[HoI II AAR] The guilty have no pride

AARs zum Zeitpunkte der beiden Weltkriege

Moderator: Moderatoren

Benutzeravatar
xxHyFoxx
Capsarius
Capsarius
Beiträge: 161
Registriert: 22. August 2012 19:15
Wohnort: SBZ
:
AAR-Schreiber

Re: [HoI II AAR] The guilty have no pride

Beitragvon xxHyFoxx » 7. April 2014 21:19

Lieber Krieg als Pakt!

15. Maerz 1941, Deutschland, Cottbus

Damals, nach der denkwuerdigen Sitzung in Lichterfelde, hatte man Wetten abgeschlossen bis wann Oberstleutnant Unser seinen Stuhl zu raeumen haette. Von wenigen Tagen bis zu einem halben Jahr war wirklich alles zu haben. Einzig, all diese schoenen Weissagungen waren meilenweit an der Realitaet vorbei. Oberstleutnant Unser hatte seinen Schreibtisch naemlich schon am selben Tag geraeumt. Genauer, er hatte ihn schon geraeumt bevor er auf der Sitzung erschien.
Zu gerne haette ich Canaris sein bloedes Gesicht gesehen als man sein Buero stuermte und auf dem Schreibtisch nur das Zettelchen mit dem Satz: „Zu spaet!“ fand. In seiner Wohnung in Berlin das selbe Spiel. Alles war ausgeraeumt, die Moebel fortgeschafft, die Wohnung nackt. Nur das Zettelchen war noch da. „Zu spaet!“
Aber da war noch sein Schrebergarten! Den hatte man bei der letzten Razzia straeflich vernachlaessigt. Aber ach, die Feuerwehr war schneller. Das Ding war in der Nacht in Flammen aufgegangen, Brandursache: „Brandstiftung.“. Ein Schelm wer Boeses dabei denkt.
Was man auch Tat, wohin man auch schlug, der Oberstleutnant war schon lange fort. Manche munkeln er sei in die Waelder gegangen, anderswo glaubt man er waere irgendwo bei einem ganz hohen Tier unter gerutscht. Von Bielwaski wusste ich allerdings das der Mann buchstaeblich aufgehoert hatte zu existieren. Vom Erdboden verschluckt, unsichtbar, durch jede Masche geschluepft.
In der Abwehr und bei der Geheimen Feldpolizei war danach der Teufel los. Es ging nun nicht mehr darum das ein Offizier und Geheimdienstmitarbeiter verschwunden war. Nein, jetzt ging den Verantwortlichen auch der Tannenbaum auf dass dort ein Geheimdiensttraeger erster Guete nach Sankt Nimmerlein verschwunden war. Welche Schaeden konnte dieser Mann wohl anrichten?

Ich schreckte aus meinen Gedanken und starrte auf die Zeitung in meinen Haenden. Seite 4, Wirtschaftsnachrichten, ich habe kein Wort verstanden. Ich habe es auch gar nicht gelesen. Also faltete ich die Zeitung zusammen, legte sie auf meinen Schoß und sah zum Fenster hinaus, wo die Landschaft immer langsamer an mir vorbei zog. Ob es sich um einen planmaeßigen Halt unseres Zuges handelte?
Nach ein bisschen recken und strecken wand ich mich wieder zur Seite und blickte aus dem Fenster nach draußen. Unterhalb der Boeschung konnte man viele kleine Haeuser sehen die in ihren Parzellen lagen und mit ihren roten Daechern einen schoenen farblichen Kontrast zu dem frischen Hauch gruen bildete welche sich ueber das Land gelegt hatte. Der Fruehling kommt unaufhaltsam naeher und auch das Rad des Schicksals drehte sich unablaeßlich weiter. Nach einigen heftigen Kontroversen im Generalstab hatte Fritsch entschieden den Fall Braun anlaufen zu lassen. Fall Braun war nichts weiter als jenes Theoriegebaeude welches nach der Sitzung mit Oberstleutnant Unser improvisiert worden war. Im Osten presaent werden, die Sowjetunion nicht reizen und ansonsten einen Aufmarsch fuer alle Faelle. Ziemlich beliebig lief der Aufmarsch dann auch ab. Wer wo hin kommt, wird entschieden wenn wir wissen wo er angekommen ist.

Zu diesem allgemeinen Kuddelmuddel kam noch, dass das OKH die Truppen im Westen neu organisiert und die Heeresgruppe West damit quasi aufgeloest hatte. Zwar gab es dem Namen nach immer noch eine Heeresgruppe West, aber diese deckte einen Bereich vom Skaggerak bis zur spanischen Grenze ab und hatte somit nur noch defensive Aufgaben zu erledigen. Dadurch war eine weitere Reihe Divisionen frei geworden, die nun ebenso kreuz und quer durch das Reichsgebiet zu ihren neuen Aufgaben kutschiert wurden.
Damit auch wirklich niemandem Langweilig wird, hatte schließlich auch die Luftwaffe begonnen ihre Strukturen zu ueberarbeiten. Die Jagd- und Bombergeschwader sollten verlegt werden und dazu war es notwendig, dass das Bodenpersonal samt ihrer Ausruestung an die neuen Zielorte kam. Mittendrin in diesem ganzen Chaos waren dann auch wir, die Gebirgsjaeger. Wir haben unsere Kasernen in Oestereich und Bayern verlassen und waren mit Mann und Maus nach Norden unterwegs. Erster Zielort sollte fuer uns Rostock sein. Ebenda sollte uns dann mitgeteilt werden wohin unsere weitere Reise bzw. wie es denn ueberhaupt weiter geht. Denn alle Truppenbewegungen mussten eng mit der Reichsbahn abgestimmt werden. Wir waren ja nicht die einzigsten die heute unterwegs waren. Nebenher lief zudem noch der Personen- und Gueterverkehr der nicht einfach zum Stillstand gebracht werden konnte. Wer immer der Leiter dieses Transportsystems war, er hatte derzeit gewiss keine ruhigen Stunden.
Mir kam noch einmal ein Satz in den Sinn: „Mobilisierung ist Krieg!“. Im Anbetracht dessen was hier gerade passierte konnte mir kein Mensch mehr den Sinn dahinter streitig machen. All das hier bindet Kapazitaeten und Geld. Beides haben wir nicht. Wer soll das also bezahlen?

„Wo samma eigentlich?“ rief irgendjemand aus dem Wagon und riss mich wieder aus den Gedanken. Nach ein paar Sekunden erfolgte vom anderen Ende die Antwort: „Kotzbus!“. Die Konversation ging sogleich weiter zwischen unseren unbekannten Rufern: „Wieso Kotzbus?“. „Weil da meine Schwiegereltern wohnen und ich vier Mal im Jahr dahin trampeln darf. Weihnachten, Ostern und wenn die beiden Geburtstag haben.“ „Das sollte dir eine Freude sein!“ „Ist es, ist es... eine unglaubliche Freude. Ich kann mein Glueck gar nicht fassen.“. Nun bruellte Oestenmarsch seine Stimme dazwischen: „Schnauze! Ich will schlafen!“.
Ein leises Kichern ging durch den Wagon und ich wandte mich wieder meiner Zeitung zu. Doch so richtig zum lesen kam ich nicht mehr. Der Zug wurde naemlich, nachdem wir Cottbus hinter uns gelassen hatten, erneut langsamer und blieb nach weiteren zehn Minuten einfach auf der Strecke, Irgendwo im Nirgendwo, stehen. Nachdem wir ueber zehn Minuten so verharrten wurde es mir dann zu bunt und ich bahnte mir einen Weg zur Dampflok ganz vorne. Nachdem ich ueber Hunderte von Soldaten und einen Kohletender geklettert war erreichte ich mein Ziel und blickte in die rußgeschwaerzten, aber ratlosen Gesichter der Lokomotivmannschaft.

„Warum geht’s nicht weiter?“ fragte ich und erhielt sogleich vom Heizer die Antwort: „Signal verbietet weiterfahrt.“ „Wie lang kann das dauern?“ fragte ich nun, erhielt aber nur noch ein Schulterzucken als Antwort. Ich ueberlegte einen Moment lang und erkundigte mich dann wie lange man brauchen wuerde um die Lok wieder in Bewegung zu setzen wenn die Weiterfahrt gewaehrt waere. Da die Lokomotivmannschaft wohl erkannte worauf ich hinaus wollte sagte man mir nur, das man so lange brauchen wuerde bis wieder alle im Zug waeren. Ich kehrte also um, ließ mir von einem Schaffner nun das Mikrofon des Bordsprechgeraetes geben und wandte mich dann an meine Soldaten: „Achtung! Hier spricht der Divisionskommandeur Nachtwandler. Aufgrund eines außerplanmaessigen Haltes gebe ich Parole Sport aus. Jeder, der es innerhalb von einer Minute zurueck in den Zug schafft darf sich ein bisschen die Beine vertreten. Achtet bitte auf den Nebengleis, nich das euch etwas passiert. Entfernt euch nicht weiter als 20 Meter vom Zug. Wer es bei der Weiterfahrt nicht zurueck in den Zug schafft kommt zu Fuß nach! Ende der Durchsage.“

Nun kam Stimmung auf. Die Tueren oeffneten sich und die ersten Gestalten kamen vorsichtig heraus und innerhalb von einer halben Stunde wuselten draußen fast saemtliche Soldaten umher. Wir verbrachten einige Zeit so, bis ein schier endloser Zug mit Fabrikneuen Panzern an uns vorbei rollte. Da ich glaubte das es nun weiter gehen wuerde rief ich die Soldaten wieder zurueck in den Zug und tatsaechlich schafften es die Jungs innerhalb von drei Minuten wieder alle in den Zug. Der Lokomotivfuehrer, der inzwischen mit seiner Mannschaft Skat kloppte sagte mir das diese Zeit ausreichen wuerde und bereitete sich hernach auf die Weiterfahrt vor. Doch es geschah erstmal... nichts. Kurze Zeit spaeter waren wieder alle draußen und weiter hinten hatte eine Abteilung des Verpflegungstross angefangen Essen aus zu schenken. Nachdem ein weiterer Gueterzug an uns vorbei gerauscht war und die Soldaten es innerhalb von zweieinhalb Minuten in den Zug geschafft hatten glaubten wir erneut an eine Weiterfahrt, doch die blieb aus.

Irgendwann nach gut zwei Stunden und ersten Soldaten die eine Sonnenbad nahmen kam ein dritter Zug des Weges, diesmal ein Personenzug des BdM (Bund deutscher Maedel). Die Soldaten machten keinerlei Anstalten in den Zug zurueck zu kehren und auch die Lokomotivmannschaft kloppte ungeruehrt weiter Skat. Doch es kam noch schlimmer. Der BdM Zug hatte nichts besseres zu tun als neben uns stehen zu bleiben und von da ab war der Teufel los. Die Soldaten umringten alsbald den Zug und versuchten mit den jungen Frauen zu reden, doch die Tueren und Fenster blieben geschlossen. Deswegen bestand aber kein Desinteresse seitens der weiblichen Personen. Diese drueckten sich naemlich an den Fenstern die Nasen platt und auch ich wurde durch ca. 40 Augenpaare begafft. Die „Fenster zu!“ Order der Aufseherinnen hielt insgesamt fuenf Minuten, danach wurden sie der Lage nicht mehr her. Es wurde munter durch einander gerufen, sich unterhalten und Gegenstaende ausgetauscht. Irgendjemand begann dann auch noch Fotos zu machen und ob dieser desolaten Lage kam alsbald die „Frauenfuehrerin“ des Zuges zu mir und verlangte von mir das ich meine Soldaten in den, inzwischen bruetend heißen, Zug einsperren solle. Ich sagte ihr zu sogleich etwas zu unternehmen und beobachtete hernach weiter die Lage. Der Verpflegungstross hatte inzwischen damit angefangen die Ration Naschkram an die Soldaten zu verteilen die dieser wiederrum an die jungen Frauen weiter gaben.
Dieses idyllische Bild endete schließlich nach dreißig Minuten als der BdM Zug seine Reise fort setzte. So richtig gluecklich schien darueber allerdings nur die „Frauenfuehrerin“ zu sein. Hach, einmal noch mal jung sein...

Bei uns ruehrte sich allerdings nichts, weshalb ich allmaehlich das Gefuehl bekam das man uns vergessen hatte. Ich ließ durchzaehlen ob noch alle da waren. Das Ergebnis war positiv und so wartetet wir dann auf unsere Weiterfahrt. Irgendwann hatte auch ich dann genung und machte es mir so lange in der Sonne bequem, bis mich ein Ruf weckte. „Achtung! Fahrzeug von Suedost! Geschwindigkeit ca. 50 kmh. Entfernung ca. 2000 Meter. Kommt naeher!“.
Nun ging das Gerenne weider los. Alles stuermte, mit den Klamotten unter dem Arm wieder in den Zug und abschließend wurden alle Oeffnungen verrammelt. Eine Horde Halbnackter versuchte sich derweil im Inneren wieder an zu ziehen waerend das Fahrzeug aus der Ferne immer naeher kam. Jenes Fahrzeug hielt dann neben unserem Zug und ihm entstiegen kurz darauf drei Soldaten welche den Zug entlang schlichen und alsbald meinen Wagon erreichten. Eine Tuer wurde geoeffnet und ich trat nach draußen wo ich dann einem jungen Leutnant gegenueber stand. „Generalmajor Nachtwandler?“ „Steht vor ihnen.“ „Wir sollen sie zu einem Bahnwaerterhaeusschen, fuenf Kilometer entfernt bringen. Dort wartet ein dringendes Telefongespraech auf sie.“,

Das Ganze machte auf mich einen seltsamen, improvisierten Eindruck. Also entschied ich das nur der Leutnant, zwei meiner Soldaten und ich zu diesem Bahnwaerterhaeusschen aufbrechen wuerden. Die Wahl fiel auf Dengelmann, der eine Adresse aus dem BdM Zug ergattert und auf den Funker Heinrichs welcher nur seine Sueßigkeiten durchgebracht hatte. Oberst Oestenmarsch wuerde derweil zurueck bleiben und die Verantwortung fuer diese Verlegung uebernehmen. Nach zehn Minuten Fahrt erreichten wir dann das besagte Bahnwaerterhaeusschen, in welchem ich dann auch tatsaechlich ein Telefongespraech entgegen nahm. Nachdem alle anderen den Raum verlassen hatten begann mein kurzes Gespraech mit Generaloberst von Kaupisch, meinem neuen Vorgesetzten. Doch zuvor kam unsere selten daemliche Parole: „Grüß Gott wenn du ihn siehst, Generalmajor Nachtwandler am Apparat.“ „Mach ich an Christi Himmelfahrt. Generaloberst Kaupisch. Generalmajor, kehren sie mit ihren Soldaten umgehend nach Oesterreich zurueck. Ihre Division wird da gebraucht.“ „Das ist ein Scherz oder?“ „Nein, die Jugoslawen haben den Metallpakt verlassen. Es gab einen Militärputsch der Generäle Mircovic und Simovic. Die traditionell antideutsch eingestellte serbische Bevoelkerung jubelt derzeit auf den Straßen von Belgrad "Lieber Krieg als Pakt".“ „Das darf doch wohl nicht wahr sein...“

Bild


15. Maerz 1941, Berlin, Buero des Reichsverkehrsministers

Der schwarze Telefonhoehrer rutschte unruhig auf der Gabel hin und her, ruhte kurz und begann sein Spiel von neuem. Julius Dorpmueller blickte argwoehnisch auf und ueberlegte wohl einen Moment ob er heran gehen sollte. Nachdem das Telefon abermals zu schellen anfing ergriff er dann den Hoehrer und antwortete: „Dorpmueller.“ „Fritsch, OKW. Julius, die Gebirgsjaegerdivisionen muessen zurueck nach Oesterreich verlegt werden. Die Transportgruppen H, K und G ebenso. Genauere Informationen zu den Verbaenden und deren Zielorte kommt auf dem Schriftweg. Kannst du bitte deine Leute anweisen die Zuege nach Oesterreich umzudirigieren?“ „Mach ich.“ „Danke Julius.“ „Kein Problem Werner.“
Dorpmueller legte den Hoehrer zurueck auf die Gabel und oeffnete dann den kleinen Schrank neben sich. Er holte eine Flasche Boonekamp sowie ein kleines Glas hervor und begann genuesslich das Glas zu fuellen. Nach einem kleinen Moment erhob er das Glas und sprach: „Auf Euch Kinners, das Gute ist langweilig!“ Abschließend leerte er das Glas in einem Zug und verzog dann angewidert das Gesicht. „Bääh! Man kann gar nicht soviel saufen wie man Kotzen moechte...“

Bild
Widerstand ist echt mein Ding! - S. Tapir



Benutzeravatar
xxHyFoxx
Capsarius
Capsarius
Beiträge: 161
Registriert: 22. August 2012 19:15
Wohnort: SBZ
:
AAR-Schreiber

Re: [HoI II AAR] The guilty have no pride

Beitragvon xxHyFoxx » 9. April 2014 19:52

Alte Bekannte und vertraute Feinde

Die Rueckfahrt verlief aeusserst anstrengend. Eine gutes Dutzend Reichsbahnbeamte lotste uns zurueck in die Heimat, wobei wir insgesamt 11 Mal(!) den kompletten Zug wechseln mussten. Das uns bei diesen Aktionen niemand abhanden gekommen ist und auch unsere gesamte Technik noch da ist, deutet daraufhin, dass die Truppe sich schnell auf neue Aufgaben einstellen und diese bewaeltigen kann. Ich habe das innerhalb des Stabs angesprochen und es war zu bemerken das dieses Lob meinen Leuten runter ging wie Oel.
Doch mit unserer Rueckkehr begannen unsere schwerwiegenden Probleme erst. Neben der Tatsache, das die Moral der Truppe durch dieses hin und her ziemlich angeschlagen ist, muessen wir auch den Rest unserer Division samt seiner Ausruestung einsammeln. Gerade letztere setzte naemlich seine Reise ins Blaue ungeruehrt fort. Als weitere Erschwerung kommt hinzu das man die Ausruestung aufgrund des Umfanges auf verschiedene Gueterzuege verteilt hat und diese getrennt von einander durchs Reichsgebiet unterwegs sind.
So weit ich das verstanden hatte konnten diese Zuege nun nicht einfach ihre Fahrtrichtung aendern, da ansonsten das ganze Transportsystem zusammen brechen wuerde. Wir mussten also mit der Situation einrichten und erstmal vor Ort etwas improvisieren um die Funktionfaehigkeit der Division aufrecht zu erhalten.
Doch es kam noch besser. Zwischenzeitlich erreichten naemlich die ersten Truppen der motorisierten Divisionen unseren Wehrkreis. Diesen mussten wir nun neben Quartieren auch noch eine funktionierende Verpflegung organisieren. Zur Loesung dieses Problemes bedienten wir uns der vorhandenen Strukturen des Winterhilfswerk welches, wie fast ueberall in Deutschland, ueber ein System aus Depots und Feldkuechen verfuegte.

Das Ueberleben des Winterhilfswerk ueberraschte mich dabei ebenso sehr wie die Tatsache das es den BdM noch gab. Denn unsere, selbst ernannten, Eliten und Vorzeigedemokraten hatten 1939 noch lauthals getoent das sie alles, was sie mit dem NS in Verbindung waehnten, ruecksichtslos beseitigen wuerden. Doch wie so oft verflachten die Bestrebungen diesbezeuglich nach einem energiegeladenen Anfang zusehends und brachten als einziges Resultat nur Banditentum mit der einhergehenden Sachbeschaedigung hervor. Es galt abermals das Zitat von Friedrich Schiller: „Stets ist die Rede kecker als die Tat.“.
Mit der kurzfristigen Machtuebernahme durch das OKW wurde dann die Verfolgung eingestellt und die vorhandenen Strukturen, soweit sie nuetzlich erschienen, in das Staatswesen integriert oder abgewickelt. Am schwersten taten sich die Militaers dabei naturgemaess mit der Waffen-ZZ. Diese war naemlich ein direkter Konkurrent zum einzigen Waffentraeger im deutschen Reich, der Wehrmacht und obendrauf noch die Parteiarmee der NSDAP. Die Zukunft der Waffen-ZZ hing dementsprechend an einem seidenen Faden, bis man doch noch eine Verwendung fuer sie fand. Die Waffen-ZZ besaß naemlich eine eigene Rekrutierungsabteilung die darauf ausgerichtet war auslaendische Freiwillige anzuwerben. So etwas konnte die Wehrmacht nicht aufweisen da hierfuer kein Bedarf bestand. Die Wehrmacht hatte die Wehrpflicht zur Rekrutierung und Auslaendern war es nicht erlaubt in die Wehrmacht einzutreten. Die Erfolge die, die Waffen-ZZ, bei der Anwerbung von Auslaendern errang konnten sich allerdings sehen lassen. Man warb im großen Maßstab Personen aus Holland, Belgien, Frankreich, Norwegen und Spanien fuer den Dienst. Als Gruende hierfuer wurde oft Abenteuerlust, aber auch die politische Ideologie genannt die man mit der Waffen-ZZ verband. Einzig bei den angeworbenen Spaniern ueberwog ein anderer Grund, naemlich Verbitterung und Rache. Oftmals handelte es sich naemlich um ehemalige Falangisten und Mitglieder der Nationalisten welche die Niederlage im Buergerkrieg nicht ertragen konnten und sich daher zur Flucht nach vorn entschlossen. Manche vielleicht mit der stillen Hoffnung sich im deutschen Reich eine neue Existenz aufzubauen, manche aber gewiss mit dem Hintergedanken im Kopf eines Tages zurueck zu kehren um dann... .
Dennoch war der ueberwiegende Teil der, durch die Waffen-ZZ, Geworbenen Deutsche. Wie geht dass trotz der Tatsache das im deutschen Reich ein Werbungsverbot bestand? Man verwies ganz einfach auf die Tatsache das diese Deutschen ja keinen deutschen Personalausweis besaeßen. Statt dessen waren es Tiroler aus Italien, Balkandeutsche aus Jugoslawien, Siebenbuergendeutsche aus Rumaenien bzw. Ungarn und so weiter. Diese „Volksdeutschen“, wie man sie nannte, sahen ihren Hauptgrund dafuer, das sie in der Waffen-ZZ Dienst taten, ganz einfach darin das sie sich deutsch fuehlten. Sie hatten kein Interesse daran sich fuer die Regierungen ihrer Heimatlaender einspannen zu lassen.

Dennoch musste die Fuehrung der Waffen-ZZ die eine oder andere Kroete schlucken. Die Eigenstaendigkeit, wie auch Indoktrination mit dem NS in Schulungen und Lehrgaengen musste aufgegeben werden. Die Auswahlstandards nach rassischen Gesichtspunkten ebenso(sollten sie doch sehen wie sie sonst den Laden voll kriegen wollten) und als letztes wurden die Verbindungen zur NSDAP gekappt und die Waffen-ZZ hatte den Fahneneid auf das deutsche Reich zu schwoeren. Damit war die Waffen-ZZ quasi eine vierte Teilstreitkraft, die zwar Personen aus dem Ausland warb sich aber bedingungslos den Weisungen des OKW und OKH zu beugen hatte.
Den auslaendischen Freiwilligen wiederum wurde offiziell als Lohn, neben dem Sold, fuer ihren Kriegseinsatz in der Waffen-ZZ dabei nichts geringeres als das Recht auf die deutsche Staatsbuergerschafft geboten.

Dabei sollte es theoretisch egal sein ob wir diesen Krieg nun gewinnen oder verlieren. Denn jede Regierung nach der jetzigen, egal wie sie Aussehen mag, hat Sorge dafuer zu tragen, das die auslaendischen Freiwilligen, die sich dazu entschlossen hatten fuer die deutsche Sache zu streiten und damit das groeßte Opfer von allen brachten, wieder eine Heimat bekamen. Denn die Freiwilligen die mit ihrem Dienst an der Waffe saemtliche Bruecken hinter sich eingerissen hatten, besaßen schlimmstenfalls keine Heimat mehr in die sie zurueck kehren konnten. Daher war die deutsche Staatsbuergerschaft kein gutmeinendes Geschenk sondern eine selbstverstaendliche Dankbarkeit des Nutznießers dieser Opferbereitschaft. Wir schuldeten diesen Leuten das.

Doch zu einem anderen Thema. Quo Vadis?

In Jugoslawien hatte es einen Umsturz der serbischen Generalitaet gegeben der von der serbischen Bevoelkerungsmehrheit begruesst wurde. Das war zwar ein großer Unsicherheitsfaktor, da nicht klar war welche Ziele die neuen Machthaber verfolgten, doch wuerde dies einen Krieg rechtfertigen?
Im Anbetracht unser strategischen Lage konnten wir uns derzeit eigentlich keine Unsicherheiten in der Flanke leisten. Daher antworte ich als Offizier auf die Frage: „Krieg mit Jugoslawien?“ mit einem bedachten: „Ja, wenn wir nicht anderweitig Sicherheit erlangen koennen.“. Die oesterreichische, ungarische und deutsche Bevoelkerung hingegen wuerde einen Waffengang gegen Jugoslawien nach den letzten Geschehnissen aber wohl mehrheitlich begruessen, bzw. teilweise sogar fordern. Das allerdings nur weil in Jugoslawien Serbien liegt.

Serbien hatte einen undankbaren Platz in der neueren Geschichte. Es warf naemlich, durch seine Traeume von einem Großserbien, anno 1914 die brennende Lunte in das Pulverfass Europa, dass gleichwohl durch die europaeischen Großmaechte jener Zeit bis an den Rand gefuellt worden war. Es war der Bote der schlechten Nachricht und wie das so mit Boten ist, die schlechte Nachrichten bringen, hat dieser auch Schuld an den schlechten Nachrichten. Zumindest aus Sicht von weiten Teilen der deutschen und oesterreichischen Bevoelkerung.
Diese recht einseitige Sicht der Dinge hatte aber seine Ursache in der Festlegung der Siegermaechte von 1919, dass das deutsche Reich an allem Schuld sei, wie wir ueberhaupt an allem Schuld sind. Auf diese Festlegung der Schuld hin mauerten sogleich deutsche Politiker, Intellektuelle, Militaers und auch die Bevoelkerung, um zu erklaeren das wir eben nicht "allein am großen Kriege Schuld sind". Man war deutscherseits nicht mehr bereit die Schuldfrage bzw. die Ursachen fuer den großen Krieg zu Hinterfragen und richtete sich in seiner eigenen kleinen Wahrheit ein. Serbien ist Schuld.
Dies entsprach zwar nicht der Hegelschen Dialektik mit der man mich bei meinen Ausfluegen in die Universitaeten dieses Landes belaestigt hatte, aber auch die europaeischen Siegermaechte waren mal wieder keinen Deut besser. Denn auch sie waren nicht bereit ihr Rolle vor dem großen Krieg zu hinterfragen. Warum auch, erstens hatten sie den Krieg gewonnen, zweitens hatte Deutschland die Alleinschuld fuer den Krieg und Schuld waren die Deutschen sowieso. Was faellt den Deutschen auch ein eine europaeische Großmacht und Wirtschaftsmacht Nummer 1 sein zu wollen. Haette man seine eigenen Handlungen wirklich hinterfragen muessen, waeren die Reparationszahlungen mit denen man Deutschland auszupluendern trachtete moralisch mehr als fragwuerdig gewesen. Die Ignoranz der Gier traf auf die Ignoranz der Niederlage und des, nichtmal nur empfundenen, Betruges. Zweifel an diesen Ansichten gab es nicht und auf keiner Seite. Daher badeten wir alle nun das Ergebnis eben jener Ignoranz aus.
Auch die serbische Bevoelkerung wird die Ignoranz des Jahres 1919 ausbaden muessen. Denn ein Krieg nach dem Bruch des Buendnisses schien unausweichlich. Es handelte sich hierbei naemlich nicht nur um einen einfachen Verrat. Zwar rief man schon im Mittelalter „Tod den Verraetern!“ und waehrend der Aufklaerung und Revolutionen: „Das groesste Schwein im ganzen Land ist der Denunziant!“, doch nun kam eben noch die Tatsache dazu, das der Verraeter Serbien hieß.
Dieser Verraeter war also derjenige der durch seine vermeintliche Schuld am großen Kriege, der Niederlage und all ihren Folgen fuer die Bevoelkerung der damaligen Achsenmaechte, ohnehin schon am schwersten vorbelastet war. Ein Krieg war unausweichlich. Das Volk auf beiden Seiten will Blut sehen. Die einen rufen „Serbien muss sterbien!“ die anderen: „Lieber Krieg als Pakt!“.
Ich ahne das diese Wuensche innerhalb kuerzester Zeit in Erfuellung geht.
Widerstand ist echt mein Ding! - S. Tapir



Benutzeravatar
xxHyFoxx
Capsarius
Capsarius
Beiträge: 161
Registriert: 22. August 2012 19:15
Wohnort: SBZ
:
AAR-Schreiber

Re: [HoI II AAR] The guilty have no pride

Beitragvon xxHyFoxx » 14. April 2014 19:42

Der Kaertner Abwehrkampf

Waerend man im Divisionsstab damit beschaeftigt war unsere sieben Sachen wieder zusammen zu suchen, wuehlte ich mich durch unser Archiv. Primaer suchte ich nach Unterlagen zu den strategischen Planungen des Bundesheeres fuer den Fall eines Krieges gegen Jugoslawien. Sekundaer fand ich dabei eine Menge Material zu dem „Kaerntner Abwehrkampf“ der von Ende 1918 bis Mitte 1919 tobte. Ich muss mir dabei eingestehen, das ich hier im Kleinen wieder das bestaetigt fand, was mir im Großen immer wie ein fernes Wetterleuchten entgegen schimmerte.

Was war geschehen? Als im Jahre 1918 das habsburgische Reich zerfiel und in Folge dieses Machtvakuums viele Ethnien versuchten ihre eigenen Staaten zu gruenden, erhoben am Schluss dieses Prozesses auf das Kaerntnerland einerseits der Staat der Slowenen, Kroaten und Serben (SHS-Staat/Jugoslawien) und andererseits die Republik Oesterreich Anspruch. Auf der Seite Oesterreichs wollte man darauf warten das sich doch die allein selig machende Wirkung des 14 Punkte Plans, vom Volksbefreier Woodrow Wilson, entfalten moege.
Auf Seiten des SHS-Staates hingegen sah man kurz auf die Uhr und entschloss sich nicht erst den himmlischen Segen abzuwarten, sondern den 14 Punkte Plan sofort umzusetzen. Dies kann man den Fuehrern den SHS-Staates allerdings nun wirklich nicht vorwerfen, schließlich legten sie den 14 Punkte Plan nur als das aus was er war. Ein Blankoscheck zur Besetzung oesterreichisch-deutscher Gebiete. Sinn des 14 Punkte Planes war es schließlich nicht alle Voelker gleichberechtigt aus dem 1. Weltkrieg hervor treten zu lassen sondern den Kriegswillen der deutschen Bevoelkerung zu brechen.
Das die Saat dieser 14 Punkte Luegenpropaganda ganz hervorragend aufgegangen ist muss man aber neidlos zugestehen. Es waere sogar falsch dies in Abrede zu stellen. Wuerde man es leugnen oder negieren wollen, so blieben die Folgen von Woodrows Handlungen ohne Sinn, ohne Muster und Ziel. Sie scheinen gleichsam als Unfall durch die Geschichte. Aber in der Geschichte gibt es keine Unfaelle. Geschichte wird geschrieben und den Schreibern obliegt es durch weg lassen oder interpretieren etwas als systematische Aktion oder Unfall erscheinen zu lassen. Es gibt natuerlich immer ein paar unverbesserliche Ewiggestrige die, die Geschichte als: „An den Taten sollt ihr sie erkennen“ betrachten. Was der Bibel Recht ist, sei uns billig. Aber solchen Leuten darf man nicht zuhoeren sagen die Schreiber, die Sieger der Geschichte. Denn Sie wissen schon warum, ganz systematisch.

Doch zurueck zu dem „Kaerntner Abwehrkampf“. Die Truppen des SHS-Staates uebertraten also die provisorische Grenze und besetzen weite Teile Kaerntens. Dies war vermutlich eine segensreiche Hilfsmaßnahme fuer die Siegermaechte, ersparte dies ihnen doch den Schein wahren zu muessen und eine Volksabstimmung ueber den Verbleib Kaerntnens abzuhalten. Doch die undankbare Bevoelkerung wollte sich nicht so recht „befreien“ lassen und beschloss daraufhin Widerstand zu leisten. Widerstand der von der oesterreichischen Republik mit Material und Truppenlieferungen unterstuetzt wurde. Dieser Widerstand war nun wiederum so erfolgreich das, trotz eines Bruches des zwischenzeitlich erreichten Waffenstillstandes durch die Jugoslawen, alle Gebiete bis auf die entmilitarisierten Zonen, ueber welche gleichfalls in einer Volksabstimmung abgestimmt werden muesste, zurueck erobert wurden. Da staunt Jugoslawe und die Siegermacht wundert sich.

Um dieser Verwunderung Abhilfe zu schaffen schickten die Siegermaechte kurzerhands eine amerikanische Kommission ins Land, welche sich mit den strittigen Grenzfragen auseinander setzen sollte. Damit dabei auch ja kein falsches Bild entstuende entschloss man sich auf jugoslawischer Seite dazu in Marburg eine Demonstration der deutschen Bevoelkerungsmehrheit fuer einen Verbleib in der Republik Oesterreich aufzuloesen und karaetschte in die Menge. Bilanz des Tages waren ca. 13 Tote, 60 Verletzte und eine zufriedene amerikanische Kommission die keinen Abstimmungsbedarf erkannte. Die Straßen waren ja wie leer gefegt. Geht doch.
Um aber trotzdem noch eine Abstimmung mit richtigem Ergebnis abhalten zu koennen, entschied besagte Kommission, dieses in Kaernten zu tun. Ebenda lebte schließlich eine slowenische Bevoelkerungsmehrheit, die von den Oesterreichern allerdings nicht zusammen geschossen wurde. Darueber waren die Jugoslawen nun aber nicht so gluecklich. Da lebt schließlich eine slowenische Bevoelkerungsmehrheit, die Abstimmerei kann man sich also auch sparen.
Sprachs und rueckte nun ein zweites Mal, dieses mal mit einer groeßeren Streitmacht, ein und besetzte Klagenfurt. Doch statt des erhofften Dankes fuer die schnellen Tatsachen kam von den Siegermaechten nun ein Rueffel. Die amerikanische Komission hatte sich fuer eine Volksabstimmung entschieden, also gibt’s jetzt auch eine Volksabstimmung, Basta! Daraufhin zogen sich die Jugoslawen ein paar Kilometer zurueck und hielten nur weite Teile Kaerntens besetzt. Welch noble Tat und doch so wenig Dank.

Die Volksabstimmung fand also statt und foerderte wundersames zu Tage. 59% Bevoelkerung votierten fuer einen Verbleib in der Republik Oesterreich. Das hieß nichts anderes, als das eine slowenische Bevoelkerungsmehrheit kein Interesse daran hatte sich durch die Jugoslawen befreien zu lassen. Offenbar gefielen ihnen die alten Ketten Oesterreichs besser als die neue Freiheit des SHS-Staates.
Von Seiten Oesterreichs draengte man nun darauf auch ueber die entmilitarisierten Gebiete, welche derzeit noch zu dem SHS-Staat gehoerten, abstimmen zu lassen. Da die Siegermaechte aber weitere desastroese Abstimmungsergebnisse befuerchteten, ließ man davon sicherheitshalber ab und beendete den Spaß an dieser Stelle. Anrechnen muss man den Siegermaechten allerdings, das sie dieses mal sogar auf Umsetzung des Ergebnisses der Volksabstimmung draengten. Anderswo wurde schließlich, auch nach 51+ prozentigen Mehrheiten fuer einen Verbleib im deutschen Reich, schonmal gesagt: „and the winner is... not germany!“.

Trotz allem dauerte der Abzug der jugoslawischen Truppen noch weit bis ins Jahr 1920 hinein und so mancher Bewohner Kaerntnens wurde noch von Hab, Gut, Leben und allen Sorgen befreit.

Bild


Als kleine Anekdote am Schluss muss ich noch die Untersteiermark (Marburg) erwaehnen. Dort hatte sich die deutsche Bevoelkerungsmehrheit nach der Besetzung durch den SHS-Staat dazu entschlossen auf die Umsetzung des 14 Punkte Planes zuwarten. Sofern sie nicht vertrieben, umgebracht oder verhungert sind, warten sie noch heute.

Da ich in den Archiven, außer diesen Anekdoten, nichts Brauchbares fuer einen Waffengang des Bundesheeres gegen Jugoslawien fand, wandte ich mich direkt an meine oesterreichischen Offiziere und befahl einen Aufmarschplan unserer Division fuer einen moeglichen Jugoslawienkrieg zu entwerfen. Dank ihrer hervorragenden Ortskenntnis schritt diese Planung sehr schnell und mit großem Elan voran. Motivationsprobleme fuer so einen Waffengang gab es keine. Woran das wohl liegt?
Widerstand ist echt mein Ding! - S. Tapir



Benutzeravatar
xxHyFoxx
Capsarius
Capsarius
Beiträge: 161
Registriert: 22. August 2012 19:15
Wohnort: SBZ
:
AAR-Schreiber

Re: [HoI II AAR] The guilty have no pride

Beitragvon xxHyFoxx » 16. April 2014 19:38

Die strategische Planung

Alle Anzeichen standen auf Krieg. In Klagenfurt und Umgebung waren inzwischen mehrere motorisierte Divisionen aufgefahren worden. Dazu kamen noch 11 Gebirgsjaegerdivisionen welche ebenfalls entlang der jugoslawischen Grenze in Stellung gingen. Damit war die gesamte Gebirgstruppe hier konzentriert worden. Ein weiteres wichtiges Indiz war die Tatsache, dass die Luftwaffe die Haelfte ihrer taktischen Bomberflotte in Wien und ein Stuka-Korps in Insbruck stationiert hatte.
Ein Unbedarfter koennte fragen warum dies nun ein eindeutiges Zeichen fuer einen Krieg sein soll. Die Antwort darauf ist recht einfach, es waere absolute Verschwendung eine solche Kampfkraft hier zu defensiven Zwecken zu konzentrieren. Motorisierte Divisionen haben wir zudem bisher nur bei offensiven Unternehmungen eingesetzt und die Gebirgsjaeger sind in diesem Falle offensiv wie defensiv einsetzbar, da Jugoslawien im Westen das Kapela-, Velebit- und Dinaragebirge hat, deren Auslaeufer bis an das italienisch besetzte Albanien reichen. Potenzial und Moeglichkeiten waren also da.

Bei der kurzfristig anberaumten Sitzung im Hauptquartier der Heeresgruppe A machte der Vertreter des OKW schnell klar das man mit Jugoslawien kurzen Prozess machen muesse. Das bedeutete Offensive und wir erwarteten nun eine Erklaerung wie dies zu geschehen habe. Doch statt dessen bekamen wir nur zu hoehren das man leider keinen Fall fuer Jugoslawien habe und nun Vorschlaege hoehren wolle.
Erste Gedanken, Italien dazu zu ermuntern Jugoslawien auszuschalten, wurden postwendend zurueck gewiesen, da der Kaiser dies nicht billigen wuerde. Blieb also nur noch eine deutsche Loesung des „jugoslawischen Problems“. Hier konnte ich nun auftrumpfen und den Plan, welchen meine Generalstabsoffiziere und ich entworfen hatten, aus der Tasche zaubern. Dieser sollte dann tatsaechlich fuer den Rest der Feldzugsplanung die Diskussionsgrundlage bilden.
Die Kernidee des ganzen war es durch Slowenien hindurch zwei Hauptstoßrichtungen zu bilden. Die Westliche sollte dabei durch die Gebirgstruppe entlang der Adriakueste vorran getrieben werden. Primaerziel war es dabei den Tiefwasserhafen Split weg zu nehmen um moegliche Materiallieferungen und Entsatzversuche der Westmaechte zu verhindern. Die zweite Stoßrichtung, bestehend aus den motorisierten Divisionen, sollte durch das slawonische Tiefland, ueber Marburg, Esseg bis nach Neusatz (Novi Sad) fuehren. Das Ziel hierbei war es das industrielle Zentrum Jugoslawiens auszuschalten und etwaige Angriffsversuche Jugoslawiens auf Rumaenien und Ungarn unmoeglich zu machen. Die bei dieser Zangenbewegung zurueck getrieben Feindverbaende sollten dabei entweder im slawonischen Tiefland ueberrollt oder nach Zagreb/Bosnien abgedraengt werden. Durch Einschwenken eines Teils der Gebirgstruppe nach Osten sollte schließlich „der Sack zu gemacht“ und die Feindverbaende neutralisiert werden.

Bild


Nach diesem Plan wurde dann der weitere Aufmarsch gegen Jugoslawien ausgefuehrt. Allerdings war bei unserer Planung noch nicht aller Tage Abend, da Ungarn und Rumaenien, fuer die eine Bedrohung durch Jugoslawien wesentlich realer war, ebenfalls gedachten in einen laufenden Konflikt einzugreifen. Aus zwei Gruenden mussten wir auf diese Bedenken Ruecksicht nehmen. Ungarn war neben Argentinien unser treuster Buendnispartner, hatte es uns doch durch die gestellte Besatzungsmacht in Polen entscheidend beim Westfeldzug entlastet. Dazu kam noch, dass das ungarische Offizierskorps sein Truppenfuehrungskonzept entscheidend ueberarbeitet hatte und dieses Konzept nun einem Praxistest unterziehen wollte. Als strategisches Ziel hatte sich die ungarische Armee dabei die Eroberung von Neusatz gestellt, welches eine ungarische Bevoelkerungsmehrheit besaß.
Rumaenien wiederum war zwar neu bei den Achsenmaechten, aber Aufgrund seines Oeles der mit Abstand wichtigste Buendnisspartner. Der Eintritt in das Achsenbuendnis war allerdings innenpolitisch sehr umstritten, weswegen die rumaenische Fuehrung gedachte durch einen schnellen Sieg gegen Jugoslawien innenpolitisch die Reihen zu schließen. Nebenbei hoffte man auch auf ein Stueck aus dem jugoslawischen Kuchen und wollte so wohl die erlittenen Gebietsverluste kompensieren. Als Ziele gab die rumaenische Regierung dabei die Besetzung von Vrsac und Pancevo oestlich von Belgrad sowie die Eroberung des serbischen Verwaltungsbezirkes Nis an.

Militaerisch kamen uns diese Wuensche nicht ungelegen. Die Offensivbemuehungen unserer Buendnisspartner liefen unseren Eigenen nicht entgegen und ermoeglichten es uns Jugoslawien in einen Mehrfrontenkrieg zu verwickeln den es, aufgrund seiner exponierten Lage, nicht gewinnen konnte. Des weiteren wuerden wir wichtige Erkenntnisse ueber die wirkliche Kampfkraft unserer Partner gewinnen was uns im Anbetracht unser prekaeren Lage im Osten von nicht unerheblichen Wert sein wird. Als I Tuepfelchen hatten wir zudem noch eine Zusage von Luftunterstuetzung durch die Ungarn in der Tasche. Die zwei taktischen Bomberkorps, gleichwohl sie nur aus den alten Ju 52 Bombern bestanden, konnten von ihrem Flugplatz in Budapest aus ganz Serbien und Bosnien bedrohen, was den Jugoslawen die Truppenverlegungen im Hinterland erheblich erschweren wuerde.
Damit sah die letzte Fassung des Jugoslawienfeldzuges aus unserer Warte nun so aus.

Bild


Damit war die strategische Planung abgeschlossen. Eine taktische gab es nur auf Korps und Divisionsebene. Alle weiteren Probleme sollten „vor Ort“ geloest werden, was nichts Geringeres bedeutete, als dass das militaerische das Konzept des Fuehrens mit Auftrag zur Anwendung gelangen sollte. Dieses hatten wir auch schon vorher eingesetzt, aber noch nie in solch improvisierter Form. Die direkten Gefechtsentscheidungen mussten dieses Mal von Regimentsebene abwaerts getroffen werden, was dem dortigen Fuehrungspersonal und den Soldaten ein hohes Maß an Urteilskraft und Flexibilitaet abfordern wuerde. Die Aufgabe der Divisionsfuehrung wuerde sich daher im wesentlichen auf das bestimmen der groben Richtung und den Zusammenhalt der Division beschraenken. Dies bedeutet fuer mich aber nicht, das ich nun in Ruhe im Divisionsstab versauern koenne. Damit ich auch ja keinen Staub ansetze oder vorne als Offiziersschreck umher ziehe uebertrug man mir verschiedentliche Aufgaben in unserer Korpsfuehrung. Ich sollte unserem, gesundheitlich, angeschlagenen Generalleutnant von Vollard-Boeckelberg entlasten. Zwei Chefkoeche in derselben Kueche. Hervorragende Ausgangssituation fuer ein erfolgreiches Gelingen also.
Widerstand ist echt mein Ding! - S. Tapir



Benutzeravatar
xxHyFoxx
Capsarius
Capsarius
Beiträge: 161
Registriert: 22. August 2012 19:15
Wohnort: SBZ
:
AAR-Schreiber

Re: [HoI II AAR] The guilty have no pride

Beitragvon xxHyFoxx » 5. Mai 2014 19:30

„Es sind Menschen!“

30. April 1941, Deutsches Reich, Stralsund, Marinekrankenhaus

Als Schwester Nimes das Schwesternzimmer mit ihrem Fruehstuecksbeutel betrat, herrschte fuer einen Augenblick Stille, so als ob man ihr klar machen wollte das sie unerwuenscht war. Pack schlaegt sich, Pack vertraegt sich dachte sie nur und machte keinerlei Anstalten sich davon beeindrucken zu lassen. Sie setzte sich stattdessen neben die junge Krankenschwester Kagels und packte lieber ihr Fruehstuecksbrot aus.
Erst nach einer kleinen Weile kamen die Gespraeche wieder in Gang und Karolin spaehte aus den Augenwinkeln zu der Zeitung herueber, welche Schwester Kagels innig studierte. „Steht mal was interessantes drin, Hilde?“ fragte Karolin und biss beherzt in ihre Stulle. „Ja, unsere Soldaten haben es tatsaechlich geschafft den jugoslawischen Widerstand zu brechen und Belgrad besetzt.“ „Unglaublich...“ kommentierte Karolin das ganze lakonisch und haette sich doch am liebsten mit der flachen Hand vor die Stirn geschlagen. Wie bloed war die eigentlich? Jugoslawien gegen das deutsche Reich, dass sah auf der Landkarte aus wie ein Boxkampf zwischen einem Schwergewichtler und einem Kleinkind. Sie hatte gewiss nicht viel Ahnung vom Kriege, aber dass das deutsche Reich diesen Krieg nicht verlieren konnte war doch wohl selbstverstaendlich.

Schlimmer als die Einfalt ihrer Mitmenschen, empfand sie nur noch die Euphorie mit der die Jubelmeldungen aufgefasst wurden. „Zwei komplette Divisionen mit Luftwaffe zerschlagen...“, „mit Panzern den Feind ueberrollt...“ und um sie herum verfielen alle in das große Hurrah! Geschrei. Wenn Schulkinder so etwas bejubelten war es zwar fragwuerdig, aber sie waren dadurch entschuldigt das sie nicht wissen konnten was diese Meldungen fuer ein schreckliches Leid bedeuteten. Aber wenn gestandene Krankenschwestern wegen solchen Meldungen losjubelten, so erschien ihr dies einfach unbegreiflich. Sie hatten doch alle gesehen was diese Waffen anrichten konnten und dass mehr als nur einmal. Ein Verwundeter hatte ihr z.B. einige Bilder, die er im Frankreichfeldzug gemacht hatte, gezeigt. Die Bilder zeigten teilweise abgeschossene franzoesische Panzer, aus deren Oeffnungen tote Menschen hingen die dort elendig verreckt sein mussten. Nicht zu sprechen von den zerissenen und verstuemmelten Toten in den Granattrichtern. Sie alle waren fuer ihr Vaterland gestorben, doch es sah keineswegs Heldenhaft aus. Im Gegenteil, solche Bilder waren das beste Argument gegen dieses wahnsinnige Schlachthaus namens Krieg! Keiner dieser Menschen war mit einem Laecheln auf den Lippen gestorben. Bestenfalls waren sie sofort tot, schlimmstenfalls waren sie bei vollem Bewusstsein verblutet. Nein, daran fand sie nichts Ehrenhaftes und Sueßes schon gleich gar nicht.

Wenn die Zeitungen nun unsere „Ach so großen Erfolge“ gegen den Feind bejubelten, so regte sich in ihr, gegen diese irrsinnigen Jubelmeldungen, Widerstand. Dort starben Menschen, Menschen in Uniformen, in Uniformen die ihnen gegen diese modernen Waffen nicht helfen. Sie sind hilflos auf dem Praesentierteller und werden erbarmungslos „zusammen gerotzt“, wie ihr Cousin Robert, seines Zeichens Stuka-Pilot, es bezeichnet. Sobald die Witterung es zu ließ stiegen die Flugzeuge auf und suchten sich ihre Ziele. Ihr Cousin sagt, dass sie dabei in ein bestimmtes Zielgebiet geleitet werden und dort alles angreifen was militaerisch von Bedeutung ist. In Frontnaehe greifen sie direkt in die Kaempfe ein und liquidieren Feindstellungen im Sturzflug, im Hinterland greifen sie alles an was fuer den Transport von Truppen notwendig ist. Eisenbahnhoefe, Verkehrsknotenpunkte und Vorratslager. Menschenjagd, dass war es was dieser Krieg war.
Genau um die Menschen, egal in welcher Uniform, egal ob Zivilist oder Soldat, genau um diese ging es ihr. Diese Menschen im Kriege, die taten ihr Leid.

Dieses Mitgefuehl vermisste sie bei ihren Kolleginnen. Sie jubelten ueber die Vernichtung von Menschen, obwohl sie doch dem Erhalt des Lebens verpflichtet sind. Sie wollten alle einen Soldaten als Mann, einen Helden mit eisernen Kreuz fuer ein dutzend Morde in Serie. Der Beruf Soldat muesste sie, wuerden sie ihren Beruf aus Ueberzeugung machen, eigentlich abstoßen. Gewiss, das Handwerk des Soldaten scheint in diesen Zeiten noch nicht weg zu denken, die Welt scheint noch nicht reif dazu, aber es konnte doch nicht sein das diejenigen, die sich verpflichteten das Leben zu erhalten, sich jenen an den Hals warfen deren Aufgabe es ist das Leben zu vernichten. Wenn wir unsere Arbeit nicht tun, tun es die anderen sagen die Soldaten und ja, sie haben recht damit, fuer sie gilt dieser Satz gewissermaßen uneingeschraenkt. Aber fuer uns Krankenschwestern?

Was war fuer die anderen Krankenschwestern ueberhaupt der Antrieb gewesen diesen Beruf zu ergreifen? Mit Ueberzeugung konnte es ja nichts zu tun haben. Sie selbst wollte Menschen helfen gesund zu werden, es ging ihr immer um den Menschen und nicht die Nationalitaet. Sie fuehlte sich dem Menschen an sich, dem Grundgedanken des Humanismus verpflichtet. Doch die anderen? Geld? Anerkennung oder die Hoffnung sich einen „Helden“ zu angeln? So einen „Helden“ wie diesen Generalmajor Nachtwandler, den die Regionalzeitung seit geraumer Zeit protegierte? Der Generalmajor aus Stralsund, heldenhafter Soldat des ersten Weltkrieges, Divisionskommandeur der 1. Alpenjaegerdivision, dessen blutige Spur sich quer durch europaeischen Kontinent zog. Die Stralsunder Zeitung feierte „unseren“ Helden und war dabei nicht einmal in der Lage ein aktuelles Foto von ihm zu drucken. Man hatte nur eines aus dem Jahre 1924 gefunden, auf der er wie eine Karikatur eines preussischer Offiziers wirkte und mit verkniffenem Sauerkrautgesicht in die Kamera starrte. Solche Helden braucht die Welt und alles geht zu Grunde... .
Es war ihr unbegreiflich wie ihre Kolleginnen sich ueber jeden Artikel, der sich mit diesem „Helden“ beschaeftigte, so freuen konnten.

Doch was solls. Es waren ihre letzten Tage in diesem Krankenhaus. Sie hatte sich, nach Ruecksprache mit dem alten Doktor Bahlmann, welcher ein Doktor mit Herz und Seele war, ein absoluter Ueberzeugungstaeter, dazu entschlossen in den Lazarettzuegen zu arbeiten. Doktor Bahlmann hatte fuer ihre Entschluss absolutes Verstaendniss, teilten sie doch die gleichen Ueberzeugungen. Also vermittelte er ihr die notwendigen Kontakte und setzte fuer sie sogar ein Empfehlungsschreiben auf. Gleichwohl war Doktor Bahlmann darueber nicht gluecklich. Er hatte von ihr die Zusage verlangt das sie, nach dem Kriege oder sobald er darum bittet, unverzueglich hierher zurueck zu kehren hat. Eine Zusage die sie ihm gerne gab.
Was sie in den Lazarettzuegen erwartete wusste sie noch nicht. Es war nur soviel bekannt, das man wohl in die Naehe der Front fuhr, Verwundete aufnahm und diese dann mit Zuegen heim ins Reich fuhr. Pflegeeinsatz unter verschaerften Bedingungen sozusagen. Aber es erschien ihr damit moeglich aus ihrem unertraeglichen Umfeld auszubrechen. Auch glaubte sie dass sie ihrem Beduefniss, anderen Menschen zu helfen, dadurch besser nachkommen konnte.

Ihr Kolleginnen konnten ihren Entschluss nicht verstehen, aber dass wunderte sie in Anbetracht ihres sonstigen Benehmens irgendwie auch nicht mehr.
Widerstand ist echt mein Ding! - S. Tapir



Benutzeravatar
xxHyFoxx
Capsarius
Capsarius
Beiträge: 161
Registriert: 22. August 2012 19:15
Wohnort: SBZ
:
AAR-Schreiber

Re: [HoI II AAR] The guilty have no pride

Beitragvon xxHyFoxx » 12. Mai 2014 19:33

Die Uebung

Lieutnant Fench hielt diese ganze Unternehmung von Anfang an fuer eine duemmliche, von zu viel Gin durchtraenkte, Kopfgeburt irgendeines Politikers. Die Deutschen hatten Jugoslawien den Krieg erklaert, Groß Britannien sagte Soforthilfe zu und nun saß die Second Fighter Squadron nahe Split fest. Befehl: Eingreifen, Luftraum freikaempfen, Jugoslawen im Erdkampf untersutuetzen.
Nur was sollte man hier unterstuetzen? Die jugoslawischen Truppen waren seit dem ersten Tag auf dem Rueckzug. Zudem hatten die deutschen Truppen, nach der Eroberung von Laibach und Marburg, einen Sturmlauf durch Jugoslawien angetreten. Flankiert durch ihre Sturzkampfbomber, zermalmten sie jeden aufkeimenden Widerstand innerhalb weniger Minuten. Dass hatte zur Folge, dass bei der jugoslawischen Armee an organisiertem Widerstand nicht mehr zu denken war. Die Truppe zeigte ernste Aufloesungserscheinungen, die sich darin aeußerten, dass die jugoslawischen Soldaten Kopflos nach Sueden fluechteten, sich widerstandslos ueberrollen ließen oder einfach desertierten.
In diesem Umfeld die First bis Fourth Fighter Squadron einsetzen zu wollen, um den Piloten das Sammeln von Kampferfahrung zu ermoeglichen, war der absolute Irrsinn. Es bestand dazu auch keinerlei Moeglichkeit, denn bei Ankunft der Flugzeuge lag der Flugplatz fast verlassen da. Außer einigen wenigen Zivilpersonen, waren nur die Scottish Guards da, welche man zuvor eingeflogen hatte um Bewachungsaufgaben wahr zu nehmen. Doch selbst dazu kam es nicht, denn die Guards mussten Pionierarbeit leisten und den Flugplatz in einen einsatztauglichen Zustand bringen. Es mussten Unterstaende und Quartiere angelegt, Rollbahnen markiert, Splitterschutzgraeben ausgehoben, die Treibstoffanlage instand gesetzt, Tarnung und Flak-Geschuetze zum Schutz des Flugplatzes aufgestellt werden. Dazu kam die Errichtung eines Med-Punktes, der Reperaturwerkstaetten und entsprechender Munitionsdepots.
Diese Mehrfachbelastung fuehrte schlicht und ergreifend dazu, dass es von allem ungenuegend und zu wenig gab.

Doch trotz dieser erheblichen Defizite, waren schon einige Piloten zu ersten Erkundungsfluegen aufgestiegen, um sich am Gelaende zu orientieren und die Staerke der deutschen Luftwaffe zu pruefen. Dabei konnte festgestellt werden, dass bis auf den Jagdschutz bei den taktischen Bombern, keine deutschen Jaeger im Einsatz waren. Wozu auch? Die deutschen Flugzeuge konnten bisher schalten und walten wie es ihnen beliebte. Das bedeutete aber auch, dass sie bei einem konzentrierten Einsatz von Abfangjaegern erhebliche Verluste erleiden mussten. Bei den Piloten keimte daher schon die Hoffnung nach einem zweiten Troyes und Auxerre auf. Dort hatte naemlich die franzoesische Luftwaffe, im Fruhjahr 1940, zwei deutsche Bomberkorps abgefangen. Es soll dabei zugegangen sein wie bei einem Truthahnschießen, da die schweren deutschen Bomber den kleinen wendigen Hawkers nicht entkommen konnten und so erhebliche Verluste hinnehmen mussten. Diese Verluste schienen damals so gravierend ausgefallen zu sein, dass die Deutschen hernach ihre Luftwaffe so gut wie gar nicht mehr einsetzten, was aber am Kriegsverlauf in Frankreich nichts mehr zu aendern vermochte.
Ein konzentrierter Einsatz der Abfangjaeger... , doch diesen konzentrierten Einsatz der Abfangjaeger zu gewaehrleisten, war das eigentliche Problem. Um die entsprechende Logistik auf zu bauen wuerde man noch gut zwei Wochen brauchen, fraglich aber war ob man ueberhaupt noch so lange wuerde bleiben koennen. Die deutschen Verbaende rueckten ja mit hoher Geschwindigkeit vor und koennten noch vor Sicherstellung der Flugbereitschaft in Split eintreffen. Davon unabhaengig war ohnehin nicht davon auszugehen dass es hier einen langen Einsatz geben wuerde.

Sergeant O'Connor, welcher am Lieutnant vorbei ging zischte ihm etwas zu das sich nach: „Something is coming“ anhoerte. Fench wandte sich irritiert um und fragte nach: „What have you said?“. „Something is coming, i can feel that. Don't ask why, i know it.“ war die kurze Antwort und dann ging der Sergeant hinueber zu den Splitterschutzgraeben, welche man am Rande des Flugplatzes ausgehoben hatte. Kaum war dieser in den Splitterschutzgraeben verschwunden geschah es auch schon. Ein entferntes Brummen erfuellte die Luft, ein Brummen dass unablaessig lauter zu werden schien und dessen Quelle er erst sah, als dreißig Sekunden spaeter ein Fieseler Storch ueber eine Huegelkuppe, welche westlich des Flugplatzes lag, geflogen kam. Fench ergriff seinen Feldstecher und erhaschte einen Blick in die Pilotenkanzel, nur um ebenda in das Gesicht eines Kameramannes zu blicken welcher ihn offensichtlich filmte. Dem Lieutnant klappte beinahe der Unterkiefer herunter, so eine Dreistigkeit hatte er noch nicht erlebt.
Neben ihm rannten waerend dessen nun ein paar Scottish Guards vorbei, welche sich daran machten eines der Flak-Geschuetze feuerbereit zu machen. Ihnen folgten einige Piloten, welche aufgescheuchten Huehnern gleich, zu den Maschinen herueber liefen die fuer den Alarmstart vorgesehen worden waren.
Fench stand derweil noch still da, denn ihm wurde nicht so richtig klar was er hier gerade erlebte. Die beiden Insassen des Storches mussten doch gemerkt haben, dass sie hier einen intakten Militaerflugplatz ueberflogen, der drauf und dran war sie abzuschießen.

Bild


Pock, Pock, Pock, Pock, Pock, Pock.

Die erste Salve der Flak lag zu hoch um Wirkung zu erzielen, die Guards fluchten nur und luden nach. Die zweite Salve hoehrte Fench dann schon nicht mehr, da ihr Schall durch die Sirenen verschluckt worden war. Die Jericho Sirenen.
Vier deutsche Sturzkampfbomber waren zum Sturzflug uebergegangen und warfen ihre 500 kg Bomben kurz danach punktgenau in die Spitfire Maschinen der Alarmstaffel. Die Maschinen gingen sogleich in einer Explosion aus Schutt, Dreck, und Flammen auf. Fench sah unglaeubig wie aus dieser Flammenhoelle Piloten, lebenden Fackeln gleich, gerannt kamen. Manche rannten und schrien, anderen warfen sich auf den Boden, waelzten sich umher und schrien und noch wieder andere wurden durch das MG Feuer aus den Stukas, welche zu einem Angriff mit Bordwaffen angesetzt hatten, nieder gemacht. Es war ein grausiges Schauspiel und es hatte gerade erst begonnen.
Die naechste Staffel Stukas war naemlich erschienen und flog einen Angriff auf die Treibstoffanlage welche sich am noerdlichen Ende des Flugplatzes befand. Die Bomben fanden ihr Ziel und schon bald war die Luft mit dem Geruch von verbrannten Benzin und Menschenfleisch geschwaengert. Denn bei dem Treibstofflager hatte man aus Platzmangel einige Verwaltungsgebaeude zu Manschaftsunterkuenften umfunktioniert, welche nun ein Raub der Flammen wurden. Derweil erschien die naechste Staffel Stukas am Himmel und Fench blickte nach oben. Der Fieseler Storch flog ueber ihn hinweg und filmte das Geschehen wohl weiterhin. Wie bei einer Uebung dachte Fench. Die Deutschen flogen den Angriff wie bei einer Uebung und filmten ihn auch noch um ihn spaeter auswerten zu koennen. Es schien die Ironie der Geschichte zu sein, dass der Einsatz der Second Fighter Squadron als Uebungseinsatz geplant worden war und nun wirklich zu einem wurde. Nur fuer die falsche Seite.

Zwei, inzwischen arbeitslos gewordene Piloten, hakten Lieutnant Fench, welcher wie ein einsamer Rufer auf dem Flugfeld stand, unter und nahmen ihn dann mit auf ihrem Weg zu den Splitterschutzgraeben. Der naechste Angriff begann...


Auszug aus der Stabsbesprechung II Fliegerkorps nach dem Angriff aus das Flugfeld bei Split:

„ ... kann der Angriff auf das Flugfeld bei Split als Erfolg gewertet werden. Ein Großteil der einsatzfaehigen Spitfire und Hawker Maschinen wurde am Boden zerstoert. Das Treibstofflager ist nicht mehr und auch die Start-, Lande- und Rangierbahnen konnten zerstoert werden. Von den Verlusten an Mensch und Material, den der Gegner erlitten hat, mal abgesehen, ist es aeußerst unwahrscheinlich das es noch zu einem Eingreifen britischer Flugzeuge ueber Jugoslawien kommt. Wir koennen daher nun unser Hauptaugenmerk wieder auf... „
Widerstand ist echt mein Ding! - S. Tapir



Benutzeravatar
xxHyFoxx
Capsarius
Capsarius
Beiträge: 161
Registriert: 22. August 2012 19:15
Wohnort: SBZ
:
AAR-Schreiber

Re: [HoI II AAR] The guilty have no pride

Beitragvon xxHyFoxx » 14. Mai 2014 19:46

Der Feind meines Feindes ist mein Freund

„Na, wie geht es uns denn heute?“ fragte der Arzt freundlich, wobei er mich gar nicht ansah, sondern damit beschaeftigt war, sein Stethoskop aus der Kitteltasche hervor zu fingern. „Schlecht!“ antwortete ich nonchalant und sah ihm dann dabei zu wie er sich die Oliven in Ohren steckte. „Fein, das heist wir sind auf dem Weg der Besserung. Bitte mal schoen tief durch den offenen Mund ein- und ausatmen.“ erwiderte der Doktor nur und anschließend begann er damit meine Brust abzuhoeren. Nachdem er auch meinen Ruecken belauscht hatte, verkroch ich mich wieder in mein Bett und sah, dass der Doktor sich ein paar Notizen machte. Hernach sah er noch einmal meine Krankenakte durch und nickte dann zufrieden: „Also, das sieht in der Tat gut aus. Das Fieber ist inzwischen runter auf 38,2°C, was einer Temperaturdifferenz von 1,3°K entspricht. Der Husten hat sich inzwischen geloest, was gut zu hoehren ist und die Tatsache dass sie auch schon wieder Kleinigkeiten essen, ist ein gutes Zeichen dafuer, dass der Organismus sich auch schon wieder anderen Dingen zuwenden kann als der Bekaempfung ihrer Krankheit. Ach ja, haben sie mit dem Kraeutertee, den Schwester Marion fuer sie gekocht hat, irgendwelche mitteilenswerten Erfahrungen gemacht?“
Der Doktor blinzelte ueber seine Brille hinweg und sah mich auffordernd an. „Kommt drauf an...“ antwortete ich „...ob es sie interessiert das alles was ich abhuste irgendwie nach Myhrre und Minze riecht.“ „Sie meinen es riecht nach den genannten Kraeutern?“ „Das waere zuviel gesagt. Es ist eher so ein unterschwelliger Geschmack den ich dann im Rachen habe.“ Der Doktor hmte etwas, machte sich noch ein paar Notizen und war schon im Begriff aufzubrechen, als er sich noch einmal umwandte: „Sie sind immer noch krank, also bleiben sie bitte im Bett und hoehren sie auf diese ganzen Schmuh da zu lesen.“. Er deutete dabei auf einen Stapel Berichte, der neben meinem Bett stand und durch welchen ich mich gerade kaempfte.
„Jawohl mein Kaiser!“ antwortete ich zackig und schlug im Bett meine Hacken zusammen, wobei der Schmerz, der anschließend meine Beine empor kroch, mich daran erinnerte das ich keine Schuhe trug. Der Doktor schuettelte nur den Kopf und ging dann zur Tuere hinaus, wobei er noch etwas brubbelte, dass klang wie: „... sie machen ja ohnehin was sie wollen...“. Ich sah noch kurz auf die Tuere und griente etwas, ehe ich mir einen der Berichte vom Stapel griff.

Der Krieg in Jugoslawien war am 15. Mai 1941, nach 23 Tagen Krieg, mit der militaerischen Kapitulation Jugoslawien zu Ende gegangen. Die politische Fuehrung Jugoslawiens war daraufhin, wie es dieser Zeiten so Unsitte ist, nach London emigriert und bildete ebenda eine Exilregierung, die den Kampf gegen das deutsche Reich ebenda, mit viel Propaganda und noch mehr aufmunternden Worten, fortsetzte. Das waere dann im uebrigen Exilregierung Nummero fuenf.
Ich hatte von der Kapitulation allerdings ueberhaupt nichts, da mich eine Grippe flach gelegt hatte. Waerend dieser Zeit hatte Oberst Oestenmarsch, sehr erfolgreich, die Fuehrung der Division uebernommen und koordinierte nun den Transport der Division nach Koenigsberg, wo ueber unsere weitere Verwendung entschieden werden sollte.
Um nun nicht voellig mit den Nachrichtenverbindungen zu brechen, hatte ich mir alle wichtigen Informationen ueber den Kriegsverlauf der letzten Tage in Kopie zu meinem Krankenquartier schicken lassen und immer, wenn ich konnte, durchgelesen. Wesentlich interessanter, als der unendliche Haufen an militaerischen Informationen, war dabei die große Politik. Schließlich gab es gleich zu Anfang des Krieges eine Ueberraschung, die unsere gesamte strategische Planung in Frage zu stellen drohte. Am 24. April 1941 erklaerte Bulgarien Jugoslawien einseitig den Krieg. Dieser Balkan war wirklich ein unendliches Fass an gekraenkten Eitelkeiten und Persoenlichkeiten.
Das Bulgarien in Jugoslawien eigene territoriale Interessen hatte war zwar bekannt, dass es aber bereit war voellig unvorbereitet auf den einmal fahrenden Zug auf zu springen, ueberraschte dann aber doch. Die Sache entkrampfte sich fuer uns erst am 30. April, als Bulgarien den Achsenmaechten beitrat und ihre militaerische Fuehrung in Fragen des Balkanfeldzuges dem OKW unterwarf.

Das tat es allerdings nicht ganz uneigennuetzig, denn inzwischen hatte sich das Kriegsglueck der Bulgaren gewendet, so dass sie von einer militaerischen Hilfe zu einer Belastung wurden, welche nun unablaessig nach Entlastungsangriffen schrie. Die Unternehmensfuehrung wich aber nicht von seinen einmal getroffenen Entscheidungen ab und beließ es lieber bei der bestehenden Planung, was sich aus unserer Sicht auch als ausreichend erwies.
Unsere Gebirgsjaeger konnten die in sie gesetzten Erwartungen voll erfuellen. Bis zur Kapitulation gelang es der westlichen Stoßgruppe bis nach Mostar vorzustoßen und den Fluss Neretva zu ueberqueren. Damit stand uns dort der Weg nach Dubrovnik (ital. Ragusa) offen.
Der oestlichen Stoßgruppe, welche die motorisierten Verbaende umfasste, gelang es bis zum 15. Mai ueber Skopje bei Bitola die ehemalige jugoslawisch-griechische Grenze zu erreichen. Neben diesem, war ihr groeßter Erfolg die kampflose Einnahme Belgrads in den Abendstunden das 30. Aprils, nach gerade einmal acht Kriegstagen. Diese Einnahme haette wohl durchaus noch frueher erfolgen koennen, allerdings hatte die Verbandsfuehrung um Generaloberst von Kaupisch einem Gesuch Guderians stattgegeben, in welchem letztgenannter einige Aenderungen an der Fuehrung der Kampfverbaende vornehmen wollte. Dies konnte den Ueberlegungen Guderians nur dienlich sein, hatte er doch nebenbei vom OKW den Auftrag das Fuehrungskonzept zu ueberarbeiten.
Unter dem Strich konnten wir mit der Durchfuehrung des Unternehmens also recht zufrieden sein. Es gelang uns in Zagreb und Sarajewo mehrere Feindverbaende einzukreisen und anschließend aufzureiben. Einziger Wermutstropfen war die exzellente Fuehrungsleistung des jugoslawischen Generaloberst Petar Zivkovic. Diesem gelang es naemlich, die ihm unterstellten Divisionen von Bjelovar aus, ueber Banja Luka, Split und Mostar bis nach Dubrovnik zurueck zu ziehen, wo sie als teilweise immer noch geschlossener Verbaend, wohl auf die Ausschiffung durch Groß Britannien gehofft hatten. Dazu sollte es aber nicht mehr kommen, da die Briten, seit der Wegnahme Splits am 6. Mai 1941, keinen Fuß mehr auf jugoslawischen Boden gesetzt hatten.

Bei unseren Verbuendeten wiederum schwankte die Leistung im Felde teilweise recht erheblich. Hatten die Ungarn mit ihrem Durchbruch bis an die Donau und der Wegnahme von Neusatz (Novi Sad) noch großen Erfolg, welcher auch durch die taktischen Leistungen der Ungarn im Felde bestaetigt wurden, zeigte sich, dass unser rumaenischer Waffenbruder ein bisschen klapprig war. Von Seiten des OKW gab es zwar nie eine Anfrage auf Waffenhilfe, aber die Rumaenen hatten sie uns mit ihrem Prestigedenken geradezu aufgenoetigt. Es gab daher ja die Entscheidung ihnen im Osten einen Gefechtsraum zu ueberlassen, wo sie dann ihre „hervorragende“ Kavallerie zum Einsatz bringen wollten. Diese „hervorragende“ Kavallerie hatte dann auch den hoechsten Blutzoll zu entrichten, so dass die Moral innerhalb der Truppe bald am Boden lag.
Es schien den rumaenischen Militaers voellig entgangen zu sein, dass ihr Anfangserfolg bei der Wegnahme Zrenjanins, nur durch die Unterstuetzungsangriffe zweier Infanteriedivisionen erreicht worden war. Zwar hatten die rumaenischen Kavalleriedivisionen diese Stadt als erstes (und Einzigste) besetzt, aber es hatte sich schon gezeigt, dass es ihnen an der notwendigen Kraft mangelte sich gegen harten Widerstand durchzusetzen. Die blutigen Verluste vor den serbischen Stellungen, hielten das Oberkommando der rumaenischen Armee aber nicht davon ab, die Kavalleriedivisionen auch auf Nis anzusetzen. Es war zwar nachvollziehbar, dass man Aufgrund der Distanz nach Nis auf schnelle Einheiten setzen wollte, aber die Weigerung ein oder zwei Infanteriedivisionen als Unterstuetzung nachzuschicken, stellte sich bald als folgenschwerer Irrtum heraus.
Zwar gelang es noch Nis zu besetzen, doch die Kavallerie konnte sich nicht gegen die entschlossen vorgetragenen Gegenangriffe der Jugoslawen zu Wehr setzen, so dass die Stadt nach heftigen Gefechten wieder geraeumt werden musste. Auch wenige Tage spaeter, nach der zweiten Einnahme der Stadt durch die Rumaenen, gelang es nicht sich gegen die heftigen Gegenangriffe der Jugoslawen zu stemmen. Erst der Durchbruch deutscher Verbaende durch Novi Pazar, auf dem Weg nach Pristina, beendete das Ringen um Nis im Sinne Rumaeniens.
Aus den Leistungen der rumaenischen Armee bleibt uns als Fazit nur das beruehmte Fragezeichen und die Frage „Wer bist du?“ uebrig. Wir konnten nur hoffen, dass die Truppenfuehrung innerhalb der rumaenischen Armee andernorts besser ist.

Das bulgarische Heer kam, wie Eingangs schon erwaehnt, zum Kriege wie die Jungfrau zum Kinde. Nach einem ersten heftigen Schlagabtausch um Strumica, wurde nach anschließendem Abbruch der Kaempfe deutlich, dass das bulgarische Heer auf diesen Krieg in keinster Weise vorbereitet war. Die Ausruestung der bulgarischen Divisionen war veraltet, die Fuehrung mangelhaft und die Kampfkraft der Truppe allgemein gering. Letzteres fand seine Ursache hauptsaechlich darin, dass die bulgarische Fuehrung innerlich zerstritten war und sich nicht ueber die Ziele der Unternehmung einigen konnte. So kam es, dass außer einem kurzen, erfolgosen Angriff zu Anfang des Krieges und einem kurzen (und erfolgreichem) Angriff zu Ende des Krieges auf Strumica, von den Bulgaren militaerisch kaum etwas zu vernehmen war. Mal abgesehen von der Angst in der Zwischenzeit Opfer eines jugoslawischen Gegenangriffes zu werden.
Dieses aenderte sich allerdings mit der Kapitulation Jugoslawiens. Da waren mit einem Male ganz neue Toene zu vernehmen, die ungerfaehr so klangen: „Hallo liebe Verbuendete! Also ohne uns waer das ganze ja wohl gar nix gewesen. Wir nehmen uns daher aus den Resten Jugoslawiens Makedonien heraus. Ach ja, Krieg ist eigentlich gar nicht unser Ding, waere daher toll wenn ihr in Zukunft ohne uns weiter plant. Tschuess und bis zum naechsten Mal.
PS. Also in Griechenland haetten wir noch gerne den ein oder anderen Landstrich...“
Da unserem Oberkommando wenig an der permanenten Besetzung Jugoslawien gelegen war, gab man die geforderten Gebiete ab und forderte im Gegenzug bulgarische Truppen fuer Jugoslawien ein. Diese sollten ebenda erst einmal Sicherungsaufgaben war nehmen. Zaehneknirschend mussten die Bulgaren dieser Forderung nachkommen und fast die Haelfte ihres Heeres ins ehemalige Jugoslawien ueberstellen. Damit war der Balkan wieder unter Kontrolle der Achsenmaechte.

Bild
Widerstand ist echt mein Ding! - S. Tapir



Benutzeravatar
xxHyFoxx
Capsarius
Capsarius
Beiträge: 161
Registriert: 22. August 2012 19:15
Wohnort: SBZ
:
AAR-Schreiber

Re: [HoI II AAR] The guilty have no pride

Beitragvon xxHyFoxx » 19. Mai 2014 20:59

„Das macht nichts, er schafft das schon!“

1. Juni 1941, Zossen

„Das ist doch Quatsch Hugo! Du hast einen großen Fundus an Generalen, also bediene dich Ihrer!“
„Eben, und ich will eben genau diesen als Generalstabschef.“
„Das liegt ueber seinen bisherigen Positionen.“
„Das macht nichts, er schafft das schon.“
„Hugo... das ist nicht so einfach wie du denkst. Vielleicht hat er Dich in Jugoslawien ueberzeugt, vielleicht hat Dir sein Grundplan gut gefallen, vielleicht magst du kleine jaehzornige Bengels aber er ist Ungelenk! Nicht reif, zu alt um noch reif zu werden.“
„Du fuerchtest das er entgleitet?“
„Ich weiß das er entgleitet. Er steigert sich in Dinge hinein, sieht sich im Recht und trampelt alles nieder was ihm im Wege steht.“
„Ein Generalstabschef muss seine Meinung haben und sie vertreten.“
„Aber ohne Unflaetigkeiten!“
„Das wird er schon noch lernen.“
„Der Mann ist vierundvierzig!“
„Das macht nichts, er schafft das schon!“
„Das beweist nur wie wenig Du ihn verstehst. Aber gut, du sollst deinen Willen bekommen! Unter zwei Bedingungen!“
„Die waeren?“
„Alles zu seiner Person obliegt dem Heerespersonalamt. Zweitens, du bist der Befehlshaber des Armeeoberkommandos und den Kontakt zu finnischen Generalstab haelst Du. Nur Du!“
„Das erste ist kein Problem, aber warum soll er nicht...?“
„Ich sagte schon der Mann ist in seinem Auftreten unberechenbar. Wenn es nicht nach seinem Kopf geht kennt er keine Grenzen. Das ist keine gute Charaktereigenschaft, schon gar nicht im hoeheren Dienst.“
„Man waechst mit seinen Aufgaben.“
„Das hat man von Zitzewitz damals auch gedacht. Du weißt was dass fuer ein sturer, alter, jaehzorniger Bock war.“
„Schoene Rezeption, aber was hat der damit zu tun?“
„Von dem Kerl hat er sein Offizierspatent.“
„Ai. Aber wenn Du meinst das Umgang den Menschen formt, dann ist er bei mir ja in den besten Haenden.“
„Eben darum behaelst du die Koordinierung mit den Finnen in deinen Haenden. Ich kann keinen Generalstabschef gebrauchen der unseren Verbuendeten erklaert das ihr großes Glueck darin liegt, dass der Gegner noch bloeder zu ist als sie selbst.“
„Den Satz hast du aber geklaut.“
„Ja, von Zitzewitz: , „... das große Glueck unserer obersten Heeresleitung ist es, dass seine Pendants in den Feindstaaten sich offensichtlich auch nur aus einem Haufen traditionsverliebter Idioten rekrutiert haben.“.“
„Darueber war man nicht sehr gluecklich damals.“
„Ich waere es heute auch nicht.“



2. Juni 1941, Finnland, Oulu, Hauptquartier 1. Alpenjaegerdivision

„Takiyya, Takiyya, Takkiya...“ Der deutsche Wachsoldat blickte in den Raum hinein und sah seine Vorgesetzten dort herum torkeln. Manche krochen auf allen Vieren umher, andere hielten sich irgendwo fest und noch wieder andere sangen, ineinander verhakt, irgendwelche fremden Lieder. In dieser Lieder singenden Gruppe, steckte neben dem Divisionskommandeur auch der Ia, was nichts anderes bedeutete als das der ganze Divisionsstab nicht mehr ansprechbar war. Unhaltbare Zustaende also, Zustaende die ein schweres Dienstvergehen darstellten und drakonische Strafmaßnahmen zur Folge haben werden. Wenn man sich erwischen laeßt.
Hier und jetzt sah er aber das auch seine Vorgesetzten nur Menschen waren, Menschen die ueber die Straenge schlugen, Menschen die im Rausch vergaßen, dass sie sonst stets das Vorbild heraus kehrten.
Der Wachsoldat wandte sich wieder um und sah in dem Moment den Ib, den Quartiermeister der Division, mit einer Sackkarre Schnaps an ihm vorbei rauschen. Lachend betrat er den Raum mit der Feiergesellschaft und rief aus: „Nachschub, ich hab Nachschub besorgt...“ „Hurrah!“ schallte es ihm aus allen Kehlen entgegen und irgendjemand stimmte nun ein neues Lied an, in das nur Nachtwandler einstimmte. Man sang auf plattdeutsch: „Minschen ut'n Nuurden“.
Der Wachsoldat tippte sich wortlos an die Stirn, blickte einen Moment zum Himmel auf und hoffte innerlich, dass es heute kein Ferngespraech mehr geben wuerde in dem jemand vom Divisionsstab gefordert werden wuerde. Es war schlicht und ergreifend nicht zu erklaeren was hier ablief.


3. Juni 1941, Finnland, Oulu, Hauptquartier 1. Alpenjaegerdivision

Ich saß zusammen gesunken in meinem Ohrensessel und blickte dabei auf einen Zettel in meiner Hand. Auf ihm stand irgend etwas auf Deutsch, aber ich konnte seinen Inhalt nicht erfassen. Ich legte meinen Kopf gegen die Ohren des Sessels und schloss meine Augen, nur um dabei die Marschkolonnen, die in meinem Kopf ihre Runden drehten, noch deutlicher zu vernehmen. Verzweifelt versuchte ich ueber die Marschkolonne hinweg zu hoehren, konnte aber keine anderen Geraeusche erfassen. Ein Blick in den Raum bestaetigte mir, dass ich, trotz der Geisterarmeen, alleine war. So bleib es dann auch noch eine Weile, bis ich Schritte hoerte. Schritte die sich jeder fuer sich anfuehlten, als ob man mir gegen den Kopf treten wuerde.
Oberst Oestenmarsch erschien Sekunden spaeter in der Tuere und er sah zum Kotzen aus. Leichenblass mit dunklen Augenhoehlen, fahrig in seinen Bewegungen und einer voellig verdreckten Uniform. „Melde mich zum Dienst.“ stoehnte er nur und lehnte sich dann gegen den Tuerrahmen. Er schloss kurze die Augen und sackte wenige Augenblicke spaeter grinsend in sich zusammen. „Nie wieder finnischen Vodka...“ kam es von unten und ich blickte wieder auf den Zettel in meinen Haenden. Warum hatten wir eigentlich gefeiert? Ich las noch einmal die erste Zeile des Textes vor, konnte den Inhalt aber abermals nicht erfassen: „... sind sie hiermit zum Chef des Generalstabes der 5. Armee bestellt.“.
Was wollten die im OKW nur von mir?
Widerstand ist echt mein Ding! - S. Tapir



Benutzeravatar
xxHyFoxx
Capsarius
Capsarius
Beiträge: 161
Registriert: 22. August 2012 19:15
Wohnort: SBZ
:
AAR-Schreiber

Re: [HoI II AAR] The guilty have no pride

Beitragvon xxHyFoxx » 21. Mai 2014 21:40

Quo vadis?

5. Juni 1941, Finnland, Kajaani, 5. Armee

Die Geschichte hat mir wenig Zeit gelassen. Nach unserer Feierlichkeit musste ich mich zuegig in den Stab der fuenften Armee begeben und die bisher erarbeiteten Plaene fuer die 5. Armee studieren. Außer einer Beurteilung der finnischen Armee und einigen Unterlagen, die sich mit einem defensiven Handlungskonzept beschaeftigten, war aber nicht viel Material vorhanden.
Grundgedanke beim Entwurf dieses Handlungskonzeptes war wohl die rote Armee auf breiter Front zu binden, naemlich von Petsamo herab bis nach Kajaani. Die dafuer notwendige Bemannung der gesamten Front sollte bis Mitte Juni 1941 abgeschlossen werden, was aber schon nicht mehr zu schaffen war. Ein Teil der hierfuer eingeplanten Divisionen saß naemlich noch in Koenigsberg und wartete ebenda auf seine Verschiffung nach Finnland. Somit konnte das erste, defensive Handelskonzept schon als gescheitert betrachtet werden. Das sogar vor dem ersten Schuss, eine reife Leistung.
Darueber schien man sich im OKW aber schon laengst im klaren zu sein, schließlich hatte man, mit dem General der Kavallerie von Kayser, jemanden zum Oberbefehlshaber berufen, der sich, Kraft seiner Truppengattung, nicht gerade in Metertief im Boden eingrub. Das OKW erwartete von der fuenften Armee also Offensive, Offensive und nochmals Offensive!

Bevor ich mich aber mit Umstellung der strategischen Planung beschaeftigen wollte, ließ ich mir erst einmal Bericht ueber den Umfang der 5. Armee erstatten. Diese gliederte sich wie folgt:


Gliederung der 5. Armee:
    Kajaani: 5. Armee (von Kayser)
    HQ
    KG Suomi 1
      1. Alpenjaegerdivision (Nachtwandler)
      1. Gebirgsjaeger-Division (Student)
      2. Gebirgsjaeger-Division (Ringel)
    KG Suomi 2
      5. Gebirgsjaeger-Division (Sanne)
      6. Waffen ZZ-Freiw.-Geb.Division 'Nord' (Boehme)
      7. Gebirgsjaeger-Division (Dietl)
    KG Suomi 3
      4. Gebirgsjaeger-Division (Schlemm)
      6. Gebirgsjaeger-Division (Cloessner)
      3. Gebirgsjaeger-Division (Petersen)
    KG Suomi 4
      13. Waffen ZZ-Geb.Div 'Handschar' (Rerancze)
    KG Marine
      5. Marine-Sturm-Division (Ramcke)
    Oulu: KG Suomi 4
      7. Waffen ZZ-Freiw.Geb.Div 'Prinz Eugen' (Broich)
    KG Wuennenberg
      1. Waffen ZZ-Pz.Gr.-Division (Roques)
    Rovaniemi: KG Wuennenberg
      3. Waffen ZZ-Pz.Division (Wuennenberg)
      18. Infanterie-Division (mot.) (Keitel W.)

Insgesamt umfasste die 5. Armee 15 Divisionen und ein Hauptquartier. Das waren drei Divisionen mehr als mir bisher bekannt waren.
Besonders ueberraschte mich die Zugehoerigkeit von einem motorisiertem Korps. Wir hatten diese bisher immer Offensiv, auf gut ausgebauten Straßen und geeignetem Gelaende, verwendet. Hier aber war einen schnellen, durch motorisierte Kraefte getragenen, Stoß nicht einmal im Traum zu denken. Die vorherrschende Vegetation in Finnland stand einem solchem Unterfangen naemlich diametral im Wege. Es gab undurchdringliche, uralte Waelder, riesige Findlinge, tueckische Suempfe, Seen und eine beklagenswerte Infrastruktur. Dies war fuer mich Grund genug, dass motorisierte Korps in Rovaniemi als Reserve zu belassen. Von dort aus konnte es schnell als Reserve nach Oulu bzw. nach Norwegen bewegt werden um einen gegnerischen Durchbruch abzufangen bzw, den eigenen Rueckzug zu decken.
Etwas unschluessig war ich auch in der Frage des Einsatzes der KG Marine. Die KG Marine bestand naemlich eigentlich aus insgesamt sechs Marine-Sturm-Divisionen, von denen aber fuenf nach Koenigsberg verlegt worden waren um neue Ausruestung zu erhalten. Ich musste daher fuerchten, dass die 5. Marine-Sturm-Division bald ebenfalls meinem Kommando entzogen und verlegt werden wuerde. Ich entschied mich daher dazu diese bei Kajaani zu belassen und ebenso als Reserve zurueck zu halten.

Somit verblieben mir noch 12 Gebirgsjaeger-Divisionen ueber die ich voll verfuegen konnte. Nach alter Vorstellung sollten hiervon sechs den Abschnitt Petsamo und sechs den Abschnitt Kajaani decken. Doch nach Petsamo wuerden wir es nicht mehr rechtzeitig schaffen. Daher beschloss ich die 12 Gebirgsjaeger-Divisionen in Kajaani zu konzentrieren und Petsamo preis zu geben. Diese Entscheidung werde ich aber rechtfertigen muessen, denn in Petsamo waren wichtige Nickelgruben, die fuer unsere Kriegswirtschaft dringend benoetigt wurden.
Mit der einfachen (und ehrlichen) Antwort, wir wuerden es eh nicht mehr rechtzeitig dahin schaffen, brauchte ich da nicht aufzutreten. Man wuerde schon klar stellen was zu schaffen sei oder nicht. Waerend ich mir also den Kopf ueber jene gute Begruendung zerbrach, kam das Schicksal in Form der militaerischen Aufklaerung vorbei und lieferte mir diese frei Haus. Die Schwaeche der roten Armee.

Denn seit dem Abfassen des defensiven Handlungskonzeptes, hatte sich auch auf sowjetischer Seite viel getan. Die Kraefteverhaeltnisse verschoben sich dort naemlich auch rasend schnell. Waren damals noch Kraefte in einer Staerke von sieben Armeen entlang der finnischen Grenze stationiert, so ging man heute nur noch von einer Staerke von rund vier Armeen aus. Davon war eine Armee im Raum Murmansk stationiert und stellte ebenda ein starkes Bollwerk dar, wohingegen suedlich von Murmansk die sowjetischen Linien stark ausgeduennt waren.
Mit unseren 12 Gebirgsjaeger-Divisionen hatten wir gegenueber diesen ausgeduennten Linien nun sogar einen Kraefteueberschuss, der es uns erlauben wuerde bis zum weißen Meer durchzubrechen. Dadurch koennten wir die sowjetische Armee in Murmansk von ihrem Ueberlandnachschub abschneiden. Die Versorgung dieser Armee muesste anschließend ueber See erfolgen.
Ein toller Plan, der eine Winzigkeit nicht beruecksichtigte. Die finnische Vegetation. Jeder der schon einmal in einem Wald gekaempft hatte wuerde mir, wenn er freundlich waere, einen Vogel zeigen. Ebenda msste naemlich jeder groß angelegte Schlag zu einem Gefecht von lokaler Bedeutung zerfallen. Schließlich konnte niemand dort wissen, was sein Nachbar gerade tat. Greift er an? Zieht er sich zurueck? Von hinten fragt die Artillerie: Wie lagen die Salven? Zu kurz? Zu weit? Weiß der Kuckuck! Und wo zum Henker bleibt der Nachschub?

Gleichwohl sah ich nur in einer Ueberwindung der undurchdringlichen finnischen Waelder den Schluessel zu einem offensiven Vorgehen. Denn nur da waren sie schwach! Und sollten die Sowjets uns gar den „Liebesdienst“ einer Besetzung von Petsamo erweisen, so wuerde ihr Bollwerk Murmansk so weit geschwaecht werden, dass sogar ein direkter Angriff auf Murmansk Erfolg versprach. Eine Teilung der sowjetischen Kraefte wuerde diese naemlich auf Petsamo, Murmansk und den Rest der Kola Halbinsel verstreuen. Ich entschied diese Idee weiter zu verfolgen und dem Befehlshaber des Armeeoberkommandos zur Genehmigung vorzulegen. Es musste einen Weg durch die finnischen Waelder geben!

Bild
Widerstand ist echt mein Ding! - S. Tapir



Benutzeravatar
xxHyFoxx
Capsarius
Capsarius
Beiträge: 161
Registriert: 22. August 2012 19:15
Wohnort: SBZ
:
AAR-Schreiber

Re: [HoI II AAR] The guilty have no pride

Beitragvon xxHyFoxx » 19. Juni 2014 22:49

Nachtmahr

6. Juni 1941, Deutsches Reich, Berlin

„Die hat mich verr...“
Ruckartig schoss Karl mit seinem schweissgebadetem Oberkoerper empor und verharrte so einen Moment in der Dunkelheit seines Zimmers. Er keuchte, sein Atem ging schnell, beinahe panisch und erst langsam wurde ihm klar, dass er ja in seinem Zimmer, in seinem Bett, war. Er hatte nur getraeumt, nur einen boesen Traum gehabt und jetzt, jetzt war alles wieder gut.
Mit einem Seufzer der Erleichterung ließ er sich rueckwaerts fallen, landete sanft in seinem Kopfkissen und dankte Gott fuer seine Guete. Danach zog er sich das Bettdeck wieder bis ans Kinn, schloss die Augen und versuchte wieder Schlaf zu finden. Aber so einfach war die Sache nicht.
Unzaehlige Male drehte er sich hin und her, legte sich auf Ruecken und Bauch, probierte es auf der linken und der rechten Seite, doch ach, sein Geist fand keine Ruhe. Im Gegenteil, vor seinem geistigen Auge erschienen wieder Fetzen der Bilder die ihn so veraengstigt hatten. Da war dieser komische Mann in Uniform, der zu ihm sprach und dann... ja was hatte er eigentlich am Schluss gemacht? Was war mit diesen... anderen gewesen? Hatten die auch etwas zu ihm gesagt?

Er musste auf andere Gedanken kommen! Was ging ihn dieser Alptraum ueberhaupt an? In seiner Kindheit hatte er oefters mal welche gehabt, Alptraeume die alle in einer Muelltonne endeten. Er sah noch wie der Deckel von dem Ding zufiel und dann, ja dann war er immer aufgewacht. Gehetzt, erschoepft und außer Atem. Doch die Traeume wurden seltener, irgendwann aenderte sich der Inhalt und oft waren sie schon beim aufwachen verblasst. Aber dieser Traum war anders gewesen, irgendwie real.
Karl tadelte sich selbst. Schon wieder hatte er damit begonnen sich mit diesem elendigen Traum zu beschaeftigen. Da oeffnete er seine Augen und sah zur Decke empor, wo ihm das Zierglas der Deckenlampe weißlich entgegen schimmerte. Es war ein schoenes, ein friedliches Bild. Vor dem Kriege, als es noch keine Verdunklung gab, hatte er sich oft vor dem Einschlafen diese Lampe besehen. In ihr spiegelte sich naemlich oft das Licht des Vollmondes, wie zum Gruße, wie zum Spott. In solchen Naechten hatte er naemlich fuer gewoehnlich keine Auge zu bekommen, geschweige denn erholsamen Schlaf gefunden.
Nun stutze Karl aber ein wenig. Es war doch Krieg, er hatte noch etwas gelesen und er hatte auch seine Fenster ordentlich verdunkelt! Sonst haette der daemliche Blockwart Neudert ihn bestimmt schon angezaehlt. Der Feind sieht alles!
Schnell drehte er sich zum Fenster um und was er nun sah raubte ihm den Atem. Er hatte das Fenster verdunkelt! Er hatte diese grobe Stoffbahn herunter gezogen und dort verharrte sie auch immer noch. In der Mitte des Fensters war es auch immer noch dunkel, aber rund um es herum strahlte Licht in seinen Raum hinein. Was in Gottes Namen war das denn?

Das elektrische Licht einschalten brauchte er nicht, es war auch so in der Wohnung hell genug. Alle Moebel waren zu sehen und warfen unnatuerliche Schatten an die Waende. Es bereitete ihm daher keine Probleme in seine Pantoffel zu schluepfen und zum Fenster herueber zu gehen. Vorsichtig zog er dort die Stoffbahn zurueck und war einen Moment wie geblendet, denn nur langsam gewoehnten sich seine Augen an das was er draußen sah. Ueber der Stadt strahlten weder Mond noch Sonne, sondern nur ein grelles, weißes, ballfoermiges Licht. E schwebte dort in niedriger Hoehe an einem festen Punkt. Aber sonst geschah nichts.
Ob er einen Bombenalarm ueberhoehrt hatte? In den Nachrichten hatten sie vor kurzen erklaert, dass die Briten seit neustem Leuchtfeuer einsetzen und damit die Staedte illuminieren. Sie dienen als Zielmarkierungen fuer die angreifenden Bomberpulks. Ob dieses Licht so ein Leuchtfeuer war?
Vorsichtig oeffnete Karl sein Fenster, lauschte ein wenig und als er sich sicher war nichts, aber auch wirklich nichts, zu hoehren sah er zum Nachthimmel hinauf. Das Licht war stark genug sogar die Wolkendecke wieder weiß erscheinen zu lassen und bei geschlossener Wolkendecke kamen keine Bomber. Oder war das ein ganz neuer Trick der Briten? Hatte da jemand ein Leuchtfeuer entzuendet, damit die Bomber auch bei geschlossener Wolkendecke ihr Ziel fanden?
Unschluessig betrachtete Karl das seltsame Licht und verneinte irgendwann einen britischen Trick. Das Licht schwebte wie angenagelt auf der selben Hoehe und wenn er eines in Physik gelernt hatte, dann war es die Erkenntnis, dass das was hoch kommt auch wieder herunter kommen muesse. Die Schwerkraft hatte auf der Erde das letzte Wort.
Da dieses Licht aber nicht herunter kam, entschied Karl, dass er der Sache nachgehen muesse. Er wollte wissen was das fuer ein Ding war!

Zehn Minuten spaeter, er hatte sich vorher ein paar ordentliche Sachen angezogen, stand Karl auf der Straße vor dem Haus. Hier beherrschten noch die langen Schatten und dunklen Fassaden der Haeuser und Baeume das Bild, denn an ihnen kam das Licht nicht vorbei. Karl orientierte sich kurz und ging dann zuegigen Schrittes zur Frankfurter Allee, von wo er hoffte das Licht bald wieder direkt sehen zu koennen.
Doch als er dort ankam, schien sich seine Wahrnehmung geaendert zu haben. Hatte er aus seiner Wohnung das Licht noch als schwebendes Etwas ueber der Stadt wahr genommen, so schien es jetzt genau zwischen den Haeuserreihen zu verharren. Nun kamen ihm ploetzlich Zweifel. Was wenn es doch eine Waffe war? Was wenn es ein geheimes Zeichen fuer... ja weiss der Fuchs was war?

„Wir kriechen!“

Karl zueckte zusammen und drehte sich mehrfach ruckartig zur Seite. Wer hatte das gesagt? Er konnte niemanden sehen, war aber sicher eine Stimme gehoert zu haben. Wobei, nein, es war nicht eine Stimme, es waren Derer viele gewesen.
Ein leichter Anflug von Panik durchfuhr ihn und erst in dem Moment, als er wieder in Richtung des Lichtes sah, da beruhigte er sich wieder. Denn da war jemand, jemand den er kannte. Genauer gesagt eine Sie.
Ihr Name war Sabine, Sabine Hoffmann, Reinsberger, Schmitkovic oder Schulz. Genau wusste er das nicht, denn außer ihrem Vornamen hatte sie ihm ja nichts verraten. Die restlichen Namen hatte er nur auf dem Tuerschild ihrer Wohnung in der Frankfurter Allee gelesen. Dennoch war er von ihr hin und weg.
Er hatte sie im Einkaufsladen kennen gelernt. Sie stand dort vor einem Regal und versuchte etwas aus dem obersten Regal zu greifen. Da sie es aber allein nicht schaffte, kam er ihr zur Hilfe und ja, sie war schoen eine sueße Maus. So sueß, das er ihr die Sachen nach Hause schleppte, in einen Wohnblock fuer kriegswichtige Arbeitskraefte. So sueß, dass er vergaß sie nach ihrem Namen zu fragen, so sueß, dass er sich einfach so vor der Tuere abservieren ließ.
Aber das wuerde ihm diesmal nicht passieren. Denn nun kam sie ja auf ihn zu, er konnte es genau sehen. Ihre schmalen Beine, welche unter dem halblangen Mantel hervor schienen, tappsten nebeneinander her und erst jetzt, wo er dies wahrnahm, bemerkte er das etwas nicht stimmte. Es war kein schnelles gehen und auch kein schlendern. Nein, sie ging als wenn..., ja als wenn sie sich vor Schwaeche kaum noch auf den Beinen halten konnte! Muehsam setzte sie ein Bein vor das Andere und schon begann er sich Sorgen zu machen. Ihr musste etwas zugestoßen sein!

Mit großen Schritten eilte er ihr entgegen, rief auch ihren Namen, aber er bemerkte keine Reaktion. Sie schlurfte nur stoisch weiter, der Mantel glitt ihr von den Schultern aber sie schien es nicht zu bemerken. Bang fragte er sich was nur geschehen sein konnte und rannte. Er rannte so schnell er nur konnte, diesem schmalen Umriss eines Koerpers und dem Licht entgegen.
Zwei- oder dreimal griff er nach Ihr, erst dann bekam er Ihre Schultern zu fassen. „Sabine...“ keuchte er: „...wass in Herrgottsnamen ist passiert?“. Doch sie antwortete nicht, noch war ihr Gesicht zu erkennen. Das Licht zwischen den Haeuserreihen blendete ihn zu stark. Also versuchte er sich mit ihr zu drehen, er wollte das Licht in den Ruecken bekommen, aber sie fing an sich gegen ihn zu wehren. Ein sinnloser wie vergeblicher Versuch, schließlich war sie koerperlich viel zu schwach.
„Laff ef...“ stoehnte sie leise: „...ef ift niff dein Kamff“.
Er hatte es gehoert, aber nicht verstanden. Sie hatte ihn aufgefordert von ihr abzulassen, aber noch ehe er das konnte war er mit ihr herum und sah... er sah in einen eingeschlagenen Kiefer, sah abgebrochene Zaehne, ein ausgeschlagenes Auge und ein Stirn die zur Haelfte mit einem stumpfen Gegenstand eingedroschen war.

„Wir kriechen!“

Mit Grausen ließ er von ihr ab, ein stummer Schrein ging ihm ueber die Lippen und schon viel sie der Laenge nach auf den Boden. Ungebremst, ohne den Versuch eines Abfangens schlug sie mit dem Gesicht auf dem Gehweg auf. Das klackende Geraeusch, als ob man eine Holzkugel zu Boden warf, ließ ihm einen Schauer ueber den Ruecken laufen. Mit beiden Haenden fasste er sich vor den Mund und sah entsetzt zu ihr herab. Er sah, dass ihr Koerper nur in duennen Stoff gehuellt war, ein duenner Stoff der mit dutzenden Blutflecken durchtraenkt war. Das war schlimm, das war entsetzlich, aber grauenvoll wurde es erst, als sie sich wieder aufrichtete und auf allen Vieren davon kroch.

„Wir Kriechen!“

Etwas packte ihn an der Schulter und schreiend wandte er sich aus dem Griff.

„Wir kriechen!“

Schnell rannte er ein paar Schritte in Sabines Richtung, da er klang hinter ihm eine Stimme: „Guter Mann wartens doch, guter Mann helfens doch!“. Im Laufen wandte er sich um und sah Kaiser Wilhelm II hinter ihm gestikulieren: „Wartens doch, helfens doch! Die wollen mir ein Leid antun!“.
Er glaubte seinen Augen nicht zu trauen, hatte aber im kommenden Moment auch schon andere Sorgen. Mit seinem rechten Bein stieß er naemlich an Sabines Koerper, verlor das Gleichgewicht und ging auf dem Gehweg zu Boden. Doch im Gegensatz zu ihr fing er sich schmerzhaft mit den Haenden ab, fluchte und wandte sich um.

„Wir Kriechen!“

In halb aufgerichteter Pose hielt er inne und sah in Richtung des Lichtes. Dahinter standen sie. Hunderte, ja Tausende von Personen. Sie standen da, stumm in Reih und Glied, illuminiert durch das grelle Licht, widernatuerlich, wie aus einer anderen Zeit.
Sie warteten.
„Ich habs nicht gewollt!“ rief der Kaiser ihnen entgegen, doch sie zeigten nur stumm mit den Fingern auf ihn. „Ich konnt nichts machen, man hats mir aufgezwungen!“ warf er ihnen entgegen, aber sie zeigten weiter auf ihn. Sie zeigten auf ihn, bis einer von ihnen hervor trat.
Ein alter, hagerer Mann in Uniform, der ihm fluesternd antwortete:

„Du und ich, wir moegen zwar wie Menschen aussehen,
aber uns trennen Welten.
Wo mein Mitgefuehl einst war, sind jetzt Einschussloecher
und in meinem Herzen staut sich die Gewalt.

In das Feuer hast Du und geschickt,
aus dem Feuer sind wir zurueck gekehrt.
Du hast uns als das Resultat abgetan,
von dem, was Du eben lernen musstest.

Du kannst es versuchen, aber du wirst es nie verstehen.
Dies ist etwas, was Du nie verstehst!
Kannst Du es nun hoehren?
Kannst Du es kommen hoehren?
Kannst Du es nun hoehren?“


Da riefen, schrien, ja bruellten sie im Chor:

„Auf Haenden und auf Knien,
kriechen wir.
Du kannst uns nicht entkommen,
denn Du traegst unsere Knochen,
unsere Haut,
Wir werden Dich nicht hinueber lassen!“


Da wurde es wieder still und der alte Mann fluesterte weiter:

„Du hast etwas in Bewegung gesetzt,
etwas das groeßer ist als Du es Dir vorstellen kannst.
Nun stehst Du da in deiner Ahnungslosigkeit,
und erntest dass, was Du gesaet hast!

Mit der Zeit wird deine Wachsamkeit versiegen,
und irgendwann wirst Du Unachtsam sein.
Wenn Du dann zurueckkehrst, an den Ort den Du Heimat nennst,
dann werden wir schon da sein, werden wir schon da sein.“


Und erneut bruellte der Chor der Gefallenen:

„Auf Haenden und auf Knien,
kriechen wir.
Du kannst uns nicht entkommen.
Unser Blut klebt an Dir,
wir werden nicht gehen!

Auf Haenden und auf Knien,
kriechen wir.
Du kannst uns nicht entkommen.
Unser Blut, unsere Gnade,
Niemals werden wir diesen Ort verlassen!“


Da verstummten Sie alle, das Licht begann vor Ihnen zu vibrieren bis es platzte und die Splitter davon schlugen in ihren Reihen ein wie Granaten. Explosionen flammten auf, Leiber zuckten durch die Luft und donnerndes Getoese verwandelte die Menschenkolonne in einen Haufen undefinierbarer, breiiger Masse. Es war ein grausiger Anblick. Doch es war nur die Overtuere.
Denn aus all dem Chaos trat wieder die hagere Gestalt hervor und deutete anschließend auf den Kaiser.

„Wir kriechen!“

Und sie krochen wirklich, zerfetzt, zerschlissen, zerlumpt, zerrissen.

„Wir kriechen!“

Sie krochen auf den Kaiser zu, grunzend, bruellend, toben, schreiend.

„Wir kriechen!“

Und der alte Mann rannte vor ihnen weg, stoehnend, wimmernd, schluchzend, weinend.

„Wir kriechen!“

Karl hielt geschockt inne. Wortlos sah er wie der Kaiser von diesen... Menschen?... verfolgt wurde. Sie trachteten dem Kaiser nach dem Leben, oder schlimmeres. Und er hoffte das man ihn nicht sah, ihn nicht bemerkte, nichts von ihm wollte. Er musste hier weg!
Ganz vorsichtig begann er sich zu bewegen. Er richtete sich zaghaft auf und trat vorsichtig ueber Sabine hinweg, welche jetzt regungslos, mit eingeschlagenem Schaedel, in einer Blutlache, am Boden lag. Aber noch ehe er ganz wegkam, packte sie ihn am Bein und reckte das, was frueher ein schoenes Gesicht war, ihm entgegen.

„Wir kriechen!“

Da trat er mit dem anderen Bein nach ihr. Sie sollte ihn loslassen, sie war tot und er konnte ihr nicht helfen. Er traf sie an der Schulter, aber mit schier unermesslicher Kraft riss sie ihn erneut zu Boden.

„Wir kriechen!“

Sie packte ihn, drueckte ihn zu Boden und hielt ihn mit aller Macht fest. Da schloss er die Augen und hoffte das sie von ihm ablassen wuerde. Doch statt dessen fing sie an ihn zu schuetteln und bruellte ihn mit einer tiefen Stimme an: „Sieh mich an Mann! Sieh mich an!“.
Wie auf Befehl oeffnete er die Augen und sah nun in das Gesicht eines Mannes, eines Generals, in Wehrmachtsuniform: „Hast du gehoert Mann? Panzergranate unter dem Arsch explodiert und das alles weil ich so ein netter Mensch bin! Sag mir das gefaelligst!“. Karl sah ihn nur mit schreckensgeweiteten Augen und offenen Mund an. „Wenn du mich siehst, gib mir eine andere Uniform! Die hat mich naemlich verraten!"

„Die hat mich verr...“
Ruckartig schoss Karl mit seinem schweissgebadetem Oberkoerper empor und verharrte so einen Moment in der Dunkelheit seines Zimmers. Er keuchte, sein Atem ging schnell, beinahe panisch und erst langsam wurde ihm klar, dass er ja in seinem Zimmer, in seinem Bett, war. Er hatte nur getraeumt, nur einen boesen Traum gehabt...
Widerstand ist echt mein Ding! - S. Tapir



Benutzeravatar
xxHyFoxx
Capsarius
Capsarius
Beiträge: 161
Registriert: 22. August 2012 19:15
Wohnort: SBZ
:
AAR-Schreiber

Re: [HoI II AAR] The guilty have no pride

Beitragvon xxHyFoxx » 22. Juli 2014 22:11

Marianne


Bild


Bild


Bild


„Was denken sie dazu?“
fragte mich der Generaloberst von Kayser mit misstrauischer Stimme.
"Naja, wenn es Geheim bleiben soll, dann darf man es nicht aufschreiben. Ansonsten geht es Gerd ganz gut."
Widerstand ist echt mein Ding! - S. Tapir



Benutzeravatar
xxHyFoxx
Capsarius
Capsarius
Beiträge: 161
Registriert: 22. August 2012 19:15
Wohnort: SBZ
:
AAR-Schreiber

Re: [HoI II AAR] The guilty have no pride

Beitragvon xxHyFoxx » 19. November 2014 23:08

Let´s go...

15. Juni 1941, Finnland, Salla, Divisonshauptquartier – 1.Alpenjaegerdivision

Vorsichtig steckte sich Oberst Oestenmarsch die Zigarette zwischen die Lippen und fingerte anschließend ein Paket Zuendhoelzer aus seiner Jackentasche hervor. Er schob dieses sogleich auf, entnahm sich einen Streichholz und riss dieses an, um sich dann, mit verdeckter Hand, die Zigarette zu entzuenden. Nach ein paar hastigen Zuegen wandte er sich schließlich wieder zu Fenix um, welcher vorgebeugt, auf einem Stuhl, an dem Kartentisch saß und seinen Kopf krampfhaft mit den Handballen an der Schlaefe festhielt. Mit den Fingern zauste er dabei zwischen seinen Haaren umher und sein Blick wanderte ruhelos durch die finnischen Urwaelder vor der russischen Grenze.
„Dieses Land ist zum Kotzen!“ machte Oestenmarsch daraufhin klar, doch Fenix ließ sich keine Reaktion anmerken.
„Was wir hier tun ist kompletter Irrsinn. Es gibt nichts zu fouragieren, alles muss von hinten heran geschafft werden. Die Straßen sind ihren Namen nicht wert und ich bezweifle, dass es bei unseren Freunden jenseits der Grenze besser aussieht. Nicht einmal die Eisenbahnlinie haben die Finnen fertig. Die Nachschubseisenbahnlinie, die Einspurige. Nachschubseisenbahnlinie, einspurig. Nachschub. Einspurig!“ maulte Oestenmarsch weiter, wobei er missmutig in die Luft schlug und seinen Zigarettenrauch weg wedelte.
„Dazu hatten die Finnen keine Veranlassung. Aber sei versichert, die Sowjets habe Ihre Seite fertig gestellt. Sie haben bloß die falsche Spurweite. Leider.“ antwortete Fenix schließlich, ohne allerdings seinen Blick von der Karte zu heben.
„Ja ich weiß, die militaerische Karte. Die rote Armee will mit der Eisenbahnlinie sich eine Stoßrichtung eroeffnen. Tolle Idee. Es ist ja nun wirklich nicht so, dass man die Eisenbahnlinie nicht verminen, die unzaehligen Bruecken nicht sprengen und die Gleise nicht mit Baustaemmen unpassierbar machen koennte. Voellig undenkbar! Wer glaubt eigentlich, dass man entlang einer Bahnlinie ungehindert vorstoßen koenne?“ fragte Oestenmarsch noch und Fenix antwortete kurz und knapp: „Ich.“.
Trotz dieses kleinen Affronts ließ sich Oestenmarsch nicht aus dem Konzept bringen: „Sagte ich schon, dass dieses Land zum Kotzen ist? Wir haben Fruehsommer, es schneit mitten am Tag. Die Abermillion an Seen und Pfuetzen sind aufgetaut. Unsere Maenner werden jetzt von Myriaden an Muecken aufgefressen. Ach ja, es wird nicht mehr Dunkel. Ich kriege kein Auge mehr zu! Ach und uebrigens, in den Waeldern hausen Woelfe und Baeren!“.
Nun reagierte Fenix endlich. Gemaechlich loeste er seinen Blick von der Karte und sah zu Oestenmarsch herueber, der grantelnd im Raum seine Kreise zog: „Nun hoehr mal auf zu jammern! Wir bleiben ja nicht lange. Steck Deine Energie lieber in die Vorbereitung, je eher sind wir hier wieder weg.“.
„Wer von uns beiden ist denn hier nun der Pessimist? Du hast doch immer gemeckert, dass hier alles Scheiße ist!“ maulte Oestenmarsch weiter und Fenix machte klar, dass er dies genauso sah: „Ist es auch. Aber trotzdem muessen wir konstruktiv sein. Wir beide kennen die logistischen, taktischen und strategischen Probleme. Wir sitzen in einem Urwald fest in den nichts hinein und hinaus geht. Ja, der einem hinter dem Ruecken wieder zuzuwachsen scheint. Aber das werden wir nicht aendern. Dieses Land wird auch in zehn Jahren noch so aussehen. Man kann hier keinen Krieg fuehren, schon gar keinen Offensiven. Deswegen greifen wir ja auch an. Eben weil es nicht geht.“.

Oestenmarsch kommentierte das eben Gesagte nicht. Fenix war sich offensichtlich bewusst, dass seine Vorstellung ein Widerspruch in sich war. Vielleicht hatte ihm die Sonne auch einfach nur das Hirn ausgetrocknet.
„Einen Schlag gegen den Gegner kann man nur in der Tundra bei Murmansk fuehren. Aber da ist der Sowjet stark. In der Mitte sind alle sowjetischen Offensiven zusammengebrochen. Deswegen wollen wir ja auch da durch. Weil es nicht geht.“ mit diesen Worten legte Fenix dann seine Vorstellungen dar und Oestenmarsch fuegte an: „Ohne Artillerie, ohne schwere Waffen, ueber Stock, Stein und umgekippte Baumstaemme.“.
„Genau, unsere Gebirgsjaeger gehen entlang der Eisenbahnlinie von Alakurtti zur Murmanbahn. Dort schmeißen sie ein paar Baumstaemme auf die Gleise, stellen vier Pak auf und unterbrechen diese Versorgungslinie fuer mindestens zwei Wochen. Waehrenddessen beginnt die Offensive im Norden.“ rekapitulierte Fenix und Oestenmarsch hakte nach: „Der Nachschubstransport laeuft mit Maultieren, essen werden wir Woelfe und Baeren und was machen wir, wenn die rote Armee uns paar Laeuse mit ein paar Panzern zerquetscht?“.
„Das wird sie nicht tun und das kann sie nicht. Suedlich von Zelenoborsky gibt es keine Panzer, nur Infanterie. Normale Infanterie. Mit Lastkraftwagen, schwerer Artillerie und all den schoenen Sachen. Sie bewegen sich in diesen Urwaeldern wie ein Hund im tiefen Wasser. Es geht, aber es sieht nicht souveraen aus. Abseits der Straßen kommen sie nicht vorwaerts. Da sitzt ihr aber mit eurer Pak und den MG. Sie kommen nicht alle mit Mal, sie kommen schoen brav nacheinander. Mit den paar Hanseln werdet ihr schon fertig. Von Norden kann nichts kommen. Versuchen Sie es doch greifen wir dort frueher an. Ein verzettelter Gegner ist ein guter Gegner. Fuer alles andere haben wir die Luftwaffe. Je mehr Flak ihr ausschaltet, je mehr Hilfe gibt es von da.“. Schloss Fenix seine Vorstellungen ab und Oestenmarsch kommentierte das ganze nur mit einem: „Das ist Vabanque.“.
„Das sagst du jedes Mal.“ erwiderte Fenix nur, ging um den Kartentisch herum und klopfte Oestenmarsch ermutigend auf die Schulter. „Nur wir, die Gebirgsjaeger koennen das schaffen. Mit Maultieren, Steigschuhen und Handgranaten marschieren wir 90km durch den Urwald und durchtrennen die Aorta der sowjetischen Truppen in der Oblast Murmansk. Wer außer uns?“.

Oestenmarsch nickte nur, drueckte anschließend seine Zigarette aus und wiederholte leise: „Wer außer uns.“.
Anschließend stellte er sich neben Fenix vor die Karte und beide betrachteten den gewagten Schnitt den sie vollziehen sollten. Das konnte nicht funktionieren. Ein einziges sowjetisches Regiment wuerde ihren Angriff abschlagen, ein Bataillon sie fuer Wochen aufhalten. Es mangelte Ihnen hier mehr denn je an Durchschlagskraft. Doch Durchschlagskraft bedeutete Technik und Technik funktionierte hier nicht mehr. Es hing wirklich alles an den Menschen und den Tieren. Hier konnten sie grandios scheitern, oder aber den Beweis erbringen, dass ein Dolch im Gewande, mehr wert war als Hundert Schwerter im Feld.
„Seit wann rauchst Du eigentlich?“ fragte Fenix ploetzlich und Oestenmarsch ueberlegte ein Weilchen was er wohl antworten sollte.
„Eigentlich rauche ich nicht.“ kam es schließlich zurueck und Fenix warf mit einem gespielt erstaunten: „Ach?“, einen scheelen Blick zu dem Zigarettenhaufen im Aschenbecher.
„Ich brauch nur was zum nuckeln. Geht mir vor der Schlacht immer so.“ erklaerte Oestenmarsch schließlich vorsichtig weiter und Fenix fragte kurz darauf: „Die Nerven?“.
„Vielleicht? Es ist Anspannung. Etwas großes wird geschehen und ich darf keine Fehler machen. Ich muss mich mit irgendwas beschaeftigen, sonst drehe ich durch. Also nuckel ich an den Glimmstengeln rum. Wenns aber los geht, dann brauch ich das nicht mehr.“ erklaerte er noch und anschließend standen sie wieder still nebeneinander.
So schweigen sie sich dann beide ein paar Sekunden an, bis Oestenmarsch doch noch einmal nachsetzte: „Es gibt doch dieses tolle Wort. Vorfreude. Vielleicht sollten wir so etwas wie Vorangst erfinden? Vorangst. Etwas mit Spannung erwarten, weil es Gefahr fuer Leib und Leben bedeutet?“.
„Ich weiß was du meinst. Bei mir aeußert sich das aber anders. In der Phase der Anspannung werde ich hektisch. Ich sehe nur noch das, was noch zu tun ist. Ich schreibe tonnenweise Zettel voll, um nur ja nichts zu vergessen. Ich terrorisiere mein Umfeld und treibe es zu Hoechstleistungen an. Ist der Rubikon aber erst einmal ueberschritten, dann werde ich wieder ruhig. Ich gehe in einen anderen Aggregatzustand ueber. Die Dinge sind im Fluss.“ erklaerte Fenix noch und fing schließlich an, auf den Zehenspitzen und den Hacken, hin und her zu wippen.
Es war an der Zeit den Naechsten zu terrorisieren.
Widerstand ist echt mein Ding! - S. Tapir



Benutzeravatar
xxHyFoxx
Capsarius
Capsarius
Beiträge: 161
Registriert: 22. August 2012 19:15
Wohnort: SBZ
:
AAR-Schreiber

Re: [HoI II AAR] The guilty have no pride

Beitragvon xxHyFoxx » 24. November 2014 23:03

Eine kriegswichtige Arbeitskraft II

18. Juni 1941, Deutsches Reich, Berlin

Dynamisch ging wirklich anders. Erschoepft sah sie zu ihrer Wohnungstuere auf und verfluchte sich nun innerlich dafuer, damals die Wohnung im vierten Stockwerk ausgesucht zu haben. Es war ja auch ein Zimmer in der Parterre frei gewesen, aber damals wollte sie ja wegen der Aussicht nach oben, solch hohe Haeuser kannte sie schließlich nicht. Auch dies hatte sich fuer sie nicht gelohnt. Denn statt der großartigen Aussicht auf die Reichshauptstadt, konnte sie nur die Ornamente der gegenueberliegenden Haeuser bewundern. Das waren ja auch mehrgeschossige Haeuser.
„Eins, zwei, drei, vier, fuenf, sechs und sieben.“ sagt sie so vor sich hin, zog die Einkaufstasche in iherer rechten Hand zu sich heran und schleppte sich jetzt die letzten Stufen herauf. Oben angekommen ließ sie schließlich das Gelaender los, ging zur Tuere hinueber und begann damit, mit ihrer linken, freien Hand, in der Handtasche nach dem Schluessel zu suchen. Diesen hatte sie in ihrem Hauptfach deponiert, wo sich neben dem Portmonee, ein paar Stiften und einem Notizblock, diverse Cremes und ein Schal aus duennem Stoff, den Platz teilen mussten. Selbstverstaendlich konnte sie den Schluessel nicht finden, sodass sie gezwungen war, ihre Einkaufstasche abzustellen, um mit beiden Haenden nach dem ollen Ding zu suchen. Sie fand ihn schließlich, als Letztes versteht sich, unter dem Schal.
Im Wohnungsflur angekommen, schlug ihr, neben der Dunkelheit, der vertraute Mief von ausgetretenen Schuhen und alten Sachen entgegen. Das war auch der Grund warum sie ihre Sachen nicht in den Flur haengte. Diese kamen, wie auch ihre Schuhe, immer an, beziehungsweise in ihren eigenen Schrank. Damit war zwar Anneliese, ihre Zimmergenossin, nicht einverstanden, was ihr schon so manche Belehrung ueber die Hausordnung eingebracht hatte, aber zwischenzeitlich hatte sie wohl aufgegeben und ließ sie damit in Ruhe. Wie sie, sie auch sonst inzwischen sehr in Ruhe ließ.
Anneliese kam aus Vorpommern und war, wie man es den Menschen von dort oft nachsagt, eine sehr schweigsame Person. Dazu kam ein ausgepraegter Dickkopf, den sie in jedem Falle durchsetzen wollte, egal ob es ihr nun zum Vorteil gereichte oder nicht. Einzig und allein zu ihrer Familie hatte sie ein sehr loyales Verhaeltnis. Auf ihresgleichen ließ sie nichts kommen, egal was jemand dort auch ausgefressen haben mochte.
Genau mit diesem Charakterzug fremdelte Sabine allerdings sehr. Denn sie wollte ihre Familie auch moegen, konnte es aber nicht mehr aus tiefen Herzen tun. Seit ihrer Heirat hatte sie naemlich keinen Kontakt mehr zu ihren Eltern oder Geschwistern. Dabei hatte sie sich wirklich bemueht. Sie hatte zu Anfang regelmaessig Briefe geschrieben, zu Geburtstagen, zu Weihnachten, Ostern, Himmelfahrt und auch dann als ihre richtigen Probleme begannen. Sie hatte Kontakt gesucht, Zuneigung, Liebe und spaeter Hilfe. Doch von dort kam nichts zurueck. Es war, als ob man alle Bruecken zu ihr abgebrochen hatte. Und irgendwann, irgendwann hatte sie aufgegeben. Sie verstand die Weigerung ihrer Familie mit ihr Kontakt zu halten, als bewusstes Zeichen. Du bist fuer Dein Leben selbst verantwortlich. Du gehoerst nicht mehr zu uns.
Anneliese konnte dies nicht verstehen. Sie bekam jede Woche mindestens einmal Post und beantwortete sie auch ebenso regelmaeßig. Die Briefe waren von ihrer Schwester, welche im Lazarett Dienst tat, ihren Eltern und Großeltern, sowie ihrem Mann, welcher an der Front war. All dies hielt Anneliese fuer das Normalste von der Welt und einzig die Tatsache, dass Anneliese ihre Briefe fuer gewoehnlich fuer sich behielt, verhinderte, dass Sabine von Neid gruen anlief.
Nichtsdestotrotz konnte Sabine gut mit ihr leben. Man lebte nicht miteinander, sondern nebeneinander. Es gab unausgesprochene Grenzen und wo immer es ging versuchte Sabine sich auch daran zu halten.

Anders sah die Sache mit ihren Mitbewohnerinnen aus dem zweiten Zimmer aus. Bettina und Magda. Bettina war fuer sich das kleine Problem, aber im Verbund mit Magda ein riesengroßes. Beide kamen von BdM, wie Anneliese im uebrigen auch und beiden war daran gelegen Sabine spueren zu lassen, dass sie Herrenrasse waren. Magda hatte diese Ideologie mit Loeffeln gefressen und war ebenso verschlagen wie fanatisch. Bettina wiederum war, „Ein betten duemming.“ wie Anneliese so schoen sagte, aber leider auch so beeinflussbar. Hatte sie sich zu Anfang noch gut mit Sabine verstanden, so schlug dies mit dem Einzug von Magda ins glatte Gegenteil um. Denn mit einem Male war die Herkunft fuer die Wohnungshierarchie das wichtigste Kriterium geworden, nicht das was man konnte. Da hatte Sabine mit ihren sorbischen Wurzeln ploetzlich ganz schlechte Karten. Denn im Gegensatz Magdas und Bettinas fraenkischen Wurzeln, dem Ariernachweis und der Mitgliedschaft in diversen, nationalsozialistischen Jugendorganisationen, hatte Sabine nur ihre Zugehoerigkeit zur slawischen Rasse und dem katholischen Maedchenbund. Von daher war jetzt beiden daran gelegen, Sabine aus der Wohneinheit heraus zu ekeln. Von Stund war es vorbei damit, dass zu tun was man am besten konnte. Statt kochen, naehen und Handarbeiten, gab es jetzt Arbeitsplaene die eine jede hier abzuarbeiten hatte. Statt Arbeitsteilung hatten jetzt alle alles zu machen, wohl wissend, dass Sabine, allein aufgrund koerperlicher Probleme, dazu nur beschraenkt in der Lage war. Germanisieren hatte Magda dieses Aenderungen genannt.
Sabine fand dieses Verhalten abstoßend, hatte aber in dem hiesigen Umfeld kaum Moeglichkeiten dagegen vorzugehen. Denn wenn sie sich dem „freiwilligen“ Reglement der Wohneinheit widersetzte, legitimierte dies nur den Rauswurf aus der Wohneinheit. Inklusive einer anschließenden Rueckverschickung, etwas, dass in ihrem Falle richtige Probleme bedeuten wuerde.
Also musste sie mitspielen und tat dies so gut sie konnte. Nun standen also wieder schrubben und putzen auf dem Plan. Auf den Schraenken, unter den Schraenken und hinter den Schraenken. Damit konnte sie gute zwei Tage zubringen und bekam dann jedes Mal vorgehalten, was sie in ihrer „slawischen Schlampigkeit“ nun wieder uebersehen hatte. Letztes Mal war die Backroehre noch dreckig, obschon Bettina die letzte gewesen war die etwas darin zubereitet hatte. Doch darauf hinzuweisen war mueßig, schließlich war sie ja an der Reihe gewesen und haette Bettina eben hinterher putzen muessen. Fuer einen Moment lang hatte Sabine damals erwogen, Magda eins mit der Pfanne ueber zu ziehen.
Aber sie hatte gekniffen. Der Versuch mit dieser Methode ein Problem zu loesen, war fuer sie bereits einmal gruendlich nach hinten los gegangen. Dazu wusste sie nun auch, dass sie bei so etwas mehr Durchschlagskraft brauchte. Statt einer Pfanne nehme man eine Axt, dann steht das Opfer auch nicht wieder auf.
Dazu kam, dass Magda und Bettina es bei verbalen Beleidigungen und Schikanen beließen. Es schmerzte zwar, dass man sie als Person, nur aufgrund der Rassenzugehoerigkeit, bewertete, aber immerhin konnte sie sich damit troesten, dass diese beiden Weiber nun auch nicht gerade eine Zier fuer die germanische Rasse waren. Die eine duenn, hager und mit staendig speckigen Haaren gesegnet, die andere immer am Rand der Uebergewichtigkeit stehend. Dazu kam dann noch die verbale Harke.
Obschon Magda naemlich durchaus intelligent und verschlagen war, so hatte sie das Problem der Prahlerei und, dass sie leicht die Contenance verlor. Spaetestens wenn dies geschah, begann sie naemlich verbal um sich zu schlagen, nur um dann zuverlaessig auf die Harke zu treten. Mit postwendender Ablieferung des Stiels im Gesicht.
Besonders das letzte Mal, war es Sabine dabei gelungen, den Stiel mir ordentlich Schmackes zur Geltung zu bringen. Magda tobte sich damals mit Inbrunst ueber die germanischen Braeuche und Sitten, Volkstum und Traditionspflege aus. Es ging quer durch die deutsche Geschichte, behandelte Ehre, Stolz und Tatkraft, die Heimatverbundenheit und eben die Pflege des Brauchtums auch in der Fremde. Das war dann der Punkt gewesen als Sabine sich ihre geliebte, sorbische Tracht, mit der schoenen, schwarzen Schleife im Haar ueberwarf, die Kueche betrat und Magda aus voller Kehle recht gab. Brauchtumspflege in der Fremde sei wirklich wichtig. Magda und Bettina hatten hier nichts zu pflegen, Anneliese fiel vor Lachen fast vom Stuhl.
Mit einem hoeflichen Knicks zog sich Sabine anschließend wieder zurueck.

Soviel zu der angespannten Situation in der Wohnung. Außerhalb sah es inzwischen etwas besser aus.
In einer Woche wuerde sie in einem kleinen Hotel als Putzfrau anfangen zu arbeiten. Damit wuerde sie dem kriegswichtigen Dienst endlich entfliehen koennen. Einem Dienst der ihr weder moralisch, noch koerperlich zusagte. Angefangen hatte sie ihn in einem Blechwerk, wo die eine Maschine sie beinahe in der Mechanik zermalmt und eine Stanze ihr Wochen spaeter fasst die Hand abgerissen haette. Ersteres war pures Unglueck, da ihr Fuß sich in einer Blechschlinge verfangen hatte und nur der Nothalt eines aufmerksamen Vorarbeiters schlimmeres verhindert hatte. Beim zweiten Male haette eigentlich gar nichts passieren koennen, da die Blechstanze mit zwei Haenden ausgeloest werden musste. Dummerweise hatte man aber einen Schalter tot gemacht, so dass man die Stanze mit der einen Hand ausloesen und mit der Andere die Werkstuecke verschieben konnte. Das erhoehte die Produktionsleistung ernorm, aber eben auch die Unfallgefahr.
Sabine wuerde auch im Nachgang, Stein und Bein schwoeren, dass sie damals ihre linke Hand in der Stanze hatte verschwinden sehen. Der Schichtleiter zerrte sie seinerzeit von der Stanze weg und brauchte, nach eigener Aussage mehrere Minuten um Sabine klar zu machen, dass ihr nichts passiert war. Der Arzt hatte ihr spaeter erklaert, dass sie an der Stanze wohl einen Schock erlitten hatte. Damit war die Blechbearbeitung fuer sie erledigt. Koerperlich tauge sie dafuer eh nicht, hatte ihr sogar der Arzt bestaetigt. Also fand man etwas neues.
Da sie klein und zierlich war, schickte man sie anschließend in die AEG-Werke, wo sie Steuerelektroniken von Flugzeugen verkabeln sollte. Es handelte sich dabei um Kaesten, von der Groeße eines Reisekoffers, in dessen Inneren sie Kabelbaeume zustecken und verloeten musste. Nach einer ordentlichen Einweisung, da gab es wirklich nichts zu meckern, begann sie diese Arbeiten noch ohne Zeitdruck auszufuehren. Ein paar anstaendige Verbrennungen spaeter beherrschte sie das ganze auch so gut, dass man sie an das Fließband stellte. Dort waere sie wohl auch geblieben, waere nicht ein neues Flussmittel fuer das Loeten zum Einsatz gekommen. Dieses veredampfte naemlich in einer stinkenden, dunkelgrauen Wolke und verursachte bei Sabine rasende Kopfschmerzen. Das ging so weit, dass sie bei der Arbeit angefangen hatte zu erbrechen. Der medizinische Dienst attestierte ihr daraufhin eine Unvertraeglichkeit und schon wurde sie in die Kontrollabteilung versetzt. Dort war ihre Aufgabe nun die Steuerelektroniken mit einen Stromkreis zu verbinden und die Grundfunktionen auszuprobieren. Noch am ersten Tag blieb sie dabei an einem Draht haengen und bekam einen schweren, elektrischen Schlag. Man sagte ihr daraufhin, es habe eine Fehlfunktion an der Sicherung gegeben, doch sie war mit der Elektrotechnik fertig.
Also suchte sie sich außerhalb des kriegswichtigen Dienstes eine Stelle, was ihr erstaunlicherweise auch niemand Uebel nahm. Ihre Wahl fiel dabei auf ein kleines Hotel in Charlottenburg, wo sie nun demnaechst fuer das Putzen bezahlt werden wuerde. Das war vielleicht nicht gerade ihr Traum von einem modernen Leben, aber dafuer blieben Arme und Beine dran. Verletzen konnte sie sich da nur, wenn sie sich die Seifenlauge hinter die Binde kippte und das, wuerde ihr gewiss nicht passieren.

Als sie ihr Zimmer schließlich mit der Einkaufstasche betrat, fand sie dort Anneliese vor, welche hinter einer Singer Naehmaschine saß und dort Faeden vorspannte. Damit hatte Anneliese sich also ihren Traum wahr gemacht. Sie hatte sich beim kriegswichtigen Dienst eingetragen, weil sie sich eine Naehmaschine kaufen wollte und nun stand sie da.
Das konnte Sabine Anneliese durchaus goennen. Denn das Nebeneinander mit ihr war eben ertraeglich. Denn trotz ihrer BdM-Mietgliedschaft, den blonden Haaren und blauen Augen, maßregelte sie Sabine nicht. Sie stoerte auch nicht mit Elaboraten ueber die slawische und die germanische Rasse und wer denn nun mehr Wert sei. Auch mit Traditionspflege hatte sie wenig im Sinn, obschon Sabine gerne gewusst haette, was man da oben im Norden so fuer Braeuche pflegte. Nicht zu vergessen was fuer Trachten man dort oben trug. Kleidung war ihr ja besonders wichtig!
„Glueckwunsch und Hallo. Hast du deine Naehmaschine jetzt doch bekommen?“ fragte Sabine und versuchte trotz ihrer Erschoepfung noch ein wenig zu laecheln. „Ja, auch wenn es Zufall war.“ antwortete Anneliese nur karg und blieb weiterhin in ihre Arbeit vertieft.
Sabine kam nun in den Sinn, das Anneliese ihr Ziel erreicht hatte und bald verschwinden koennte. Das haette dann zur Folge, dass sie ueber den Kauf einer Axt nachdenken muesste. Oder ueber den Wechsel des Wohnsitzes.
„Du kannst doch naehen, oder?“ unterbrach Anneliese schließlich Sabines Gedanken, woraufhin sie nickte aber klar machte: „Ja, aber nur von Hand. Mit einer Maschine habe ich so etwas noch nie gemacht.“. „Ich kann es dir ja beibringen.“ sagte Anneliese da ploetzlich und nun wusste Sabine, dass sie nicht mehr lange bleiben wuerde. Aber dieses Wissen wuerde sie gerne noch mitnehmen: „Das wuerdest du tun?“. „Ja, aber nur wenn du uns mal wieder deinen Erbseneintopf kochst. Knacker habe ich mitgebracht und liegen in der Speisekammer.“ sagte Anneliese noch und verschwand anschließend wieder hinter der massiven Naehmaschine. Damit hatte Sabine nun wirklich kein Problem. Dafuer aber Lust, denn gekocht hatte sie schon eine Ewigkeit nicht mehr. Und Hunger hatte sie auch.
Widerstand ist echt mein Ding! - S. Tapir



Benutzeravatar
xxHyFoxx
Capsarius
Capsarius
Beiträge: 161
Registriert: 22. August 2012 19:15
Wohnort: SBZ
:
AAR-Schreiber

Re: [HoI II AAR] The guilty have no pride

Beitragvon xxHyFoxx » 15. Februar 2015 22:54

Schemen III

19. Juni 1941, Deutsches Reich, Wünsdorf, OKW-Gebaeude, 22 Uhr abends.

Noch ein letztes Mal wischte er sich mit beiden Haenden ueber das Gesicht, ehe er seinen Widerstand aufgab. Mit einem oft geuebten, kuehl - distanziertem Gesichtsausdruck griff er zum bereit stehenden Fuellfederhalter, und unterschrieb das Papier an der notwendigen Stelle. Anschließend steckte er den Fuellfederhalter zurueck in die vorgesehene Halterung, und fing dazu an mit dem Papier hin und her zu wedeln.
Nachdem er sich vergewissert hatte, dass die Tinte ganz getrocknet war, rief er im Vorzimmer an und weniger als zehn Sekunden spaeter stand der neue Oberst Worschkamp aus dem Stab bereit. Bereit jeden von ihm geforderten Befehl auszufuehren, bereit innerhalb von zehn Minuten zu jeder militaerischen Frage die passende Information heran zu schaffen. Er hatte es ausprobiert. Das funktionierte wirklich, auch wenn er nicht verstand wie.
Auch diesmal hatte er eine Frage, aber sie wuerde den Oberst nicht ueberraschen. Denn diese Frage war ihm schon seit Stunden bekannt. „Schlaeft der Neue?“ fragte er nur und nach einem kurzen Blick auf die Armbanduhr antwortete dieser: . „Ist vor siebzehn Minuten in seine Gemaecher eingekehrt!“.
Das hatte er erwartet, so war es schließlich die ganzen letzten Tage gewesen. Zwischen neun und zehn Uhr pflegte seine Durchlaucht sich in das Schlafgemach zurueck zu ziehen. Also war dies genau die richtige Zeit den Brief auf die Reise zu schicken. „Bringen Sie ihm das. Nicht wecken, wir haben die Lage im Griff.“.
Der Oberst nahm sogleich einen Brief, sowie das eben unterschriebene Papier entgegen. „Der Brief geht an seine Gnaden, der Schrieb an den Generalstab.“ erklaerte er noch, wobei der Oberst nur wortlos nickte und wenige Sekunden spaeter aus seinem Zimmer verschwand.
Dieser Oberst Worschkamp gefiel ihm sehr. Er hatte, trotz seiner buergerlichen Herkunft, ein sehr zivilisiertes Auftreten und war obendrauf auch noch blitzgescheit. Dies, gepaart mit seinem Fleiß und seiner Tatkraft, machte ihn zu einem sehr guten Offizier fuer die Stabsarbeit. Das hatte man anderswo auch erkannt, weswegen man im Korps Wuennenberg nicht gerade gluecklich ueber seine Entscheidung gewesen war. Man mokierte sich ebenda ueber den Heldenklau, aber dort, in der Position, war solch ein Mann einfach vergeudetes Talent.

Das konnte man ueber gewisse andere Offiziere nun nicht gerade behaupten. Schlimmer noch, man konnte ueberhaupt nichts behaupten und das bereitete ihm wirklich Sorgen. Wobei er daran ja selber Schuld war. Haette er die Leine nicht an andere weiter gereicht, haette er noch immer die Kontrolle und ein genaues Bild der Lage. So aber war ihm der Mann entwichen und mit ihm auch alles Wissen ueber seine Absichten. Alle ausgegangenen Anfragen hatte man mit einem: „Jaja, wir machen ja schon.“ abgebuegelt, was nun wirklich alles bedeuten konnte.
Aber darueber sollte sich gefaelligst jemand anderes aergern. Denn er hatte seine Aufgabe heute vollendet, und jemand anderes wuerde anschließend uebernehmen. Und von diesem Standpunkt aus gesehen, konnte er sich anrechnen das Feld sauber bestellt zu haben. Im Hauptquartier hatte er die Besten versammelt, die Stoerenfriede waren kalt gestellt und er hatte der Sache nun den richtigen Dreh verliehen.
Mit diesem Gedanken im Kopf setzte er die teure Cognacflasche ab und maß den restlichen Inhalt auf. Halb leer, wie immer. Eine Scheißzeit war das hier.
Mit einem leichten Stoehnen lehnte er sich in seinem Sessel zurueck und schloss fuer einen Moment die Augen. Die Idee, die er jetzt angestoßen hatte, war nie seine gewesen. Er wollte diesen Weg nicht gehen und musste es doch tun. Das Schicksal verlangte es von ihm und eingefordert hatte es dies, in Gestalt dieses abgedrehten und untergetauchten Russen Unser. Aber wer wollte ihn zwingen diesen Weg weiter zu gehen?
Es gab immer eine Alternative und er wuerde genau diese waehlen.

Mit einem Ruck erhob er sich aus seinem Sessel, taumelte um seinen Schreibtisch herum und machte sich daran eines seiner Fenster zu oeffnen. Draußen war die Abenddaemmerung schon in die Finsternis der Nacht ueber gegangen, sodass er davon ausgehen konnte, dass man ihn nicht gleich finden wuerde. Eins, zwei Stunden wuerden noch vergehen, bevor man die Ueberreste des voellig besoffenen Fritsch draußen vom Pflaster kratzen konnte. Kurz darauf wuerden im Osten schon die Kanonen donnern und der groeßte Heereszug der Geschichte beginnen.
Bis Minsk konnte man kommen, dann wuerde der Treibstoff zu Ende sein. Etwas anderes gaben die Berechnungen nicht her. Was tun, wenn man 20 Millionen Tonnen Treibstoff als Minimum braucht und nur 4,3 Millionen Tonnen hat? Das war so dumm, das gehoert unter Strafe gestellt.
Was folgt, wenn der Treibstoff alle ist, wird pure Agonie sein und das Beste was man erreichen konnte, waere ein Patt. Schlimmstenfalls wuerden die Feinde es bis zu Ende ausfechten und die Geschichte anschließend ein klares Urteil ueber ihn faellen. Unter der Last der Verantwortung sei er zusammen gebrochen und hatte im Rausch des Alkohols den Weltenbrand in Europa entfesselt.
„Aber einen anderen Weg gibt es nicht mehr, denn alle Zeitfenster haben sich geschlossen.“ murmelte er leise in die Nacht hinaus und machte sich daran auf Fenstersims zu klettern.
Doch noch ehe er den Aufstieg abschließen konnte bemerkte er eine Veraenderung in der Luft. Ueber seine Schultern hinweg zog ein kalter Windhauch in die Nacht hinaus.
Er erstarrte sogleich, denn die kalte Luft kam von Innen.

Hatte jemand, trotz seiner eindeutigen Anordnung, den Raum betreten? Vor Publikum wollte er eigentlich nicht springen, dachte er sich noch und lauschte angestrengt in den Raum hinein. Doch außer dem rauschen seines Blutes in den Ohren und einem schwach ausgepraegten Dauerpfeifens seines Tinitus, vernahm er nichts. Also wartete er. Er wartete eine Minute, er wartete zwei Minuten und er wartete auch drei Minuten. Aber hinter ihm geschah nichts. Alles was blieb war ein kalter Windhauch welcher ihm bestaendig ueber die Schultern strich.
„Quo Vadis Buerschlein?“ rief Fritsch schließlich entnervt aus und wandte sich wieder zu seinem Buero um. Dabei wanderte sein Blick vom Fenster weg, ging ueber den Spiegel, am Esstisch entlang und blieb an Ihm haengen. Vor Schreck viel Fritsch beinahe zur Seite weg und er krallte sich an die Fensterlaeden um sein Gleichgewicht halten zu koennen. Mit einem ersten Anflug von Panik in der Stimme rief er ploetzlich aus: „SIE?“.
Er wusste nicht welchen Spuk er hier sah, doch sein Verstand rebellierte justament dagegen. Diesen Mann konnte er hier nicht sehen! Dieser Mann war seit ueber zwanzig Jahren tot! Und doch, er stand hier, hier in seinem Buero, mitten im Raum, keinen Tag aelter als er Ihn das letzte mal gesehen hatte. Das war voellig unmoeglich!
„Raus hier!“ versuchte von Fritsch wuetend zu bruellen, doch die Chimaere ließ sich davon nicht beeindrucken. Die einzige Reaktion die es darauf zeigte war, dass er ihn nun direkt ansah, woraufhin in Fritsch etwas zerbrach, und laengst verdraengte Erinnerungen wieder hervor draengten. Vor seinem geistigen Auge sah er Vorgesetzte die auswichen und ihre Blicke senkten, gestandene Maenner die am Koerper zitterten wie Espenlaub und einen Adligen der sich vor der versammelten Truppe in die Hose pisste.
Es waren kurze Erinnerungen an eine gemeinsame Zeit, an einen Oberst der in seinen Augen etwas hatte, dass jeden Menschen zerbrechen konnte. Weder Freude noch Liebe, weder Abscheu noch Hass. In seinen Augen war etwas absolut undefinierbares, etwas, was von Jenseits dieser Welt sein musste, aus einer anderen Ebene, aus einer anderen Zeit. Am ehesten konnte man es als einen Spiegel bezeichnen, einen Spiegel der eigenen Seele, einen Spiegel der eigenen Aengste, welche sich in ihm um ein hundertfaches zu potenzieren schien.
Und genau das geschah jetzt mit ihm, so sehr er sich dagegen auch wehrte. Er wollte seinen Blick von ihm loesen, doch er konnte es nicht, obschon er sich jetzt nichts sehnlicheres auf dieser Welt wuenschte.
„Sie sind tot!“ presste er hervor und legte nach: „Ich weis es, sie sind tot! Magenkrebs, 1918, sie sind tot, verschwinden sie von hier!“. Aber wie zu erwarten, machte er keinerlei Anstalten das weite zu suchen. Statt dessen fokussierten ihn seine grauen Augen und begannen sich vor ihm zu veraendern. Die schwarzen Pupillen weiteten sich bis die Iris nur noch ein hauchduenner Rand war und von Fritsch spuerte, dass der alte Mann ihn bestrafen wollte. Weil er sich selbst bestrafen wollte?

„Was wollen sie? Ich habe ihnen nichts getan, ich war nur ein halbes Jahr in ihrem Regiment, ich bin ihnen keine Rechenschaft schuldig! Ich habe nicht auf ihre Leute geschossen, das war dieser adlige Schnoesel und das wissen sie auch!“. Die Augen des Alten taxierten ihn weiter, schnitten durch seinen Koerper bis in sein Innerestes hinein. „Verdammt! Hauen Sie ab, es ist zu spaet! Die Kriegserklaerung wird den Kaiser erst erreichen wenn es zu spaet ist! La Boheme schlaeft gern lang.“.
In seinem Koerper geschahen in diesem Moment unglaubliche Dinge. Sein Herzschlag schien sich selbst zu ueberholen und in seinen Ohren bruellte ein wilder Kanon durcheinander, bis der Alte Mann sich endlich von ihm abwandte. Er schien daraufhin gefuehlte zwanzig Zentimeter in sich zusammen zu sacken.
Unbeeindruckt davon ging der Alte derweil zum Buecherregal herueber und blickte geringschaetzig in eines der Regale. Mit der ihm typischen Haltung entnahm er anschließend ein Buch, betrachtete kurz den Buchruecken und warf es mit einer abwertenden Bewegung polternd zu Boden. Fritsch blickte fassunglos herueber, sah wie kurz darauf das naechste Buch zu Boden ging und spuerte dann, befreit vom Blicke des Alten, Wut in sich aufsteigen.
„Lassen sie das!“ herrschte er los und musste mit ansehen wie das naechste Buch zu Boden ging. „Sie sollen das lassen! Randalieren sie in ihrem eigenen Augiasstall!“ schimpfte er weiter und nun schien der alte Mann sich glatt zu amuesieren. Das war zuviel. Von Fritsch stuermte aus seiner Ecke los, war schon auf zwei Saetze heran, als der Alte ploetzlich einen Schritt zur Seite trat und ihm das Buecherregal darbot. Schuetzend riss von Fritsch seine Haende empor und schlug dann mit seiner ganzen Koerperkraft gegen das Buecherregal. Ohne dem aufwallenden Schmerz weitere Beachtung zu schenken richtete er sich sofort wieder auf, bis er erneut in den Augen des Alten gefangen wurde. Von da ab ging es nicht mehr weiter, denn in ihm brandeten wieder die Aengste auf, welche ihn am ganzen Leibe laehmten. Es war ihm unbegreiflich wie dieser Kerl es vermochte so eine Panik zu verbreiten.
Das naechste Buch ging krachend zu Boden.

„Es ging nicht anders! Wir stehen mit dem Ruecken zur Wand und koennen nur noch nach vorne.“ Der Alte blickte ihn immer noch mit diesen verletzenden Augen an und Fritsch fuhr fort: „Es ist ein Fehler, ich weiss aber...“. Krachend schlug eines der Buecher vor ihm zu Boden. „Was soll ich denn machen? Wir sind eingekeilt, im Westen die Englaender und im Osten die Sowjets. Wir koennen diesen Zweifrontenkrieg nicht gewinnen! Vielleicht koennen wir das Ende hinauszoegern, aber gewinnen koennen wir nicht. Nur jaemmerlich zu Grunde gehen...“
Das naechste Buch polterte auf dem Teppichboden und Fritsch bemerkte eine Veraenderung in den Augen, ja im gesamten Gesicht, dieses Mannes. Sah er etwa fragend aus?
„Warum? Die Sowjetunion ist groß. Wir werden uns da totlaufen, ich teile die Euphorie der Panzertruppe nicht. Uns wird der Treibstoff ausgehen und dann ist Feierabend. Wir haben auch keine Seehoheit, koennen weder Nachschub- noch Rohstofftransporte blockieren. Unsere Feinde haben wiederum alle Moeglichkeiten und dann werden wir eingemacht.“
Kaum hatte er dies ausgesprochen gingen eine ganze Reihe Buecher zu Boden und Fritsch rutschte zur Seite weg um keine davon abzubekommen.
„Was soll das? Wir haben getan was wir konnten und mehr ist nicht drin! Unser strategischer Plan ist ein Phantasiegebilde das auf blankem Optimismus fußt. Was kommen soll wenn der Treibstoff alle ist weiß keiner.“.
Eine Jagdtrophaehe ging nun zu Boden, brach entzwei und Splitter schwirrten durch die Luft. „Warum verwuesten sie noch mein Buero? Es ist niemand mehr da der dieses Reich retten kann!“.

In diesem Moment konnte Fritsch sich ploetzlich aus den Augen loesen, blickte sogleich zu Boden und erwartete den naechsten Gegenstand, das naechste Buch. Doch als dies ausblieb schaute er empor, und sah wie die Person nun vor dem Spiegel stand und sich selbst betrachtete.
„Sie? Sie sind tot und ueberhaupt was haben sie schon getan? Sie haben es damals besser gewusst, ja, aber mehr eben auch nicht! Sie haben gewusst dass, das Maschinengewehr die Kriegsfuehrung veraendert und was hat es uns gebracht? Nichts, weil Ihnen niemand zugehoert hat. Weil Sie in Ihrer eigenen Welt gefangen waren und alle Mitarbeiter der Heeresleitung nach Moltke als Idioten angesehen haben. Sie haben sich selbst kalt gestellt. Sie haben die Feste gemieden und sich auf den Krieg vorbereitet der nicht kam. Sie haben sich isoliert und nur fuer die Armee gelebt. Keine eigene Familie, keine Freunde und keine Kinder. Nicht einmal Ihre Nachfolge haben sie damals geregelt. An Ihrem Lebenswerk gemessen, haben Sie auf ganzer Linie versagt. Ihre Linie ist ausgestorben!“.
Ploetzlich vernahm er das Geraeusch von zwei zusammenschlagenden Hacken und blickte zum Spiegel herueber. Doch der alte Mann war nicht mehr da.
Statt dessen flog ein weiteres Buch im hohen Bogen durch den Raum und krachte ihm gegen den Schaedel. Die Wucht des Treffers riss ihn zu Boden, und noch ehe er aufschlug wurde ihm schwarz vor Augen.

Als er die Augen wieder oeffnete sah er ueber sich die schoene, gleichmaeßig getaefelte Decke. Die Morgensonne lachte wohl schon herein und in seinem Kopf marschierten derweil die Schmerzen in Reih und Glied. Wobei er sich unschluessig war ob es an dem Alkohol lag, oder an dem Buch, dass der Oberst von Zitzewitz ihm an den Schaedel gedonnert hatte.
Vorsichtig richtete er sich auf und besah sich die Bescherung in seinem Buero. Die Cognacflasche war alle, ueberall lagen Buecher umher und da kam ihm der Gedanke, dass er das auch selbst gewesen sein koennte. In seinem besoffenen Zustand konnte er ausgetickt sein. Das machte Sinn. Das machte jedenfalls mehr Sinn, als die Schuld bei einem vor Jahrzehnten verblichenen Offizier zu suchen. Sein naechster Blick galt dann jenem dicken Waelzer der aufgeschlagen direkt vor seinen Fueßen lag. Es war ein Buch aus dem Reichsarchiv. Genauer gesagt eine Inventarliste, wobei sein Blick an einer Zeile haengen blieb.

„von Zitzewitz, Ernst - ziviler Nachlass“
Widerstand ist echt mein Ding! - S. Tapir



Benutzeravatar
xxHyFoxx
Capsarius
Capsarius
Beiträge: 161
Registriert: 22. August 2012 19:15
Wohnort: SBZ
:
AAR-Schreiber

Re: [HoI II AAR] The guilty have no pride

Beitragvon xxHyFoxx » 17. Februar 2015 22:26

Gespraechsfetzen

20. - 25. Juni 1941, Ostfront

„Da droehnten die Straßen wieder vom Marschschritt der Heere, ...“

... haben wir die Grenze bei Alakurtti uebertreten und sind entlang der Gleise bisher auf keinerlei Widerstand gestoßen..., ...muessen wir anmerken, dass die Nachschubswege entlang der Trasse akut von gegnerischen Luftangriffen bedroht sind. Drei oder vier Bombentreffer reichen aus um den Verkehr voellig zum Erliegen kommen zu lassen..., … großer Verwunderung habe ich Ihre Ausfuehrungen zur Kenntnis genommen, und muss ihnen die Frage stellen, ob sie denn schon ein feindliches Flugzeug am Himmel gesehen haben?..., … ist davon auszugehen, dass unsere Bewegungen bisher noch nicht vom Feinde aufgeklaert wurden..., ...In Anbetracht der angespannten Lage, sehe ich mich derzeit nicht in der Lage, Ihrem Wunsch nach einem Vorgehen auf die M.-Linie zu entsprechen. Wir verfuegen nicht ueber geeignete Luftunterstuetzung, und koennen erst nach Einsatz selbiger..., ...interessiert mich Ihr Hinweis auf die fehlende Luftunterstuetzung nicht. Von der Luftwaffe der roten Armee ist hier bisher nichts zu sehen, was nur den Rueckschluss zulaesst, dass sie hier nicht existiert. Ihnen hingegen stehen zwei bulgarische Jagdgeschwader zur Verfuegung, welche sie nach Bedarf zum Einsatz bringen koennen. Wenn Sie also unbedingt Luftunterstuetzung haben wollen, rufen Sie sie ab! ..., … Hugo, wir trennen jetzt die Kommunikation zwischen dem Feldmarschall und Ihm! Der gute Mann hat mich gerade angerufen und mir mitgeteilt, dass er sich solche Frechheiten nicht bieten lasse. Das hier ist sein Kriegsschauplatz, sein Heimatland und so weiter. Der war ueberhaupt nicht mehr zu bremsen! Was zum Teufel macht ihr da oben ueberhaupt?..., ... haben die finnischen Holzfaeller zusaetzliche Furten neben die Trasse geschlagen. Die faellen die Baeume bald schneller als der Tross vorruecken kann..., ...haben wir die Murmanbahn erreicht und hatten einen ersten, kurzen Feindkontakt. Die Ueberraschung ist gelungen! Der Feind wurde voellig unvorbereitet getroffen, und konnte mit ein paar kraeftigen Hurrahs nach Norden geworfen werden. Seit Mittag haben wir die Gleise auf einer Laenge von ueber 30 Kilometern in unserer Hand und treiben die Sowjets weiter vor uns her. Um die Kampfkraft der Sowjets weiter zu schwaechen, sowie einen Gegenschlag im Keim zu ersticken, erbitten wir daher den Einsatz von Sturzkampfbombern...


„vom rollen der Panzer,...“

... ist es am fruehen Morgen zum Grenzuebertritt gekommen. Die Sperranlagen sind ohne Wert, da teilweise entfernt bzw. unschaedlich gemacht. Ohne diese Hindernisse koennen wir wie der Teufel auf Lemberg vorruecken..., ...haben wir ersten Feindkontakt mit feindlichen BT-Panzern. Kein nennenswerter Widerstand, da sie zu schwach gepanzert sind um unseren Hauptwaffen widerstehen zu koennen..., ...erste Ausfaelle bei einem weiteren Gefecht mit feindlichen BT-Panzern. Ihre Hauptwaffe ist in der Lage alle unsere Panzer auszuschalten..., ...empfehlen wir daher die feindlichen BT-Panzer von der Straße zu treiben und auszumanoevrieren. Es konnte mehrfach beobachtet werden, wie die Panzer im freien Gelaende ihre Ketten verlieren und sich nicht mehr bewegen konnten..., … insgesamt 122 Feindpanzer innerhalb von einer Stunde abgeschossen. Trotzdem werden es immer mehr, wir brauchen dringend Munition..., ...hat die Luftwaffe angefangen in die Kaempfe einzugreifen. Nach ersten Aussagen der Piloten sind hunderte Panzer und Fahrzeuge vor uns unterwegs. Wir haben hier offensichtlich in ein Wespennest gestochen..., ...nach der zweiten Welle ist der Widerstand in sich zusammen gebrochen. Der Feind zieht sich nach Osten zurueck, kann sich aber der Einschließung entziehen und bleibt somit als latente Gefahr vorhanden. …, ... Eine erste Auswertung der Befragung von Kriegsgefangenen ergab, dass wir es hier mit einer Stoßarmee zu tun haben, die ueber acht Panzerdivisionen im Raum Lemberg verfuegt. Das macht rein rechnerisch ca 4.400 Panzer die allein hier konzentriert wurden. Das muss man sich mal auf der Zunge zergehen lassen. Da steht eine sowjetische Armee bei Lemberg, die allein ueber zwei Drittel unseres gesamten Panzerbestandes verfuegt. Was kommt denn da noch?...


„droehnte der Himmel ueber den Erntefeldern, wieder vor dem Hornissensang der Geschwader...“

... das ist kein Krieg, dass ist pure Schlachterei! Ich habe ungestoert von der Flak vier Anfluege gemacht und alle Bomben nacheinander ins Ziel gebracht, nur um dann mit den Bordwaffen die Ivans vor mir her zu jagen. Kein Widerstand. Die rennen oder sterben wie die Fliegen. ..., ... habe ich ihrem Wunsch entsprochen und den Flughafen von Murmansk unbrauchbar machen lassen. Gez. Kesselring..., ...haben wir nach der schnellen Liquidation der gegnerischen Flughaefen die Lufthoheit, und sind somit in der Lage..., ... mit Unterstuetzung durch Sturzkampfbomber sind entlang der Murmanbahn bisher 4 Divisionen zerschlagen worden und somit..., ...ist es heute zu Luftkaempfen im Raum Kiew gekommen, die wir fuer uns entscheiden koennen. Die feindlichen Jagdmaschinen kamen aus dem Raum Stanislau, was vermuten laesst, dass die dortigen Flughaefen noch intakt sind und..., ...wurden die weiterhin zurueck weichenden sowjetischen Panzerverbaende erneut angegriffen. Waehrend unsere taktischen Bomber aus mittlerer Hoehe die Kolonnen bombardierten, gingen die Jagdmaschinen zur freien Jagd ueber und..., ... bereiten wir den Einsatz von Fallschirmjaeger auf Stanislau vor. Dies sollte es uns ermoeglichen den Flugplatz in unsere Hand zu bringen und das feindliche Bodenpersonal festzusetzen...
Widerstand ist echt mein Ding! - S. Tapir