darum keine Sorgen, die Kosten würde ich für Euch übernehmen.“ meinte Lucifer, lehnte sich ein wenig nach vorn und sah Johanna fest in die Augen. „Natürlich nur wenn Ihr bereit seid meine Bedingungen zu akzeptieren.“
„Was wären deine Bedingungen? Sobald wir in den Sturmlanden sind kann ich dir so viel Geld geben wie ich will.“ meinte Johanna und zuckte mit den Schultern. „Meine Familie ist nicht gerade besonders geizig.“
„Es geht mir nicht um Geld.“ meinte Lucifer und schüttelte den Kopf. „Ich will etwas viel wertvolleres.“
„Hm? Was denn?“
„Rache. Rache und Gerechtigkeit. Versprecht mir dass Ihr mir eine Audienz mit dem Kaiser der Faust besorgt und ein gutes Wort bei ihm für mich einlegt. Versucht ihn davon zu überzeugen sich meine Geschichte anzuhören und mir zu helfen. Tut dies, und ich schwöre auf das Grab meiner Mutter und mein Leben dass ich Euch persönlich in die Sturmburg bringen werde.“
„Lucifer! Bist du wahnsinnig geworden?“ fragte Ysmael schockiert und starrte den Söldner an. „Es ist viel zu früh! Die Vorbereitungen sind noch nicht einmal halbwegs abgeschlossen!“
„Ist es zu früh? Brauchen wir die Vorbereitungen wenn wir die Hilfe der Faust haben?“
„Wovon redet ihr zwei da eigentlich?“ fragte Johanna in misstrauischem Tonfall.
„Unwichtig, ich werde mit dem Kaiser darüber reden, nicht mit Euch. Wenn Ihr wollt dürft Ihr bei der Audienz dabei sein, aber vorerst braucht es Euch nicht zu interessieren. Also? Was sagt Ihr zu meinen Bedingungen?“
Johanna zögerte noch eine Weile, wusste jedoch dass sie eigentlich keine andere Wahl hatte. Ein besseres Angebot würde sie nie im Leben finden, sie fühlte sich lediglich ein wenig unwohl dabei nicht zu wissen was Lucifer von ihrem Vater wollte.
„Also gut, ich verspreche dass ich dir eine Audienz bei meinem Vater besorge wenn du mir hilfst nach Sturmburg zu kommen, das schwöre ich auf mein Leben und die Ehre meiner Familie.“
„Wunderbar! Ich werde Ysmael noch einen Vertrag anfertigen lassen den Ihr unterzeichnen könnt, nur um einen handfesten Beweis zu haben.“
„Vertraut Ihr mir etwa nicht?“
„Ich traue prinzipiell niemandem. Wie auch immer, ich werde sämtliche Vorbereitungen treffen damit wir Euch sicher nachhause bringen können. Es wird eine Weile dauern, also möchte ich Euch darum bitten es Euch solange hier in Kosavar gemütlich zu machen. Fühlt Euch einfach wie Zuhause und bitte, fangt keinen Streit mit einem meiner Söldner an. Wir sind hier alle eine große, glückliche Familie und ich will wenn möglich nicht noch mehr familiäre Probleme haben als ohnehin schon.“ meinte Lucifer, womit das Gespräch für ihn wohl beendet war. Denn ohne noch ein weiteres Wort zu sagen erhob er sich von seinem Stuhl, bedeutete Ysmael ihm zu folgen und ging dann in den großen Schankraum des Gasthauses.
Johanna hingegen blieb noch eine Weile lang sitzen und dachte darüber nach was der Söldnerführer wohl mit seinem Gerede von Rache und Gerechtigkeit gemeint haben könnte.

Neuwelt, Mesocala – Januar 222:
Als Zaénia mit einem leisen Stöhnen ihre Augen öffnete war sie nicht, wie sie erwartet hatte, in irgendeinem dunklen Kerker an die Wand gekettet, sondern lag auf einem weichen Bett und starrte auf eine hölzerne Decke. In der Nähe hörte sie das Knistern eines Kamins und wohlige Wärme durchdrang ihren Körper, weshalb sie leicht lächelnd ihre Augen schloss und sich entspannt im Bett streckte. Sie hatte keine Ahnung wo sie war oder was ihr bevorstand, aber das interessierte sie in diesem Augenblick überhaupt nicht. Seit knapp zwei Wochen war sie auf der Flucht gewesen, bis sie es irgendwie geschafft hatte diese befestigte Stadt zu finden und sich dort einzuschleichen, was leichter war als gedacht. Die Wachen am Tor hatten sie zwar kurz misstrauisch beäugt, dann jedoch einfach durchgewunken weshalb sie die Palisade schnell hinter sich lassen konnte.
Ehe sie jedoch noch weiter nachdenken, oder sich überlegen konnte was sie jetzt machen sollte, machte eine Stimme zu ihrer Linken auf sich aufmerksam.
Erschrocken riss sie ihre Augen auf, setzte sich im Bett auf und drehte den Kopf um zu sehen wer da versuchte mit ihr zu reden. Es handelte sich um einen jungen Mann mit langen, blonden Haaren der auf einem Stuhl saß, sie besorgt ansah und in einer ihr unverständlichen Sprache auf sie einredete. Nun, zumindest fast unverständlich, einzelne Worte erkannte sie wieder aber den Großteil hatte sie noch nie zuvor gehört.
Er scheint nicht aus dem Westen zu kommen dachte Zaénia, legte den Kopf schief und musterte den Fremden interessiert. Natürlich nicht, er ist eine Bleichhaut... aber was für eine Sprache ist das? Einer der südlichen Stämme spricht glaube ich so ähnlich.
„Ähm... kannst du mich verstehen?“ fragte sie hoffnungsvoll in ihrer Heimatsprache.
Leider blinzelte der Fremde nur kurz verwirrt, ehe er sie bedauernd anlächelte und mit den Schultern zuckte.
Natürlich nicht, die Bleichhäute konnten noch nie unsere Sprache verstehen dachte sie und seufzte leise. Also gut, neuer Versuch.
„Kah... kannst du mich, verstehen?“ fragte sie schließlich in der einzigen Sprache der Bleichhäute die sie verstand und die ihr seit sei sprechen konnte in den Kopf gehämmert wurde.
„Oh! Du kannst Spanisch sprechen?“ fragte der blonde Mann überrascht und lächelte sie dann an.
Danke Großvater, ich werde mich nie wieder über eine deiner Lehrstunden beschweren.
„Ja, kann ich.“ erwiderte sie fröhlich und mit unüberhörbarem Stolz in der Stimme. „Mein Opa hat es mir beigebracht.“
„Wunderbar, das erleichtert das ganze natürlich erheblich.“ meinte der Fremde, ehe er plötzlich wieder einen besorgten Gesichtsausdruck aufsetzte. „Aber du solltest dich lieber wieder hinlegen, ich glaube nicht dass deine Wunden schon vollständig geheilt sind.“
„Wunden? Oh...“ murmelte Zaénia und sah zum ersten Mal als sie aufgewacht war an sich herunter. Ihr Oberkörper war vollkommen frei, wenn man einmal von den vielen Bandagen absah die man um sie gewickelt hatte. „W-was ist eigentlich passiert?“ fragte sie in nervösem Tonfall, als sie sich langsam immer mehr an das erinnerte was sie gemacht hatte bevor sie in Ohnmacht fiel.
Nachdem sie ihren Verfolgern schwer verletzt entkommen war und es in die Siedlung geschafft hatte fand sie nach einer langen Zeit des Suchens einen Weg sich über einen Keller ins Lagerhaus irgendeines Gebäudes zu schleichen aus dem es nach frischem Brot roch, dort im Keller hatte sie sogar altes Verbandszeug gefunden und sich dort häuslich eingerichtet bis... bis...
„Hast du wirklich schon vergessen was los war?“ fragte der Fremde in strengem Tonfall. „Du hast aus Karls Bäckerei gestohlen und dann Viktor, zwei Wachen und Thlep angegriffen, hast du etwas zu deiner Verteidigung zu sagen?“
„Ah! Vergiss das!“ rief Zaénia, als ihr plötzlich alles wieder bewusst wurde. „Ich kenne zwar keinen Viktor und auch keinen Thlep, aber du musst vorsichtig sein! In dieser Stadt treibt sich ein bösartiger, schwarzer Dämon mit Glasaugen rum!“ fügte sie hinzu und erschauderte als sie an den Mann mit der seltsamen Frisur zurückdachte der ihre Flucht verhindert hatte.
Sein unheimliches Äußeres, die schwarze Farbe seiner Kleidung, der kalte, emotionslose Blick mit dem er sie bedacht hatte als er seine Waffe zog, das alles trug dazu bei dass Zaénia bereits in Panik verfallen war als er den Raum auch nur betreten hatte. Als ihr dann offenbart wurde was da eigentlich vor ihr stand war sie von sich selbst überrascht dass sie es geschafft hatte gegen ihn zu kämpfen anstatt einfach wegzurennen.
„Dämon? Was meinst du damit? Moment... gläserne Augen? Oh.“ kam es vom Fremden, der kurz daraufhin anfing laut zu lachen und mit dem Kopf schüttelte, was dazu führte dass Zaénia ihn verwirrt anstarrte.
Hatte sie einen Fehler gemacht? Vielleicht irgendetwas falsch ausgesprochen dass er ihre Warnung nicht verstanden hatte? Was auch immer der Grund war, sie sollte lieber versuchen ihn schnell darauf aufmerksam zu machen dass jetzt nicht die Zeit war um zu lachen, solange der Dämon noch in der Stadt sein Unwesen trieb.
„Hast du das gehört, Viktor? Anscheinend bist du jetzt ein Dämon.“ sagte der Mann dann plötzlich, als Zaénia gerade den Mund geöffnet hatte um ihn erneut auf die Gefahr hinzuweisen. Dabei drehte er seinen Kopf ein wenig nach hinten und sah in eine Ecke des Raums die Zaénia bislang überhaupt nicht beachtet hatte.
Als sie seinem Blick folgte fiel ihr Blick erst auf einen großen Tisch auf dem sich unzählige Papiere stapelten, doch dann sah sie wer schräg dahinter saß und das Blut gefror ihr in den Adern.
„Der Dämon!“ rief sie und deutete mit dem Finger auf denjenigen den der Fremde 'Viktor' nannte.
„Ich soll ein Dämon sein?“ erwiderte dieser während er aufstand und sich dem Bett näherte. „Das will ich nicht vom verrückten, kleinen Mädchen hören dass eigenhändig drei erwachsene Männer ausgeschaltet hat.“
„D-das war nur weil ich Angst hatte und... Moment! Ich bin keine Dämonin, aber du bist eindeutig einer!“ erwiderte sie und setzte sich wieder im Bett auf.
„Ach? Und warum?“
„Ich habe es genau gesehen!“
„Hm?“ fragte Viktor und legte seinen Kopf schief. „Wovon redest du?“
„Von deinen Zähnen natürlich! Mich kannst du nicht täuschen!“ antwortete Zaénia, verengte die Augen und ließ ein leises Knurren hören während sie Viktor musterte, ehe sie ein leises „Dämon.“ hinzufügte.

Viktor antwortete nicht sofort darauf sondern blinzelte die Eingeborene nur überrascht an, ehe er tatsächlich den Mund öffnete und seine Oberlippe etwas nach oben zog, damit man einen guten Blick auf seine Zähne hatte.
„Meinst du die hier?“ fragte er dann und deutete auf seine beiden oberen Eckzähne, welche tatsächlich länger und deutlich spitzer waren als die von gewöhnlichen Menschen.
Das Mädchen nickte lediglich als Antwort und starrte ihn weiterhin an, auch wenn sie dabei eher niedlich als bedrohlich wirkte. Zumindest würde Viktor das denken, wenn er nicht ganz genau gesehen hätte wozu sie fähig war.
„Das überrascht mich, sonst bemerkt das niemand. Aber ein Dämon bin ich deswegen noch lange nicht. Wusstest du dass es auf dem südlichsten Kontinenten tatsächlich Dämonen gibt?“
Das Mädchen schüttelte mit dem Kopf.
„Hm... egal, jedenfalls gibt es Dämonen wirklich, aber sie haben grüne Haut, Flügel und Hörner. Glaube mir, wenn ich einer wäre würde es dir auffallen.“
„Klingt nach etwas dass ein Dämon sagen würde, Dämon. Außerdem sind Dämonen nicht grün! Sie sehen aus wie Menschen, nur vieeeeel attraktiver, haben bleiche Haut, tragen schwarze Kleidung und saugen unschuldigen Menschen das Blut aus dem Leib!“
„Das nennt man bei uns 'Vampir', und die gibt es tatsächlich auch wirklich. Sie stammen aus Slavia, aber ich bin keiner von ihnen, zumindest nicht direkt. Die Blutlinie meiner Familie hat sich vor vielen Jahrzehnten mit denen eines Vampirs vermischt. Außerdem saugen Vampire kein Blut von Unschuldigen.“
„Das ist genau das was ein Dämon sagen würde bevor er mein Blut trinkt.“ murmelte das Mädchen und wirkte noch immer sehr misstrauisch.
„Bei Gott... sehe ich etwa aus wie ein Monster, oder einer deiner Dämonen?“
Die Eingeborene blinzelte, musterte ihn noch einmal ganz genau und nickte dann zögerlich. „Ja... zwar nicht attraktiv und mit komischer Frisur, aber ansonsten passt alles.“
„Was hast du da gerade gesagt?“ fragte Viktor und setzte ein betont freundliches Lächeln auf. „Ich glaube ich habe dich nicht richtig verstanden.“
„Ich habe gesagt du siehst...“
„In Ordnung! Darüber können wir uns später unterhalten!“ meinte Péter und klatschte in die Hände um einen Streit zwischen den beiden zu verhindern. „Viktor ist kein Dämon, das verspreche ich dir. Mein Name ist übrigens Péter Scherer und ich bin der Oberste Inquisitor von Mesocala, sowie Bischof von Neuwelt... so heißt die Stadt hier.“
„Neuwelt? Klingt nicht Spanisch.“
„Ist es auch nicht, wir sind keine Spanier, sondern Deutsche. Aus dem Faustischen Kaiserreich. Meine Familie, die Scherer, herrschen über eine der größten Städte des Reichs, und mein Freund und Leibwächter hier ist Viktor von Gelringen, ebenfalls ein junger Adliger. Außerdem ist er der beste Kämpfer des Reichs.“
„Wirklich? Ich glaube ich könnte ihn besiegen.“ meinte das Mädchen in unschuldigem Tonfall und warf Viktor erneut einen Blick zu, ehe sie zurück zu Péter sah und leicht den Kopf vor ihm neigte. „Und ich bin Zaénia Tlaxoct, erfreut dich kennenzulernen.“
„Ah, also hast du doch einen Namen.“ sagte Péter und lächelte sie an. „Würdest du mir bitte verraten wie alt du bist und wo du herkommst? Mit wem bist du nach Neuwelt gekommen? Wir haben uns ein wenig umgehört, aber keiner wusste etwas von dir.“
„Ich bin zwölf und von alleine hierher gekommen. Ich war bei meinem Großvater zu Besuch und auf dem Weg zurück zu meinem Onkel wurde ich mitten auf der Straße angegriffen! Banditen haben uns überfallen und mich verletzt, ich bin dann einfach so lange durch die Gegend gelaufen bis ich die Banditen abschütteln konnte und bin hier gelandet.“ erklärte sie in vollkommen unbekümmertem Tonfall.
„Und deshalb hast du beschlossen dich im Keller von Karls Bäckerei einzunisten und zu stehlen?“
„Ich hatte kein Geld, außerdem habe ich den Kwahu dort gesehen und Angst bekommen.“ murmelte Zaénia leise.
„Kwahu?“ hakte Péter neugierig nach.
„Das sind gestandene Krieger der Sycorax.“ warf Viktor ein und seufzte leise. „Ich habe mit Thlep darüber geredet und er war anscheinend mal einer. Als kleiner Junge hatte er sein Dorf verlassen und war gen Norden gezogen, zu den Sycorax. Er war praktisch einer ihrer Veteranen.“
„Ah, verstehe. Also wurdest du von Sycorax angegriffen?“ fragte der Inquisitor an das Mädchen gewandt.
„Ja. Ähm... u-und es tut mir wirklich leid dass ich die Männer in der Bäckerei angegriffen habe.“ sagte sie und senkte beschämt den Kopf. „I-ich hatte nur Angst vor dem Dämon.“
„Wie oft noch? Ich bin kein Dämon, also hör endlich auf mich so zu nennen.“ murrte Viktor genervt.
„Viktor! Sei nicht so gemein zu ihr, hast du nicht gehört? Sie ist gerade einmal zwölf und wurde von Banditen angegriffen und verletzt! Du hattest übrigens Glück dass du überhaupt noch am Leben bist.“ sagte Péter an Zaénia gewandt hinzu. „Wenn Viktor dich nicht zu mir gebracht hätte wärst du gestorben. So warst du nur ein paar Tage lang ohnmächtig.“
„Ein paar Tage? Wie lange?“
„Drei.“ meinte Viktor schulterzuckend. „Um ehrlich zu sein, ich hätte nicht gedacht dass Péter dich retten kann und war mir sicher dass du ins Gras beißen würdest.“
„Viktor hat sich Sorgen um dich gemacht.“ übersetzte Péter für seinen alten Freund. „Er war derjenige der den Großteil der Zeit auf dich aufgepasst hat.“
„W-wirklich?“ fragte Zaénia und starrte Viktor aus großen Augen an.
„Nun ja... ja. Péter muss immerhin noch seine Berichte ausfüllen und... was machst du da?“ entfuhr es ihm überrascht als er sah wie Zaénia sich aus ihrem Bett schwang, aufstand und tief vor ihm verneigte.
„Danke dafür dass du mir das Leben gerettet hast, ich werde es dir nie vergessen.“
„Ähm... ja, kein Problem. Jetzt leg dich wieder hin bevor deine Wunde aufplatzt.“ murmelte Viktor in leicht verlegenem Tonfall.
Kaum lag Zaénia wieder im Bett drehte sie ihren Kopf zu Péter. „Ihr seid also... Deutsch? D-das heißt ich bin im Osten?“
„So weit östlich wie du in Mesocala kommen kannst, warum?“
„Ähm... nichts. Ich, ähm, bin nur weiter im Westen zuhause.“ murmelte sie leise, womit das Thema für sie beendet zu sein schien.
Péter sah sie noch eine Weile lang prüfend an, ehe er mit den Schultern zuckte und aufstand.
„Nun gut, wenn du nichts weiter verraten willst musst du das auch nicht tun.“
„Wirklich?“
„Wirklich, es spielt letztendlich keine Rolle. Du darfst dich solange du willst bei uns ausruhen und für die Zeit wirst du auch Essen und Trinken kriegen.“
„Das... klingt zu gut um wahr zu sein.“
„Aber trotzdem ist es wahr. Als Gegenleistung verlange ich lediglich dass du keinen Ärger verursachst und dich bei Karl und Thlep entschuldigen wirst, sobald du wieder gesund bist. Versprichst du das?“
„Ich verspreche es!“ rief Zaénia in begeistertem Tonfall und strahlte Péter an.
„Wunderbar, ich gehe dann mal und kümmere mich um die anstehende Taufe. Viktor?“
„Ja?“
„Du wirst auf Zaénia aufpassen, sorge dafür dass ihr nichts passiert.“
„Was?!“ kam es von Viktor und Zaénia gleichzeitig.
„Du willst dass ich auf diesen kleinen Teufel aufpasse?“
„Du beauftragst einen Dämon damit auf mich aufzupassen?“
„Tue ich, und das ist das letzte Wort in dieser Sache.“ meinte Péter in strengem Tonfall, wandte den beiden den Rücken zu und verließ das Zimmer mit schnellen Schritten.
Eine Weile lang herrschte Schweigen im Zimmer, bis Viktor beschloss dass es vielleicht an der Zeit war das Eis zu brechen und sich irgendwie zumindest ein bisschen mit dem Mädchen anzufreunden.
„Also dann... ich hoffe wir werden uns vertragen.“ meinte er, lächelte schwach und reichte Zaénia die Hand.
Diese starrte ihn kurz an, ließ ein leises Knurren hören und versenkte ihre Zähne dann in seinem Unterarm.
Oder es ist an der Zeit dass ich dieses verdammte Miststück auf die Straße werfe. Worauf habe ich mich hier eigentlich eingelassen?
Zuletzt geändert von Mimir am 23. Mai 2016 19:46, insgesamt 2-mal geändert.
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Re: [AAR] Die Goldene Faust

Beitragvon Mimir » 23. Mai 2016 19:45

Kapitel 6:
Die Schlacht vor Manstein:


Kosavar, Vallachia – Februar 222:
„Lucifer! Mach auf! Ich weiß dass du da drinnen bist!“ rief Johanna wütend und klopfte energisch mit der Faust gegen die verschlossene Tür.
Neben ihr im Flur stand Pavel und beobachtete sie fragend dabei wie sie versuchte den Anführer der Söldner endlich dazu zu bringen sie nicht länger zu ignorieren und sie reinzulassen.
„Was ist das denn für ein Lärm so früh am Morgen?“ meldete sich auf einmal Cora murmelnd zu Wort, während sie aus ihrem Zimmer trat, welches direkt gegenüber lag. Sie hatte sich lediglich ein schlichtes, schwarzes Hemd übergeworfen und eine Wollhose angezogen und stand nun gähnend im Flur, rieb sich die Augen und warf Johanna einen vorwurfsvollen Blick zu. „Wenn Ihr etwas mit Lucifer besprechen wollt kann das doch bestimmt noch warten, oder? Er wird schon nicht abhauen.“
„Es ist bereits Nachmittag.“ begrüßte die Prinzessin sie in trockenem Tonfall, ehe sie erneut gegen die Tür klopfte. „Lucifer! Ich werde die verdammte Tür eintreten wenn du mich nicht reinlässt!“
„Kann doch gar nicht sein.“ erwiderte die Söldnerin und kratzte sich am Kopf. „Ist doch noch dunkel draußen.“
„Du hast die Vorhänge vorgezogen.“ meinte Johanna, unterdrückte ein Seufzen und deutete an Cora vorbei in deren Zimmer.
„Oh... tatsächlich.“
„Ich glaube Ihr könnt aufhören anzuklopfen, Prinzessin.“ sagte Pavel auf einmal grinsend.
„Hm? Warum?“ fragte Johanna überrascht und drehte ihren Kopf wieder zur Tür. „Oh... guten Morgen, Lucifer.“ fügte sie dann hinzu, als sie bemerkte dass der Söldnerführer die Tür geöffnet, und sie die letzten Sekunden gegen seine Brust geklopft hatte. „Habe gar nicht gemerkt dass du aufgemacht hast.“
„Was kann ich für Euch tun, Prinzessin?“ fragte Lucifer und seufzte leise. „Ich hatte eigentlich gehofft mich heute ein bisschen ausruhen zu können.“
„Du hast betrogen!“ rief Johanna wütend, kaum dass Lucifer ausgesprochen hatte und funkelte ihn wütend an.“
„Ich... fürchte ich kann nicht ganz folgen.“
„Ich habe eben gerade mit Ysmael gesprochen! Er hat mir noch einmal ganz genau die Regeln vom Kartenspiel letzte Nacht erklärt und dabei ist mir aufgefallen; als du in der dritten Runde gewonnen hast war dein Zug illegal! Du hast betrogen!“
„Natürlich habe ich das, gehört alles zum Spiel dazu. Es war schon immer dazu da den besten Betrüger zu küren.“
„Gestern war es noch ein Spiel für die Adligen!“
„Und? Widersprechen sich meine Aussagen etwa?“
„Ja! Ich weiß zwar nicht wie es hier im Herzogtum läuft, aber bei uns sind die meisten Adligen viel zu sehr damit beschäftigt ihr Land gegen äußere Bedrohungen zu beschützen um sich darin zu üben wie man am besten betrügen kann!“ rief sie wütend und ballte ihre Fäuste. Als sie merkte wie die drei Söldner sie überrascht ansahen lief sie ein wenig rot an, senkte den Blick und räusperte sich leise. „Also, ähm, wäre es nett wenn du nicht alle Adligen als wertlose Mistkerle oder Betrüger sehen würdest.“ fügte sie dann, um einiges ruhiger, hinzu.
„'Alle' sehe ich sowieso nicht so.“ meinte Lucifer seufzend. „Vielleicht ist es im Süden ja wirklich anders, aber über Draculische Adlige anders zu denken fällt mir wirklich schwer. Man kann ihnen nicht mehr trauen, seit sie von Avalon und den Meravangi geschlagen wurden sind sie nichts weiter als treue Schoßhunde des Großinquisitors, die machen dürfen was immer sie wollen solange es nicht gegen den 'christlichen Glauben' verstößt, natürlich ist es Zappa der bestimmt was ein Verstoß ist und was nicht. Mit anderen Worten, solange die Dracule dem Großinquisitor hin und wieder einen Gefallen tun können sie machen was sie wollen und jeder der sich gegen sie erhebt, oder etwas gegen ihr Vorgehen sagt gilt sofort als Ketzer und Verräter. Das ist der Grund warum in Städten wie Kosavar so viele Leute wohnen. Sie hatten genug vom Herzog und seiner Familie, sie sind geflüchtet und hier angekommen.“
„Ich habe irgendwie das Gefühl dass du die Dracule nicht magst.“ murmelte Johanna leise.
„Kann man so sagen... aber egal. Es tut mir natürlich leid dass ich Euch beim Kartenspiel betrogen habe, ich hätte Euch vorher sagen müssen dass es dabei nicht immer mit rechten Dingen zugeht.“ sagte Lucifer und lächelte.
Johanna warf ihm noch einmal einen missbilligenden Blick zu, seufzte dann jedoch und zuckte mit den Schultern. „Oh, schon gut. Ist ja nicht so als wenn ich irgendwas verloren habe, außer mein Selbstvertrauen in meine Fähigkeiten als Spielerin. Nun gut, lass uns über etwas anderes reden... wie steht es mit den Vorbereitungen für meine Abreise?“
„Ah, natürlich. Kommt doch rein, Pavel du kannst auch kommen. Cora... geh dich erst einmal anziehen und wache richtig auf, Pavel kann dir dann nachher sagen wie es steht.“
„Hm? Abreise? Kartenspiel? Vorbereitungen?“ murmelte die Söldnerin schläfrig und blinzelte Lucifer fragend an, der sich daraufhin die Stirn rieb.
„Vergiss was ich gesagt habe, am besten du gehst noch einmal ins Bett und schläfst richtig aus.“
„Mhm... gute Idee.“ antwortete Cora, ging in ihr Zimmer und schloss nicht einmal mehr die Tür hinter sich ehe sie zu ihrem Bett schlich und sich hinein fallen ließ.
Pavel war es der ihr Zimmer schloss, ehe er dann zusammen mit Johanna und Lucifer in das seines Anführers eintrat.
„Setzt Euch, Prinzessin.“ meinte Lucifer und deutete auf einen von vier gepolsterten Sesseln die sich im Zimmer befanden und um einen kleinen Glastisch angeordnet waren. „Wollt Ihr etwas trinken? Ich habe vom Frühstück noch Tee der warm sein sollte, oder vielleicht Kaffee?“
„Tee.“ sagte Johanna, setzte sich und warf einen Blick zu Pavel, der sich direkt neben ihr niederließ. „Auch wenn ich mich frage wo das Gasthaus diese ganzen Waren her hat. Selbst für uns ist es schwierig an Kaffee zu kommen, genauso wie Zucker. Trotzdem sehe ich es hier überall.“
„Nun, in Kosavar muss man sich nicht wirklich darüber Gedanken machen ob man auf legale Art und Weise an das kommt was man haben will.“ erwiderte Lucifer lächelnd. „Aber gut, kommen wir zum eigentlichen Thema... ich habe die Wochen seit Ihr mich angeheuert habt genutzt um alles in die Wege zu leiten.“ fügte er dann hinzu und stellte Johanna eine Tasse mit dampfendem Tee hin. „Ich würde vorschlagen dass wir uns von hier aus nach Westen begeben, bis zum Hafen Wostogra. Dort liegt eine kleine Handelsflotte vor Anker, bereits seit mehreren Monaten. Sie wurde dort von den Truppen der Dracule festgesetzt und die Soldaten befinden sich auf den Schiffen, um zu verhindern dass jemand abhaut. Es sind allerdings nicht viele, wir können es ohne Probleme schaffen sie aus dem Weg zu räumen. Die Händler wären wahrscheinlich mehr als froh darüber und würden uns in den Süden bringen.“
„Und... wenn nicht?“
„Dann nehmen wir die Schiffe eben selbst in Besitz und segeln ins Kaiserreich.“ meinte Lucifer schulterzuckend. „Wenn sie lieber in Wostogra bleiben wollen werde ich sie nicht dazu zwingen uns zu begleiten.“
„Was mich zu einem anderen Punkt bringt, hast du gerade gesagt du willst die Truppen der Dracule aus dem Weg räumen?“
„Natürlich.“
„Lu ist kein großer Freund von denjenigen die unter dem Banner der Herzöge marschieren, dürftest du vorhin ja gemerkt haben.“
„Schon, aber ich dachte eigentlich dass ihr auch von den Dracule Aufträge annehmt, und dass ihr es euch mit ihnen nicht verscherzen wollt.“
„Glaubt mir, ich habe es mir bei meiner Geburt schon mit den Dracule verscherzt.“ sagte Lucifer mit finsterem Gesichtsausdruck. „Sie würden ohne zu zögern ihr eigenes Schloss niederbrennen, wenn sie dafür meinen Kopf kriegen würden. Vor allem die Tochter des Großherzogs hat regelrechte Hetzjagden auf mich veranstaltet.“
„Wie Ihr seht kann es nicht wirklich schlimmer für uns werden. Wir haben also kein Problem damit uns mit den Dracule anzulegen.“
„Gut, angenommen das funktioniert alles, wie wollen wir die Schiffsblockaden der Dracule durchbrechen?“
„Ich sagte doch dass es eine kleine Handelsflotte war, oder etwa nicht?“ meinte Lucifer und lächelte heimtückisch.
„Ähm, ja. Und?“
„Nun, die Ware wurde von Bord gebracht, wird jedoch noch immer in Wostogra gelagert.“
„Und was war die Ware?“ hakte Johanna ungeduldig nach.
„Ah, das würde Euch doch die Überraschung verderben! Aber gut... ich werde Euch sagen dass die Flotte aus Nordhafen kam. Den Rest könnt Ihr Euch dann hoffentlich selbst denken.“
Das konnte Johanna tatsächlich, denn es gab nur eine Sache die man aus dem Faustischen Reich liefern konnte, die Kanonen aus den Schmieden Essens. Ein leichtes Schaudern lief der Prinzessin über den Rücken, und sie betete bereits jetzt für jeden Kapitän der Dracule der dumm genug wäre während ihrer Flucht aus Slavia eine seiner Nussschalen einer mit Kanonen bestückten Handelsflotte der Faust in den Weg zu stellen.



Manstein, Provinz Mehringen – Februar 222:

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„Ich hätte nicht gedacht dass Hans Otterbach so aggressiv und übermütig sein würde.“, meinte Sieghard während er seinen Blick über das Schlachtfeld vor den Mauern der Stadt schweifen ließ.
Große, hölzerne Türme und Mauern umringten Manstein und schützten sie vor Angreifern, egal ob vom Landesinneren aus, oder von der Küste. Sieghard selbst stand zusammen mit Prinz Ulrich, sowie dessen Eisernen Fäusten auf einem kleinen Hügel nahe der Stadt um so den Überblick über alles zu behalten. Die Garnison Mansteins zählte gerade einmal knapp 5.000 Mann, halb so viele wie die Belagerungsstreitmacht der Faust aufbot. Angeführt wurden sie von Hans Otterbach, einem jungen, berühmten General dem der Ruf vorausging hitzköpfig und unvorsichtig zu sein, trotzdem verwirrte Sieghard das Verhalten des Otterbachs ungemein. In den frühen Morgenstunden hatte er seine Truppen direkt außerhalb des Westtors der Stadt aufmarschieren lassen, und hatte dann den Befehl zum Angriff gegeben, gegen das Heerlager des Kronprinzen und dessen Berater.
Natürlich war Hans kein dummer Mann und hatte sich einiges dabei gedacht, zum ersten mussten Ulrich und Sieghard schnell reagieren um die Truppen aufzustellen und die Verstärkungen heranzuholen, welche ihr Lager woanders aufgeschlagen hatten. Kurz bevor die Truppen aus Manstein auf das Heer der Fauster trafen waren Ser Rommel und Fürst Leopold mit ihren Soldaten von den anderen Mauerabschnitten eingetroffen, und konnten die Linien von Ulrichs Truppen verstärken. Für Manöver oder ausgefeilte Taktiken war jedoch nicht wirklich Platz oder Zeit, weshalb die Schlacht im Endeffekt darauf hinauslief dass die 5.000 Truppen der Otterbach, gegen die 11.000 Männer und Frauen in den Farben der Faust marschierten.
Hans Otterbach hatte dabei noch zwei weitere, große Vorteile auf seiner Seite; seine Fernkämpfer waren mit den neuen Musketen ausgerüstet worden, was ihnen eine höhere Reichweite und bessere Genauigkeit verlieh, verglichen mit den Arkebusieren der Faust. Außerdem waren die Pikeniere und Musketiere unter dem Kommando von Hans gestandene Veteranen die bereits an vielen Schlachten teilgenommen hatten, während Ulrich und Sieghard größtenteils über neu ausgehobene Truppen verfügten, die noch nie einen Kampf gesehen hatten.

Die Schlacht begann sobald die Musketiere der Otterbach in Reichweite waren, und die erste Salve abfeuerten. Da die Truppen des Kaiserreichs schon seit Ewigkeiten darauf verzichteten Rüstungen zu tragen, von einigen wenigen Ausnahmen einmal abgesehen, gab es nichts was die vorrückenden Arkebusiere und Pikeniere gegen das Feuer schützen konnte und Dutzende Faustische Soldaten vielen getroffen zu Boden. Hans Otterbach selbst hielt sich mit seinen gerüsteten Rittern ein wenig zurück, blieb in der Nähe des Tors und beobachtete den Vormarsch seiner Truppen. Das Zentrum der Otterbach bestand vollständig aus Musketieren, welche an den Flanken von den erfahrenen Pikenträgern geschützt wurden. Das Ziel des feindlichen Generals war es anscheinend die höhere Reichweite seiner Schusswaffen zu nutzen um die Kaisertruppen zu schwächen, und dann die Pikeniere in einer Schlachtreihe vor den Schützen zu formieren und in den Nahkampf überzugehen. Zu diesem Zweck marschierten die grau uniformierten Pikenträger von den Flanken aufs Zentrum zu, vorsichtig und immer darauf bedacht nicht in die Schusslinie ihrer Musketiere zu laufen.
„Er scheint sich wohl sehr sicher zu sein dass seine Truppen gut genug sind um hier zu gewinnen, wenn ich Veteranen hätte und wüsste dass meine Feinde neue Rekruten sind würde ich es wohl genauso machen.“, erwiderte Ulrich nach einer gefühlten Ewigkeit. „Ah, immerhin scheinen unsere Truppen in Reichweite zu sein.“, fügte der Prinz hinzu und deutete auf die Arkebusiere, welche in genau diesem Augenblick anhielten, zielten und ihre Waffen abfeuerten.
Hinter ihnen hatten auch die Pikeniere der Faust angehalten und warteten. Sie waren in der Überzahl und hatten weitaus mehr Schützen als die Otterbach, selbst wenn sie schlechtere Waffen und Ausbildung hatten, auf lange Sicht würden sie ein reines Feuergefecht gewinnen, also war es an Hans Otterbach und seinen Truppen als erste in den Nahkampf überzugehen.
„Sollten wir die Arkebusiere nicht lieber zurückziehen? Die Pikeniere des Feindes haben sich fast gesammelt. Selbst wenn wir es jetzt tun wäre es vielleicht schon zu spät.“, fragte Sieghard in leicht nervösem Tonfall. Die Musketiere der Otterbach hatten mittlerweile ihr Feuer eingestellt und wieder begonnen zu marschieren, schlicht betrachtet war es nichts weiter als ein Positionswechsel der Pikeniere und Musketiere mit großer Geschwindigkeit und Disziplin durchgeführt. Die Faust hatten gerade einmal drei Salven abgefeuert, ehe die Schlachtlinie der Otterbach sich schon fast wieder vollständig geordnet hatte, mit den Schützen an den Flanken und den Pikenieren im Zentrum.
„Du machst dir viel zu viele Sorgen, genau für solche Fälle haben wir Rommel und Leopold.“, meinte Ulrich grinsend und deutete auf die linke Flanke, wo in just diesem Augenblick 500 schwer gepanzerte Reiter der Faust heran preschten, angeführt von Leopold Barbarossa und Ser Rommel. Es handelte sich jedoch nicht um Schock-Kavallerie, zumindest nicht ausschließlich. Jeder einzelne dieser Männer war entweder mit einem Karabiner oder einer Pistole ausgerüstet, bereits beim Ansturm auf die Reihen der Otterbach hatten sie einzelne Schüsse abgegeben, jetzt hielten sie beinahe direkt neben den Soldaten der Usurpatoren an und ließen eine neue, verheerende Salve auf die noch nicht vollständig geordneten Truppen niedergehen.

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Zwar wurden nicht unbedingt viele von ihnen in den Tod gerissen, es brachte jedoch die Schlachtordnung gehörig durcheinander. Einige der Musketiere versuchten sich an der Flanke zu sammeln um das Feuer zu erwidern und drängelten sich durch die Pikeniere, wodurch deren Formation sich ein wenig lockerte.
„Sieghard, gib das Signal.“, meinte Prinz Ulrich lächelnd, als er sah wie Leopold und Rommel zur Überraschung der Feinde die Chance sofort ergriffen und in die aufgelockerte Formation stürmten. Kurz bevor ihre Pferde auf die ungeordneten Reihen der Otterbach trafen feuerten sie eine letzte Salve aus ihren Pistolen und Karabinern ab, ehe sie zu Säbeln wechselten und sich daran machten sich durch die Musketiere zu metzeln.

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Sieghard nickte sofort einem der Adjutanten zu, welcher bereits ein Horn an die Lippen gesetzt hatte und nun kräftig hineinstieß. Der langgezogene, schrille Laut war ein Befehl für die Eisernen Fäuste des Prinzen gewesen, welche sich bislang an der rechten Flanke bereitgehalten hatten. Nun setzten sie sich in Bewegung um Rommels Manöver von der gegenüberliegenden Seite zu kopieren. Die Truppen dort schienen mitbekommen zu haben was auf der anderen Flanke geschehen war und hatten sich bereits entsprechend geordnet, um die Reiter zu empfangen. Die Pikeniere hatten sich direkt hinter den Musketieren aufgereiht, welche sich ihrerseits in Erwartung eines Feuergefechts aufgestellt hatten. Leider gab es da ein kleines Problem; die Eisernen Fäuste waren keine Pistoliere und hatten nicht einmal daran gedacht ihren Ansturm zu verlangsamen. So geschah es also dass die Fäuste mit ihren Pferden direkt in die Reihen der Otterbach Musketiere krachten, ohne dass die Pikeniere wirklich dazu in der Lage waren etwas auszurichten.

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„Mein Prinz, die Otterbach haben es anscheinend geschafft ihre Formation wieder einzunehmen... zumindest so halbwegs.“, meinte Sieghard während er zusah wie der Großteil der Pikeniere sich im Zentrum des Schlachtfelds gesammelt hatte, und langsam aber sicher auf die Linien der Arkebusiere zumarschierte, welche sich ihrerseits hinter die Pikenträger der Faust flüchteten.
„Ich muss sagen, ich hätte nicht gedacht dass die Otterbach so verbissen kämpfen werden. Sie haben bereits hohe Verluste hingenommen... aber anscheinend denken sie dass sie den Kampf noch gewinnen können, solange sie ihren General haben.“
Als wären die Worte des Prinzen ein Zeichen gewesen, setzten sich auf einmal Hans Otterbach und dessen Leibwache in Bewegung. Sie stürmten direkt auf die linke Flanke zu und krachten gegen Leopolds und Rommels Reiter, welche noch immer in heftige Gefechte mit den Pikenieren und Musketieren verwickelt waren.
„Mein Prinz, Lord Sieghard!“, rief auf einmal eine Stimme hinter den beiden Adligen, und als sie sich umdrehten sahen sie einen erschöpft wirkenden Boten der sich von seinem Pferd schwang.
„Was gibt es?“, fragte Ulrich sofort.
„Mein Prinz, Artharwolf wurde gesichtet!“
„Was?!“, entfuhr es Sieghard und er riss ungläubig die Augen auf. „Wo?“
„Seine Männer und er sind nur wenige Wegstunden von hier entfernt. Er führt 7.000 Veteranen der Otterbach an und lässt sie ohne Pause marschieren! Wenn wir uns nicht beeilen wird er uns erreichen während wir noch gegen die Garnison hier kämpfen!“
„Verdammt! Ich habe nicht mit Artharwolf gerechnet... wie kann der so schnell sein?“, fragte Ulrich und strich sich durchs Haar.
„Soweit wir das beurteilen können haben sie an der Grenze zwischen Mehringen und Kalstein ein Lager aufgeschlagen, dort dann den Großteil ihrer Ausrüstung und ihres Proviants gelassen und marschieren dadurch schneller als sie es sonst könnten. Sie haben nur das nötigste bei sich.“
„Sieghard, was meinst du?“
„Ich... fürchte uns bleibt nichts anderes übrig, Prinz Ulrich.“, meinte Sieghard und seufzte leise. „Wenn wir die Schlacht entscheiden und uns neu ordnen wollen bevor Artharwolf hier ankommt müssen wir Hans Otterbach ausschalten.“
„Ich nehme an du hast einen Plan wie wir das schaffen können?“
„Aber selbstverständlich, zu unserem Glück hat er sich selbst gegen unsere linke Flanke geworfen, Leopold und Rommel sind in der Unterzahl, unsere Pikeniere sind auf dem Weg, aber die beiden müssen sich trotzdem bald zurückziehen wenn sie noch etwas von ihren Einheiten retten wollen. Gebt mir noch... eine halbe Stunde. Eine halbe Stunde und schickt einen Boten zu Ser Rommel. Es ist wichtig dass er mir vertraut und meine Anweisungen punktgenau befolgt...“

Laura Tannenstein lag vollkommen regungslos auf dem kleinen, schneebedeckten Hügel inmitten des Wäldchens, welches sich ein wenig Nord-Westlich von Manstein befand. Ein kleiner, gewundener Waldpfad führte durch ihn hindurch in Richtung der Küste, und Lauras Hügel befand sich nur wenige Meter von eben jenem Pfad entfernt. Sie war gerade einmal 22 Jahre jung, hatte kurze, gelockte, blonde Haare die ihr nicht einmal bis zu den Schultern gingen und wunderschöne, eisblaue Augen. Rechts über ihrem Nasenbein begann eine dünne, lange Narbe die sich an ihrem Auge vorbeizog und auf ihrer rechten Wange endete. Trotz ihres jungen Alters arbeitete sie bereits seit über neun Jahren für die 'Jäger', eine Organisation welche seit jeher unter dem Kommando des Militärministers stand.
Auf den Befehl Sieghards hin lagen sie und zwölf weitere Jäger nun schon seit über acht Stunden in Kuhlen die sie sich in den Schnee gegraben hatten, bedeckt mit einer weißen Decke und warteten. Gekleidet war Laura in eine weißgefärbte Lederrüstung mit passenden Hosen, Handschuhen und Stiefeln, sowie eine Pelzjacke, ebenfalls in der Farbe des Schnees.
Wenn ich mir hierbei den Tod hole bringe ich diesen verdammten Bastard um, dachte Laura mürrisch und unterdrückte den Zwang laut zu niesen, während sie mit ihrer Hand über die Waffe strich welche direkt vor ihr lag. Äußerlich ähnelte sie einem Gewehr, war jedoch vollkommen anders, fremder... übernatürlicher. Der Lauf war um einiges länger als der einer Muskete und die gesamte Waffe war aus einem fremdartigen Material gefertigt dass Laura noch nie zuvor gesehen hatte, weder Metall noch Holz. Momentan war die gesamte Waffe in weiße Tücher gehüllt worden um die Tarnung perfekt zu machen und die junge Jägerin war darüber auch ungemein froh. Alleine das seltsame Material anzusehen machte sie nervös und ängstlich, was jedoch auch nicht weiter verwunderlich war. Schließlich wussten nicht einmal die Ingenieure und Wissenschaftler Essens um was es sich bei dieser Waffe wirklich handelte. Man hatte sie in einer uralten Waffenkammer gefunden, zusammen mit zwanzig weiteren und einigen merkwürdigen Gegenständen, die anscheinend als Zubehör für die Gewehre gedacht waren. Einer dieser Gegenstände war auch an Lauras Gewehr befestigt worden. Sie hatte es auf den Lauf ihrer Waffe geschraubt, und wenn sie den Anweisungen der Männer trauen konnte die das ganze untersucht hatten, dann würde es dafür sorgen dass ihr Gewehr vollkommen stumm sein würde wenn sie schoss, was sie nicht wirklich glauben konnte.
Acht der gefundenen Gewehre hatte man auseinandergebaut um sie genauer zu untersuchen, die restlichen wurden danach an die Jäger weiter gegeben, da man der Meinung war dass diese am besten damit zurechtkommen würden. Keiner der hier anwesenden Jäger hatte eine dieser Waffen zuvor in einem echten Einsatz benutzt, lediglich für Zielübungen, was Laura nur noch wütender machte, weil sie ihr Leben mit einer Waffe riskieren musste die eigentlich nicht mehr war als ein Prototyp von dem niemand wusste wie effektiv er eigentlich im Kampf war.
Hufgeräusche? Na endlich!
Kaum dass sie das Getrappel von heran eilenden Pferden hörte schlich sich ein Grinsen auf Lauras Gesicht. Sie setzte sich die Kapuze ihrer Jacke auf, nahm ihr Gewehr und sah durch das Zielrohr hindurch in Richtung Waldrand, wo die ersten Reiter auf dem Pfad ankamen. Dabei versuchte sie immer wieder mit ihrem Auge so weit wie möglich vom Material der Waffe entfernt zu bleiben und zeitgleich richtig zu zielen, was das ganze ein wenig erschwerte. Sie mochte diese Waffe nicht, sie hasste sie sogar. Aber sie musste sie benutzen, etwas anderes blieb ihr nicht übrig. Also legte sie einen Finger an den Abzug und murmelte so leise wie möglich ein Schutzgebet an Gott gerichtet, welches sie ständig wiederholte, und darauf hoffte dass es sie vor eventuellen Nebenwirkungen der Nutzung dieser dämonischen Waffe beschützen würde.
Die ersten paar Dutzend Reiter welche den Pfad hinunter ritten waren Fürst Leopold, Ser Rommel und die Überreste ihrer Pistoliere, also lief alles ganz nach dem Plan, den ein Bote vor gerade einmal ein paar Minuten an die Jäger im Wald übermittelt hatte. Der Bote war einer von ihnen gewesen, besser gesagt einer der Kundschafter der Jäger und nicht einer ihrer Schützen. Wenn es jemandem gelang die Jäger die sich getarnt hatten aufzuspüren, dann einer von ihnen. Er war genauso schnell verschwunden wie er aufgetaucht war und Laura hatte keine Ahnung wo er sich jetzt befand, aber im Endeffekt war das auch egal.
Sie beobachtete weiterhin den Pfad und keine vier Minuten später erschien dort auch ihre Beute. Hans Otterbach ritt an der Spitze von über einhundert seiner Leibwachen in den Wald, mit einem siegessicheren Grinsen im Gesicht und einem großen, zweihändig geführten Schwert in seinen Händen. Er war tatsächlich darauf reingefallen und hatte die fliehenden Fauster in den unscheinbaren Wald verfolgt, und warum auch nicht? Er hatte ihn erst wenige Stunden vor der Schlacht gründlich von Spähern durchforsten lassen, auf der Suche nach versteckten Truppen.
Leider waren es nur Otterbach Späher, und keine Jäger, dachte Laura während ihr Grinsen noch größer wurde. Sie zielte nun direkt auf den Kopf des Otterbach, welcher mit einem dicken Stahlhelm geschützt wurde, allerdings war das Visier hochgeklappt und bot somit freies Schussfeld direkt auf sein Gesicht.
Laura holte einmal tief Luft, beendete ihr Gebet zum letzten Mal, atmete aus und drückte ab. Das Resultat überraschte selbst sie. Ein leises Zischen war das einzige Geräusch was noch zu hören war und sie bezweifelte dass es bis zu den Otterbach getragen wurde, die über vierhundert Meter entfernt waren. Doch das war noch lange nicht alles, die Kugel flog wie von einer Schnur gezogen in einer geraden Linie in Hans' Gesicht und löschte dieses fast vollständig aus. Zeitgleich waren zwölf weitere Kugeln durch die Luft geflogen und hatten faustgroße Löcher in Brustpanzer und Köpfe der Leibwachen gestanzt, welche allesamt von ihren Pferden gerissen wurden. Laura blinzelte einen Augenblick lang verwirrt, schüttelte dann jedoch den Kopf und schoss sofort auf den nächsten Soldaten, fing dabei jedoch vorsichtshalber lieber wieder an ihr Gebet zu murmeln...

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„Ich freue mich auf den Tag wo es uns gelingt solche Waffen selbst herzustellen.“, murmelte Ser Rommel in anerkennendem Tonfall, klang jedoch gleichzeitig auch nervös und ängstlich, während er die Leichen von Hans Otterbach und dessen Männern beobachtete.
Die Schlacht war seit einer Stunde vorbei und Rommel, Leopold, Ulrich, Sieghard und Laura hatten sich am Waldpfad versammelt um das Ergebnis des Hinterhalts zu begutachten.
Nachdem ihr Anführer verschwunden und vermutlich gestorben war hatten sich die verbliebenen Truppen der Otterbach erschöpft ergeben und in Gefangenschaft begeben. Dadurch gelang es den Faustern in Manstein einzumarschieren, und dort auf die Ankunft Artharwolfs zu warten.
„Ich nicht, diese Dinger sind einfach nur böse und unheimlich.“, murmelte Laura und schüttelte sich. Ihr Gewehr hatte sie in der Nähe an einen Baum gelehnt und dachte nicht einmal daran es wieder in die Hände zu nehmen, ehe sie von hier verschwanden.
„Und ungemein effektiv.“, sagte Sieghard anerkennend. „Alle Jäger haben ihre Munition aufgebraucht?“
„Richtig... die Ingenieure in Essen meinten dass wir noch ungefähr eintausend davon aus der Waffenkammer gebogen haben. Aber bis wir mal wieder dort sind werde ich damit nicht mehr schießen können. Nicht dass ich besonders traurig bin deswegen.“, bestätigte Laura und zuckte mit den Schultern. „Ganz davon abgesehen, das hätten wir auch mit normalen Musketen geschafft... na ja, zumindest hätten wir Hans töten können.“
„Und wärt dadurch wahrscheinlich noch selbst gestorben. Aber egal, darüber brauchen wir jetzt nicht zu diskutieren. Mein Prinz? Wollen wir nach Manstein zurückkehren?“
Ulrich nickte. „Das wäre am besten, ich will wenn möglich alles erledigt und jedem ein Quartier zugeteilt haben bevor Artharwolf hier ankommt. Ich bin schon gespannt und frage mich was er wohl machen wird, wenn er hier ankommt und merkt dass er zu spät ist...“

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Spoiler (Öffnen)
Hat dieses Mal verdammt lange gedauert das Kapitel, und ich will auch nicht unbedingt versprechen dass es wieder schneller geht, im Sommer schreibe ich traditionell langsamer^^
Wie man bei den Kampfscreens sieht kämpfe ich da gegen Valiente, nicht gegen Rebellen. Das liegt daran dass ich es verpeilt habe während der Schlacht Screens zu machen und sie nachgestellt habe. Könnte eventuell nochmal passieren, je nachdem wie zufrieden ich mit den Screens bei der anderen Schlacht bin die es gab.
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Kawaii Kingdom (Aura Kingdom AAR mit Vanidar)
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Die Goldene Faust, Thera AAR
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