[SH3] Kämpfen, Siegen oder Untergehen

AARs zum Zeitpunkte der beiden Weltkriege

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[SH3] Kämpfen, Siegen oder Untergehen

Beitragvon Vampy » 7. Juni 2013 16:36

Kämpfen, Siegen oder Untergehen - Ein Feindfahrtbericht

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Hier wird in Kürze der gleichnamige AAR zu Silent Hunter III fortgesetzt, den ich ursprünglich im März 2008 im UBI-Forum eingestellt habe. Der AAR erzählt die Geschichte des Ubootkrieges vom August 1939 bis zum bitteren Ende im Mai 1945.

Geschildert wird das Erlebte aus der Sicht des I WO, Reinhard Krämer. Das Spiel wird im Hinsicht auf RP-Elemente gespielt. MOD-Basis ist Living Silent Hunter.

Gespielt wird mit folgenden Optionen:
- Begrenzte Batteriekapazität
- Begrenzter Pressluftvorrat
- Begrenzter Sauerstoffvorrat
- Begrenzter Treibstoffvorrat
- Torpedoversager
- Realistisches Schadensmodell
- Realistische Reparaturzeit
- Realistische Sinkdauer von Schiffen
- Realistische Sensoren
- Realistische Nachladedauer
- Keine Ereigniskamera
- Keine Sichtstabilisierung
- Keine Waffenoffizierunterstützung

Gespielt wird mit Schwerpunkt auf eine schön zu erzählende Geschichte. Effektivität spielt eine eher untergeordnete Rolle. Zusätzlich habe ich mir folgende "Hausregeln" auferlegt:

- Torpedos aus den Oberdecksstuben werden nur bei ruhiger See und freiem Oberdeck nachgeladen (auch, wenn das Programm ein Nachladen bei Sturm erlaubt).
- Feindfahrten werden grundsätzlich im Hafen beendet (kein Abschluß der FF auf See).
- Alle 24 Stunden wird ein Statusbericht abgesetzt. Statusmeldungen werden in unregelmäßigen Abständen abgesetzt, dafür gibt es "Passiermeldungen"
- Gesichtete Geleitzüge werden grundsätzlich per Funk gemeldet. Ab ca. Mitte/Ende 40 wird jeder Geleitzug vor dem Angriff zunächst mehrere Stunden "beschattet", um ein Fühlungshalten zu simulieren.

Ich hatte überdies vor nach der Prisenordnung vorzugehen. Leider ist dies spieltechnisch nicht umsetzbar. Im AAR wird das Boot also nicht an die Prisenordnung gebunden sein. Als feindlich erkannte Schiffe, ob bewaffnet oder nicht, dürfen also ohne Vorwarnung angegriffen werden.


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Re: [SH3] Kämpfen, Siegen oder Untergehen

Beitragvon Vampy » 10. Juni 2013 13:25

01. September 1939, 1. Seetag

Es ist noch früher morgen in Kiel. Stadt und Hafen liegen verschlafen da. Bis zum Sonnenaufgang ist es noch lange hin. Im Marinestützpunkt aber hat der Tag bereits begonnen. Seit Tagen herrscht hier rege Betriebsamkeit. Viele Uboote sind bereits ausgelaufen. Andere liegen noch an der Ausrüstungspier, übernehmen Torpedos oder stehen selbst unmittelbar vor dem Auslaufen. So wie U-1, ein kleines Boot vom Typ IIA, auf dem soeben die letzten Vorbereitungen zum Auslaufen getroffen werden. Unser Boot!

Ich lehne mich lässig über das Schanzkleid des engen Turmes, um die Übernahme der Frischverpflegung zu beaufsichtigen. Die Mannschaft des kleines Bootes bildet eine Kette von der Pier, über die schmale Stelling, bis zum Torpedoluk und reicht sich gegenseitig die Beutel und Körbe mit Lebensmitteln an. Unten wird es jetzt noch enger werden als sonst schon. Das Boot scheint ausschließlich um die Hauptbewaffnung, 3 Torpedorohre im Bugraum, herum gebaut worden zu sein. An die Besatzung scheinen die Herren Ingenieure nur wenige Gedanken verschwendet zu haben. Manchmal habe ich sogar den Eindruck, dass das Boot schon fertig konstruiert war, als plötzlich jemandem einfiel, dass man zwischen all den Maschinen, Anlagen und Rohrleitungen ja auch noch eine Bedienungsmannschaft unterbringen mußte. Der Proviant ist das beste Beispiel. Mangels Stauraum wird der Proviant dort untergebracht, wo gerade Platz ist. Brote lagern in großen Netzen unter der Decke, verderbliche Frischverpflegung dagegen in festgezurrten Körben zwischen den Torpedorohren, dem kühlsten Platz an Bord. Dosen und Konserven verschwinden unter den Bodenbrettern. Unzählige Rollen Toilettenpapier werden einfach zwischen diversen Rohrleitungen festgeklemmt. Es ist an sich schon ein Wunder, dass man sich an Bord immer noch relativ frei bewegen kann, obwohl in den letzten Tagen Massen an Ausrüstung an Bord geschleppt wurden. Und doch findet alles irgendwie seinen Platz. Hinter diesem Wunder steckt ein ausgeklügelter Stauplan, der auch noch den letzten Rest nutzbaren Raum erfaßt.
Obwohl die Kette manchmal ins Stocken gerät, geht die Arbeit gut voran. Obwohl viele der Männer, genau wie ich selbst, erst vor knapp 2 Monaten zur Besatzung gestoßen sind, bilden sie ein eingespieltes Team, bei dem jeder Handgriff sitzt. Als der Kommandant auf die Pier kommt, ist die Verpflegungsübernahme bereits beendet und ich kann das Boot klar zum Auslaufen melden.

Pünktlich um 04:00 Uhr gleitet das Boot mit lautloser E-Maschinenfahrt aus der Box des Bunkers. Der Kommandant ist selber auf der Brücke und befehligt das Ablegemanöver. Wir passieren die Außenmole und laufen in die Kieler Förde ein. Auch nachdem das Oberdeck tauchklar gemeldet wird und das Oberdeckspersonal unter Deck verschwindet, bleibt er noch auf der Brücke und blickt nachdenklich auf zwei Minenleger, an denen wir gemächlich vorüber ziehen. Das Achterdeck ist vollgestopft mit Minen. Dem Rauch aus dem Schornstein nach zu schließen stehen auch die Kessel unter Feuer. So sieht es derzeit auf vielen Schiffen in der Förde aus. Fast alle sind voll ausgerüstet und klar zum Auslaufen. Das verstärkt mein schlechtes Gefühl noch. Dem Kommandanten scheint das auch nicht zu gefallen.
"Das sieht mir sehr nach Ärger aus, Krämer."
"Jawohl, Herr Oberleutnant.", pflichte ich dem Alten bei.

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Auslaufen aus Kiel

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Passieren Marineehrenmal an Steuerbord-Seite

"Fertig machen, wir passieren gleich das Marineehrenmal." rufe ich den Brückenposten zu.
Ich setze die Pfeife an und blicke an das Ostufer der Kieler Förde. Als der hochaufragenden Turm genau querab steht, leite ich das Kommando mit meinen Pfiffen ein.
"Front nach Steuerbord."
Die Posten gehen in Grundstellung, während ich mit dem Bootsmannsmaat den Gruß erweisen. So verweilen wir den kurzen Moment, in dem das Ehrenmal an uns vorbeizieht, bis ich abpfeife. Es ist kurz nach 5:00 Uhr. Hinter dem Ehrenmal zeigen sich bereits die zarten Vorboten des Sonnenaufgangs. Es verspricht ein warmer und sonniger Tag zu werden.
Mein Blick ruht noch immer auf dem Ehrenmal, als von unten ein FT auf die Brücke gereicht wird. Der Kommandant überfliegt wortlos den Zettel und drückt mir das FT dann in die Hand. Ich muß die Zeilen dreimal lesen, bevor mir die Bedeutung des knappen Funkspruchs klar wird.

NORDDEICH RADIO hat geschrieben:Polnische Infanterie hat gestern Nacht versucht den Sender in Gleiwitz zu besetzen. Dies wurde verhindert. Seit 04:45 Uhr wird zurückgeschossen.


Wir befinden uns im Krieg!



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Re: [SH3] Kämpfen, Siegen oder Untergehen

Beitragvon Vampy » 25. Juni 2013 13:46

03. September 1939, 3. Seetag

Es ist kurz nach 19:00 Uhr. Mittlerweile haben wir das Skagerrak erreicht. Die See ist weiterhin ruhig. Nur der Wind hat seit heute Vormittag etwas zugenommen. Trotz der warmen Sonne wird es doch merklich kühl an Deck. Unter der Besatzung hat sich inzwischen eine wilde Entschlossenheit breit gemacht. Nachdem uns heute Mittag die Meldung vom Kriegseintritt Englands über Funk erreichte, kam vor knapp einer Stunde noch die Meldung über den französischen Kriegseintritt dazu. Alle sind empört über die unerträgliche Arroganz, die dahinter steckt. Nach all den Demütigungen, die wir seit dem Schandfrieden erdulden mußten, ist dies nun mit Abstand die unverschämteste. Deutschland wird offen angegriffen! Doch statt zu protestieren, schlagen sich die Engländer und Franzosen auf die Seite unserer Feinde. Wenigstens sind die Fronten nun geklärt. meinte der Alte lapidar, als das zweite FT mit dem französischen Kriegseintritt eintraf.

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Anmarsch zum PQ


04. September 1939, 4. Seetag

Wir haben das befohlene Planquadrat am Nachmittag erreicht. Der Wind hat weiter aufgefrischt. Wind 5, Seegang 4 notiert der Alte ins Kriegstagebuch. Auf der Brücke kommt bereits merklich Gischt über. Offenbar lassen die Polen ihre Schiffe in den Häfen oder im Ausland internieren. Das bedeutet für uns, dass wir wohl mit leeren Händen nach Hause fahren, während wir von anderen Booten aus dem Atlantik Erfolgsmeldungen hören. Das zehrt an den Nerven, trotzdem bleibt die Moral auf hohem Niveau.

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PQ erreicht, Wind frischt auf

Die Nacht ist wolkenlos und sternenklar. Der Mond beleuchtet die See, sodaß wir mit den Gläsern immer noch gute Sicht haben. Wir starren alle angestrengt in die Nacht. Nach einer Weile glaube ich überall Schatten zu sehen, in denen sich ein Schiff verstecken könnte. Dem Brückenposten neben mir geht es genauso. Ich beobachte ihn, wie er immer wieder einen bestimmten Punkt an Backbord voraus fixiert.

Haben Sie etwas entdeckt, Thomsen?
Ich bin mir nicht sicher, Herr Oberfähnrich. Ich bilde mir ein, einen Schatten zu sehen, in 340 Grad, große Entfernung. Aber sobald man direkt drauf sieht, ist da nichts.

Ich setze mein Glas an und folge dem ausgestreckten Arm des Mannes. Zuerst kann ich dort nichts besonderes erkennen. Dann, ganz gemächlich, scheint es mir, als wäre dort ein winziger Schatten, der stellenweise die Sterne über der Kimm verdeckt. Zwar ist das dort mehr eine Ahnung, als eine konkrete Sichtung. Trotzdem beschließe ich der Sache nachzugehen.
Hmm, dann wollen wir Ihrem Phantom doch mal ein Stück entgegenfahren. sage ich halblaut vor mich hin und befehle eine Kursänderung nach Backbord.
Backbord 10, neuer Kurs 1-0-0. kommt die Bestätigung von unten.
Noch während der Bug sanft nach Backbord schwenkt, entert der Alte auf die Brücke. Ich strecke meinen Arm grob in die Richtung unseres Schattens.
Der Matrosengefreite Thomsen hat weit voraus etwas entdeckt, könnte ein verdunkeltes Schiff sein.
Der Alte läßt sich Thomsens Glas geben und blickt selber angestrengt in die angegebene Richtung.
Schwer zu sagen. läßt der Alte sich schließlich brummend vernehmen. Ziemlich niedrig für Aufbauten. Liegt wohl noch tief hinter der Kimm?

In den nächsten Minuten beobachten wir Thomsen´s Phantom weiter. Tatsächlich schiebt sich der Schatten langsam höher über die Kimm heraus und gewinnt an Konsistenz. Allmählich schälen sich auch die Konturen von Aufbauten aus der Dunkelheit. Dahinter nimmt ein weiterer Schatten Gestalt an, dann noch einer. Wir sind auf einen kleinen Verband aus 3 Fahrzeugen gestoßen.

Gut gemacht, Thomsen. raune ich dem Mann zu.
Auch vom Kommandanten ist ein anerkennendes Brummen zu hören. Dann halblaute Befehle für Maschine und Ruder. Das Boot nimmt Fahrt auf, unser Bug schwenkt herum. Jetzt gilt es, eine günstige Position für den Angriff zu finden. Dabei hält der Alte das Boot schön im Mondlee, genau nach Lehrbuch. Von den Dampfern aus steht unser Turm gegen die dunkle Kimm. Die werden ihre Mühe haben, uns bei diesen Verhältnissen zu entdecken. Gleichzeitig stehen die Schiffe von uns aus gesehen gegen den hellen Mond, der die Aufbauten scharf aus der Dunkelheit heraus zeichnet. Plötzlich flucht der Alte.

Verdammt! Krämer, sehen Sie sich den großen Frachtdampfer in der Mitte mal genauer an. Für was halten Sie diese großen Kasten? Da, auf dem Vorschiff und auf der Poop. Und die Brückenaufbauten sehen mir auch nicht ganz geheuer aus.

Ich setze mein Glas an und überfliege den mittleren Dampfer. Tatsächlich! Die kantigen Umrisse auf Vor- und Achterschiff sehen nach Geschützständen aus. Das hätte eine böse Überraschung geben können! Mit einem jener schneidigen Überwasserangriffe, die während der Ausbildung in der Ostsee so oft geübt worden sind, wird es wohl nichts werden.

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Bewaffneter Frachter

Der Kommandant scheint sich ebenfalls zu diesem Entschluss durchgerungen zu haben. Nachdem die Diesel das Boot noch ein wenig näher an die gedachte Kurslinie der Dampfer herangetragen haben, läßt er die Brückenposten einsteigen. Nach einem letzten Rundblick steigt er selber ein und dreht das Luk dicht.

Fluten, auf Sehrohrtiefe gehen. kommt es mit ruhiger Stimme aus dem Turm.

Der Zentralemaat und seine gasten bedienen die Entlüftungen der Tauchzellen. Zischend entweicht die Luft aus den Entlüftungen, während durch die Flutschlitze gurgelnd Wasser nachschießt. Hinten werden jetzt die Füllhebel der Diesel in Nullstellung gebracht. Das gleichmäßige Dröhnen der Maschinen wird holpriger und setzt dann ganz aus. An seine Stelle tritt das leise Summen der E-Maschinen, die auf die Wellen gekuppelt werden. Der LI gibt mit ruhiger Stimme Ruderbefehle. Noch beim Unterschneiden höre ich den Sehrohrmotor im Turm anspringen.

Boot ist durchgependelt, alle Entlüftungen sind zu. meldet der LI in den Turm.

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Tauchen vor dem Angriff

Lange Minuten vergehen, in denen der Alte nur gelegentlich neue Peilungen und Entfernungswerte durchgibt, die der Bootsmann geflissentlich in die Feuerleitanlage eingibt. Von meinem Posten unter dem Turmluk, kann ich einen Blick auf die Karte des Obersteuermanns werfen, auf der er die Position der Dampfer mitkoppelt. Der erste Frachter in der Kolonne wird uns demnach gleich recht voraus passieren.

Mündungsklappen Rohr I bis III öffnen. kommt es leise von oben und dann gleich darauf: Maschinen stopp.

Wir sind anscheinend dichter herangekommen, als wir wollten. Direkt vor uns befindet sich jetzt die Lücke zwischen den ersten beiden Dampfern. Im Boot herrscht Stille. Durch den Druckkörper sind die Schraubengeräusche der Dampfer zu hören. Von oben kommen geflüsterte neue Werte für die Feuerleitanlage.

Rohr I ... Los! kommt der Ruf aus dem Turm, dicht gefolgt von Rohr II ... Los!

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Torpedo los!

Die Torpedos sind unterwegs! Der Obersteuermann lässt die Stoppuhr mitlaufen. Bei der geringen Entfernung laufen die Torpedos nur eine knappe halbe Minute, bevor sie das Ziel erreichen. Der Alte hat den perfekten Zeitpunkt für den Angriff erwischt. Die Rechenwalzen im Kopf des Alten rechnen präzise. Die Torpedos steuern auf unterschiedliche Dampfer zu, von denen uns der eine entgegen kommt und der andere sich bereits von uns entfernt. Der erste Torpedo hat also eine längere Laufstrecke, als der zweite Aal. Und dennoch ist ihre Laufzeit nahezu gleich.

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Torpedobahnen

Auf der Stoppuhr des Obersteuermanns nähern sich die Zeiger der 6. Im selben Moment, in dem sich der Mund des Obersteuermanns zur Meldung öffnet, hören wir von draußen den lauten Schlag der Detonation. Ein Torpedo hat sein Ziel gefunden. Nur wenige Atemzüge später läuft der zweite Torpedo ins Ziel.

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Treffer!

Wir liegen immer noch gestoppt. Aus den Worten des Kommandanten entnehme ich, dass der dritte Dampfer in unsere Richtung dreht und die angeschossenen Dampfer auf der uns zugewandten Seite passieren wird. Offenbar vermutet man uns auf der anderen Seite. Als der Dampfer mit seiner Breitseite genau vor uns steht, gibt der Alte den Feuerbefehl für Rohr III. Auch dieser Schuss wird ein Treffer.
Zwei der Schiffe, so berichtet der Kommandant aus dem Turm, nehmen rasch Wasser über und sinken. Der große Dampfer mit den Geschützen ist da zäher. Obwohl das Heck tief im Wasser liegt und die Maschinen keine Fahrt mehr machen, macht er keine Anstalten in die Knie zu gehen. Jetzt werden drüben sogar die Geschütze besetzt. Suchscheinwerfer strecken ihre bleichen Finger nach den Wellen aus und versuchen uns zu finden. Der Kommandant kann den Sehrohrkopf nur für wenige Augenblicke oben lassen, ehe er ihn gleich wieder von den Wellen überspülen lässt.

Im Bugraum treibt der Torpedomechanikersmaat die Lords unerbittlich an. Die Rohre müssen für einen Fangschuß schnell nachgeladen werden, bevor der Gegner seine Probleme in den Griff bekommt und wieder Fahrt aufnimmt. Weniger als 6 Minuten nach dem ersten Schuß ist Rohr I wieder feuerbereit. Der Alte zögert mit dem Schuß keine Sekunde. Unmittelbar nach dem Treffer erschüttern weitere Detonationen das gebeutelte Schiff. Offenbar haben wir die Maschinenräume erwischt. Eine große Explosion mittschiffs läßt den Dampfer auseinanderbrechen und rasch sinken.

Als das Boot die Wellen durchbricht, ist kaum mehr eine Stunde vergangen. Der Bug des bewaffneten Frachters ragt noch ein Stück aus dem Wasser. Von den anderen beiden Dampfer ist nichts mehr zu sehen. Lediglich einige Trümmer, an denen sich dunkle Schatten festklammern, treiben auf dem Wasser. Boote oder Rettungsflöße sind keine zu sehen.

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Spuren des Angriffs

Wir sind gerade einmal eine halbe Seemeile von den Trümmerteilen entfernt. Die Hilferufe der Männer dringen schwach zu uns herüber. Der Alte blickt säuerlich drein, als er Nordkurs befielt und das Boot mit großer Fahrt ablaufen läßt. Meine Euphorie, die ich seit dem ersten Treffer empfunden habe, verfliegt schlagartig. Erst jetzt wird mir bewußt, dass wir nicht nur auf Schiffe schießen, sondern auch auf deren Besatzungen.
Wieviele es wohl ins Wasser geschafft haben? Wahrscheinlich sind es hauptsächlich die Seeleute der Fahrwache, die da im Wasser treiben. Die Freiwächter haben sicher weniger Glück gehabt. Die haben wir vermutlich mitten im Schlaf erwischt. Ob auch welche aus der Maschine entkommen sind? Die Maschinenräume der Schiffe, diese großen Hallen, die durch alle Decks nach oben reichen, nur durch Grätings voneinander getrennt, sind bevorzugtes Ziel unserer Torpedos. Wenn der Torpedo die dünne Stahlhaut aufreißt, läuft ein Maschinenraum innerhalb kürzester Zeit voll. Mit abgesoffener Maschine ist kaum ein Schiff zu halten.

Ist ja günstige Gegend hier. lässt sich der Alte neben mir mit knarziger Stimme vernehmen. Die haben sicher noch einen Notruf abgesetzt. Das steht mal fest. Genug Verkehr gibt es in der Gegend auch. Sollen sich mal die Schweden drum kümmern. Oder die Dänen. Wahrscheinlich ist der Seenotdienst schon unterwegs.

Wie zur Bekräftigung nicht der Kommandant entschlossen und entert das Turmluk hinab. Das schlechte Gefühl bleibt.



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Zuletzt geändert von Vampy am 5. Juli 2013 12:52, insgesamt 1-mal geändert.
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Re: [SH3] Kämpfen, Siegen oder Untergehen

Beitragvon Vampy » 4. Juli 2013 14:08

06. September 1939, 6. Seetag

Dichte Wolken sind aufgezogen. Die Sicht ist aber weiterhin gut. Die See hat sich wieder gelegt. Unser Angriff von gestern hat ein glückliches Ende gefunden. Der Funker hat eine Meldung eines schwedischen Dampfers abgefangen, dass unweit der Position der versenkten Dampfer mehrere Überlebende geborgen wurden. Trotzdem wandern meine Gedanken immer wieder zu den dunklen Buckeln im Wasser zurück. Für den Alten hingegen scheint die Angelegenheit längst abgetan.

Wir stehen immer noch in unserem Patrouillengebiet. Doch anstatt Suchkurse abzufahren, steuert das Boot auf einen festen Punkt zu. Ein Seeaufklärer hat ein weiteres Geleit auf Ostkurs gesichtet. Da wir immer noch einen Torpedo in Rohr II haben, hat der Kommandant sich zum Angriff entschlossen. Der berechnete Abfangpunkt liegt etwa 11 Meilen voraus. Da der Gegner diesen Punkt aber erst in etwa 3 Stunden passieren wird, laufen die Diesel mit kleiner Fahrt. Spart wenigstens Brennstoff, ist die tröstende Antwort des Kommandanten auf das gequälte Gesicht des Leitenden. Der Leitende findet ob des holprigen Geräuschs unserer Maschinen in den Worten des Alten freilich wenig Trost. Zumal für uns keine Notwendigkeit zu sparsamem Umgang mit den Treibölvorräten besteht. Laut Verbrauchsrechnung haben wir die Brennstoffbunker nicht einmal zur Hälfte leer gefahren.

Das Geleit kommt gegen 13:00 Uhr in Sicht. Wieder ist es Thomsen, der die Rauchfahnen hinter Kimm als erster ausmacht. Mit Thomsens Meldung treibt es auch den Kommandanten auf die Brücke. Gemeinsam richten wir unsere Gläser in Richtung der schmalen, zerblasenen und nach oben auseinanderlaufenden Rauchsäulen. Nacheinander kommen vier Fahrzeuge in Sicht.
Der Kommandant gibt Maschinen- und Ruderbefehle. Die Dampfer wandern allmählich achteraus, die Mastspitzen versinken wieder hinter der Kimm, bis sie gerade eben noch zu sehen sind. Sie sind es, die jetzt immer wieder mit dem Peildiopter angepeilt werden. Aus der Peilungsauswanderung lassen sich so Kurs und Fahrt bestimmen.

Mal Kontaktmeldung vorbereiten. Sobald der Funkspruch raus ist, tauchen wir., brummt der Alte, während er weiter das Geleit beobachtet.
Der Kommandant traut dem Frieden nicht. Wahrscheinlich vermutet er eine Ubootfalle oder ähnliche unliebsame Überraschungen. Ist ja auch heller Wahnsinn, dass die Tommies ihre Schiffe weiterhin in Richtung Ostsee schicken. Sie müssen doch wissen, dass die Ostsee unser Meer ist.


U 1 hat geschrieben:FEINDLICHES GELEIT GESICHTET AUF FUNF SIEBEN DREI VIER NORD NULL SIEBEN DREI FUNF OST X VIER FAHRZEUGE X GENERALKURS OST X GESCHWINDIGKEIT SIEBEN SM X GREIFEN AN X U EINS



Kurz nachdem der Funker den Spruch abgesetzt hat, läßt der Kommandant an der verlängerten Kurslinie des Geleits tauchen. Unsere Angriffsposition könnte nicht besser sein. Die E-Maschinen machen gerade genug Fahrt, um das Boot auf die Ruder ansprechen zu lassen. Wenn das Geleit keine Sperenzchen macht, wird es uns direkt vor die Rohre laufen.
Der Kommandant ist gleich im Turm geblieben. Von meinem Posten unter dem Zentraleluk höre ich deutlich den Sehrohrmotor anspringen, aussetzen und wieder anspringen. Im Boot herrscht gespannte Stille. Der Kommandant am Angriffssehrohr und der Funkmaat an seinem Horchgerät sind die einzigen, deren Sinne aus unserer Stahlröhre hinaus reichen. Wir anderen müssen uns auf die halblaut gemurmelten Peilungen selbst einen Reim machen. Am ehesten ist es noch der Obersteuermann, der den Überblick behält. Er ist es, der unseren Angriff auf Milimeterpapier mitkoppelt und jeden neuen Wert, jede Peilung gewissenhaft einträgt. Die Leute in der Maschine und im Bugraum sind am schlechtesten dran. Sie bekommen vom Kampf des Kommandanten kaum etwas mit.

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Tauchen zum Angriff

Die Peilungen wandern schneller aus. Aus den Worten des Kommandanten schließe ich, dass wir fast genau querab des Geleites stehen und die Dampfer ziemlich nahe an uns heran kommen. Ich riskiere einen Blick auf die Koppelzeichnung des Obersteuermanns. Es scheint, als hätten uns die ersten beiden Dampfer eben passiert. Vermutlich hat der Alte es auf den dritten Dampfer in der Kolonne abgesehen, ein Schiff von etwa 2.500 Tonnen, wenn ich richtig aufgepasst habe.

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Ermitteln der Schußunterlagen

Gegnerfahrt 7. Bug links, Lage 70. Entfernung 800. Torpedotiefe 4 Meter. Torpedogeschwindigkeit 44. kommt es gemurmelt aus dem Turm.
Der Bootsmann stellt die neuen Werte an der Feuerleitanlage ein. Die Feuerleitanlage wandelt die Werte in Steuerbefehle um und überträgt diese automatisch an unseren Torpedo.
Neue Lage 80. Mündungsklappe Rohr II öffnen.
Bei dieser kurzen Schußdistanz bleibt dem Dampfer kaum Zeit zum Ausweichen. Am ehesten würden das noch die flinken Zerstörer fertig bringen. Wenn so ein Blechkasten bei Hartruderlage Dampf aufmacht, kann er sich leicht aus der Torpedolaufbahn flüchten. Aber auf Zerstörer haben wir es nicht abgesehen.
Rohr II fertig ... Rohr II ... los!

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Torpedo los!

Der Torpedo wird jetzt mit Pressluft aus dem Rohr gedrückt. Für einen Moment meine ich, das hohe Singen der kleinen gegenläufigen Propeller zu hören. Der Obersteuermann lässt die Stoppuhr mitlaufen. Mit halbem Ohr nehme ich auf, wie der LI in die Regelzellen zufluten lässt. In Gedanken memoriere ich: Da das nachströmende Seewasser die Masse des Torpedos nicht vollständig ersetzen kann, stimmen unsere Gewichtsverhältnisse nicht mehr. Das Boot ist jetzt geringfügig leichter, als das von ihm verdrängte Wasser und würde ohne Gegenmaßnahmen anfangen zu steigen. Zum Glück dringt in diesem Moment der scharfe Knall der Explosion durch das Boot. Mein zufriedenes Lächeln fällt da kaum auf.

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Treffer!

Wir bleiben weiterhin getaucht. Der Kommandant gibt aus dem Turm eine Art Lagebericht herunter. Während der Rest des Geleits eilig abgelaufen ist, hat der torpedierte Dampfer aufgestoppt. Das Heck liegt tief im Wasser. Auf Höhe der Aufbauten ist Feuer ausgebrochen. Trotzdem macht das angeschossene Schiff keinerlei Anstalten, in die Knie zu gehen, auch nicht, nachdem ein russischer Dampfer die Besatzung abgeborgen hat.

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Angeschossener Dampfer

Die Stunden vergehen. Aus dem Turm hören wir immer wieder unwirsches Brummen und Gemurmel. Dass der Dampfer nicht sinken will, scheint den Alten ganz gewaltig zu wurmen. Ist ja unwahrscheinlich ausdauernd. Hat vermutlich jede Menge gut schwimmbare Ladung an Bord. Möchte mal wissen, wo die Truppe unseres Reichsjägermeisters steckt. Vielleicht auch besser so. Nicht dass uns die Brüder ihre Eier aufs Dach schmeissen.
Es dauert lange, bis der Kommandant die Sache aufgibt. Doch schließlich läßt er doch auftauchen und das Boot auf Heimatkurs legen, bevor er hinter den grünen Vorhängen seiner Ecke verschwindet.




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Re: [SH3] Kämpfen, Siegen oder Untergehen

Beitragvon Vampy » 5. Juli 2013 13:27

08. September 1939, 8. Seetag

Über Nacht kommt dichter Nebel auf. Dazu regnet es wie aus Eimern. Die Sichtweite ist mehr als bescheiden. Wir müssen höllisch aufpassen, dass wir bei diesem Wetter nicht von einem anderen Dampfer überrollt werden. Am Morgen kommt noch starker Wind hinzu, der die See zu hohen Wellen auftürmt, die schwer gegen das Schanzkleid der Brücke schlagen. Das Boot stampft heftig in der schweren See, der Bug taucht immer wieder tief in die Wellen ein. Auch als wir in das Kattegat einlaufen, ändert sich das Wetter nicht. Zwar legt sich der Wind am zehnten Tag unserer Reise, Nebel und Regen aber bleiben unsere ständigen Begleiter.

Am elften Seetag erreichen wir die Kieler Förde. Der Nebel umhüllt unser Boot immer noch in undurchdringlichen Schwaden. Wie ein dunkler Schatten gleiten wir durch die Kette der Vorpostenboote, die wie geisterhafte Schemen nur undeutlich zu erkennen sind. Erst nachdem wir den Leuchtturm bei Friedrichsort passieren, wird der Nebel lichter. Langsam zieht die Außenmole an uns vorüber. Das Oberdeckspersonal ist bereits auf Position. Die Leinen liegen bereit, die Poller sind ausgefahren.
Der Kommandant fährt das Anlegemanöver selbst. Genau bemessene Ruderkommandos lassen unseren Bug sanft herumschwingen und auf unseren Liegeplatz zeigen. Drüben stehen ebenfalls Leute bereit, um unsere Leinen anzunehmen. Der Kommandant nimmt die Fahrt aus dem Boot. Fast lautlos gleitet wir nun voran. Leichtes Gegenruder sorgt dafür, dass der Bug langsam auswandert und nicht mehr direkt auf die Pier zeigt. Als uns nur noch wenige Meter vom land trennen, fliegen die Wurfleinen und die Leinen werden übergeben. Die Vorspring wird festgemacht. Von der Restfahrt getrieben drückt sich das Heck sanft an die Pier. Kurz darauf ist das Boot fest vertäut. Unsere erste Feindfahrt ist zu Ende.




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Re: [SH3] Kämpfen, Siegen oder Untergehen

Beitragvon Vampy » 7. Januar 2015 13:09

01. Oktober 1939, Kiel

Die letzte Nacht an Land. Ich bin im Offizierskasino. Der Alte und der LI sind auch da, zusammen mit Offizieren anderer Boote. Der II WO hat Wache an Bord. Das Lokal ist für uns mit Marinememoralien dekoriert. Modelle verschiedener Boote, teilweise aus dem Weltkrieg, aber auch unsere heutigen Typen, teilen sich den Platz mit Vitrinen voller Knotenbretter. In den Ecken der Bar sind Positionslaternen angeschraubt, welche die Szene dezent grün und rot beleuchten. Der Pächter war sogar so voreilig und hat an der Wand mit den Fotos der Gefallenen aus dem Weltkrieg bereits Platz für neue Bilder geschaffen. Zum Glück haben wir noch keine Verluste zu beklagen. Bei den Kameraden in Wilhelmshaven sieht es anders aus. Noch im September war dort gleich für 2 Boote, U-39 und U-27, die Drei-Sterne-Meldung fällig. Es heißt U-39, ein Hochseeboot vom Typ IX A, wäre bei einem waghalsigen Angriff auf einen Flugzeugträger von den Eskorten versenkt worden und U-27 hätte es erwischt, als der Kommandant einen Angriff auf mehrere Zerstörer fahren wollte. Die haben jetzt sicher keine Halsschmerzen* mehr. Das war alles, was der Alte dazu meinte. Beide Kommandanten waren als Draufgänger mit Ambitionen auf das Ritterkreuz bekannt. Die Versenkung eines feindlichen Flugzeugträgers wäre sicherlich das Eiserne Kreuz wert gewesen - und eine persönliche Erwähnung im Wehrmachtsbericht.
Dabei ist der Alte selber ein Kandidat auf das Eiserne Kreuz. Mit knapp 16.000 BRT hat er den größten Erfolg der Ubootwaffe in diesem noch jungen Krieg erzielt. Bei der Rückkehr wurde unser Boot persönlich vom FdU in Empfang genommen und mit einer kurzen Lobrede über die erbrachte Leistung bedacht. Die Piepels auf der Pier haben ganz schön geglotzt, als der Alte dann im Dienstwagen des FdU zum Stab kutschiert wurde.
Die Gespräche im Offizierskasino drehen sich meist um den Krieg. Die Tommies werden allmählich mutiger. Der gescheiterte Luftangriff auf Wilhelmshaven war erst der Anfang. In den küstennahen Gewässern der Nordsee, rund um die englische Küste, ist man vor Flugzeugen kaum noch sicher. Moehle, der Kommandant von U-20, kann ein Lied davon singen. Während seiner letzten Fahrt an die englische Küste wurde er von einem Swordfish-Torpedobomber an der Oberfläche überrascht. Zum Glück für Moehle war der erste Anflug schlecht ausgeführt. Beim zweiten Anflug hat er den Flieger dann mit der Fla-Waffe erwischt. Wenn jetzt auch noch großflächige Luftüberwachung auf dem Atlantik per Träger dazukommt, haben die Kameraden dort auch wenig zu lachen. Bald werden sich die Tommies nicht mehr so dilettantisch anstellen wie Moehles Flieger.
Auch sonst haben die Tommies schnell geschaltet. Wir sind nicht die einzigen, die es mit einem bewaffneten Frachter zu tun hatten. Scheringer von U-13 und von der Ropp von U-12 hatten es ebenfalls damit zu tun. Scheringer hatte einen bewaffneten Einzelfahrer gesichtet und bei von der Ropp fuhr der Dampfer sozusagen als Konvoisicherung mit, wie es auch bei uns der Fall war. Genutzt hat es den Tommies trotzdem nichts. Der Trick mit der Ubootfalle* hat schon im Weltkrieg schlecht funktioniert.

Ich setzte mich an den Tisch des Alten. Er und von der Ropp unterhalten sich über die Sichtungen englischer Uboote in 'unserem' Teil der Nordsee. Richtig, für von der Ropp heißt es ja auch bald wieder Auslaufen zum Einsatz. Nur dass er weiter raus fährt. Wahrscheinlich Osteinfahrt zum Ärmelkanal. Verdammt nah an den englischen Häfen. Da wimmelt es nur von Bewachern. Und bestimmt hat der Tommie auch Minen gelegt. Darin ist er ja geübt. Uns wird er auch ein paar hübsche Eier vor die Tür gelegt haben. Oder die Flieger haben nachts Minen abgeworfen. Die kennen ja unsere Marschrouten, so wie deren Uboote uns belauern. Scheint so, als hätte ich einiges verpaßt. Ich war ja fast die ganze Zeit in Stralsund zur Geschützausbildung. Der Alte hat ganz fassungslos ausgesehen, als die Kommandierung kam. Ich kann ihm da nur zustimmen. Für unsere 20 mm brauchen wir keinen ausgebildeten Geschützführer.

Kurz nach Mitternacht verlassen wir zusammen mit von der Ropp das Offizierskasino. Gegen 9:00 Uhr ist Auslaufen angesetzt. Davor wird noch einmal Frischverpflegung übernommen. Da heißt es früh aufstehen.

*
Halsschmerzen haben: Abfällige Bezeichnung für Personen, die Ambitionen nach dem Ritterkreuz hegten, da dieses um den Hals getragen wurde.
Ubootfalle: Ein als Handelsschiff getarntes, bewaffnetes Schiff zur Ubootabwehr. Teilweise auch als neutrales Schiff getarnt. Sobald ein Uboot das Schiff gemäß Prisenordnung stoppt, sollte überraschend das Feuer auf das aufgetauchte Boot eröffnet werden.




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Re: [SH3] Kämpfen, Siegen oder Untergehen

Beitragvon Vampy » 12. Januar 2015 13:32

02. Oktober 1939, Kiel

Wir haben einen schönen Tag zum Auslaufen erwischt. Kein Regen, kein Nebel, lediglich leichter Ostwind. Bestes Kaiserwetter. In der Förde herrscht starker Schiffsverkehr. Immer noch sind viele Kriegsschiffe darunter, die Ein- und Auslaufen. Die Minensucher, die vor Friedrichsort die Hafeneinfahrt überwachen, ziehen gemächlich ihre Bahnen. Wir hängen uns hinten dran. Dass der Feind hier in der Ostsee Minen gelegt hat, scheint zwar unwahrscheinlich, aber der Alte will kein Risiko eingehen. Offenbar hat ihm das gestrige Gespräch mit von der Ropp doch mehr zugesetzt, als er zugeben will. Wenn unsere Boote vor den feindlichen Häfen Minen legen können, dann kann der Gegner das sicher auch.
Erst jetzt fällt mir die Frontspange auf, die auf Thomsens Brust prangt. Vermutlich hat der Alte ihn wegen der guten Leistung während der letzten Fahrt vorgeschlagen. Seinen Spitznamen hat Thomsen jedenfalls schon weg. Die Lords an Bord nennen ihn einfach Spökenkieker, während der Alte ihn als Orakel bezeichnet. Die Verleihung muß ich während des Lehrganges wohl verpaßt haben. Ebenso die Ankunft der 3 neuen Mannschaftsdienstgrade, die mir erst während der Auslaufmusterung aufgefallen sind.

Noch während der ersten Wache heizt der Alte der Mannschaft richtig ein. Von unten ist ständig ein "Zur Übung: Wassereinbruch ..." oder "Zur Übung: Feuer an Bord." zu hören. Im Ernstfall muss jeder Handgriff sitzen. Sobald wir in den Skagerrak einlaufen, müssen wir mit Angriffen rechnen. Uboote, Zerstörer, Flugzeuge, bewaffnete Frachter ... der Feind hat nicht lange gebraucht, um Abwehrmaßnahmen einzuleiten.
Von gelegentlichen Übungsalarmen abgesehen verläuft die Anfahrt zum PQ jedoch ruhig. Wir sollen wieder den Flaschenhals zwischen Ostsee und Nordsee überwachen und feindlichen Schiffsverkehr unterbinden. Diesmal liegt das PQ näher an der Nordspitze Dänemarks. Das zu überwachende Seegebiet ist somit kleiner. Weniger Schlupflöcher, um unbemerkt an uns vorbeizuschleichen.
Über das immer noch andauernde Aufkommen an feindlichen Schiffen kann ich mir keinen Reim machen. Vermutlich sind da auch einige getarnte Minenleger dabei. Nur wegen der Rohstoffe aus Schweden, Finnland und dem Baltikum würde der Tommie wohl nicht so ein Risiko eingehen und Schiffe und Besatzungen verheizen. Eine Unterstützung der Polen von See aus, ist mangels geeigneter Häfen ebenfalls ausgeschlossen. Der Alte ist jedenfalls der Ansicht, dass unser Einsatz hier vor der Haustür wohl bald beendet wird. Stattdessen wird sich unser Einsatzgebiet wohl mehr in die Nordsee hinaus verlagern, bis unter die englische Küste und mitten hinein in das Netz der englischen Seeüberwachung.




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Re: [SH3] Kämpfen, Siegen oder Untergehen

Beitragvon Vampy » 13. Januar 2015 16:15

05. Oktober 1939, Skagerrak

Ich werde durch zaghaftes Rütteln des Zentralegasten geweckt. Wachablösung. Mit vom Schlaf noch steifen Gliedern streife ich mir das Lederzeug über und fahre in die schweren Stiefel. Kurz vor 4:00 Uhr stehe ich in der Zentrale und werfe einen Blick auf die Seekarte. Das Boot hat das befohlene Operationsgebiet gestern kurz vor Mitternacht erreicht. Seitdem fahren wir Suchkurse. Auf der Karte sehen die gleichmäßigen Linien wie die Zinnen einer Burg aus, einer Burg, die auf der Seite liegt. In der Marine ist es brauch, der abgelösten Wache die letzten Minuten zu erlassen. Deshalb entere ich pünktlich um 5 vor Voll die schmale Leiter zur Brücke hoch und übernehme die Wache des Obersteuermanns. Obwohl es bis zum Sonnenaufgang noch dauert, wird es im Osten bereits diesig. Es ist dieser kleine Zeitraum zwischen Nacht und Tag, dessen Magie ich mir kaum entziehen kann. Momente wie dieser zählen mit zu den schönsten Erlebnissen, die man auf See haben kann. Die See liegt flach in der aufziehenden Dämmerung, wie mit Öl übergossen. Es gibt kaum Wellen, die diesen Eindruck trüben, außer unserer eigenen blasigen Hecksee. Trotzdem darf ich mich nicht ganz diesem beeindruckendem Schauspiel hingeben. Mein Blick streicht routiniert über die Kimm. Erst langsam mit dem starken Seeglas. Dann das Glas ein Stück absetzen und die Kimm als Ganzes überblicken.
Plötzlich kommt der Ruf "Schiff gesichtet!" Natürlich ist es Thomsen, der den Ruf ausgestoßen hat. Ich folge dem ausgestreckten Arm, während Thomsen seine Meldung vervollständigt.

Schiff gesichtet an Steuerbord voraus, 20 Grad. Bug rechts, geschätzte Lage 130. Entfernung circa 11 Meilen.
Ich setze mein Glas an. Zuerst kann ich in der angegebenen Richtung nichts erkennen. Doch dann sehe ich tatsächlich 2 Masten, dünn wie Bleistiftstriche, die nicht einmal einen halben Finger breit über der Kimm stehen. Schon steht der Alte neben mir und setzt ebenfalls sein Glas an.
Thomsen, hat Ihnen Ihre Kristallkugel auch verraten, unter welcher Flagge der Zossen fährt? bringt der Alte schließlich hervor, immer noch angestrengt durch sein Glas starrend.
Jawoll, Herr Oberleutnant. Fahrzeug fährt unter polnischer Flagge. meldet Thomsen, während er leicht rot im Gesicht wird und fügt dann leiser hinzu: Sah zumindest so aus.
Der Alte reibt sich übers Kinn.
Beide Diesel AK voraus, Steuerbord 10, Neuer Kurs 1-6-5. gibt er jetzt Maschinen- und Ruderkommandos ins Boot. Wollen doch mal näher ranstaffeln und ein wenig vorsetzen.
Noch während der Bug sanft nach Steuerbord dreht geht ein Ruck durchs Boot, als die Diesel auf AK-Fahrt gehen. Das sonore Brummen schwillt zu einem lauten Dröhnen an, während das Boot schnell Fahrt aufnimmt. Der öligblaue Qualm, den wir hinter uns herziehen, legt sich wie ein Schleier über die brodelnde Hecksee. Das Boot ist bereit zur Jagd.
Drüben wächst das andere Schiff schnell über die Kimm. Der Alte starrt mit regloser Miene hinüber. Immer mehr Details werden durch unsere Gläser deutlich. Vor uns liegt ein kleiner Frachtdampfer, kaum größer als 1600 Tonnen. Es ist tatsächlich ein Pole. Zwischenzeitlich läßt der Alte das UZO auf die Brücke holen. Überwasserangriff!

So Krämer, dann wollen wir mal loslegen. meint der Alte als wir uns in einer guten Position vor dem Dampfer positioniert haben.
Jawoll, Herr Oberleutnant. erwidere ich und klemme mich hinter die Säule. Diesmal soll ich den Angriff fahren.
Rohr I bewässern. Klarmachen zum Überwasserschuß. gebe ich die Kommandos für den Angriff.
Rohr I ist klar zum Überwasserschuß, bis auf Mündungsklappe. kommt deutlich die Bestätigung von unten.
Bug rechts. Lage 80. Entfernung 2500. Ich zögere kurz. Wie tief mag ein solcher Dampfer wohl im Wasser liegen? Torpedogeschwindigkeit 44, Lauftiefe 6 Meter.
Ist eingestellt.
Die Spannung auf der Brücke ist zum zerreißen gespannt. Der Dampfer hat uns zwischenzeitlich bemerkt und beginnt schwerfällig nach Backbord zu drehen. Kaum mehr als eine Geste des Widerstands. Unseren schnell laufenden Torpedos kann er nicht davonfahren. Trotzdem korrigiere ich kurz die Zielangaben und lasse die geänderten Werte in den Torpedorechner einspeißen.
Rohr I feuerbereit machen! Mündungsklappe öffnen. rufe ich nach unten, als wir nur noch knapp über 1000 Meter entfernt sind.
Rohr I ist feuerbereit. kommt die Bestätigung.
Rohr I ... Los! Ich zähle innerlich bis drei, um dem Torpedo das Lösen vom Boot zu ermöglichen. Ruder hart Backbord, Backbordmaschine Kleine Fahrt voraus, Steuerbordmaschine Große Fahrt voraus.
Unsere Bugwelle fällt in sich zusammen, als die Diesel mit der Fahrtstufe heruntergehen. Unsere Hecksee läuft schäumend an uns vorbei, während der Bug rasch abdreht. Jetzt bloß nicht zu nah rankommen und eine Kollision provozieren.
Ein rascher Blick zum polnischen Frachter. Die Blasenbahn des Torpedos läuft gut sichtbar auf den Zossen zu, hat ihn fast schon erreicht, als eine schäumende Wassersäule emporsteigt und auf dem Deck niederregnet. Treffer!
Ruder Mitschiffs. Recht so. Beide Maschinen Kleine Fahrt voraus. gebe ich Kommandos, um die Drehbewegung des Bootes zu stoppen. Der Pole liegt jetzt achteraus.
Recht so, 1-0-7 liegt an. bestätigt der Rudergänger.
Ich blicke wieder zum Frachter zurück. Eine Sekundärexplosion erschüttert den Rumpf, möglicherweise die Kesselanlage oder Teile der Ladung. Metalltrümmer der Decksaufbauten werden ins Wasser geschleudert. Der Bug liegt bereits tief im Wasser und wird von der verbleibenden Restfahrt noch weiter unter Wasser gedrückt. Nach kaum 5 Minuten sind nur noch Trümmer und aufgeschwommene Flöße an der Untergangsstelle zu sehen, an denen sich die Überlebenden der Besatzung festklammern. Um Boote ins Wasser zu lassen, war keine Zeit mehr.
Der Alte läßt beide Diesel auf Langsame Fahrt gehen und behält den Ostkurs bei, auf die aufgehende Sonne zu. Der goldene Schimmer, der sich jetzt über die See legt, läßt die ganze Szene unwirklich erscheinen.

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Auslaufen aus Kiel

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Einzelfahrer entdeckt

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Überwasserangriff auf Frachter

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Ablaufen auf Ostkurs in den Sonnenaufgang




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Re: [SH3] Kämpfen, Siegen oder Untergehen

Beitragvon Vampy » 16. Januar 2015 13:14

06. Oktober 1939

Obwohl meine Wache erst in einer halben Stunde beginnt, hält es mich nicht mehr im Boot. Deshalb verhole ich mich auf die Brücke. Das Wetter ist uns weiterhin wohlgesonnen. Über mir ist der klare Sternenhimmel, um mich herum nur die glatte See, auf der sich Sterne spiegeln. Der Mond steht wie ein riesiges, weiß leuchtendes Segel auf der Kimm, als wolle er uns den Weg leuchten. Das sanfte Rauschen, wenn das Boot sich sachte einen Weg durch das Meer bahnt, umfängt mich. Es sind Momente wie dieser, die Zauber der See, die mich bewogen haben, mich zur Kriegsmarine zu melden. Wäre nicht der Obersteuermann mit den wachsamen Posten seiner Wache, fiele es mir nicht schwer, mir vorzustellen alleine auf dem Meer zu sein. Ich lehne mich gegen den Sehrohrbock und versuche mir vorzustellen, wie wohl die Seeleute früherer Zeiten empfunden haben, als einzig der Wind sie auf ihren großen Segelschiffen über die Ozeane blies.

Es dauert nicht lange und die Männer der ersten Seewache ziehen auf. Jetzt bin ich es, der die Verantwortung für Boot und Besatzung trägt. Der Mond leuchtet die See fast taghell aus. Andere Schiffe sind so schon auf große Entfernungen gut zu erkennen. Leider sind wir das auch. Unsere Silhouette ist zwar klein, besonders wenn wir die schmale Seite zeigen, muß sich bei dieser Beleuchtung aber dennoch von der See abheben. Zum Glück sind nachts keine Flieger unterwegs. Unsere Hecksee wird aus der Luft sicher deutlich zu sehen sein. Ein langes, weiß leuchtendes Band, das sich nach Westen zieht. Seit den Morgenstunden trägt uns das Boot nun schon tiefer in den Skagerrak hinein. Vermutlich spekuliert der Alte auf Dampfer, die von oder nach Kristiansand laufen. Verrückt! Obwohl wir nun schon seit über 5 Wochen im Krieg sind, scheint diese Erkenntnis noch nicht in die Köpfe der britischen Handelsmarine durchgedrungen zu sein. Wenn die Frachter nicht verdunkelt fahren würden, könnte man fast meinen, es wäre tiefster Frieden. Da muß doch ein versteckter Sinn dahinter sein. Der Alte ist sich sicher, dass die Tommies irgendeine Gemeinheit planen. Minen! Die Gegend müßte sich doch prima zum Minenlegen eignen. Die norwegische Neutralität, die unsere Erzfrachter auf dem Weg nach Narvik schützt, kommt hier auch den Tommies zugute. Solange sie dicht unter der norwegischen Küste fahren, dürfen wir sie ebensowenig angreifen, wie sie uns. Und Minen kann jeder gelegt haben. Schwer nachzuwiesen, von welchem Schiff eine Mine kommt. Besonders, wenn der Dampfer schon hunderte Meilen entfernt ist, bevor der erste Kolcher auf eine Mine läuft und hochgeht.
Unser polnischer Einzelfahrer von gestern war jedenfalls ein äußerst seltener Anblick. Die meisten polnischen Schiffe haben den Ausbruch aus der Ostsee schon vor Wochen gewagt oder sich nach Schweden geflüchtet. Nachdem heute die Einstellung der Kampfhandlungen über den Rundfunk bekannt gegeben wurde, dürfte es auch dabei bleiben.

Später in der Nacht erweist sich die Vermutung des Alten als richtig. Kurz nach 19:00 Uhr fängt unser Funker ein FT auf. Ein russischer Frachter hat knapp nördlich unserer Position einen kleinen Konvoi verdunkelt fahrender Schiffe ausgemacht und die Schiffe per Kurzwelle angerufen, schön mit Zeit und Positionsangaben, wie es sich gehört. So sieht wohl die wohlwollende Neutralität aus, die der Russe uns gegenüber eingenommen hat. Der Alte hat sich sofort über den Kartentisch hergemacht und kommt jetzt, zufrieden mit seinem ausgeknobelten Abfangkurs, auf die Brücke.
Beide Maschinen AK, Steuerbord 20, neuer Kurs 3-4-0. kommen die Kommandos an Maschine und Rudergänger.
Das Boot nimmt merklich Fahrt auf und dreht den Bug. Trotz der ruhigen See kommt gelegentlich Spritzwasser über.
Wenn das Besteck* stimmt, stehen wir nur knappe 10 Meilen vom vermuteten Abfangpunkt entfernt. gibt mir der Alte zu wissen.
Die Russen haben doch auch fähige Steuermänner. gebe ich zurück. Dem Besteck würde ich jedenfalls mehr vertrauen, als einem von Görings Truppe.
Die Bestecke sind bei den Jungs unseres Reichsjägermeisters, wie Göring in der Flottille spöttisch genannt wird, immer das Problem. Oder vielmehr die ungenauen Bestecke. Für ein Flugzeug mag es ja unbedeutend sein, ob der eigene Standort auf 20 Meilen genau stimmt oder eben nicht. Für uns bedeuten 20 Meilen knapp 2 Stunden AK-Fahrt. Genug Zeit für einen gemeldeten Konvoi, um uns unbemerkt zu passieren, weil wir an der falschen Stelle suchen.
Doch diesmal haben wir Glück. Das Besteck des Russen stimmte. Nach knapp 40 Minuten Fahrt kommen recht voraus Mastspitzen über die Kimm. Der Alte läßt mit Großer Fahrt näher heranstaffeln, um Gegnerkurs und Geschwindigkeit einwandfrei ermitteln zu können.
Die Schiffe sind gegen den Mond gut zu erkennen. Vier Dampfer, schön in Kiellinie fahrend. Bevor wir zum Angriff ansetzen, läßt der Alte eine Kontaktmeldung abgeben. Möglich, dass wegen der mondhellen Nacht trotzdem Seeaufklärer aufsteigen, oder andere Einheiten der Kriegsmarine angreifen können.

Als wir eine günstige Schußposition erreicht haben, läßt der Alte die Brückenwache einsteigen und tauchen. So dicht unter der norwegischen Küste will er wohl nichts riskieren und gemäß BdU-Befehl einen Minentreffer vortäuschen. Noch während der Alte das Turmluk schließt, weiht er mich in den Angriffsplan ein. Das erste Ziel soll der Trampdampfer sein, der vorne weg fährt. Danach der Schüttgutfrachter an zweiter Stelle und zuletzt ein Kolonialfrachter, der den Abschluß bildet. Den Passagierdampfer in der Mitte will er gemäß Führerbefehl auslassen.
Im Turm höre ich den Sehrohrmotor abwechselnd anspringen und stoppen, während wir mit Kleiner Fahrt fast auf der Stelle treten. Immer schön die Batterie schonen und den Gegner rankommen lassen sage ich mir. In unserer Schußposition, ein gutes Stück vor dem Konvoi bleibt uns auch kaum etwas anderes übrig, als zu warten, bis die Tommies richtig stehen.
Schaltung für Rohr I, Bug rechts, Lage 60. Entfernung 2000 Meter. Torpedogeschwindigkeit 44, Lauftiefe 6 Meter. gibt der Kommandant von oben durch.
In rascher Folge kommen dann auch die Schaltungen für Rohr II und III. In der Zentrale herrscht eine gespannte Stimmung. Ich versuche einen Blick auf die Karte zu erhaschen, auf der vom Obersteuermann die Positionen der Dampfer mitgekoppelt werden. Der Trampdampfer hat uns bereits passiert und jetzt wohl schon Lage 100 anliegen.
Vorne werden die Mündungsklappen geöffnet. Wir liegen in bester Position, fast wie aus dem Lehrbuch. Warum kommt denn kein Feuerbefehl?
Rohr I ... los! kommt jetzt von oben die ruhige Stimme des Alten und gleich danach, nur kurz unterbrochen vom Anspringen des Sehrohrmotors die Feuerbefehle für Rohr II und III.
Im Bugraum wird jetzt geschuftet, was das Zeug hält. Der Torpedomechanikersmaat heizt seiner Truppe ordentlich ein, damit der letzte Torpedo schleunigst nachgeladen wird. Selbst wenn alle Torpedos ins Ziel laufen, kann es doch nötig sein, noch einen Fangschuß hinterzusetzen.
Ich beobachte gebannt die Stoppuhr in meiner Hand.
Zeit um für Torpedo aus Rohr I! melde ich.
Obwohl es jetzt Zeit für den Explosionsknall wäre, bleibt es ruhig.
Zeit um für Torpedo aus Rohr II und III!
Noch während meiner Meldung dröhnt draußen ein Doppelschlag gegen den Druckkörper. Der Torpedo aus Rohr I muß fehlgegangen sein!, schießt es mir durch den Kopf. Und gleich darauf Unmöglich, bei dieser Schußlösung! Das hätte ein sicherer Treffer werden müssen!
Ein weiterer Knall ist von draußen zu hören, gefolgt von metallischem Kreischen. Da geht einer in die Knie.
Hart Backbord, beide Maschinen AK voraus. Frage an Bugraum: Wann ist nachgeladen? kommt es aus dem Turm.
Das Bienensummen der E-Maschinen wird lauter. Zwischen den leisen Meldungen ist es deutlich zu hören. Ich gebe die Meldung des Torpedomechanikersmaaten weiter. Noch 5 Minuten bis der letzte Aal im Rohr steckt. Der Alte quittiert das mit einem Grunzen. Wenn die oben die Fahrt erhöht haben, können wir mit den E-Maschinen nicht Schritt halten und müssen uns Absetzen und zu einem zweiten Anlauf auftauchen. Dann kann der Konvoi aber bereits in norwegischen Gewässern sein. Den Torpedo aus achterlicher Lage hinterher zu setzen ist auch nicht gut. Aus dieser ungünstigen Lage kann der Torpedo leicht fehlgehen.
Zäher Brocken. höre ich jetzt von oben. Genau Mittschiffs getroffen. Einfach so weggesteckt, als ob nichts wäre.
Ich fluche innerlich, weil ich nicht weiß, was oben vor sich geht. Einen Dampfer haben wir in den Keller geschickt. Das brechen der Schotts war deutlich zu hören. Aber welchen hat es erwischt?
Sehrohr einfahren! Schnell auf 25 Meter gehen! Hart Steuerbord, auf 0-9-0 gehen. kommt es hastig aus dem Turm.
Der LI lässt die E-Maschinen AK auf AK gehen und zwingt das Boot mit Hartruderlagen und starker Vorlastigkeit auf Tiefe. Der Alte kommt die Leiter aus dem Turm heruntergepoltert und grinst uns schelmisch an, wie ein Schuljunge, der etwas ausgefressen hat.
Der muß unseren Sehrohrkopf gesehen haben. Hat geradewegs auf uns zu gedreht und zum Rammstoß angesetzt. Hat gute Nerven da oben.
Gute Nerven, echoet es in mir. Die brauchen wir hier jetzt auch. Das mit dem Vortäuschen von Minentreffern hat sich jedenfalls erledigt. Den Alten ficht das nicht an. Er hat sich gemütlich auf der Kartenkiste breitgemacht und grinst immer noch vor sich hin.
Den Schüttgutfrachter hat´s erwischt. Der ist gleich nach dem Treffer mittschiffs eingeknickt. Der andere Zossen ist da aus anderem Holz geschnitzt, ein ganz zäher Bursche. Macht stark Schlagseite. Aber schleppt sich trotzdem weiter, als ob in das gar nicht interessiert. Nicht mal langsamer geworden. Der Kommandant zeigt sich plötzlich ungewohnt gesprächig. Haben nach Norden gezackt. Vermutlich erstmal nen kleinen Haken schlagen. Wollen doch erstmal nach Osten steuern und nochmal vorsetzen zum Fangschuß.

Gleich nachdem die Meldung des Torpedomechanikermaaten kommt, läßt der Alte wieder auf kleine Fahrt gehen und Sehrohrtiefe ansteuern. In der Zentrale ist wieder sporadisch das Anspringen des Sehrohrmotors zu hören, wenn der Alte "Karussel fährt".
Backbord 20. Neuer Kurs 3-6-0. kommt es leise von oben. Eintrag ins KTB*: Kolonialfrachter macht stark Schlagseite nach Steuerbord. Durch Feuer an Obderdeck gut auszumachen. Macht weiterhin Fahrt, fällt aber zurück. Setze zum Fangschuß an.
Im Bugraum wird jetzt das Torpedorohr mit unserem letzten Torpedo bewässert, während der Alte die Werte für die Schußlösung durchgibt. Der Sehrohrmotor springt immer wieder für einen kurzen Moment an, wenn das Sehrohr aus- oder einfährt. Offenbar will der Alte warten, bis sich die Schußdistanz verringert hat.
Holla, der hat aber aufgedreht! entfährt es dem Alten, als das Sehrohr nach kurzer Pause wieder ausfährt. Gegnerfahrt jetzt 8 Knoten. Lage 110. Entfernung 900 Meter.
Eingestellt! melde ich, nachdem die Werte in den Torpedorechner eingespeist wurden.
Rohr III los!
Der letzte Torpedo ist unterwegs. Mit Lage 110 haben wir den optimalen Zeitpunkt für den Torpedoschuß bereits verpaßt. Offenbar war der Dampfer zur Schadensbehebung oder Leckabwehr kurzzeitig mit der Fahrt herunter gegangen und hat dann genau in der Zeitspanne zwischen zwei Rundblicken wieder die Fahrtstufe erhöht. Jetzt muß der Torpedo dem Dampfer ein wenig hinterherlaufen und trifft dann leicht schräg auf die Bordwand. Beste Voraussetzungen für ein Versagen der Zündpistole also. Am Ende der Laufzeit ist dann aber doch der scharfe Knall der Explosion deutlich zu hören, gefolgt von metallischem Kreischen und und den dumpfen Schlägen, wenn die Schotten brechen. Diesmal haben wir ihn erwischt.
Der Alte kommt jetzt wieder gemächlich in die Zentrale herunter und läßt das Boot auf 25 Metern steuern. Wir laufen mit halber Fahrt nach Süden ab. Erst nach einer knappen Stunde tauchen wir wieder auf und setzen unseren Suchkurs fort.

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Sternklare Mondnacht

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Geleitzug gesichtet

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Tauchen zum Angriff

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Angriff

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Schüttgutfrachter sinkt

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Kolonialfrachter schleppt sich mit Schlagseite weiter

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Ausweichen vor Rammstoß

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Ansetzen zum Fangschuß

*
Besteck: Der Schiffsort auf See
KTB: Kriegstagebuch




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Re: [SH3] Kämpfen, Siegen oder Untergehen

Beitragvon Vampy » 21. Januar 2015 13:03

10. Oktober 1939, Rückmarsch

Der Wind hat seit gestern aufgefrischt und bläßt uns eine schwere Dünung aus Süden entgegen. Wir stehen fast quer See. Dadurch schlingert das Boot mitunter sehr heftig, wenn es von es von einer besonders schweren See getroffen wird. Beim Mittagessem bleiben die Teller fast unberührt stehen. Der einzige, dem das ganze Geschaukel den Appetit nicht verdorben hat, ist der Kommandant. Demonstrativ schaufelt er seine Portion in sich hinein und läßt beim Schmut sogar nach Nachschlag anfragen. Es scheint, als könne den Alten kaum etwas aus der Ruhe bringen. Und doch beschäftigt ihn etwas. Ich merke es, wenn er mit dem Obersteuermann über Seekarten brütet und die Schiffstagebucheinträge während des letzten Angriffs durchblättert. Der Torpedoversager beschäftigt mich ebenfalls. Das war ein Angriff wie aus dem Bilderbuch. Ruhige See, günstige Lage, kurze Schußentfernung. Außerdem ist der Alte ein Profi. Seine Werte haben gestimmt. Unwahrscheinlich, dass er sich bei Entfernung oder Gegnerfahrt verrechnet hat. Die anderen beiden Aale haben ja auch gesessen, fast zeitgleich sogar, wie es beabsichtigt war. Ein Einzelfall scheint das hingegen nicht zu sein. Auch andere Boote berichten von Problemen mit den Torpedos. Dabei hatten wir noch Glück. Von 5 Torpedos nur ein Versager. Auf einem anderen Boot soll es dem Kommandanten einen ganzen Viererfächer verhagelt haben. Wie dämlich die wohl aus der Wäsche geguckt haben müssen. Da kann der Kommandant noch so einen schneidigen Angriff fahren, wenn die Aale nicht zünden, verhagelt es ihm die Graupen ganz gewaltig.

Am nächsten Tag verschlägt es selbst dem Alten den Appetit. Der Funker hat eine erneute Aufforderung zur Standortmeldung an U-12 empfangen. Von der Ropp ist längst überfällig. Auch wenn sich die Männer denken können, was wohl passiert ist, wird es nicht angesprochen. Sicher gibt es einen guten Grund, warum von der Ropp sich nicht meldet. Möglich, dass bei ihm der Antennenschacht abgesoffen ist oder er andere Probleme mit dem Funkgerät hat. Bloß nicht ans Absaufen denken!
Einlaufstimmung will trotzdem nicht so recht aufkommen, obwohl uns kaum mehr als 30 Stunden vom Hafen trennen. Die Grübelstimmung des Alten legt sich wie ein düsterer Schatten auf das ganze Boot. Selbst als der Zentralemaat unsere Erfolgswimpel malt, bleibt die Stimmung gedrückt. Die schweren Seen und die schmutzig-grauen Wolken, die tief über uns hängen, besorgen den Rest. Die Laune der Männer steigt erst wieder, als die Lichter Kiels am nächsten Tag durch die pechschwarze Nacht glimmen und uns willkommen heißen.

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Rückmarsch bei schwerem Seegang




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(SH3) Kämpfen, Siegen oder Untergehen - Ein Feindfahrtbericht
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Re: [SH3] Kämpfen, Siegen oder Untergehen

Beitragvon Vampy » 28. Januar 2015 13:32

01. November 1939, 1. Seetag

Wir sind wieder auf See. Der Alte hat Auslaufen kurz nach Mitternacht befohlen. Diesmal soll es weiter raus gehen, um Dänemark herum nach Südengland, vor die Einfahrt des Ärmelkanals. Nicht weit ab davon soll von der Ropp vermutlich nach einem Minentreffer abgesoffen sein. Sein Foto ziert jetzt die Wand der Offiziersmesse, zusammen mit Fotos von Barten, Dau, Gelhaar und Wellner. Barten und Wellner sind, ebenso wie von der Ropp, im Kanal auf Minen gelaufen. Dau und Gelhaar hat es dagegen fast am gleichen Tag beim Angriff auf einen schwer gesicherten Konvoi südwestlich Irlands erwischt. Überlebende gab es nur von U-Dau, der sein Boot noch an die Oberfläche brachte. Weniger als die Hälfte der Piepels konnten geborgen werden. Die andere Hälfte hat der Tommie mit seiner Artillerie zu Hackfleisch gemacht. Die geben nicht eher Ruhe, bis der Turm vor Blut trieft. heißt es in der Flottille.

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Dass es für uns nun näher an den Feind geht, bereitet mir auch ein flaues Gefühl im Magen. Die Tommies haben nicht lange gezögert. Wo es nur geht fahren die Schiffe jetzt im Geleit, gut beschützt von Zerstörern. Konvois hatten sich ja auch im Weltkrieg schon bewährt und unsere Boote ziemlich effektiv von Angriffen abgehalten. In einigen Konvois sollen sogar Schlachtschiffe mitfahren, seit unsere eigenen Dickschiffe draußen sind. Auch sonst haben die Tommies schnell geschaltet. Minensperren und Uboote lauern auf unseren Anmarschwegen und selbst aus der Luft muß jederzeit mit Angriffen gerechnet werden.
Wohl auch deshalb nimmt der Kommandant den weiten Umweg über den Skagerrak in Kauf. Bei einem Luftangriff während der Passage des Kaiser-Wilhelm-Kanals läge unser Boot auf dem Präsentierteller. An Ausweichen oder gar Tauchen wäre nicht zu denken. Zwar wagen sich die Bomber der Tommies noch nicht so nah heran, aber der Alte meint, er könne sehr gut auf die zweifelhafte Ehre verzichten, auf dem ersten im Kanal versenkten Boot zu fahren.

Die Lichter Kiels verblassen nur langsam. Dieser Einsatz bringt uns an den Rand unseres Fahrbereichs. Die Diesel treiben das Boot deshalb nur mit Langsamer Fahrt vorwärts, um Treiböl zu sparen. Auf dieser Fahrtstufe reicht der Vorrat in den Treibölbunkern für etwas mehr als 2200 Seemeilen. Laut Rechnung des Obersteuermanns beträgt unsere gesamte Fahrtstrecke, inklusive der geplaneten Suchkurse und Rückmarsch, ganze 2000 Meilen. Bleibt eine magere Reserve von knapp 200 Meilen, die der Alte sich für Abweichungen vom Plan und kurze Sprints mit AK aufsparen will.

Im Osten beginnt es allmählich zu dämmern und die Sonne schiebt sich gemächlich über die Kimm. Trotz der Kälte verspricht es ein schöner Tag zu werden. Die See liegt friedlich um uns und es sind kaum Wolken am Himmel. Während ich mit meinem Glas den Horizont absuche, lasse ich mir von der Sonne gemütlich die Kälte aus den Gliedern treiben.

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Nach der Wachablösung verhole ich mich in die O-Messe, wo der Alte über die Funkkladde gebeugt sitzt und die letzten Funksprüche abzeichnet. Mit unbeweglicher Miene teilt er mir mit, dass ab sofort keine Uboote mehr durch den Ärmelkanal fahren dürfen. Wegen der starken Minengefahr fügt er hinzu. Ich kann mir denken, was der Alte gerne noch sagen würde. Für Barten, Wellner und von der Ropp kommt dieser Befehl zu spät.

Das gute Herbstwetter hat nicht lange gehalten. Die letzten Tage über hat sich der Himmel immer mehr ins Gräuliche verfärbt und der Westwind hat ordentlich aufgefrischt. Am 4. Seetag schließlich treffen uns die ersten Vorboten eines Herbststurms. Obwohl wir Dänemark noch nicht ganz umrundet haben, kommt kurz nach Mitternacht eine schwere Dünung auf, in der das Boot heftig zu stampfen beginnt. Während der Durchquerung des Skagerrags nehmen Wind und Seegang immer weiter zu. Das Boot bockt wie ein störrisches Pferd. Auf den Wellenbergen kommt der Bug bis zur Zentrale frei und schwebt in der Luft, nur um sich im nächsten Moment mit starker Vorlastigkeit in das nächste Wellental zu bohren, als wolle das Boot mit "Alle-Mann-voraus" auf Tiefe gehen. Die Brücke wird dabei bis zur Schanz überspült, sodaß wir bis zur Brust in der kochend sprudelnden See stehen. Ich achte bei meiner Wache mittlerweile darauf, dass die Männer ihre Gurte mit zwei Haken in die Brückenverkleidung einhängen, damit niemand aus der Brücke gewaschen wird. Wer in dieser See über Bord geht, hat keine Chance mehr auf Rettung.
Der LI läßt die Lenzpumpe nun fast pausenlos mitlaufen, um das überkommende Wasser aus dem Boot zu bekommen. Wegen der andauernden Feuchtigkeit hat sich ein ständiger feuchter Film auf jeder Oberfläche gebildetet. Es wird nicht lange mehr dauern bis das Kojenzeug und selbst unsere Hemden, die wir nie ausziehen, den modrigen Gestank des Schimmels verbreiten.
Die Brückenwache wurde inzwischen auf 2 Stunden verkürzt. Länger hält das da oben keiner mehr aus. Und selbst dann spürt man jeden Muskel im Körper von der ständigen verkrampften Haltung und dem angestrengten Festhalten. An vernünftigen Ausguck ist nicht mehr zu denken, besonders da die Sichtweite in den Wellentälern fast auf Null gesunken ist. Selbst in den Freiwachen martert uns die See ohne Erbarmen. So sehr ich mich auch in meiner Koje festklemme, so findet die See immer wieder einen Weg, das Boot so herumzuwerfen, dass ich halb aus der Koje falle. Der einzige Lichtblick ist das tägliche Prüfungstauchen, das der Alte auf eine volle Stunde ausgedehnt hat, die einzige Verschnaufpause für die gemarterte Besatzung.

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Das Boot in schwerer See

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Tiefes Eintauchen während Sturmfahrt

Am Morgen des siebten Seetages erreichen wir endlich unser Operationsgebiet vor der südenglischen Küste. Der LI läuft ständig mit bedrückter Miene durchs Boot und auch dem Alten haben sich Sorgenfalten tief ins Gesicht geschnitten. Durch den Sturm ist unser Treibölverbrauch höher als erwartet. Das versaut dem Alten seine Rechnung gründlich. Zusammen mit dem Obersteuermann knobelt er neue Suchkurse aus, mit denen wir das Operationsgebiet möglichst großflächig absuchen und trotzdem unseren Verbrauch niedrig halten können. Nachdem der Alte sich wieder in die O-Messe verholt, werfe ich einen Blick auf die Seekarte. Mehr als 30 Stunden werden wir uns hier nicht aufhalten können. Von Reserven für AK-Fahrt redet ohnehin niemand mehr.
Ich muß mich gegen meinen ansteigenden Zynismus wehren. Sieben Seetage Anmarsch, dazu die Tortur durch den Sturm, die wir hier erdulden müssen, und das für gerade einmal 30 Stunden im Operationsgebiet. Der Erfolg der gesamten Unternehmung ist mehr als fraglich. Selbst wenn es uns gelingen sollte, den Feind aufzuspüren, so ist bei diesem Wetter gar nicht an Waffeneinsatz zu denken.

In der Nacht des 7. November, kurz vor Mitternacht, werde ich vom Zentralegasten gewahrschaut. Die Nacht über hat der Alte tauchen lassen. Bei diesem Wetter hört man getaucht mehr, als man oben sehen kann. Beim Rundhorchen hat der Horcher Schraubengeräusche an Backbord querab aufgefaßt. Vermutlich Einzelfahrer auf Ostkurs bekomme ich zu hören, als ich mich in die Zentrale verholt habe. Der Alte läßt auf Nordkurs gehen, der vermuteten Kurslinie des Horchkontaktes entgegen. So arbeiten wir uns noch gute 10 Minuten heran, bis der Alte schließlich auftauchen läßt. Als das Boot steigt, wird auch der Seegang spürbar. Da oben ist noch immer allerhand los. Zusammen mit den Brückenposten zwänge ich mich in das klamme, feuchte Ölzeug. Kaum dass der Turm freikommt, reißt der Alte schon das Luk auf. Sofort kommt ein mächtiger Wasserstrahl wie eine massive Säule heruntergestürzt und reißt den Alten fast von der Leiter. Der Sturm scheint in seiner Kraft nicht nachgelassen zu haben. Ich halte mich an der Leiter bereit. Als ich spüre wie der Bug sich aufbäumt entere ich hastig hinauf und schlage mir prompt die Knie auf. Trocken schaffe ich es trotzdem nicht nach oben.
Auf der Brücke starren wir uns minutenlang die Augen aus dem Kopf, bis sich schließlich Backbord voraus ein Schatten aus den Wellen schält. Das Schiff ist nur für Sekunden zu sehen, wenn eine See das Boot über die Wellenberge hebt. Wären wir nicht zum Rundhorchen getaucht, hätten wir glatt an dem Burschen vorbeikarren können, ohne es zu merken. Ich kann es dem Alten ansehen, wie es hinter seiner Stirn arbeitet. Er will, nein, muss angreifen, trotz der miserablen Umstände. Mit guter Chance bleibt das hier unser einziger Feindkontakt bis zum Rückmarsch in wenig mehr als 10 Stunden. Wenn der Schuß daneben geht, so ist das allemal besser, als mit vollen Rohren und ohne Erfolgswimpel nach Hause zu kommen.

Der Kommandant hat einen Entschluss gefasst und läßt das UZO hochgeben. Bei diesem Seegang wird die Peilung nicht sonderlich genau sein und die restlichen Werte wie Entfernung und Gegnerfahrt muß der Alte sich auch aus den Fingern saugen. Doch seine Befehle kommen ihm sicher über die Lippen. Auch wenn es ein Hüftschuß wird, muß es klappen. Der Dampfer ist mittlerweile auf gut 700 Meter heran.
Fächerschuß aus Rohr I und II. Mündungsklappen öffnen. gibt der Alte seelenruhig das Kommando, obwohl schon wieder ein schwerer Brecher durch die Brücke strudelt.
Jetzt muß er versuchen, das UZO auf den Dampfer gerichtet zu lassen.
Fächerwinkel 1. Entfernung 600. Torpedogeschwindigkeit 44. Lauftiefe 5 Meter. Rohr I und II ... setzt der Alte an, als der Bug erneut tief eintaucht und uns für Sekunden jegliche Sicht auf den Trampdampfer nimmt. Als das Boot den nächsten Wellenberg erklimmt, liegt der Dampfer plötzlich mitten vor uns. ... Los!
Für Sekunden halte ich den Atem an. Der Bug hängt mitten in der Luft, als die Torpedos per Druckluft ausgestoßen werden. Ich kann beide Aale durch die Luft fliegen sehen, bevor sie mit einem lauten Klatschen in die wirbelnde Brühe eintauchen. Obwohl die Schnellboote ihre Torpedos ähnlich schießen, bin ich skeptisch. Das kann doch gar nichts werden.

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Torpedoangriff im Sturm

Wie gebannt starren wir alle zum Trampdampfer hinüber. Wenn die Torpedos richtig laufen, müßten sie jeden Moment treffen. Bei der geringen Entfernung beträgt die Laufzeit nur wenige Sekunden.
RUMMMMS! Von drüben steigt eine riesige Wassersäule senkrecht empor. Noch ehe die Säule herabfallen kann, steigt nur wenig weiter achtern eine zweite Säule empor. Trotz des Sturms fängt das Schiff fast augenblicklich Feuer auf dem Vordeck. Weißer Dampf aus geplatzten Dampfleitungen kringelt sich in dicken Schwaden an den Aufbauten entlang. Plötzlich gleißt ein Feuerball auf dem Vordeck auf und schleudert Teile der Aufbauten ins Wasser. Der Dampfer knickt vor der Brücke ein und reißt auseinander. Wie ein Stein gehen beide Teile getrennt auf Tiefe. Nur ein schwarzer Ölfleck bleibt zurück, der von den Wellen rasch zerschlagen wird.

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Am nächsten Tag läßt der Alte das Boot kurz nach Mittag auf Heimatkurs legen. Die Treibölbestände sind bereits auf eine knappe Hälfte zusammengeschmolzen. Der Sturm begleitet uns noch immer und läßt die Seen jetzt von achtern auf die Brücke brechen. Die vorbeiziehenden Wellen vermitteln uns den Eindruck, überhaupt nicht von der Stelle zu kommen. Und doch kommen wir der Heimat mit jeder Minute näher.
Erst als wir am 12. Seetag Skagen passieren und in das Kattegat einlaufen, schmelzen die Brecher zu einer langen Dünung dahin. Zwar fährt der Bug immer noch scharf in die Wellen, um sie dann beim beim Hochkommen auf der Back zu zerschneiden, aber bis auf gelegentliches Spritzwasser bleiben wir auf der Brücke trocken. Der Himmel klart allmählich auf. Chance zum Sterne schießen für den Obersteuermann.

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Rückmarsch

Unsere Dieselreserve schwindet weiterhin dramatisch. Der Marsch durch den Sturm hat schwer daran genagt. Von den 12 Tonnen Treiböl sind nur mehr 3 Tonnen übrig und bis zum Einlaufen wird es noch mindestens 2 Tage dauern. Als wir schließlich am 14. Seetag in Kiel festmachen, ist kaum noch genug Öl für 50 Meilen in den Bunkern.




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Re: [SH3] Kämpfen, Siegen oder Untergehen

Beitragvon Vampy » 4. Februar 2015 13:24

14. November 1939, Kiel

Da der Kommandant vom Flottillenchef gleich nach dem Festmachen an der Pier in Beschlag genommen wurde, beaufsichtige ich das Ausräumen des Bootes, das ich gleich nach dem obligatem Einlaufbier angeordnet habe. Der Stapel an Kisten, Beuteln und Säcken an der Pier wächst zu beachtlicher Höhe heran. Es gibt vieles, was ausgeräumt werden muß. Nicht verbrauchter Proviant, Munition, Müll, die Habseligkeiten der Besatzung, gebrauchtes Kojenzeug, alles muß raus. Dazu will der LI sein Werkzeug auch lieber in der Bootslast* haben. Zu groß wäre die Verlockung für die Männer von der Werft. Wegen eben jenen müssen auch die ganzen Vorschriften und der andere Geheimkram aus dem Boot. Die Männer wuseln herum wie fleißige Ameisen. Viele haben unterschriebene Urlaubsscheine in den Taschen und können den Dienstausscheid kaum erwarten. Als die ganze Wuhling endlich ordentlich in der Bootslast verstaut ist, lasse ich die Männer noch einmal zur Musterung vor dem Boot antreten und schicke sie in den Dienstausscheid.

Endlich Dienstausscheid! Jetzt nur schnell auf die Stube und aus den verpekten Klamotten schälen. Nach einer gründlichen Dusche und einer Rasur fühle ich mich gleich viel besser und verhole mich auf ein Bier in den "Club", wie die Offiziersmesse inoffiziell bezeichnet wird. Dort befinden sich schon einige Offiziere von einem anderen Boot, das früher am Tag eingelaufen ist. Unter den bleichen, hohlwangigen Gesellen, die sich abgebrüht geben und eine Geschichte über eine schwere WaBo-Verfolgung zum Besten geben, fühle ich mich nicht sonderlich wohl. Als das Thema auf die 3 Piepels an der Bordkanone kommt, die beim Alarmtauchen vor britischen Torpedobombern nicht mehr unter Deck kamen und seither als vermißt gelten, hält es mich nicht mehr bei diesen kaltschnäuzigen Landsknechtdarstellern im Club und ich beschließe, noch etwas durch Kiel zu streunen.
Am nächsten Tag erfahre ich vom Kommandanten, dass unser Boot als Schulboot an die Flottille abgegeben wird. Wir selbst werden zur Erprobungsstelle versetzt, um dort ein neues VII B Boot zu übernehmen. Kriegen sogar noch ein paar Piepels aus der Besatzungsreserve zugeteilt, meint der Alte dazu.


05. Dezember 1939, Kiel

Die Wuhling auf Pier und Oberdeck ist endlich verschwunden. Doch im Boot werden immer noch Ausrüstungsgegenstände und Verpflegung gestaut. Ich lasse meine Blicke über unser neues Boot gleiten und bewundere die eleganten Linien des Bugs und die sanften Kurven der Satteltanks. Ich repetiere im Kopf noch einmal die technischen Daten. U-48, Typ VII B, knappe 750 Tonnen Verdrängung, 6500 sm Reichweite bei 12 Knoten Fahrt, Werftgarantie bis 150 Meter Tiefe, 17,9 Knoten über Wasser, 8 Knoten getaucht, 14 Torpedos. Die, im Vergleich zum Typ II, große Seeausdauer ermöglicht längere Operationen bis in den Atlantik hinein, weg aus den tückischen Küstengewässern um England und hinein in tiefere Gewässer, in denen auch die Luftüberwachung nicht so stark ist.
Die Nummer Eins läuft mit hochrotem Kopf immer wieder laut brüllend durchs Boot und treibt die Männer zur Eile an. Zum Auslaufen müssen die Durchgänge frei, die diversen Anlagen und Aggregate zugänglich und jeder Gegenstand seefest verzurrt sein. Da es sich bei dieser Unternehmung lediglich um eine Abnahme- und Ausbildungsfahrt in die Ostsee handelt, erwarten wir keinen Feindkontakt. Eine Vergnügungsreise wird es trotzdem nicht werden. Auf dem Programm steht das Üben diverser Notrollen und die Bordausbildung der Besatzung. Bei einer echten Feindfahrt muß jeder Handgriff exakt sitzen. Zur Unterstützung sind einige Werftbeamte eingeschifft, die in Abstimmung mit dem LI technische Defekte nachstellen sollen.

Kurz vor 11:00 Uhr ist das Boot endlich seeklar. Ich postiere mich hinter dem Turm, gleich neben der Stelling*, und lasse die Besatzung an Obderdeck antreten.
Besatzung U-48 stillgestanden!, gebe ich das Kommando, als der Kommandant mit den Weftonkels auf der Pier erscheint. Richt euch! Augen gerade aus! Zur Meldung an Kommandant Augen rechts!
Besatzung U-48 vollständig zur Auslaufmusterung angetreten, bis auf Wache. Unter- und Oberdeck seeklar!, melde ich dem Kommandanten, als dieser über die Stelling auf das Boot kommt.
Danke, I. WO. nimmt der Alte die Meldung entgegen und schreitet die Besatzung ab.
Augen gerade aus! Rührt euch! übernimmt er jetzt das Kommando.
Wie bereits angekündigt werden wir auf dieser Fahrt ein paar Gäste an Bord beherbergen. beginnt der Alte seine Ansprache und meint damit die Werftonkels, die sich inzwischen neben mir breit gemacht haben. Sie werden uns auf dieser Fahrt mit Rat und Tat zur Seite stehen, falls im Bordbetrieb Probleme auftreten sollten. Sie alle werden während der Fahrt Gelegenheit zu intensiver Stationsausbildung erhalten, sollte das nötig sein. Noch Fragen?
Der Alte wartet kurz und blickt in die Runde.
Auf Manöverstation!
Auf dem Oberdeck bricht jetzt Wuhling aus. Die Stelling wird eingezogen, die Männer verschwinden unter Deck und das Oberdeckspersonal bezieht Station an den Leinen. Der Alte gibt Ruder- und Maschinenkommandos. Die Schrauben wühlen das Wasser hinter uns auf, als das Boot sich von der Pier löst und mit langsamer E-Maschinenfahrt aus der Schwimmbox gleitet.

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Auslaufen aus Kiel

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Treffen mit einlaufendem Boot

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Auf dem Anmarsch ins PQ

Als wir die Kieler Förde hinter uns gelassen haben, befiehlt der Alte Prüfungstauchen. Gurgelnd strömt das kalte Ostseewasser in die Tauchzellen. Das Boot kippt ungewöhnlich stark an. Verwirrt schicke ich einen Blick zum LI, der mit großen Augen auf die Lastigkeitswaage starrt und hektisch nach hinten trimmen läßt. Trotzdem gibt das Boot nur zögernd seine starke Vorlastigkeit auf. Das Boot ist mittlerweile auf 20 Meter durchgesackt. Viel Spielraum bleibt uns nicht mehr. Der Grund liegt hier bestenfalls bei 50 Metern.
Alle Mann Achteraus! brüllt der LI in die Stille der Zentrale.
Sofort herrscht reger Durchgangsverkehr in der Zentrale, als die Männer aus den vorderen Räumen nach hinten stürzen. Dem LI stehen inzwischen dicke Schweißperlen auf der Stirn. Das Boot richtet sich endlich auf und kommt auf ebenen Kiel.
Boot ist durchgependelt, alle Entlüftungen sind zu. Boot steuert 45 Meter! meldet der LI.
War ja reichlich holprig heute. kommentiert der Alte. Auftauchen! In 15 Minuten zwoter Versuch.

Während der LI und der Zentralemaat sich über die Trimmrechnung hermachen, um dem Fehler auf die Spur zu kommen, steuere ich die O-Messe an. Auf dem Weg dorthin dringt das Organ der Nummer Eins laustark an mein Ohr.
Du dreimal quergeficktes Arschloch!!! Wie kann man nur so dämlich sein! Wenn Blödheit quietschen würde, dann würdest du den ganzen Tag mit der Ölkanne rumlaufen! Dich sollte man von morgens bis abends Kielholen! Vielleicht lernst Du dann endlich, wo vorne und hinten ist, Du blöde Sau! Du bist doch zu dämlich zum Scheißen! Sieh gefälligst zu, dass Du die Kisten nach achtern schaffst, sonst reiß ich Dir den Arsch so weit auf, dass Du Dir selber durchs Arschloch gucken kannst!!!
Ich lasse die O-Messe sausen und verhole mich Richtung Bugraum, wo noch immer lautstarke Flüche durch das Boot schallen. Die Nummer Eins steht mit hochrotem Kopf vor einem Matrosengefreiten der Besatzungsreserve, der sich hastig mit einer schweren Kiste voller Konserven an mir vorbeidrückt.
Hat der Kerl doch die Kisten vor den Bugrohren gestapelt, anstatt vor dem Heckrohr! gibt sich die Nummer Eins empört.
Mir geht ein Licht auf. So kann die Trimmrechnung ja nicht stimmen.

*
Last: Als Last werden bei der Marine Lagerräume für diverse Ausrüstungsgegenstände bezeichnet, z.B. Segellast, Torpedolast, Bootslast
Stelling: Zugangsbrücke zum Besteigen oder Verlassen eines Schiffes




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Re: [SH3] Kämpfen, Siegen oder Untergehen

Beitragvon Vampy » 6. Februar 2015 14:02

07. Dezember 1939, 3. Seetag

Das Boot hat heute morgen das Operationsgebiet erreicht. Kurz nach dem Frühstück kommt der Alte zu mir auf die Brücke und sucht mit seinem Glas die Kimm ab. Weit und breit ist kein anderes Schiff zu sehen.
Na, Krämer, dann wollen wir mal. bringt der Alte unter dem Glas hervor. Klarmachen zum Tauchen!
Ich lasse die Brückenwache einsteigen, bevor ich selber die schmale Leiter hinabklettere. Der Kommandant steigt zuletzt ein und setzt das Turmluk dicht.
Fluten, auf Sehrohrtiefe gehen! gibt der Alte nach unten, als er sich hinter das Angriffssehrohr klemmt.
In der Zentrale werden jetzt die Entlüftungen der Tauchzellen geöffnet. Draußen zischt und gurgelt es, als die Luft entweicht und Seewasser nachströmt. Das Boot wird schnell vorlastig. Als der Turm unterschneidet, läßt der LI die Untertriebszelle ausblasen und das Boot durchpendeln.
Entlüftungen schließen! befiehlt der LI nach dem Durchpendeln. An Kommandant! Boot ist durchgependelt und steuert 12 Meter.
Jetzt hört man von oben das Sehrohr einfahren und der Alte kommt ebenfalls in die Zentrale.
Kleine Fahrt voraus, auf 25 Meter gehen.
Der LI gibt kurze Tiefenruderbefehle, während das Summen der E-Motoren schwächer wird. Die Tiefenrudergänger müssen jetzt ordentlich Ruder legen, da die Wirkung der Tiefenruder bei dieser geringen Fahrtstufe nur noch sehr gering ist. Das macht es schwierig, die Fall- oder Steigtendenzen des Bootes frühzeitig zu erkennen und Gegenruder legen zu lassen.
Vorderes Tiefenruder ausgefallen, liegt unten 15. platzt die Meldung des vorderen Tiefenrudergängers in die Stille der Zentrale.
Auf Handsteuerung umschalten. befiehlt der LI ruhig.
Vorderes Tiefenruder auf Handsteuerung umgeschaltet, durchgefahren und folgt. Vorderes Tiefenruder liegt Mitte. meldet der Tiefenrudergänger zurück.
Vorne unten 5. gibt der LI zurück.
Damit wäre also der erste Störfall, den die Werftonkels und der LI vorbereitet haben, geschickt bestanden. Während der LI das Boot bei 25 Meter abfängt, grinst mich der Alte von seinem Platz auf der Kartenkiste an.

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Übungstauchen

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Tiefensteuerausbildung auf Sehrohrtiefe

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Genau Tiefe halten, LI!

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Notauftauchen

Endlich ist es Abend. Durch das Boot geht ein erleichtertes Aufatmen. Die Werftonkels und der Alte haben stillschweigend vereinbart, dass der Übungsbetrieb während der Nacht eingestellt wird. Das bedeutet für uns, dass es keine Notrollen gibt, keine technischen Pannen, keine Störung der Nachtruhe. Der Alte und die Werftonkels haben sich perfekt abgesprochen. Wenn die Heizerei* nicht gerade mit technischen Pannen gefordert wird, tönt es ständig mit Zur Übung, Feuer im Boot! oder Zur Übung, Wassereinbruch!. Alleine am heutigen Nachmittag ist uns die komplette Batterie II, der Backbord E-Motor, die Steuerbord Schalttafel und die Oberfeldwebelmesse abgebrannt. Zudem erlitt das Boot insgesamt vier mal schwere Wassereinbrüche. Drei davon führten zu einem Notauftauchen mit anschließender "Alle Mann von Bord"-Übung und beim Vierten war das Boot nicht mehr zu halten und ging mit der gesamten Besatzung verloren.
Tscha, war doch ein ergiebiger Nachmittag, was Krämer? Wenn wir so weiter machen, haben die Tommies weniger Arbeit. grinst mich der Alte an, als er am Abend auf die Brücke entert und fast meine gesamte Wache über oben bleibt.
Zwar gibt er vor, sich 'nur mal wieder nen ordentlichen Sonnernuntergang auf See' ansehen zu wollen, doch mich kann er nicht täuschen. Es ist der Dieselgestank, der ihn an die frische Luft getrieben hat. Der LI und die beiden Maschinisten versuchen schon den ganzen Nachmittag dem Geheimnis des rätselhaften Mehrverbrauchs an Treiböl auf die Spur zu kommen. Bisher weiß ich nur, dass Treiböl aus unbekannter Ursache aus dem Tagesverbrauchsbehälter in die Bilge sickert und mit seinem Gestank die Luft im ganzen Boot verpestet. Zwar wird die Bilge alle vier Stunden außenbords gelenzt, aber da der Fehler noch immer nicht behoben ist, steigt der Pegelstand der Bilge bald wieder an.
Kurz vor Ende meiner Wache ist es wieder soweit. Die Lenzpumpe springt an und pumpt das gute Treiböl in die Ostsee. Zum Glück müssen wir uns hier keine Gedanken um feindliche Flieger machen. Unsere bunt schillernde Ölschleppe dürfte aus der Luft schließlich kaum zu übersehen sein.

*
Heizer / Heizerei: Historischer Beruf an Bord dampfbetriebener Schiffe. Später auch Bordjargon für technisches Maschinenpersonal (Dieselheizer, E-Maschinenheizer). Der Arbeitsbereich (Maschinenräume, Schiffstechnische Zentrale) wird im Bordjargon als Heizerei bezeichnet.



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