Auf der anderen Seite hatte sie mit ihrer Entscheidung die Hoffnungen Graf Bertholds von Zähringen enttäuscht, dem der alte Kaiser Heinrich III. das Herzogtum Schwaben angeblich einst versprochen hatte. Aber er konnte mit der Expektanz auf das Herzogtum Kärnten vertröstet werden, dessen Herzog Konrad kinderlos war. Die Belehnung mit dem Herzogtum Kärnten erfolgte schließlich 1061.
Über die Herzogtümer verfügte die Kaiserin also nicht anders als ihr Gemahl und machte nur bei Rudolf von Rheinfelden eine Ausnahme. Bayern, das ihr 1055 ihr Mann übertragen hatte, behielt sie vorerst unter ihrer eigenen Kontrolle. Erst 1061 vertraute sie Bayern einem weltlichen Großen an. Wieder fiel ihre Wahl auf einen Landfremden: den Sachsen Graf Otto von Northeim. Diese Berufung sprach sie unter dem Zwang der Verhältnisse aus, da sie einen kriegserfahrenen Vertreter an der südöstlichen Grenze des Reiches benötigte, der in der Lage war, den Ungarn militärisch entgegen zu treten.
Auf diese Weise hatte sie sich drei Herzöge verpflichtet, was allerdings später die Folge hatte, dass alle Herzogtümer sehr selbständig wurden und die Amtsinhaber potentielle Führer der Opposition.
Im Gegensatz zu den vorher regierenden Königen überließen Agnes und ihre Berater Lothringen dem ansässigen Adel, dem ehemaligen Herzog Gottfried dem Bärtigen ließen sie in Mittelitalien freie Hand. In Sachsen hatten die Billunger ihr Erbrecht weiterhin geltend gemacht und standen der Zentralmacht misstrauisch gegenüber.
In den Jahren der Regentschaft musste sich Kaiserin Agnes notgedrungen mit den ungarischen Problemen beschäftigen. König Andreas hatte 1057 seinen Sohn Salomon zum König erheben lassen (siehe Kapitel zu Ungarn). Dagegen protestierte der Onkel Bela, der selbst die Nachfolge des Bruders antreten wollte. Im Reich unterstützte man Salomon, was besonders durch die Vereinbarungen über die Verlobung Salomons mit Heinrichs IV. Schwester Judith deutlich wurde. Ungarns Salomon war also der zweite Schwager des jungen Heinrich.
Andreas starb 1060 im Kampf gegen seinen Bruder und Bela wurde König. Der kleine Salomon wurde nach Bayern geschafft, um ihn zu retten. Dies war der Moment, in dem Agnes den energischen Otto von Northeim als Herzog in Bayern einsetzte. Dieser betrieb für sie den Krieg gegen Bela, an dessen Ende Salomon 1063 als König auf den Thron gesetzt werden konnte.
Bei der Inthronisation des Papstes Nikolaus II. war der kaiserliche Einfluss jedoch schon sehr viel geringer als noch zu Zeiten Heinrichs III. Allein die Tatsache, dass der junge König und seine Mutter erst zu Pfingsten 1059 ihre Zustimmung zu der tumultartigen Wahl des Nikolaus vom Januar dieses Jahres erklärten, zeigt, wie schwach das königliche Mitspracherecht mittlerweile geworden war.
Um den Jahreswechsel 1060/61 kam es aus uns unbekannten Gründen zu einem schweren Konflikt der Kaiserin und ihrer Ratgeber mit dem Papst. Jedenfalls maßregelte Nikolaus II. den Erzbischof Anno von Köln heftig und verweigerte Siegfried von Mainz das Pallium, das Zeichen seiner erzbischöflichen Würde. Andererseits soll der Papst von einer Reichssynode verurteilt worden sein. Der Tod Nikolaus' II. verhinderte vorerst eine weitere Eskalation. Die römische Aristokratie schickte eine Gesandtschaft an den Königshof, Heinrich IV. die Insignien des Patricius zu überbringen und ihn zu bitten, einen neuen Papst vorzuschlagen. Doch die Reformer innerhalb der Kirche waren schneller: Am 30. September 1061 wählten sie mit Bischof Anselm von Lucca einen der ihren zum Papst, der in Erinnerung an einen Märtyrerpapst des 2. Jahrhunderts den Namen Alexander II. annahm. Die Wahl hatte unter dem Schutz der Normannen stattgefunden, die seinerzeit Nikolaus II. mit ihren gewaltsam erworbenen Titeln in Süditalien belehnt (und somit legitimiert) und zu seiner Schutzmacht gemacht hatte.
Es kam zu einem erneuten Schisma, da die Kaiserin und ihre Berater nicht nachgaben, sondern Heinrich IV. veranlassten, Ende Oktober in Basel Bischof Cadalus von Parma zu nominieren, der sich Papst Honorius II. nannte. Keiner der beiden Päpste konnte sich durchsetzen, zeitweilig residierten sie beide in Rom - Alexander auf dem Kapitol und im Lateran, Honorius bei St. Peter und in der Engelsburg, während sich ihre Anhänger blutige Kämpfe lieferten. Die Entscheidung fiel erst, als Lothringens Herzog Gottfried der Bärtige eingriff und beide Päpste in ihre Bistümer zurück zwang.
Für die Kaiserin war diese Entwicklung eine politische Schlappe. Als dann noch Gerüchte von einem Verhältnis zwischen ihr und ihrem Berater Bischof Heinrich von Augsburg die Runde machten, nahm sie Ende des Jahres den Schleier und verpflichtete sich zu einem frommen und asketischen Leben. In dieser Stimmung verschworen sich einige weltliche und geistliche Große, um die Kaiserin zu entmachten.
Während im Süden des Reiches Otto von Northeim erstarkte, hatte am Rhein Erzbischof Anno seinen Machtbereich ausgedehnt und den Grafen der Pfalz, Heinrich aus dem Geschlecht der Ezzonen, aus dessen wichtigen rheinischen Gebieten verdrängt. Nun hatte Anno mehr Zeit, sich in die Vorgänge im Reich einzubringen. Zu dieser Zeit war Kaiserin Agnes auch von der Machtpolitik müde und zog sich zurück. Nur war die Frage, wer unter den Ratgebern den meisten Einfluss auf den jungen Thronfolger bekam!
Erzbischof Anno von Köln:
http://de.wikipedia.org/wiki/Anno_von_K%C3%B6lnDurch einen Handstreich brachte sich Anno von Köln in die beste Position. Im April 1062 hielt sich der Hof auf der Rheininsel Kaiserswerth auf. Anno lud den jungen König zur Besichtigung eines Schiffes ein. Seine Leute umzingelten den Knaben und das Schiff legte ab. Heinrich IV. sprang in seiner Panik in den Rhein, Graf Ekbert rettete den Ertrinkenden, der daraufhin nach Köln verschafft wurde. Durch den Raub der Reichsinsignien machte Anno deutlich, dass er die Macht übernehmen wolle. Er wurde bei seinem Vorhaben unterstützt von Graf Ekbert von Braunschweig, Herzog Otto von Bayern (der erwähnte Northeimer), außerdem wohl durch Bischof Gunther von Bamberg, Bischof Siegfried von Mainz und Herzog Gottfried dem Bärtigen.
Der Putsch des Erzbischofs:
http://de.wikipedia.org/wiki/Staatsstre ... iserswerthSchon die Zeitgenossen werfen Anno Herrschsucht und machtpolitischen Ehrgeiz vor. Dagegen stehen als Argumente die mangelhafte Führungsfähigkeit der Kaiserin, Habsucht der Höflinge, falsche Erziehung des Königs und die Sorge um das Reich. Denn die Fürsten des Reiches verstanden sich als eigentliche Träger und Bewahrer des Reiches, während der Kaiser nur eine eher machtlose Galionsfigur darstellte.
Die Kaiserin unternahm nichts, für Heinrich scheint dies ein traumatisches Erlebnis gewesen zu sein. Die Situation hatte ihm auch verdeutlicht, dass ein schwacher Herrscher leicht zum Spielball der Großen des Reiches werden konnte. Anno übernahm nach diesem Schachzug die Führung der Reichsregierung.
Die Fürsten sorgten sich nach diesem Übergriff dafür, dass einige Maßnahmen der Kaiserin, die sich gegen ihre Interessen richteten, wieder zurück genommen wurden. Außerdem wollten sie auf Kosten des Königsgutes (Domäne) ihre Macht erweitern und ignorierten den König.
Als erstes nahm Anno die Bereinigung des Schismas in Angriff, über dessen Ausgang allerdings kein Zweifel mehr bestehen konnte. Anno stand der Reform nahe, und Alexander II. hatte von ihm nichts zu befürchten. Auf einer Synode in Augsburg fiel im Oktober 1062 die Vorentscheidung: Alexander sollte bis zur endgültigen Klärung die päpstlichen Aufgaben wahrnehmen. Zwar kämpfte Honorius weiter, aber Gottfried der Bärtige und die Normannen entschieden die kriegerische Auseinandersetzung in Italien bis Mai 1064 zugunsten Alexanders. Die Baseler Entscheidung, in der Heinrich IV. Honorius zum Papst nominiert hatte, war korrigiert worden. Für die römische Reformpartei war es enormer Prestigegewinn, dass sie ihren Kandidaten militärisch und politisch gegen den Königshof durchsetzen konnte.
Als engen Berater hatte der König inzwischen Erzbischof Adalbert (siehe Kapitel zu Skandinavien) an seinen Hof gezogen. Dieser wurde zu einem mächtigen Konkurrenten für Erzbischof Anno von Köln, den Heinrich IV. nun verachtete. Adalbert war ein lebenslustiger Adeliger, der dem Kaiser großzügig begegnete und ihn in seinen Bann zog. Dieser Umstand und Adalberts Neigung, sich immer weitere Reichsabteien und Klöster anzueignen, schufen ihm viele Feinde. Besonders das Bistum Lorsch protestierte gegen die Übernahme durch Adalbert.
Adalbert von Bremen:
http://de.wikipedia.org/wiki/Adalbert_von_BremenGegen die aufkommende Missstimmung konnte auch der mündig gewordene Heinrich Adalbert nicht schützen. Am 29. März 1065 fand in Worms die Schwertleite statt (Agnes zog sich anschließend zur Buße nach Rom zurück). Sofort wollte der junge König mit Anno abrechnen und konnte nur mit Mühe davon abgehalten werden, einen Kriegszug gegen ihn abzuhalten. Dies zeigte, dass Heinrich IV. sich der praktischen Politik noch immer nicht annahm. Adalbert von Hamburg-Bremen leitete weiter die Reichsgeschäfte und sorgte nebenbei dafür, dass auch er selbst dafür reich belohnt wurde. Dies gab dem an den Rand gedrängten Anno von Köln, der sich damit nicht abfinden konnte und wollte, eine Handhabe gegen den Rivalen. Er verschwor sich mit den Erzbischöfen Siegfried von Mainz und Gebhard von Salzburg und den Herzögen Rudolf von Schwaben, Otto von Bayern und Berthold von Kärnten gegen Adalbert.
Schon im Januar 1066 wurde Adalbert als Erzbischof von Bremen-Hamburg gestürzt, was erhebliche Folgen im Nordosten hatte. Die Kirchenorganisation in den slawischen Gebieten brach teilweise zusammen. Heinrich IV. musste Adalbert auf Druck der Adeligen fallenlassen und war fortan auf sich allein gestellt. Vielleicht aus Enttäuschung über diese Wendung begann der junge König, der übrigens wie seine Eltern hoch gebildet war, ein allzu lockeres Leben zu führen. Zudem umgab er sich mit meist jungen Leuten niederen Standes, die ihm gern gehorchten und seine Neigungen teilten. Anno von Köln veranlasste Heinrich IV. im Juli 1066, die ein Jahr jüngere Bertha von Turin zu heiraten, mit der er seit zehn Jahren auf Vernalassung seines Vaters verlobt war. Damit war ihr Bruder Peter I. von Savoyen (im Spiel Pierre I. de Savoie) Heinrichs dritter Schwager.
Der häufige Wechsel im Einflusskreis am Königshof führte dazu, dass die Umgebung Heinrichs IV. als Ort von Verdächtigungen, Nachstellungen und Verleumdungen wahrgenommen wurde. In seiner Umgebung waren hauptsächlich Höflinge und Dienstmannen, die auf seine Gunst angewiesen waren. Die Fürsten betrieben weiter ihre Intrigen und ihre eigene Politik, sie schöpften sogar Hoffnung auf Heinrichs Tod, als er 1066 schwer erkrankte. Doch er erholte sich wieder und versuchte dann, Reichsgut zurückzugewinnen, das während der Zeit seiner Unmündigkeit verloren gegangen war.
Zentren des Königsguts lagen am Mittelrhein, am Untermain, im östlichen Sachsen und in Thüringen. Besonders im Gebiet zwischen Werra und Elbe mit dem Schwerpunkt im Harz lagen große Waldgebiete, die durch Rodungen erschlossen und nutzbar gemacht werden konnten. Dort gab es schon wichtige Stützpunkte der Königsherrschaft wie die Pfalzen und Reichsabteien Quedlinburg, Werla, Bodfeld, Sangerhausen und vor allem seine Geburtsstadt Goslar mit dem Silberbergbau und der großen neuen Pfalz. Diese Position wurde durch Neubau oder Erweiterung von Burgen gestärkt. Dazu gehörten die Harzburg und der Sachsenstein. Zu dem Ausbau kam die Rückforderungspolitik des Königs, der aufgrund von Zeugenaussagen und Befragung das Königsgut rekonstruieren ließ. Heinrich IV. beauftragte seine Ministerialen mit der Rekonstruktion seines Königsguts. Er setzte zu diesem Zweck landfremde schwäbische Ministerialen ein, die er als loyale Gruppe in Sachsen quasi einpflanzen wollte, denn er unterstützte ihre Verheiratung mit Einheimischen.
Eine Sendung (45 Minuten) zum Leben des historischen Heinrich IV. (1050-1106):
Ja, soviel als kurze Einstimmung, in welcher Situation sich unser junger Heinrich IV. nun bei Spielbeginn befindet. Bis dahin war alles streng geschichtlich, ab dem Spielbeginn zu Weihnachten 1066 beginnt die möglicherweise alternative Historie des Reiches. Ich versuche in der Partie, die Herrschaft des Charakters in den historischen Bahnen zu halten. In der Story werden sich Textpassagen, in denen es um das Spiel und seine Elemente gehen wird, mit solchen abwechseln, die die historischen Entwicklungen und Ereignisse schildern (diese werden aus einschlägiger Literatur zitiert, wobei ich die tatsächlichen Namen der Akteure bzw. genaue Jahresangaben an die laufende Partie anpasse).