Ach ja, auf der Karte fehlen die drei Chaosfraktionen, die Norse, die Hochelfen und die Dunkelelfen. Ich habe den nördlichen Teil der Karte vorerst weggelassen, da er für eine lange Zeit eh unwichtig für die Ostmark sein wird.
Prolog: Stadt der Verdammten (Öffnen)
So lange er zurückdenken konnte, hatte Gottfried Hertwig sich noch nie so zufrieden gefühlt, wie in diesem Augenblick. Ein wohliges, warmes Gefühl der Glückseligkeit durchströmte seinen Körper, während er die Beine weit von sich streckte. Er war entspannt und gelassen, obwohl er nahe eines frischen Schlachtfeldes saß. Um ihn herum lagen und saßen einige dutzend Soldaten in Purpur und Gelb, den Farben der Ostmark. Genau wie Gottfried, lehnten sie an eingefallenen Säulen und Häuserwänden, von denen die ganze Stadt übersät war. Auf der anderen Seite des weitläufigen Platzes, hockten noch hunderte weitere Soldaten. Männer aus dem gesamtem Imperium, die das sonst so leblose und graue Mortheim mit einem dutzend verschiedener Farbkombinationen übersäten. Obwohl sie sich vor Erschöpfung kaum noch auf den Beinen halten konnten, wirkten sie alle munter und wach. Sie gehörten zu den glücklichen Teilnehmern des Kreuzzugs die den Kampf, um die Stadt der Verdammten, überstanden hatten.
Letztendlich fiel die Gegenwehr des gefallenen Dämonenprinzen deutlich schwächlicher aus als anfangs erwartet. Der berühmte Be'Lakor. Erster unter den Prinzen des Chaos. Der Schattenfürst von Mortheim. Einst mächtig genug, die Götter selbst herauszufordern und sich in ihre Reihe aufzuschwingen, bis sie ihn aus Angst vor seiner Macht gemeinsam zu Fall brachten. In einem zweigescheiften Kometen stürzte er, während der Jahrtausendwende, vom Himmel, mitten auf die größte und prächtigste Stadt des Imperiums. Fast niemand hatte die Ankunft des gefallenen Dämonenprinzen überlebt. Ganz Mortheim verwandelte sich, binnen weniger Stunden, in eine verseuchte und verpestete Ruine. Seit über 500 Jahren, wandelten Untote, Skaven, Orks und Mutanten durch die trostlose Einöde der geschändeten Stadt, alle vereint von einem einzigen machtvollen Geist, dem es gelang den Willen der niedersten Wesen mit Leichtigkeit zu brechen. Gegen diese Horden aus willenlosen Marionetten, hatten sie in den letzten Tagen gekämpft und einen überwältigenden Sieg davongetragen.
Gottfried stammte aus dem Kurfürstenhaus der Ostmark. Eines von vielen Fürstentümern, aus denen sich das Imperium Sigmars seit über 2500 Jahren zusammensetzte. Ihnen oblag die Verteidigung der östlichen Grenzen, nahe des Weltenrandgebirges. Trotz seiner staubigen, schmutzigen Kleidung, wirkte er, abgesehen von seinen langen Haare, wie ein typischer Adeliger des Imperiums. Sein Gesicht strahlte pure Arroganz in die Welt hinaus und in seinen grauen, beinahe schon weißen, Augen lag ein wirrer, unberechenbarer Ausdruck. Deutlich erkennbar und immer präsent, spiegelte er perfekt Gottfried´s Gemütszustand und Charakter wider, denn man konnte nie wissen, auf was für eine ausgefallene und lebensmüde Idee der Prinz der Ostmark als nächstes kam. Selbst seine eigenen Vertrauten bezeichneten ihn als wandelnde Naturkatastrophe. Eine Katastrophe in den leuchtenden Farben der Ostmark. Purpurne Ärmel, eine stählerne Brustplatte und ein gelbes Wams. Vor dem Hintergrund der düsteren Ruinen, wirkte er völlig fehl am Platz. Dazu kamen seine dunklen, roten Haare, welche ihm ungeordnet bis weit über die Schultern fielen.
Neben ihm lag Friedrich Hertwig, sein Cousin, und versuchte mühsam die Augen offen zu halten. Die beiden Männer waren zusammen aufgewachsen, hatten zusammen gelernt, wie man ein Schwert führte und eine Armee in die Schlacht führte. Im Gegensatz zu Gottfried, trug er seine dunkelbraunen Haare kurz getrimmt und ordentlich. Niemand hätte die beiden für verwandt gehalten. Alleine schon Friedrichs ruhigere, freundlichere Art, disqualifizierte ihn eigentlich als Mitglied von Gottfrieds Verwandtschaft.
Irgendwann, sehr zu Friedrichs Bedauern lange bevor er einschlafen konnte, begann Gottfried die friedliche Stille zu stören, ohne dabei auf die Worte zu achten, die unkontrolliert aus seinem Mund sprudelten: „Zwerge mit auf den Kreuzzug zu nehmen, war die beste Idee, in der gesamten Geschichte des Reichs.“
„Weil sie zähe, nahezu unbesiegbare und tapfere Krieger sind?“ kam es, abwesend und desinteressiert, von seinem Cousin zurück.
„Nah, das is mir egal. Ich mag sie, weil die kleinen Mistkerle einen unerschöpflichen Vorrat an Bier mit sich herumtragen können.“ eröffnete Gottfried ihm seine tiefsten Gedanken und nippte beiläufig an einem gut gefüllten Bierkrug. Seit sie die Stadt gesichert hatten, drückte ihm ständig irgendwer ein neues Bier in die Hand, ein Problem das er mit Friedrich teilte. „Keine Ahnung wie sie das schaffen. Ich habe nirgends Wagen voller Fässer gesehen. Tragen sie alle ein Bierfass um den Hals und verstecken es unter ihren Bärten? Sind dafür die Bärte da? Würden Zwerge ohne Alkohol kahl wie Kinder sein? Oder sind die Bärte da, damit wir sie von Kindern unterscheiden können? Was passiert, wenn ein Zwerg an Haarausfall leidet. Verdurstet er dann? Begeht er Selbstmord? Ich habe noch nie einen Zwerg ohne prächtigen Bart gesehen...töten sie alle Zwerge, die sich keinen Bart wachsen lassen können? Gibt es deswegen nur so wenige von ihnen?“
„Ah, also das sind die wichtigen Fragen des Lebens, mit denen sich der zukünftige Kurfürst der Ostmark, an diesem historischen Tag, beschäftigt. Hatte ja auf etwas tiefgründigeres gehofft.“
„Also, interessiert es dich nicht, wie sie es anstellen?“ fragte Gottfried, völlig verwirrt vom unverständlichen Desinteresse seines Freundes.
„D-das habe ich nicht gesagt!“ sprang Friedrich doch noch auf das Thema an. Zu spät. Einige Zeit verging, ohne dass Gottfried zu einer Erklärung ansetzte, bis Friedrich es wagte nachzuhaken, auch wenn er keine vernünftige Antwort mehr erwartete. „Und?“
„Und, was?“ wiederholte Gottfried, gähnend langsam und mit seinen Gedanken schon wieder weit weit von der Bierfrage entfernt. Er sprang von Thema zu Thema, von Gedanken zu Gedanken, was es seinem Cousin oft schwer machte, mit seinen wirren Gedankengängen mitzuhalten.
„Und wie stellen die Zwerge es an!“
„Tja, wenn ich die Antwort auf diese Frage wüsste...würde ich noch heute zu einem wahrhaftigen Gott aufsteigen.“ antwortete er halbherzig, bevor er sich neugierig auf dem ehemaligen Marktplatz umsah „Wo ist eigentlich dieser...wie hieß er? Sig...Sieghu...irgendwas mit Sig und einem U.“ angestrengt versuchte er, sich an den Namen des Söldnerhauptmanns zu erinnern. Ohne Erfolg. Sie kannten sich immerhin erst seit knapp zwei Wochen und Gottfried verspürte kein großes Interesse daran, sich mit einem Mann abzugeben, für den Geld tatsächlich als Religion galt. „Der komische Söldner.“
„Wird sich schon irgendwo rumtreiben. Vielleicht verfolgt er die Zwerge bis zu ihren geheimen Bierlagern.“
„Er sendet Kundschafter gen Süden aus, weil alle Anführer des Kreuzzuges feiern.“ meldete sich, neben den beiden Betrunkenen, eine griesgrämige, tiefe Stimme zu Wort. Verwirrt drehten sie die Köpfe und blickten in das ausdruckslose, unbewegte Gesicht eines breitschultrigen Mannes mittleren Alters. Er steckte in einer Rüstung aus schwarzen Stahl, welche mit silbernen Runen und Totenschädeln verziert war. An seiner Seite, hingen zwei Sicheln aus dem berühmten Silberstahl der Zwerge. Schwerter setzten die Ritter seines Ordens nur selten ein. Sie bevorzugten Sicheln, Sensen und gelegentlich sogar Äxte. „Irgendjemand muss schließlich dafür sorgen, dass die Stadt sicher ist.“ fügte er, in säuerlichem Tonfall hinzu.
„Hey! Wir sorgen auch für Sicherheit.“ begehrte Friedrich auf, wobei er mehr Eindruck gemacht hätte, wenn er nicht nur müde vor sich hingrummeln und gähnen würde.
„Dieser Platz hier ist eindeutig sicher.“ stimmte Gottfried ihm gönnerhaft zu. „Wir verteidigen ihn bis zum letzten Tropfen Blut, versprochen.“ Der Prinz lehnte sich zurück und schloss entspannt die Augen. Der übel gelaunte Ritter hatte ihm gerade noch gefehlt. „Seid etwas lockerer, Sir Heinrich. Ich weiß, als Templer des Todes, fällt es Euch schwer, aber heute ist kein Tag, an dem Ihr so...naja, so sein sollt, wie Ihr eben seid.“
„Ach? Wie bin ich denn?“
„Düster, langweilig, emotionslos und verdammt furchteinflößend.“ erwiderte der Prinz mit seiner berühmten Ehrlichkeit „Heute solltet Ihr mal versuchen fröhlich zu sein. Verflucht! Wir haben Mortheim erobert!“ rief er lauthals aus und einige Soldaten drehten sich grinsend zu ihm um. „Werft die Rüstung von Euch und tanzt auf den Dächern der Paläste unserer Vorfahren! Sucht Euch einen hässlichen Skavensklaven für die Nacht! Redet freundlich mit einem Talabecländer! Ärgert ein paar protzige Reikländer und versucht einen Greif zu streicheln oder stellt irgendwas anderes verrücktes an! Man befreit nicht jeden Tag Mortheim aus den Klauen eines Dämonenprinzen!“
Heinrich ließ ein kurzes, abfälliges Schnauben hören und schüttelte genervt mit dem Kopf. „Ich lehne dankend ab, mein Prinz.“
Gottfried ließ ein leises, abfälliges „Tz.“ hören, bevor er erschrocken zusammenzuckte. Laute, kreischende Geräusche ertönten vom anderen Ende des Platzes. Selbst Friedrich, welcher sich mittlerweile schon auf dem Weg ins Reich der Träume befunden hatte, schreckte bei dem Krach aus seinem Schlaf auf. Es klang wie eine Mischung aus aneinander kratzenden Metallplatten und ohrenbetäubendem Donnern. „Was ist das für ein schrecklicher Lärm?“ rief Gottfried über den Krach hinweg und sah sich entnervt um.
„Es gibt auf der ganzen Welt nur eines, was diese Geräusche verursachen kann.“ kam es ungehalten von Heinrich. Der Ritter Morr´s wirkte sogar noch mieser gelaunt als vor einigen Sekunden und sah aus, als stünde das Ende der Welt bevor. Letztendlich überwand er sich dazu abfällig „Kavallerie aus Nuln.“ auszustoßen und so viel Verachtung wie möglich in seine Worte zu legen.
Tatsächlich schlängelte sich eine Kolonne aus mehreren dutzend Reitern, durch die Hauptstraße, auf den Platz zu. Die Reiter wirkten, nach imperialen Maßstäben, merkwürdig und fehl am Platz. Alleine schon ihre schwarzen, ungeschmückten Uniformen und die ausgefallenen, überdimensionierten Gewehre mit mehreren Läufen in ihren Armen, hoben sie deutlich vom Rest ab. Einige trugen gleich mehr als ein Gewehr und einen ganzen Haufen Pistolen mit sich herum. Und doch...verglichen mit ihren Reittieren, fielen die waffenstarrenden Technikusse kaum auf. Jeder von ihnen ritt auf einem grauen Pferd, welches komplett aus Stahl bestand. Die mechanischen Pferde bewegten sich ruckartig und unnatürlich, aber sie bewegten sich. Blitze umspielten Hufe und Beine der seltsamen Gerätschaften bei jedem Schritt, während aus dem Inneren kratzende Laute drangen. Erst als sie zum Stillstand kamen, verstummten die nervenzerreißenden Geräusche.
„Verglichen mit uns, sehen die ziemlich ausgeruht und vor allem sauber aus.“ meldete Friedrich sich aufgebracht zu Wort.
„Weil sie nicht gekämpft haben. Ihre kleinen Spielzeuge, sind noch lange nicht weit genug entwickelt, um sich an einer Schlacht zu beteiligen. Vermutlich stolpern die Dinger über ihre eigenen Füße, wenn sie versuchen zu galoppieren.“ erklärte Gottfried gelangweilt. Nulner Spielzeuge. Nutzlos und laut. Manche Dinge änderten sich nie. Gottfried vertraute lieber auf sein Schwert und den Beistand Morr´s, als auf die technischen Spielereien aus der Technikus-Akademie.
„Warum tauchen sie dann überhaupt hier auf?“
„Um damit anzugeben wie genial sie sind?“
„Typisch Nulner Technikusse. Arrogant und nutzlos.“ steigerte Friedrich sich in den Anfang einer Antinulnrede hinein. Weit kam er damit nicht, denn plötzlich brach Gottfried in schallendes Gelächter aus. Verwirrt starrte Friedrich ihn an. „Was ist? Warum lachst du so? Soooo lächerlich sind die Nulner jetzt auch wieder nicht. Verglichen mit aufgeplusterten Averländern, sind sie sogar noch halbwegs erträglich.“
„Ach, die Nulner sind mir egal. Ich musste nur daran denken, was die anderen wohl über uns denken.“ meinte Gottfried, mit einem breiten Grinsen im Gesicht und darum bemüht nicht mehr zu lachen.
„Was sollen sie schon groß denken? Über die tapferen Mannen der Ostmark, lässt sich nicht viel schlechtes sagen. Es gibt nichts, worüber die anderen sich lustig machen könnten und auch keine seltsamen Vorurteile. Wir sind ganz gewöhnliche Imperiale, ganz im Gegensatz zu den Spinnern aus Talabecland oder Nuln.“
„Tatsächlich? Mir fallen mehr als genug ´Vorurteile` ein.“ erwiderte der Prinz und setzte sich aufrecht hin. Sein Grinsen wurde noch breiter, als er sah wie Friedrich voller Zweifel die Stirn runzelte und ihm kein Wort glaubte. „Laut ihnen, sind alle Bewohner der Ostmark Verräter an Sigmars Heiliger Kirche. Besessen von Tod und Verfall, beten wir als einzige den Gott des Todes an. Errichten ihm Tempel. Feiern Feste zu seinen Ehren und opfern ihm die Seelen unserer Feinde. Wir stehen fast auf einer Stufe mit den verdorbenen Anhängern Nurgles. Wir haben die vereinte Reichsarmee, während des großen Krieges gegen das Chaos, betrogen und würden es jederzeit wieder tun. Wir sind morbide, haben einen seltsamen, grenzdebilen Sinn für Humor, sind unausstehlich und völlig bescheuert. Unsere Ritter besitzen keinerlei Gefühle und würden selbst Sigmarpriester köpfen, falls sie denken Morr verlangt es. Wir bringen uns in grauenhaften Ritualen selbst um, und unsere Kinder und Haustiere, damit wir in die Gärten Morrs gelangen. Kurz gesagt, wir sind durch und durch bekloppt und verrückt.“
„Woher haben sie bloß so einen Unsinn?“ mischte Heinrich sich, ernsthaft überrascht, ein. Vor seinem etwas begrenzten Horizont als Ritter, eröffnete sich eine völlig neue Welt, die dem fanatischen Anhänger des Totengottes völlig fremd war und nicht gefiel. Er mochte seine Welt so wie sie war und konnte auf eine andere gut verzichten.
„Keine Ahnung. Aber weißt du was gegen diese Vorurteile helfen könnte?“ Gottfried verrenkte seinen Hals, damit er den Ritter, vom Boden aus, strahlend und aufmunternd anlächeln konnte. „Lächeln. Einfach lächeln.“ Der Ritter verzog keine Miene. In seinem Gesicht zuckte es nicht einmal kurz und er versuchte nicht einmal sich zu einem falschen Lächeln zu zwingen. Er sah einfach aus wie immer, was Gottfried gekonnt ignorierte als er fortfuhr und dabei zustimmend nickte. „Ja, ganz genau. So sind wir im Nullkommanichts, der beliebteste Teil des Imperiums. Niemand kann dem Charme eines todbringenden Templer des Totengottes widerstehen.“
Während der Templer etwas zum nachdenken bekam, war Friedrich damit beschäftigt, die Augen über den Platz schweifen zu lassen. Der Anblick wirkte auf ihn noch immer surreal und völlig absurd. „Erstaunlich, dass wir hier sitzen und über die anderen Fürstentümer scherzen können, ohne sie sofort umbringen zu müssen, oder? Nach über 800 Jahren Bürgerkrieg, sind wir vielleicht endlich wieder so etwas wie ein geeintes Reich.“
„Ja, irgendwie schon, auch wenn wir noch immer viel zu selten an einem Strang ziehen.“ stimmte Gottfried ihm zu. Treue dem Imperator gegenüber war gut und schön, doch durch den Bürgerkrieg herrschte noch immer unendlich viel Groll und Hass zwischen den Reichsteilen. „Fast das ganze Reich, hat endlich einmal zusammengearbeitet. Wir haben uns zum ersten Mal seit hunderten Jahren unter einem Banner vereint und die ruhmreiche Stadt, Mortheim, vom Makel des Chaos erlöst.“ sinnierte er abwesend vor sich hin und versank mehr und mehr in seinen Gedanken „Wir haben sämtliche Streitigkeiten und inneren Probleme überwunden, haben uns zu einem Schwert, einem einzigen Willen, verbunden und niemand konnte uns aufhalten. Nicht einmal ein Dämonenprinz. Ein gefallener Gott musste vor uns weichen. Sigmar Heldenhammer, ist stolz auf seine Erben. Stolz darauf, was wir geleistet haben und was wir noch alles vollbringen werden, so bald wir merken, wie stark wir gemeinsam sind. Der heutige Tag, markiert den Beginn eines neuen Imperiums. Ein Tag der Einheit, der für immer in die Geschichte eingehen wird. Ein Tag, der das Ende des Chaos markiert. Ein Tag, an den sich unsere Feinde voller Schrecken erinnern werden. Ein Tag...“
„Na schön, das reicht jetzt. Kein Alkohol mehr für dich.“ fiel Friedrich ihm gelangweilt ins Wort und riss ihm blitzschnell den Bierkrug aus der Hand, ohne auf Gottfrieds empörten Gesichtsausdruck zu achten. „Du wirst immer so grauenhaft sentimental, wenn du zu viel trinkst. Das ist ja nicht zum aushalten. Am Ende brichst du noch, vor den verfluchten Talabecländern, in Tränen aus und jammerst ihnen vor, wie gerne du mit ihnen befreundet wärst.“
„Sollte es wirklich so weit kommen, tu mir einen Gefallen, und erschlag mich. Mit der Schande könnte ich nicht weiterleben.“
„Es wäre mir eine Ehre, dich in die Gärten Morr´s zu senden. Vor allem wenn du so nervig bist wie heute.“ erwiderte Friedrich, mit todernster Stimme. Gottfried´s Erwiderung ging im schrillen Schrei einer Bestie unter, welcher ihnen allen durch Mark und Bein fuhr. „Sieht so aus, als wollten die Reikländer ihnen die Show stehlen.“ meinte Friedrich grinsend und selbst über das Gesicht des schweigsamen Ritters huschte fast so etwas wie ein angedeutetes Lächeln.
Während Gottfried´s kleinem Monolog, hatte sich ein prächtiger Greif vor den mechanischen Pferden aufgebaut. Auf seinem Rücken, thronte ein Ritter der Reiksgarde, in einer strahlend silbernen Rüstung. Das mächtige Geschöpf, überragte die Spielzeuge der Nulner und präsentierte sich ihnen in seiner ganzen Pracht. Stolz stellte er sich auf die Hinterbeine und gab einen weiteren markerschütternden Schrei von sich, während der Ritter sich Mühe gab, so überlegen und protzig wie möglich zu wirken, wobei er sich in eine heldenhafte Pose nach der nächsten warf.
„Na toll, wenn die Averländer und Middenländer das sehen, fangen sie auch noch damit an, ihre Muskeln spielen zu lassen. Und wenn die Talabecländer sich dann anschließen, müssen wir uns ebenfalls zeigen und laut werden.“ flüsterte Gottfried deprimiert und demotiviert vor sich hin. „Ich will nicht aufstehen. Aufstehen böse. Liegen gut. Viel liegen. Wenig streiten. Bitte, Talabecländer, kommt nicht rüber.“ Stumm sendete er noch ein kurzes Gebet zu Morr und Sigmar, als eine hochgewachsene, dunkle Gestalt seine Aufmerksamkeit erregte. Für einen Augenblick, glaubte er, einen großen Mann in einer schwarzen Kapuzenkutte neben dem Greif zu sehen. „Habt ihr eben diesen Mann gesehen?“
„Mhm? Was für´n Mann? Bringt der mehr Bier? Meins ist fast alle und ich sehe gerade keine Zwerge mehr die mir welches bringen können...“
„Da war ein Mann in schwarzer Robe, auf der Straße, direkt neben dem Greif. Ihr müsst ihn gesehen haben.“
„Wenn er so nahe an einem reikländer Greif stand, ohne in Stücke gerissen zu werden, muss er ein leibhaftiger Gott gewesen sein und es ist völlig normal dass wir ihn nicht sehen konnten.“ Angestrengt starrte Friedrich auf die Stelle, auf die sein Freund zeigte, aber ohne etwas zu erkennen. Enttäuscht zuckte er mit den Schultern. „Was solls. Ich sehe eh viel seltener Götter als du.“
„Oder der Greif hat ihn eben verschluckt und wir sehen ihn deswegen nicht mehr.“ fügte Heinrich monoton hinzu.
„Ihr seid, wie immer, eine große Hilfe.“ reagierte Gottfried erstaunlich gereizt auf ihre desinteressierten Antworten, bis ihm plötzlich aufging, dass gerade, direkt vor seinen Augen, ein Wunder passiert war. Ungläubig, mit weit aufgerissenen Augen, drehte er sich zu dem Templer Morr´s um und starrte ihn an, als wäre er die Wiedergeburt Sigmars. „Moment...habt Ihr gerade versucht einen Scherz zu machen?“
„Wie Ihr sagtet, es ist ein besonderer Tag.“
„Ja, das ist er. Besonders und einzigartig.“ seufzend lehnte Gottfried sich wieder gegen die zerfallene Säule und versuchte nicht mehr an die Gestalt zu denken. „An einem Tag wie diesem, verschwimmen die Grenzen zwischen Himmel, Erde und Hölle, fließen ineinander und lösen sich auf. Die Mauern der Realität zerfallen zu Staub und auf Feuerschwingen wird Sigmar´s Hammer niederschlagen auf die Welt, wie in den ersten Stunden der Menschheit. In Feuer, Leid und Tod, wird er uns, und die gesamte Welt, nach seinem Willen neu formen. Mauern werden einstürzen, Reiche kollabieren, Städte brennen und ganze Völker vergehen, bis nur noch Götter und Dämonen über die Erde wandeln. Es ist der Tag gekommen, an dem Sigmar´s heiliges Land brennt, an dem es in lodernde Flammen aufgeht, und die Toten neben Mensch, Tier und Dämon im Licht der brennenden Welt wandeln.“ Als der Prinz verstummte, blinzelte er verwirrt vor sich hin. Noch während er die Worte aussprach, begannen sie in seinem Kopf zu verblassen, bis er sich selbst kaum noch daran erinnern konnte, was er gerade gesagt hatte.
„Etwas düster für einen Tag, an dem wir einem Dämonenprinzen heroisch in den Arsch getreten haben.“ murmelte Siegfried schläfrig vor sich hin. Kurz musterte er seinen Freund nachdenklich, bis er seufzend nachgab und Gottfried den Bierkrug wieder in die Hand drückte. „Hier, lieber du bist so sentimental wie du willst als schwermütig und deprimierend.“
„Nein, es reicht. Morgen steht uns noch viel Arbeit bevor.“ lehnte Gottfried entschieden ab, den Blick gen Himmel gerichtet, als erwartete er, dass der Himmel selbst jeden Moment auf ihn stürzte.
„Endlich nehmt Ihr wieder Vernunft an, mein Prinz.“ stimmte der Templer ihm zufrieden zu „Es ist notwendig, so viele Soldaten wie möglich in den Süden zu schicken und sämtliche Übergänge über den Stir zu sichern. Manfred von Carstein, wird sicher bald reagieren und versuchen uns die Stadt zu entreißen. Wir können noch immer alles verlieren und...“
Friedrich hörte ihm schon nicht mehr zu. Seine Aufmerksamkeit fesselte ein grell leuchtender Punkt am Himmel, der sich ihnen mit rasender Geschwindigkeit näherte. Es dauerte nicht lange, bis er es erkennen konnte. Ein Feuerball. Ein gigantischer Komet mit zweigeteiltem Schweif. Ein Funke, aus den Gärten des Chaos.
Was als nächstes passierte, spielte sich vor seinem Auge so schnell ab, dass er Mühe hatte dem ganzen zu folgen. Niemandem blieb Zeit zu reagieren oder sich in Sicherheit zu bringen, als der gigantische Feuerball auf die Stadt niederging. Der Greif fing in der Luft Feuer, die mechanischen Pferde schmolzen und die siegreichen Soldaten des Imperiums, verschwanden in einem tobenden Flammenmeer. Letztendlich verschluckten die Flammen Friedrich selbst, bis die ganze Welt in einer einzigen Feuersbrunst verging, welche nichts als Asche zurückließ.
Südliche Ostmark, nahe Nagenhof, Imperialer Kalender 2514
Noch während die Flammen über seinen Körper leckten und an ihm zerrten, spürte Gottfried, wie ihn jemand unsanft in die Wirklichkeit zurückholte. Ein Faust hatte sich in seine Seite gebohrt und brachte ihn dazu stöhnend die Augen zu öffnen. Sie befanden sich nahe der ersten Ausläufer des Weltenrandgebirges und der Boden war noch immer von einer dünnen Schneeschicht bedeckt. Gottfried saß auf seinem Pferd. Neben ihm wartete ein ungeduldiger Friedrich und hatte Mühe sein Schlachtross davon abzuhalten nach vorne zu preschen.
„Ah, danke für den Weckruf.“ brummte Gottfried verschlafen vor sich hin und gähnte ausgiebig „Wir waren gerade dabei zu verbrennen. Ziemlich unangenehm.“
„Wovon redest du?“ hakte Friedrich misstrauisch nach. Er wusste nicht, ob er durcheinander oder wütend sein sollte.
„Ach von nichts wichtigem. Nur von unserem Tod und vom Ende der Welt. Das übliche halt.“ der Prinz streckte sich ausgiebig und hörte, wie sein Rücken lautstark knackte „Ich sollte aufhören, auf dem Rücken eines Pferdes zu schlafen, davon bekomme ich Alpträume.“
„Du bist entweder der mutigste oder dümmste Feldherr, den ich jemals gesehen habe. Anders kann ich es mir nicht erklären, dass du, unmittelbar vor einer Schlacht, entspannt ein Nickerchen halten kannst.“
„Morr ist auch der Gott der Träume und des Schlafs. Schlafen ist eine bewährte Art zu ihm zu beten. Frag die Priester.“ rechtfertigte Gottfried sich empört. Schlaf war ein wichtiger Teil seiner Religion und vor einem Kampf absolut notwendig, um den Beistand Morrs zu erbitten. „Außerdem, das nennst du eine Schlacht? Ich nenne es einen sicheren Sieg.“
„Genau so dachte dein Vater auch, vor der Schlacht an der schwarzen Straße, als seine jugendliche Arroganz in einem Blutbad endete.“
„Und jetzt sitzt er, seit Jahrzehnten, untätig in Bechhafen, weil er zu viel Angst vor einem erneuten Versagen hat. Erbärmlich.“ erwiderte der Prinz, begleitet von einem abfälligen Schnauben „Ich plane nicht, meine militärische Laufbahn, mit einer ähnlichen Niederlage zu beginnen. Im Gegenteil. Der heutige Sieg, wird als Anfang einer der glorreichsten Siegesserien in die Geschichte eingehen.“
„Ziemlich zuversichtlich für jemanden, der zahlenmäßig unterlegen ist.“
Gottfried winkte sämtliche Bedenken ab, als wären ihre Gegner nichts weiter als Goblins oder einfache Zombies, und keine gut ausgerüsteten Soldaten. „Zahlen sind vollkommen unbedeutend. Was zählt, sind der Schutz Morrs und die Liebe Sigmars. Beides wissen wir auf unserer Seite. Auf der Seite unserer Feinde, steht niemand. Sie sind einsam, verloren und hoffnungslos. Seit sie ihre Götter verraten haben, sind sie nichts weiter, als leere Hüllen, die nur noch über Sigmars Erde wandeln, weil wir es versäumt haben sie von ihren holen Köpfen zu befreien. Ohne ihren Glauben, sind sie nichts weiter als Untote und ich fürchte mich nicht vor Untoten.“
„Na schön. Hauptsache du schläfst nicht in der Schlacht ein. Selbst Morr und Sigmar können dich nicht retten, wenn du mitten im Kampf vom Pferd fällst und mal wieder ins Land der Träume verschwindest.“ spöttelte Friedrich, auch wenn er seine Bedenken vollkommen ernst meinte. Bei seinem Cousin konnte man nie wissen, ob er nicht wirklich entschied auf dem Schlachtfeld zu schlafen. Bevor er Gottfried noch auf dumme Idee bringen konnte, fuhr er lieber hastig fort. „Deine Träume kommen sicher nur von Morr. Er ist immer mies gelaunt, wenn wir ihm lange keine frischen Seelen opfern. Kein Wunder dass du von schlechten Träumen geplagt wirst. Heute Nacht, senden wir ihm seine Lieblingsseelen. Die von Verrätern.“
„Ich hätte es nicht besser sagen können.“ stimmte Gottfried ihm zu und ließ sich von Friedrich seine Maske reichen. Sofort verschwand sein Gesicht hinter einem breit grinsenden Totenschädel aus Silber. Er wendete sein Pferd und blickte voller Stolz auf seine erste, eigene Streitmacht. Mehr als 1500 Soldaten des Imperiums, hatten sich unter dem Banner der Ostmark versammelt, und warteten ungeduldig darauf, die Ketzer für ihre Anmaßung zu bestrafen.
Die vordersten Reihen, bildeten die legendären Totenkopfregimenter. Einheiten aus kampfgestählten Veteranen, die auf eine Tradition voller Siege und Heldentaten zurückblicken konnten. Im Gegensatz zu den gewöhnlichen Soldaten, waren sie in purpurrote Uniformen gekleidet und trugen darüber Brustpanzer aus schwarzem Eisen. Jeder von ihnen verbarg sein Gesicht ebenfalls unter einer silbernen Totenkopfmaske. Relikte aus der Gründungszeit der Totenköpfe. Damals, als sie noch eine Widerstandsgruppe im Kampf gegen die Vampire waren und einen erfolgreichen Guerillakrieg gegen die untoten Besatzer führten. Nur ihnen verdankten sie den Sieg über die Vampire von Sylvania und die dämonischen von Carstein.
Obwohl er nicht das größte und prächtigste Heer der Welt vor sich hatte, reichte es aus, um Gottfried zu beeindrucken. Alleine zu wissen, dass es nur der Anfang seines Siegeszuges gegen die Feinde des Imperiums sein sollte, ließ seinen Körper vor Aufregung vibrieren. Gebannt vom Anblick seiner Streitmacht flüsterte er, kaum wahrnehmbar, vor sich hin: „Wir senden dir die Seelen der Ketzer, opfern dir ihr Blut, ihre Leiber, ihren Geist und eines Tages uns selbst. Bald werden wir alle in deinen traumhaften Gärten des Todes wandeln und diese zum Sterben verdammte Welt hinter uns lassen.“
So lange er zurückdenken konnte, hatte Gottfried Hertwig sich noch nie so zufrieden gefühlt, wie in diesem Augenblick. Ein wohliges, warmes Gefühl der Glückseligkeit durchströmte seinen Körper, während er die Beine weit von sich streckte. Er war entspannt und gelassen, obwohl er nahe eines frischen Schlachtfeldes saß. Um ihn herum lagen und saßen einige dutzend Soldaten in Purpur und Gelb, den Farben der Ostmark. Genau wie Gottfried, lehnten sie an eingefallenen Säulen und Häuserwänden, von denen die ganze Stadt übersät war. Auf der anderen Seite des weitläufigen Platzes, hockten noch hunderte weitere Soldaten. Männer aus dem gesamtem Imperium, die das sonst so leblose und graue Mortheim mit einem dutzend verschiedener Farbkombinationen übersäten. Obwohl sie sich vor Erschöpfung kaum noch auf den Beinen halten konnten, wirkten sie alle munter und wach. Sie gehörten zu den glücklichen Teilnehmern des Kreuzzugs die den Kampf, um die Stadt der Verdammten, überstanden hatten.
Letztendlich fiel die Gegenwehr des gefallenen Dämonenprinzen deutlich schwächlicher aus als anfangs erwartet. Der berühmte Be'Lakor. Erster unter den Prinzen des Chaos. Der Schattenfürst von Mortheim. Einst mächtig genug, die Götter selbst herauszufordern und sich in ihre Reihe aufzuschwingen, bis sie ihn aus Angst vor seiner Macht gemeinsam zu Fall brachten. In einem zweigescheiften Kometen stürzte er, während der Jahrtausendwende, vom Himmel, mitten auf die größte und prächtigste Stadt des Imperiums. Fast niemand hatte die Ankunft des gefallenen Dämonenprinzen überlebt. Ganz Mortheim verwandelte sich, binnen weniger Stunden, in eine verseuchte und verpestete Ruine. Seit über 500 Jahren, wandelten Untote, Skaven, Orks und Mutanten durch die trostlose Einöde der geschändeten Stadt, alle vereint von einem einzigen machtvollen Geist, dem es gelang den Willen der niedersten Wesen mit Leichtigkeit zu brechen. Gegen diese Horden aus willenlosen Marionetten, hatten sie in den letzten Tagen gekämpft und einen überwältigenden Sieg davongetragen.
Gottfried stammte aus dem Kurfürstenhaus der Ostmark. Eines von vielen Fürstentümern, aus denen sich das Imperium Sigmars seit über 2500 Jahren zusammensetzte. Ihnen oblag die Verteidigung der östlichen Grenzen, nahe des Weltenrandgebirges. Trotz seiner staubigen, schmutzigen Kleidung, wirkte er, abgesehen von seinen langen Haare, wie ein typischer Adeliger des Imperiums. Sein Gesicht strahlte pure Arroganz in die Welt hinaus und in seinen grauen, beinahe schon weißen, Augen lag ein wirrer, unberechenbarer Ausdruck. Deutlich erkennbar und immer präsent, spiegelte er perfekt Gottfried´s Gemütszustand und Charakter wider, denn man konnte nie wissen, auf was für eine ausgefallene und lebensmüde Idee der Prinz der Ostmark als nächstes kam. Selbst seine eigenen Vertrauten bezeichneten ihn als wandelnde Naturkatastrophe. Eine Katastrophe in den leuchtenden Farben der Ostmark. Purpurne Ärmel, eine stählerne Brustplatte und ein gelbes Wams. Vor dem Hintergrund der düsteren Ruinen, wirkte er völlig fehl am Platz. Dazu kamen seine dunklen, roten Haare, welche ihm ungeordnet bis weit über die Schultern fielen.
Neben ihm lag Friedrich Hertwig, sein Cousin, und versuchte mühsam die Augen offen zu halten. Die beiden Männer waren zusammen aufgewachsen, hatten zusammen gelernt, wie man ein Schwert führte und eine Armee in die Schlacht führte. Im Gegensatz zu Gottfried, trug er seine dunkelbraunen Haare kurz getrimmt und ordentlich. Niemand hätte die beiden für verwandt gehalten. Alleine schon Friedrichs ruhigere, freundlichere Art, disqualifizierte ihn eigentlich als Mitglied von Gottfrieds Verwandtschaft.
Irgendwann, sehr zu Friedrichs Bedauern lange bevor er einschlafen konnte, begann Gottfried die friedliche Stille zu stören, ohne dabei auf die Worte zu achten, die unkontrolliert aus seinem Mund sprudelten: „Zwerge mit auf den Kreuzzug zu nehmen, war die beste Idee, in der gesamten Geschichte des Reichs.“
„Weil sie zähe, nahezu unbesiegbare und tapfere Krieger sind?“ kam es, abwesend und desinteressiert, von seinem Cousin zurück.
„Nah, das is mir egal. Ich mag sie, weil die kleinen Mistkerle einen unerschöpflichen Vorrat an Bier mit sich herumtragen können.“ eröffnete Gottfried ihm seine tiefsten Gedanken und nippte beiläufig an einem gut gefüllten Bierkrug. Seit sie die Stadt gesichert hatten, drückte ihm ständig irgendwer ein neues Bier in die Hand, ein Problem das er mit Friedrich teilte. „Keine Ahnung wie sie das schaffen. Ich habe nirgends Wagen voller Fässer gesehen. Tragen sie alle ein Bierfass um den Hals und verstecken es unter ihren Bärten? Sind dafür die Bärte da? Würden Zwerge ohne Alkohol kahl wie Kinder sein? Oder sind die Bärte da, damit wir sie von Kindern unterscheiden können? Was passiert, wenn ein Zwerg an Haarausfall leidet. Verdurstet er dann? Begeht er Selbstmord? Ich habe noch nie einen Zwerg ohne prächtigen Bart gesehen...töten sie alle Zwerge, die sich keinen Bart wachsen lassen können? Gibt es deswegen nur so wenige von ihnen?“
„Ah, also das sind die wichtigen Fragen des Lebens, mit denen sich der zukünftige Kurfürst der Ostmark, an diesem historischen Tag, beschäftigt. Hatte ja auf etwas tiefgründigeres gehofft.“
„Also, interessiert es dich nicht, wie sie es anstellen?“ fragte Gottfried, völlig verwirrt vom unverständlichen Desinteresse seines Freundes.
„D-das habe ich nicht gesagt!“ sprang Friedrich doch noch auf das Thema an. Zu spät. Einige Zeit verging, ohne dass Gottfried zu einer Erklärung ansetzte, bis Friedrich es wagte nachzuhaken, auch wenn er keine vernünftige Antwort mehr erwartete. „Und?“
„Und, was?“ wiederholte Gottfried, gähnend langsam und mit seinen Gedanken schon wieder weit weit von der Bierfrage entfernt. Er sprang von Thema zu Thema, von Gedanken zu Gedanken, was es seinem Cousin oft schwer machte, mit seinen wirren Gedankengängen mitzuhalten.
„Und wie stellen die Zwerge es an!“
„Tja, wenn ich die Antwort auf diese Frage wüsste...würde ich noch heute zu einem wahrhaftigen Gott aufsteigen.“ antwortete er halbherzig, bevor er sich neugierig auf dem ehemaligen Marktplatz umsah „Wo ist eigentlich dieser...wie hieß er? Sig...Sieghu...irgendwas mit Sig und einem U.“ angestrengt versuchte er, sich an den Namen des Söldnerhauptmanns zu erinnern. Ohne Erfolg. Sie kannten sich immerhin erst seit knapp zwei Wochen und Gottfried verspürte kein großes Interesse daran, sich mit einem Mann abzugeben, für den Geld tatsächlich als Religion galt. „Der komische Söldner.“
„Wird sich schon irgendwo rumtreiben. Vielleicht verfolgt er die Zwerge bis zu ihren geheimen Bierlagern.“
„Er sendet Kundschafter gen Süden aus, weil alle Anführer des Kreuzzuges feiern.“ meldete sich, neben den beiden Betrunkenen, eine griesgrämige, tiefe Stimme zu Wort. Verwirrt drehten sie die Köpfe und blickten in das ausdruckslose, unbewegte Gesicht eines breitschultrigen Mannes mittleren Alters. Er steckte in einer Rüstung aus schwarzen Stahl, welche mit silbernen Runen und Totenschädeln verziert war. An seiner Seite, hingen zwei Sicheln aus dem berühmten Silberstahl der Zwerge. Schwerter setzten die Ritter seines Ordens nur selten ein. Sie bevorzugten Sicheln, Sensen und gelegentlich sogar Äxte. „Irgendjemand muss schließlich dafür sorgen, dass die Stadt sicher ist.“ fügte er, in säuerlichem Tonfall hinzu.
„Hey! Wir sorgen auch für Sicherheit.“ begehrte Friedrich auf, wobei er mehr Eindruck gemacht hätte, wenn er nicht nur müde vor sich hingrummeln und gähnen würde.
„Dieser Platz hier ist eindeutig sicher.“ stimmte Gottfried ihm gönnerhaft zu. „Wir verteidigen ihn bis zum letzten Tropfen Blut, versprochen.“ Der Prinz lehnte sich zurück und schloss entspannt die Augen. Der übel gelaunte Ritter hatte ihm gerade noch gefehlt. „Seid etwas lockerer, Sir Heinrich. Ich weiß, als Templer des Todes, fällt es Euch schwer, aber heute ist kein Tag, an dem Ihr so...naja, so sein sollt, wie Ihr eben seid.“
„Ach? Wie bin ich denn?“
„Düster, langweilig, emotionslos und verdammt furchteinflößend.“ erwiderte der Prinz mit seiner berühmten Ehrlichkeit „Heute solltet Ihr mal versuchen fröhlich zu sein. Verflucht! Wir haben Mortheim erobert!“ rief er lauthals aus und einige Soldaten drehten sich grinsend zu ihm um. „Werft die Rüstung von Euch und tanzt auf den Dächern der Paläste unserer Vorfahren! Sucht Euch einen hässlichen Skavensklaven für die Nacht! Redet freundlich mit einem Talabecländer! Ärgert ein paar protzige Reikländer und versucht einen Greif zu streicheln oder stellt irgendwas anderes verrücktes an! Man befreit nicht jeden Tag Mortheim aus den Klauen eines Dämonenprinzen!“
Heinrich ließ ein kurzes, abfälliges Schnauben hören und schüttelte genervt mit dem Kopf. „Ich lehne dankend ab, mein Prinz.“
Gottfried ließ ein leises, abfälliges „Tz.“ hören, bevor er erschrocken zusammenzuckte. Laute, kreischende Geräusche ertönten vom anderen Ende des Platzes. Selbst Friedrich, welcher sich mittlerweile schon auf dem Weg ins Reich der Träume befunden hatte, schreckte bei dem Krach aus seinem Schlaf auf. Es klang wie eine Mischung aus aneinander kratzenden Metallplatten und ohrenbetäubendem Donnern. „Was ist das für ein schrecklicher Lärm?“ rief Gottfried über den Krach hinweg und sah sich entnervt um.
„Es gibt auf der ganzen Welt nur eines, was diese Geräusche verursachen kann.“ kam es ungehalten von Heinrich. Der Ritter Morr´s wirkte sogar noch mieser gelaunt als vor einigen Sekunden und sah aus, als stünde das Ende der Welt bevor. Letztendlich überwand er sich dazu abfällig „Kavallerie aus Nuln.“ auszustoßen und so viel Verachtung wie möglich in seine Worte zu legen.
Tatsächlich schlängelte sich eine Kolonne aus mehreren dutzend Reitern, durch die Hauptstraße, auf den Platz zu. Die Reiter wirkten, nach imperialen Maßstäben, merkwürdig und fehl am Platz. Alleine schon ihre schwarzen, ungeschmückten Uniformen und die ausgefallenen, überdimensionierten Gewehre mit mehreren Läufen in ihren Armen, hoben sie deutlich vom Rest ab. Einige trugen gleich mehr als ein Gewehr und einen ganzen Haufen Pistolen mit sich herum. Und doch...verglichen mit ihren Reittieren, fielen die waffenstarrenden Technikusse kaum auf. Jeder von ihnen ritt auf einem grauen Pferd, welches komplett aus Stahl bestand. Die mechanischen Pferde bewegten sich ruckartig und unnatürlich, aber sie bewegten sich. Blitze umspielten Hufe und Beine der seltsamen Gerätschaften bei jedem Schritt, während aus dem Inneren kratzende Laute drangen. Erst als sie zum Stillstand kamen, verstummten die nervenzerreißenden Geräusche.
„Verglichen mit uns, sehen die ziemlich ausgeruht und vor allem sauber aus.“ meldete Friedrich sich aufgebracht zu Wort.
„Weil sie nicht gekämpft haben. Ihre kleinen Spielzeuge, sind noch lange nicht weit genug entwickelt, um sich an einer Schlacht zu beteiligen. Vermutlich stolpern die Dinger über ihre eigenen Füße, wenn sie versuchen zu galoppieren.“ erklärte Gottfried gelangweilt. Nulner Spielzeuge. Nutzlos und laut. Manche Dinge änderten sich nie. Gottfried vertraute lieber auf sein Schwert und den Beistand Morr´s, als auf die technischen Spielereien aus der Technikus-Akademie.
„Warum tauchen sie dann überhaupt hier auf?“
„Um damit anzugeben wie genial sie sind?“
„Typisch Nulner Technikusse. Arrogant und nutzlos.“ steigerte Friedrich sich in den Anfang einer Antinulnrede hinein. Weit kam er damit nicht, denn plötzlich brach Gottfried in schallendes Gelächter aus. Verwirrt starrte Friedrich ihn an. „Was ist? Warum lachst du so? Soooo lächerlich sind die Nulner jetzt auch wieder nicht. Verglichen mit aufgeplusterten Averländern, sind sie sogar noch halbwegs erträglich.“
„Ach, die Nulner sind mir egal. Ich musste nur daran denken, was die anderen wohl über uns denken.“ meinte Gottfried, mit einem breiten Grinsen im Gesicht und darum bemüht nicht mehr zu lachen.
„Was sollen sie schon groß denken? Über die tapferen Mannen der Ostmark, lässt sich nicht viel schlechtes sagen. Es gibt nichts, worüber die anderen sich lustig machen könnten und auch keine seltsamen Vorurteile. Wir sind ganz gewöhnliche Imperiale, ganz im Gegensatz zu den Spinnern aus Talabecland oder Nuln.“
„Tatsächlich? Mir fallen mehr als genug ´Vorurteile` ein.“ erwiderte der Prinz und setzte sich aufrecht hin. Sein Grinsen wurde noch breiter, als er sah wie Friedrich voller Zweifel die Stirn runzelte und ihm kein Wort glaubte. „Laut ihnen, sind alle Bewohner der Ostmark Verräter an Sigmars Heiliger Kirche. Besessen von Tod und Verfall, beten wir als einzige den Gott des Todes an. Errichten ihm Tempel. Feiern Feste zu seinen Ehren und opfern ihm die Seelen unserer Feinde. Wir stehen fast auf einer Stufe mit den verdorbenen Anhängern Nurgles. Wir haben die vereinte Reichsarmee, während des großen Krieges gegen das Chaos, betrogen und würden es jederzeit wieder tun. Wir sind morbide, haben einen seltsamen, grenzdebilen Sinn für Humor, sind unausstehlich und völlig bescheuert. Unsere Ritter besitzen keinerlei Gefühle und würden selbst Sigmarpriester köpfen, falls sie denken Morr verlangt es. Wir bringen uns in grauenhaften Ritualen selbst um, und unsere Kinder und Haustiere, damit wir in die Gärten Morrs gelangen. Kurz gesagt, wir sind durch und durch bekloppt und verrückt.“
„Woher haben sie bloß so einen Unsinn?“ mischte Heinrich sich, ernsthaft überrascht, ein. Vor seinem etwas begrenzten Horizont als Ritter, eröffnete sich eine völlig neue Welt, die dem fanatischen Anhänger des Totengottes völlig fremd war und nicht gefiel. Er mochte seine Welt so wie sie war und konnte auf eine andere gut verzichten.
„Keine Ahnung. Aber weißt du was gegen diese Vorurteile helfen könnte?“ Gottfried verrenkte seinen Hals, damit er den Ritter, vom Boden aus, strahlend und aufmunternd anlächeln konnte. „Lächeln. Einfach lächeln.“ Der Ritter verzog keine Miene. In seinem Gesicht zuckte es nicht einmal kurz und er versuchte nicht einmal sich zu einem falschen Lächeln zu zwingen. Er sah einfach aus wie immer, was Gottfried gekonnt ignorierte als er fortfuhr und dabei zustimmend nickte. „Ja, ganz genau. So sind wir im Nullkommanichts, der beliebteste Teil des Imperiums. Niemand kann dem Charme eines todbringenden Templer des Totengottes widerstehen.“
Während der Templer etwas zum nachdenken bekam, war Friedrich damit beschäftigt, die Augen über den Platz schweifen zu lassen. Der Anblick wirkte auf ihn noch immer surreal und völlig absurd. „Erstaunlich, dass wir hier sitzen und über die anderen Fürstentümer scherzen können, ohne sie sofort umbringen zu müssen, oder? Nach über 800 Jahren Bürgerkrieg, sind wir vielleicht endlich wieder so etwas wie ein geeintes Reich.“
„Ja, irgendwie schon, auch wenn wir noch immer viel zu selten an einem Strang ziehen.“ stimmte Gottfried ihm zu. Treue dem Imperator gegenüber war gut und schön, doch durch den Bürgerkrieg herrschte noch immer unendlich viel Groll und Hass zwischen den Reichsteilen. „Fast das ganze Reich, hat endlich einmal zusammengearbeitet. Wir haben uns zum ersten Mal seit hunderten Jahren unter einem Banner vereint und die ruhmreiche Stadt, Mortheim, vom Makel des Chaos erlöst.“ sinnierte er abwesend vor sich hin und versank mehr und mehr in seinen Gedanken „Wir haben sämtliche Streitigkeiten und inneren Probleme überwunden, haben uns zu einem Schwert, einem einzigen Willen, verbunden und niemand konnte uns aufhalten. Nicht einmal ein Dämonenprinz. Ein gefallener Gott musste vor uns weichen. Sigmar Heldenhammer, ist stolz auf seine Erben. Stolz darauf, was wir geleistet haben und was wir noch alles vollbringen werden, so bald wir merken, wie stark wir gemeinsam sind. Der heutige Tag, markiert den Beginn eines neuen Imperiums. Ein Tag der Einheit, der für immer in die Geschichte eingehen wird. Ein Tag, der das Ende des Chaos markiert. Ein Tag, an den sich unsere Feinde voller Schrecken erinnern werden. Ein Tag...“
„Na schön, das reicht jetzt. Kein Alkohol mehr für dich.“ fiel Friedrich ihm gelangweilt ins Wort und riss ihm blitzschnell den Bierkrug aus der Hand, ohne auf Gottfrieds empörten Gesichtsausdruck zu achten. „Du wirst immer so grauenhaft sentimental, wenn du zu viel trinkst. Das ist ja nicht zum aushalten. Am Ende brichst du noch, vor den verfluchten Talabecländern, in Tränen aus und jammerst ihnen vor, wie gerne du mit ihnen befreundet wärst.“
„Sollte es wirklich so weit kommen, tu mir einen Gefallen, und erschlag mich. Mit der Schande könnte ich nicht weiterleben.“
„Es wäre mir eine Ehre, dich in die Gärten Morr´s zu senden. Vor allem wenn du so nervig bist wie heute.“ erwiderte Friedrich, mit todernster Stimme. Gottfried´s Erwiderung ging im schrillen Schrei einer Bestie unter, welcher ihnen allen durch Mark und Bein fuhr. „Sieht so aus, als wollten die Reikländer ihnen die Show stehlen.“ meinte Friedrich grinsend und selbst über das Gesicht des schweigsamen Ritters huschte fast so etwas wie ein angedeutetes Lächeln.
Während Gottfried´s kleinem Monolog, hatte sich ein prächtiger Greif vor den mechanischen Pferden aufgebaut. Auf seinem Rücken, thronte ein Ritter der Reiksgarde, in einer strahlend silbernen Rüstung. Das mächtige Geschöpf, überragte die Spielzeuge der Nulner und präsentierte sich ihnen in seiner ganzen Pracht. Stolz stellte er sich auf die Hinterbeine und gab einen weiteren markerschütternden Schrei von sich, während der Ritter sich Mühe gab, so überlegen und protzig wie möglich zu wirken, wobei er sich in eine heldenhafte Pose nach der nächsten warf.
„Na toll, wenn die Averländer und Middenländer das sehen, fangen sie auch noch damit an, ihre Muskeln spielen zu lassen. Und wenn die Talabecländer sich dann anschließen, müssen wir uns ebenfalls zeigen und laut werden.“ flüsterte Gottfried deprimiert und demotiviert vor sich hin. „Ich will nicht aufstehen. Aufstehen böse. Liegen gut. Viel liegen. Wenig streiten. Bitte, Talabecländer, kommt nicht rüber.“ Stumm sendete er noch ein kurzes Gebet zu Morr und Sigmar, als eine hochgewachsene, dunkle Gestalt seine Aufmerksamkeit erregte. Für einen Augenblick, glaubte er, einen großen Mann in einer schwarzen Kapuzenkutte neben dem Greif zu sehen. „Habt ihr eben diesen Mann gesehen?“
„Mhm? Was für´n Mann? Bringt der mehr Bier? Meins ist fast alle und ich sehe gerade keine Zwerge mehr die mir welches bringen können...“
„Da war ein Mann in schwarzer Robe, auf der Straße, direkt neben dem Greif. Ihr müsst ihn gesehen haben.“
„Wenn er so nahe an einem reikländer Greif stand, ohne in Stücke gerissen zu werden, muss er ein leibhaftiger Gott gewesen sein und es ist völlig normal dass wir ihn nicht sehen konnten.“ Angestrengt starrte Friedrich auf die Stelle, auf die sein Freund zeigte, aber ohne etwas zu erkennen. Enttäuscht zuckte er mit den Schultern. „Was solls. Ich sehe eh viel seltener Götter als du.“
„Oder der Greif hat ihn eben verschluckt und wir sehen ihn deswegen nicht mehr.“ fügte Heinrich monoton hinzu.
„Ihr seid, wie immer, eine große Hilfe.“ reagierte Gottfried erstaunlich gereizt auf ihre desinteressierten Antworten, bis ihm plötzlich aufging, dass gerade, direkt vor seinen Augen, ein Wunder passiert war. Ungläubig, mit weit aufgerissenen Augen, drehte er sich zu dem Templer Morr´s um und starrte ihn an, als wäre er die Wiedergeburt Sigmars. „Moment...habt Ihr gerade versucht einen Scherz zu machen?“
„Wie Ihr sagtet, es ist ein besonderer Tag.“
„Ja, das ist er. Besonders und einzigartig.“ seufzend lehnte Gottfried sich wieder gegen die zerfallene Säule und versuchte nicht mehr an die Gestalt zu denken. „An einem Tag wie diesem, verschwimmen die Grenzen zwischen Himmel, Erde und Hölle, fließen ineinander und lösen sich auf. Die Mauern der Realität zerfallen zu Staub und auf Feuerschwingen wird Sigmar´s Hammer niederschlagen auf die Welt, wie in den ersten Stunden der Menschheit. In Feuer, Leid und Tod, wird er uns, und die gesamte Welt, nach seinem Willen neu formen. Mauern werden einstürzen, Reiche kollabieren, Städte brennen und ganze Völker vergehen, bis nur noch Götter und Dämonen über die Erde wandeln. Es ist der Tag gekommen, an dem Sigmar´s heiliges Land brennt, an dem es in lodernde Flammen aufgeht, und die Toten neben Mensch, Tier und Dämon im Licht der brennenden Welt wandeln.“ Als der Prinz verstummte, blinzelte er verwirrt vor sich hin. Noch während er die Worte aussprach, begannen sie in seinem Kopf zu verblassen, bis er sich selbst kaum noch daran erinnern konnte, was er gerade gesagt hatte.
„Etwas düster für einen Tag, an dem wir einem Dämonenprinzen heroisch in den Arsch getreten haben.“ murmelte Siegfried schläfrig vor sich hin. Kurz musterte er seinen Freund nachdenklich, bis er seufzend nachgab und Gottfried den Bierkrug wieder in die Hand drückte. „Hier, lieber du bist so sentimental wie du willst als schwermütig und deprimierend.“
„Nein, es reicht. Morgen steht uns noch viel Arbeit bevor.“ lehnte Gottfried entschieden ab, den Blick gen Himmel gerichtet, als erwartete er, dass der Himmel selbst jeden Moment auf ihn stürzte.
„Endlich nehmt Ihr wieder Vernunft an, mein Prinz.“ stimmte der Templer ihm zufrieden zu „Es ist notwendig, so viele Soldaten wie möglich in den Süden zu schicken und sämtliche Übergänge über den Stir zu sichern. Manfred von Carstein, wird sicher bald reagieren und versuchen uns die Stadt zu entreißen. Wir können noch immer alles verlieren und...“
Friedrich hörte ihm schon nicht mehr zu. Seine Aufmerksamkeit fesselte ein grell leuchtender Punkt am Himmel, der sich ihnen mit rasender Geschwindigkeit näherte. Es dauerte nicht lange, bis er es erkennen konnte. Ein Feuerball. Ein gigantischer Komet mit zweigeteiltem Schweif. Ein Funke, aus den Gärten des Chaos.
Was als nächstes passierte, spielte sich vor seinem Auge so schnell ab, dass er Mühe hatte dem ganzen zu folgen. Niemandem blieb Zeit zu reagieren oder sich in Sicherheit zu bringen, als der gigantische Feuerball auf die Stadt niederging. Der Greif fing in der Luft Feuer, die mechanischen Pferde schmolzen und die siegreichen Soldaten des Imperiums, verschwanden in einem tobenden Flammenmeer. Letztendlich verschluckten die Flammen Friedrich selbst, bis die ganze Welt in einer einzigen Feuersbrunst verging, welche nichts als Asche zurückließ.
Südliche Ostmark, nahe Nagenhof, Imperialer Kalender 2514
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Noch während die Flammen über seinen Körper leckten und an ihm zerrten, spürte Gottfried, wie ihn jemand unsanft in die Wirklichkeit zurückholte. Ein Faust hatte sich in seine Seite gebohrt und brachte ihn dazu stöhnend die Augen zu öffnen. Sie befanden sich nahe der ersten Ausläufer des Weltenrandgebirges und der Boden war noch immer von einer dünnen Schneeschicht bedeckt. Gottfried saß auf seinem Pferd. Neben ihm wartete ein ungeduldiger Friedrich und hatte Mühe sein Schlachtross davon abzuhalten nach vorne zu preschen.
„Ah, danke für den Weckruf.“ brummte Gottfried verschlafen vor sich hin und gähnte ausgiebig „Wir waren gerade dabei zu verbrennen. Ziemlich unangenehm.“
„Wovon redest du?“ hakte Friedrich misstrauisch nach. Er wusste nicht, ob er durcheinander oder wütend sein sollte.
„Ach von nichts wichtigem. Nur von unserem Tod und vom Ende der Welt. Das übliche halt.“ der Prinz streckte sich ausgiebig und hörte, wie sein Rücken lautstark knackte „Ich sollte aufhören, auf dem Rücken eines Pferdes zu schlafen, davon bekomme ich Alpträume.“
„Du bist entweder der mutigste oder dümmste Feldherr, den ich jemals gesehen habe. Anders kann ich es mir nicht erklären, dass du, unmittelbar vor einer Schlacht, entspannt ein Nickerchen halten kannst.“
„Morr ist auch der Gott der Träume und des Schlafs. Schlafen ist eine bewährte Art zu ihm zu beten. Frag die Priester.“ rechtfertigte Gottfried sich empört. Schlaf war ein wichtiger Teil seiner Religion und vor einem Kampf absolut notwendig, um den Beistand Morrs zu erbitten. „Außerdem, das nennst du eine Schlacht? Ich nenne es einen sicheren Sieg.“
„Genau so dachte dein Vater auch, vor der Schlacht an der schwarzen Straße, als seine jugendliche Arroganz in einem Blutbad endete.“
„Und jetzt sitzt er, seit Jahrzehnten, untätig in Bechhafen, weil er zu viel Angst vor einem erneuten Versagen hat. Erbärmlich.“ erwiderte der Prinz, begleitet von einem abfälligen Schnauben „Ich plane nicht, meine militärische Laufbahn, mit einer ähnlichen Niederlage zu beginnen. Im Gegenteil. Der heutige Sieg, wird als Anfang einer der glorreichsten Siegesserien in die Geschichte eingehen.“
„Ziemlich zuversichtlich für jemanden, der zahlenmäßig unterlegen ist.“
Gottfried winkte sämtliche Bedenken ab, als wären ihre Gegner nichts weiter als Goblins oder einfache Zombies, und keine gut ausgerüsteten Soldaten. „Zahlen sind vollkommen unbedeutend. Was zählt, sind der Schutz Morrs und die Liebe Sigmars. Beides wissen wir auf unserer Seite. Auf der Seite unserer Feinde, steht niemand. Sie sind einsam, verloren und hoffnungslos. Seit sie ihre Götter verraten haben, sind sie nichts weiter, als leere Hüllen, die nur noch über Sigmars Erde wandeln, weil wir es versäumt haben sie von ihren holen Köpfen zu befreien. Ohne ihren Glauben, sind sie nichts weiter als Untote und ich fürchte mich nicht vor Untoten.“
„Na schön. Hauptsache du schläfst nicht in der Schlacht ein. Selbst Morr und Sigmar können dich nicht retten, wenn du mitten im Kampf vom Pferd fällst und mal wieder ins Land der Träume verschwindest.“ spöttelte Friedrich, auch wenn er seine Bedenken vollkommen ernst meinte. Bei seinem Cousin konnte man nie wissen, ob er nicht wirklich entschied auf dem Schlachtfeld zu schlafen. Bevor er Gottfried noch auf dumme Idee bringen konnte, fuhr er lieber hastig fort. „Deine Träume kommen sicher nur von Morr. Er ist immer mies gelaunt, wenn wir ihm lange keine frischen Seelen opfern. Kein Wunder dass du von schlechten Träumen geplagt wirst. Heute Nacht, senden wir ihm seine Lieblingsseelen. Die von Verrätern.“
„Ich hätte es nicht besser sagen können.“ stimmte Gottfried ihm zu und ließ sich von Friedrich seine Maske reichen. Sofort verschwand sein Gesicht hinter einem breit grinsenden Totenschädel aus Silber. Er wendete sein Pferd und blickte voller Stolz auf seine erste, eigene Streitmacht. Mehr als 1500 Soldaten des Imperiums, hatten sich unter dem Banner der Ostmark versammelt, und warteten ungeduldig darauf, die Ketzer für ihre Anmaßung zu bestrafen.
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Die vordersten Reihen, bildeten die legendären Totenkopfregimenter. Einheiten aus kampfgestählten Veteranen, die auf eine Tradition voller Siege und Heldentaten zurückblicken konnten. Im Gegensatz zu den gewöhnlichen Soldaten, waren sie in purpurrote Uniformen gekleidet und trugen darüber Brustpanzer aus schwarzem Eisen. Jeder von ihnen verbarg sein Gesicht ebenfalls unter einer silbernen Totenkopfmaske. Relikte aus der Gründungszeit der Totenköpfe. Damals, als sie noch eine Widerstandsgruppe im Kampf gegen die Vampire waren und einen erfolgreichen Guerillakrieg gegen die untoten Besatzer führten. Nur ihnen verdankten sie den Sieg über die Vampire von Sylvania und die dämonischen von Carstein.
Obwohl er nicht das größte und prächtigste Heer der Welt vor sich hatte, reichte es aus, um Gottfried zu beeindrucken. Alleine zu wissen, dass es nur der Anfang seines Siegeszuges gegen die Feinde des Imperiums sein sollte, ließ seinen Körper vor Aufregung vibrieren. Gebannt vom Anblick seiner Streitmacht flüsterte er, kaum wahrnehmbar, vor sich hin: „Wir senden dir die Seelen der Ketzer, opfern dir ihr Blut, ihre Leiber, ihren Geist und eines Tages uns selbst. Bald werden wir alle in deinen traumhaften Gärten des Todes wandeln und diese zum Sterben verdammte Welt hinter uns lassen.“