Teil-4 Hauptstadt in Sicht
Von Stackelberg unterhält sich mit einem seiner Offiziere, welcher neben ihm reitet, über das sonderbare Loyalitätsverhalten der finnischen Bevölkerung in Viipuri, als sich ihnen am Horizont ein majestätischer Anblick offenbart.
Unverzüglich verstummen beide und blicken auf die gewaltige Stadt, die vor ihnen immer mehr und mehr wächst.
"Das kann nur St. Petersburg sein" flüstert der General ehrfürchtig, "Das Herz Russlands und seiner Kultur"
Plötzlich fühlt er sich und die skandinavische Armee, welche für ihn vor ein paar Wochen noch einen gewaltigen Anblick bot, winzig klein in Angesichts dieser Metropole. Wieder einmal wird er durch einen Untergebenen aus den Gedanken gerissen.
Der Offizier seiner vordersten Patrouille ritt persönlich auf ihn zu und ruft seinen Namen.
"Bitte um Erlaubnis persönlich Bericht erstatten zu dürfen Herr General"
"Eraubnis erteilt! Sprechen sie"
In kurzen Worten beschreibt er die Lage in St. Petersburg: "Fast die gesamte Stadt ist Feindfrei, keine große Garnison, die meisten Kräfte bestehen aus Rekruten aus den Kasernen der Stadt. Sie besetzen hastig die Festungen und versuchen noch Barrikaden und Gräben zu errichten. Anscheinend sind sie von unserem Erscheinen am Horizont völlig Überrascht, unser Vorstoß lief so schnell und sauber ab, niemand wurde gewarnt. Boten verließen in alle Richtungen die Stadt, einige meiner Männer versuchen die Stadt zu umreiten und die Kommunikationswege zu zerstören, doch die Reiter werden wir nicht stoppen können."
Sichtlich erfreut spricht der General zu ihm und seinen anderen Offizieren: "Ich danke ihnen, ihre Einheit schließt sich uns an, wir werden umgehend die Stadt stürmen, bevor sie befestigt werden kann.
Informiert die anderen Kompanien und sendet jeweils einen Boten an die 5. Armee, dass sie ihre Marschgeschwindigkeit verdoppeln soll, und an die Oberste Heeresleitung, dass wir die russische Hauptstadt erreichen konnten und beginnen werden sie zu besetzen. Wir bitten um jedmögliche Unterstützung, welche nicht durch die Nordoffensive gebunden ist."
Sie machen sich Gefechtsbereit. Von Stackelberg lässt sich seine Lanze bringen, überprüft seinen Revolver und geloppiert an der Spitze seiner Kompanie auf die Stadt zu.
An mehreren Stellen betritt die Brigade die riesige Stadt.
Die Straßen sind eng und ihre Linien nicht breit. Schnell sind die Vororte widerstandslos durchquert.
"Kompanie 1 und 3 sollen die Stadt umrunden und von Süden her vorstoßen", ruft der General zwei Boten zu.
Kurz darauf reitet er mit seinen Männern um eine Straßenbiegung und überraschen einige Rekruten bei der Errichtung einer Barrikade.
Er ruft zum Angriff und aus der kleinen Kolonne von 15 Mann heraus reiten sie an. Die Barrikade ist noch viel zu niedrig um effektiv zu sein und die Rekruten versuchen zu fliehen.
Nur zwei Gewehre gehen überhaupt los, doch keiner seiner Reiter werden getroffen.
Schnell ist er als erster an der Barrikade, überspringt sie, legt seine Lanze an und darf zum ersten mal in diesem Krieg töten. Er reitet an einen Rekruten heran, der panisch nach hinten blickt und beinahe stolpert. Mit großer Wucht lässt von Stackelberg seine Lanze seitlich gegen den Kopf des Russen krachen. Ein Schlag dem sein Schädel nicht widerstehen kann, er hat Blut geleckt, doch ehe er sich versieht liegen alle tot am Boden, ohne, dass er seine Gier ein zweites mal befriedigen konnte. Da läuft doch noch einer, schnell ist er heran und treibt seine Lanze auf brutale Weise durch den Rücken und Brustkorb des letzten Überlebenden.
Schnell haben sie sich wieder gesammelt und ihr Vorstoß geht weiter.
Von Stackelberg steht im Süden der Stadt. Bis auf die Festungen und den Palast haben sie die gesamte stadt in der Hand.
Der Zar und seine Familie haben auf unerklärliche Weise fliehen können. Er erwartet die Ankunft der 5. Armee, aber auch eine große Anzahl russischer Einheiten, besonders Kavallerie.
Die geographische Lage der Hauptstadt verhindert ein Vordringen seiner Männer und das sabotieren der Eisenbahnanlagen, da im Süden sich das Land öffnet und die große Breite reiner Selbstmord für ihre kleine Truppe wäre.
Sollte die 5. Armee nicht rechtzeitig kommen, müssen wir die Stadt schweren Herzens wieder räumen, diese Ungewissheit macht ihm sehr zu schaffen.
Am nächsten Morgen zieht die 5. Armee mit viel Lärm und Freude nach St. Petersburg ein. Als ihn der Bote erreicht, atmet der General sichtlich erleichtert auf, doch sein Herz macht einen Freudensprung, als er liest welche Nachricht sie mit sich brachten.
Die Oberste Heeresleitung schickte ihm unverzüglich mobilisierte Truppen hinterher. Die erste Südarmee ist schon morgen erwartet. Sofort bittet er um ein Treffen mit den direktem Befehlshaber der 5. Armee.
"Teilen sie ihre Armee", befiehlt von Stackelberg, "Sie sichern die Flanke der Stadt mit ihren Kanonen und Männern bis zum Ladogasee, die Hälfte ihrer Kanonen stationieren sie hinter der Stadt. Die mobilisierte Infanterie wird die Stadt besetzen und halten bis der Hauptteil der Verstärkung eintrifft. Meine berittene Brigade wird eingesetzt, wo die Linie droht einzubrechen"
"Das scheint mir sehr sinnvoll", entgegnet der untergebene General, "zu Befehl von Stackelberg"
Am Mittag des nächsten Tages beginnt die Schlacht um St. Petersburg, welche bis zum Ende des Krieges andauern sollte.
In den nächsten Wochen werden die geringen Kavallerieeinheiten der Russen durch riesige Truppenkontingente verstärkt.
Auch wenn sie dauernd Zahlenmäßig sich gleichgroß entgegenstanden, so fehlte es den skandinavischen Truppen an Kanonen, welche fast alle im Norden Finnlands standen. Auch war die Stackelberg´sche Brigade die einzige Kavallerieeinheit, die ihnen zur Verfügung stand.
So schrumpft ihre Zahl von Anfangs 3000 auf fast nur noch 1000 Mann, da sie täglich an allen Stellen der Schlacht eingesetzt wurden.
Die halbe Stadt wurde wieder befreit und so langsam wurden die skandinavischen Einheiten zurückgedrängt, doch man kämpft verbissen und wartet hoffnungsvoll auf Nachricht aus dem Norden...
Teil-5 Der Kessel im Norden
Endlich kam erste Nachricht. Von Stackelberg sitzt gemütlich mit einigen seiner Offizieren am Feuer weit hinter der Stadt. Sie sind von der Schlacht gezeichnet, so viel und hart wie die letzten Wochen hat Stackelberg in seiner langen Militärkarriere noch nicht gefochten. Doch die Nachricht sollte ihnen allen nochmal Kraft geben.
Er liest vor:
Der Kaiser lässt verkünden:
In einem weiteren meisterhaften Vorstoß besetzten berittene Truppen finnische Gebiete bis zum Eismeer. Während dieses Vorstoßes begann eine zweite Offensive frontal auf die russischen Stellungen im hohen Norden. Trotz Überzahl und modernster Ausrüstung verliefen die Schlachten blutig und unbefriedigend. Erst durch einen Angriff in den Rücken von den 2 in Finnland eingesetzten regulären Armeen zwang die Russen zur Kapitulation. 100.000 Männer wurden getötet, oder gefangen genommen.
Jubel ging durch die Offiziere und hinzugetretenen Soldaten.
Umgehend setzt sich nun der noch kampfbereite Teil des regulären Heeres in Bewegung. Mit Eisenbahnen und Transportschiffen und einer unglaublichen Leistung skandinavischer Logistiker und Pionieren rechnet man schon in der nächsten Woche mit der Ankunft der Truppen in St.Petersburg um die heldenhaft kämpfenden Truppen zu entlasten.
Da unsere Verbündeten weiterhin nicht in der Lage sind uns militärisch zu unterstützen, wird in Absprache mit selbigen in den nächsten Tagen die Gardearmee aus den Verbänden in Deutschland gelöst und nach Finnland verlegt.
Haltet durch tapfere Soldaten Skandinaviens, schon bald können wir auf russische Kanonen mit doppelter Kraft antworten!
Die Müdigkeit ist wie weggeblasen.
"Lasst das sofort an alle Truppenteile verteilen, das wird uns allen neuen Mut und Kraft geben", ruft von Stackelberg und dankt Gott für diese erlösende Nachricht...